Zwei Tage nach der von reichlich Medienrummel begleiteten Apple-Präsentation stellte nun auch Microsoft offiziell seinen ersten als "iPod-Killer" positionierten Zune-Player vor. Während die Markteinführung des Filmdownloadshops und der neuen iPods ein sorgsam vorbereitetes Event war, bei dem es vorab wie gewohnt nur Vermutungen gab, geriet die Vorstellung von Zune am 14. September zu einem öden Nachbeten von Informationen, die nahezu alle bereits bekannt waren.
Der von Toshiba mitentwickelte und hergestellte Zune-Player wird rechtzeitig zum Saisongeschäft in den US-Handel kommen, einen exakten Termin gab Microsoft nicht bekannt. Das Gerät wird mit einer 30 GB großen Festplatte, einem UKW-Empfänger und einer Bildschirmdiagonale von drei Zoll auf den Markt gebracht und in den Farben Weiß, Braun und Schwarz erhältlich sein. Über den Preis kann bislang nur spekuliert werden, zuletzt war von rund 300 Dollar die Rede.
Wie erwartet, wird der Zune über eine WLAN-Schnittstelle verfügen, die den drahtlosen Austausch von Dateien zwischen Geräten ermöglicht. Neben einzelnen Songs sollen somit auch ganze Playlisten von Zune zu Zune getauscht werden können. Der Empfänger der Dateien hat danach drei Tage Zeit, um die Titel insgesamt dreimal anzuhören. Danach muss er sich den Track durch einen Kauf im zugehörigen Zune-Downloadshop selbst kaufen. Unklar ist derzeit noch, ob diese Weitergabesperre nur für Originaldateien aus dem Zune Marketplace getauften Downloadshop gilt, oder bei allen auf das Gerät importierten Musikfiles zur Anwendung kommt. Experten sehen diese WLAN-Komponente mit Skepsis: Erstens lässt Microsoft damit keine drahtlosen, mobilen Einkäufe zu und zweitens wird die Wireless-Funktion negative Auswirkungen auf die Ausdauer der Batterien haben.
Wie der Zune Marketplace und die zugehörige Medienwiedergabesoftware aussehen werden, bleibt bis dato eine weitere Unbekannte des Microsoft-Konzepts. Der Konzern gab lediglich bekannt, dass der Shop "mehrere Millionen Songs" bereit halten wird, die einzeln oder mit dem sogenannten "Zune Pass" im Abo erworben werden können. Der Zune Marketplace werde zum "Fundament einer Online-Community werden". Preise, Starttermin? Fehlanzeige. Stattdessen bestätigte Microsoft, was Insider längst wussten: Der Zune-Player wird mit vorinstallierter Musik verkauft.
Neben den EMI-Labels Virgin und Astralwerks, die Titel von Hot Chip und 30 Seconds To Mars zur Verfügung stellen, kommen auch noch Songs der Labels Sub Pop, V2/Artemis, Quango, Ninja Tune, DTS und Playlouderecordings zum Einsatz. "Die digitale Entertainment-Revolution fängt gerade erst an", erklärte James Allard den Startschuss für Zune. Der als Corporate Vice President und Chief XNA Architect von Microsoft Zune-Hauptverantwortliche sagte, man werde mit dem Zune nicht einfach nur ein tragbares Gerät liefern: "Wir stellen damit eine neue Plattform vor, die Künstler näher an ihr Publikum bringen wird und die den Menschen dabei helfen wird, neue Musik zu entdecken und neue soziale Bindungen zu entwickeln."
Wirklich bemerkenswert an dem Player, der im Prinzip nur eine aufgebohrte Variante eines Toshiba gigabeat ist, ist seine Fähigkeit, Songfiles der Formate WMA, MP3 und AAC zu importieren. Somit können wechselwillige iTunes/iPod-Nutzer zumindest diejenigen DRM-freien Tracks transferieren, die sie nicht im iTunes Store erworben haben. Auch Videodateien, die wie bei Apple üblich per H.264 encodiert sind sowie Files der Formate MPEG-4 und WMV kann der Zune verarbeiten. Auf diese Weise hofft Microsoft, dem Konkurrenten Apple einen Teil seines US-Player-Marktanteils von über 75 Prozent abzuknöpfen. Doch Beobachter gehen davon aus, dass es zunächst das restliche Viertel des Vier-Milliarden-Dollar-Marktes sein wird, das sich gegen den Zune zur Wehr setzten muss.
Als ausschlaggebend für den Erfolg wird zudem die Zune-Software gesehen. Sollte diese nicht auf Anhieb iTunes ebenbürtig sein, werde es Microsoft sehr schwer haben, im Markt Fuß zu fassen. Den Vorwurf, der Zune sei lediglich ein müder Abklatsch des Apple-Konzepts, konterte Microsoft indes nicht. Stattdessen fand das Toshiba-Management mutige Worte. Der "Berliner Zeitung" sagte Europamanager Olivier van Wynendaele: "Der Zune ist alles andere als eine Kopie der Konkurrenz." Er werde vielmehr "mit modernster Technik ausgestattet" sein. "In der Vergangenheit gab es immer wieder Unternehmen, die in einzelnen Märkten als uneinholbar galten. Jetzt werden Microsoft und Toshiba eben Apple herausfordern."
Quelle: musikwoche.de