Cocktail für eine Leiche
Originaltitel: Rope
Erscheinungsjahr: 1948
Laufzeit: ca. 78 Min.
Regie: Alfred Hitchcock
Darsteller: James Stewart,
John Dall,
Farley Granger,
Cedric Hardwicke,
Constance Collier,
Douglas Dick,
Edith Evanson,
Dick Hogan,
Joan Chandler u.a
Vertrieb: Universal
Bildformat: 1,33:1 (Vollbild 4:3)
Sprachen: DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Dänisch, Finnisch, Niederländisch, Norwegisch, Schwedisch
Freigabe: FSK 16
Film:
Die beiden Studenten Brandon Shaw (John Dall) und Phillip Morgan (Farley Granger) erwürgen einen Collegekameraden um zu beweisen, das Mord auch eine art von Kunst ist und das sie den perfekten Mord verüben können. Welches sie durch ihren glauben an Nietzsche Theorien des Übermenschen für sich selber rechtfertigen. Die Leiche verstecken sie in einer Truhe und laden anschließend einige Gäste zu einer Party ein, die ins Geheim zu „Ehren“ des Toten ausgerichtet ist. Alle Anwesenden sind Freunde oder Verwandte, darunter auch Vater und Tante des ermordeten, die Verlobte und der ehemalige Lehrer der drei Studenten Rupert Cadell (James Stewart), von dem vor allem Brandon sehr beeindruckt ist und der sie auch mit den Theorien Nietzsches bekannt machte. Um seinem „Meisterwerk“ die letzte Note zu geben lässt Brandon das Essen auf der Truhe, wo der tote drin ist, servieren. Mit der Zeit fangen die Gespräch um den erwarteten Toten an. Und einer der beiden Mörder fängt an nervös zu werden, während Rupert Cadell anfängt sich seine Theorien zu denken...
Nach dem schwachen Der Fall Paradin präsentiert Hitchcock 1948 mit Cocktail für eine Leiche seinen ersten Farbfilm und ein kleines Juwel der Filmgeschichte. Der Film, den Hitchcock auch selber produziert hat, spielt in Echtzeit und soll den Eindruck erwecken komplett ohne Schnitte auszukommen. Was natürlich damals nicht ging! Da auf eine Filmrolle nur jeweils 10 Minuten passten, musste Hitchcock immer Tricksen um den Eindruck zu erwecken der Film sei in einer Einstellung gedreht worden, sei es die Großaufnahme des Rückens einer der Darsteller oder eine Großaufnahme der Truhe wo das Opfer drin liegt. Rope, so der Originaltitel, ist ein Experiment Hitchcocks welches das komplette Gegenteil seiner Arbeit darstellt. Er war schon immer Verfechter und Befürworter der Montagetechnik und hat sie bis in die Perfektion ausgelebt wie kaum ein andere. Um seine Filme, Filme sein zu lassen und keine Theaterstücke und Rope ist nichts anderes, als ein aufgenommenes Theaterstück. In Rope sind insgesamt nur 9 Schnitte zu sehen zum Vergleich in Die Vögel sollen es etwa 1360 Schnitte gewesen sein. Hitchcock selbst fand das im Nachhinein eine idiotische Idee, aber einen verzeihbaren Fehler.
Man muss sich dann auch klar machen was das für eine Arbeit für die Schauspieler war, von denen es im ganzen Film nur 9 gibt. Die mussten die 10 Minuten ohne Unterbrechung durch Spielen, wurde ein Fehler gemacht musste alles von vorne beginnen, tja wieder lässt das Theater grüßen und eine selbige Ausbildung war wohl Hitchcock diesmal sehr willkommen. Wohl deswegen wurde alles im Vorfeld des Drehs akribisch geprobt. Hier legte Hitchcock vor allem wert darauf das die Akteure, dass Timing mit der Kamera perfektionieren. Man muss wissen, dass die Farbkamera von damals riesig war, daher mussten Schauspieler Timing und Kameraablauf kennen. Dazu kam noch das, das Dekor ständig umgestellt werden musste damit die Kamera von einem Zimmer ins nächste kommen konnte ohne einen Schnitt. Dabei musste auch ständig bedacht werden, dass man die Tageszeit im Hintergrund anpasst.
Die Adaption des Stücks Rope´s end von Patrick Hamilton , übernahm Hume Cronyn, der in „In Schatten des Zweifels“ die Rolle des Nachbarn Herb spielte. Er und Hitchcock arbeiteten die Adaption aus und hielten sich dabei größtenteils an die Vorlage. Für das Skript wurde dann Arthur Laurents angeheuert. Seine Hauptaufgabe lag darin die englischen Dialoge aus dem Skript ins amerikanische zu transferieren.
Die Geschichte handelt dabei von 2 homosexuellen Mördern, was in dem Film aber nie ausgesprochen wird und damals auch werden durfte. Zu der Zeit war das ein Tabu Thema, die Katholische Kirsche hatte zu der Zeit jede menge Gewalt über Zensur in Filmen und Homosexualität war ein absolutes Tabu, welches sie am liebsten tot geschwiegen hätten. Das ging so weit, dass bei Warner und den Beteiligten im Zusammenhang mit den Dreharbeiten zu Rope, das Wort Homosexualität nie ausgesprochen wurde. Laut Arthur Laurents wurde das Thema immer mit “it“ (das englische Wort für “es“) bezeichnet. Ein Kommentar über die Ignoranz der damaligen Zeit erspar ich mir an dieser Stelle. Das ist der Grund warum Laurents die Dialoge penibel aus dem britischen übersetzten musste, da die ganze englische Wortwahl, das homosexuelle Thema vor allem in Punkto Dialoge sehr verdeutlichte.
Man muss jedoch sagen, dass Rope aus heutiger sicht das Thema Homosexualität sehr gut verarbeitet hat. Es wird kein großes Thema drüber gemacht. Was den Anschein erweckt das die beiden als ganz normale Menschen behandelt werden und nicht irgendwie in die Kategorie Homosexuell gesteckt werden. Bei anderen Filmen wird das zu oft zu sehr betont, was dazu führt das die Figuren ausgegrenzt wirken. Neben dem Drehen ohne Schnitt war das ebenfalls ein Punkt welches Hitchcock sehr interessierte. Die Darstellung eines homosexuellen Mörders. Wäre der jetzt nur homosexuell oder nur ein Mörder, hätte ihn das laut eigener Aussage nicht so sehr gereizt.
Ursprünglich sollte Rupert Cadell, die Rolle von James Stewart, ebenfalls Homosexuell sein und eine Affäre mit Brandon, einem der beiden Mörder gehabt haben. Eigentlich wollte Hitchcock für diese Rolle Cary Grant haben und als Brandon war Montgomery Clift sein Wunschkandidat, diese sollen jedoch genau aus diesem Thema abgelehnt haben. Mit der Verpflichtung James Stewarts ging dieses Thema unter, da sein Talent eher in die Rolle eines quasi Detektivs eingesetzt wurde, aber ein homosexueller touch zwischen ihm und den Jungs bleibt trotzdem.
Die Geschichte an sich basiert auf einer wahren Begebenheit. Sie basiert aus dem so genannten Loeb - Leopold Fall, die in den 1920er einen Kameraden töteten um zu zeigen das sie einen perfekten Mord begehen können. Die Nietzsche Theorien des Übermenschen im Stück und im Film, welche die beiden Mörder als Art Vorwand zum Morden angeben, gehören dabei in die Kategorie künstlerische Freiheit. Diese bieten aber wieder eine gelungene Verbindung zu ihrem Lehrer Rupert Cadell, der ihnen diese Theorien beigebracht hat. Cadell predigt diese sogar während der Feier. Dadurch trägt er direkt Mitschuld an dem Mord und erst zum ende wird ihm die Absurdheit seiner Denkweise bewusst.
Drehbuchautor Arthur Laurents hätte es lieber gesehen wenn Hitchcock den Mord am Anfang nicht gezeigt hätte, seiner Meinung nach wäre dadurch die Spannung noch um einiges höher gewesen. Ich persönlich bin nicht der Meinung. Es würde gänzlich Hitchcocks Philosophie des Suspense widersprechen. Dadurch würde Hitchcock den Suspense zu Gunsten eines Überraschungsmomentes aufgeben. Hitchcock ließ den Zuschauer immer gerne mehr wissen als die Protagonisten in seinen Filmen, wodurch sich der berühmte Hitchcock Suspense erst bildete. Bei Cocktail für eine Leiche gibt es eine Szene die das am besten verdeutlicht. Und zwar meine ich die Szene in der die Haushälterin langsam anfängt das Essen von der Truhe weg zuräumen um anschließend Bücher zurück in diese zu tun. Hitchcock bleibt dabei mit der Kamera die ganze Zeit auf ihr, während man im Off hört wie sich die Gäste unterhalten. Hier entsteht dann ein extremer Spannungsaufbau beim Zuschauer, eben weil er weiß dass die Leiche in der Truhe ist. Die Frage entsteht dann. „Wird die Haushälterin die Truhe öffnen und die Leiche entdecken oder werden Brandon und Phillip das rechtzeitig bemerken und das verhindern? Für mich persönlich ist die Szene auch zu gleich das Highlight des Films.
Hitchcock hatte große Probleme mit den Farbfilmkameras, schließlich war es sein erster Film in Farbe. So geschah es das ab der vierten Rolle das Bildmaterial eine zu starke Orangedominanz hatte. So musste Hitchcock die letzten 5 Rollen und damit mehr als die Hälfte des Films neu drehen.
Die Darsteller haben alle einen sehr guten Job gemacht. Wie ich ja schon erwähnte ist der Film eher ein aufgenommenes Theaterstück und so mussten die Schauspieler meistens 10 Minuten komplett durchspielen. Machen sie einen Fehler in der Mitte musste die Szene komplett wiederholt werden. Im ganzen Film kommen auch nur gerade mal 9 Darsteller vor und davon stirbt noch einer direkt am Anfang. James Stewart ist dabei natürlich wieder der Star des Filmes und er zieht die Aufmerksamkeit der Zuschauer klar auf sich. Jedoch sind vor allem die beiden Mörder mit John Dall und Farley Granger sehr gut besetzt worden. Vor allem John Dall. Zunächst spielt er den selbstsicheren ja schon arroganten Mörder und bei der Ankunft von Rupert Cadell fängt er allmählich an seine Selbstsicherheit zu Verlieren er fängt an zu stottern und verstrickt sich immer mehr in Widersprüche. Der Übergang ist dabei sehr gut gelungen. Sir Cedric Hardwicke, als der Vater des Opfers, bietet den ernsten Pol der Partygemeinschaft. Für eine Augenzwinkernde Anspielung sorgte Constance Collier. Bei der Unterhaltung ob jetzt James Mason oder Cary Grant (Was im Nachhinein ja auch ironisch ist, da beide später auch in Hitchcocks Der unsichtbare Dritte Gegenspieler sind) besser ist, worauf Collier sagt. „Ich mochte Grant in dem neuen Film mit der Bergman. Der „Sowieso von Sowieso“ oder war es einfach „sowieso“. Die Anspielung bezog sich ganz klar auf Notorious.
Der Film wurde zu nächste nicht besonders gut aufgenommen. In den Staaten hat man es wohl nicht gerne gesehen das James Stewart eine Figur spielt, welche leichte Homosexuelle Andeutungen hat und dazu noch negativ ist da sie am Mord mitschuldig ist. Erst die Veröffentlichung in Europa machte ihn bekannt und mit der Zeit wurde er auch in Amerika mehr als akzeptiert.
2002 folgte dann Barbet Schroeders Remake Mord nach Plan mit Ben Chaplin und Sandra Bullock, die den Film auch produzierte. Im Vergleich zu vielen anderen Remakes war dieses noch Okay.
Ungewöhnlich bei Cocktail für eine Leiche ist das Hitchcock hier zweimal einen Cameo Auftritt hat. Das erste mal ist direkt am Anfang. Man sieht ihn unten auf der Strasse gehen. Das andere mal ist etwas subtiler und zum ende zu sehen. Man sieht aus dem Fenster des Apartments das Hitchcocksymbol als Neonröhre. Ursprünglich sollte das, der einzige Cameo Auftritt sein, aber er hatte wohl Angst, dass man es nicht erkennen würde und drehte den Anfang.
Beide Hitchcock Cameos. Bild 1 ist klar! Auf Bild 2 sieht man im Hitergrund das rote Neon Licht welches die berühmte Hitchcock silhouette
Cocktail für eine Leiche ist eines der berühmten 5 verschwundenen Filmen Hitchcocks, die anderen waren The Man Who Knew Too Much, Das Fenster zum Hof, Immer Ärger mit Harry und Vertigo. Diese rechte an den 5 Filmen hat Hitchcock mal zurück gekauft und nach seinem Tod seiner Tochter vermacht. Erst 1984 wurden sie nach 30 Jahren wiederaufgeführt.
Hitchcocks geniales Experiment einen Film in Echtzeit zu drehen und dabei den Anschein zu wahren er sei ohne einen Schnitt erfolgt ist ein voller Erfolg. Exzellente Darsteller, spannend und kurzweilig präsentiert sich Cocktail für eine Leiche.
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Bild:
Das Bild ist wieder mal sehr gut restauriert worden. Gute Schärfe und kaum Rauschen sind erfreulich. Negativ hingegen fällt auf das man die Farben etwas besser hätte auffrischen können. Ab und zu wird das Bild auch von kleine Defekten bestimmt. Aber trotzdem das Bild ist für das alter sehr gut.
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Ton:
Der Ton ist diesmal auch erfreulich gut gelungen. Die Mono Tonspur kommt sehr gut aus beiden Stereolautsprechern. Die Dialoge sind klar und verständlich und wer den Film kennt weiß das hier eine Monotonspur ausreichend ist.
Extras:
Wie schon bei den anderen Universal Titel, erwartet uns hier auch ein interessantes Making Of, welches interessante Einblicke zu lässt u.a anderem kommen dort die beiden Autoren Hume Cronyn und Arthur Laurents zu Wort und auch der einzige noch lebende Darsteller aus dem Film Farley Granger. Desweiteren bietet die DVD eine Fotogalerie und eine Trailer-Kompilation, zu den 5 verschollenen Filmen des Meisters, welche von James Stewart angesagt werden. Außerdem ist der Kinotrailer noch drauf, der an sich schon sehr interessant ist weil er eine Art Prolog zum Film ist.
Fazit:
Der Film hat nach 60 Jahren immer noch nichts an seiner Faszination verloren. Technisch brillant, inhaltlich durchaus interessant und mit ausgezeichneten Darstellern präsentieren sich Hitchcocks, bis heute unvergessenes Experiment.
Testequipment
TV-Gerät: LG 4:3
DVD-Player: Panasonic SC-HT 335 5.1 Komplettsystem