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Entstehungsdaten:
USA / GB / Rumänien / Deutschland 2004
Regie:
Jevon O'Neill
Darsteller:
Jordan Frieda
Dennis Hopper
David Murray
Gina Gershon
Dominique Swain
Jim Carter
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[align=justify]„Out of Season“, eine Independent-Produktion des Hauses „Bauer/Martinez“ aus dem Jahre 2004, ist ein traditioneller, atmosphärisch dichter „Neo Noir“-Thriller, bei dem Regisseur und Drehbuchautor Jevon O´Neill („Bob´s Weekend“) verstärkten Wert auf die vorhandenen Drama- und Krimi-Elemente seiner Story legte, um aus diesen, ganz im Geiste der großen Genre-Vorbilder, eine unterschwellig-subtile Spannung zu erzeugen. Ein abgesonderter Schauplatz, zwei anfangs voneinander unabhängige Handlungsstränge, die sich im Verlauf allmählich immer stärker miteinander verweben, sechs zentrale Charaktere, deren Entscheidungen stets eigennützige Hintergedanken (verschiedenster Intensitäten) aufweisen – so lässt sich die klassische Ausgangslage dieses stimmungsvoll düsteren Films beschreiben…
Wie das relativ unscheinbare Städtchen, an dessen Küste er sich befindet, gleicht ebenso der kleine nostalgische Vergnügungspark von Michael Philipps (Jim Carter) außerhalb der Touristensaison einem trostlosen, nahezu menschenleeren Ort. Der Hilfskraft Pierre (Jordan Frieda) ist es, dank harter Arbeit und dem Vermeiden unnötiger Ausgaben, in den vergangenen Monaten gelungen, eine stattliche Summe zusammenzusparen, mit welcher er sich demnächst, da sein Job ja nun aufgrund der Winterpause weggefallen ist, erneut auf den Weg machen will, um das nächste Kapitel seines Lebens aufzuschlagen. Vor diesem Tag fürchtet sich Kelly (Dominique Swain), seine aktuelle Freundin sowie dazu noch die Tochter des Chefs, denn sie kennt die Einsamkeit nur allzu gut, weshalb sie ihn unter keinen Umständen verlieren möchte – also lässt sie sein Geld kurzerhand von dem lokalen Kriminellen Simeon (David Murray) stehlen, mit dem sich wiederum Eileen (Gina Gershon), Michael´s verwöhnte und über die Jahre entfremdete Gattin, auf rein sexueller Basis vergnügt. Kelly´s Plan geht jedenfalls auf: Ohne einer finanziellen Rücklage ist Pierre zum Bleiben verdammt und sucht fortan nach einer Möglichkeit, irgendwie über die Runden zu kommen. Um ihm auszuhelfen und ihn simultan nicht völlig zu entmutigen, stellt sie die beiden Männer einander vor, welche anknüpfend gar gemeinsam auf Diebestour gehen: Während Simeon das hochprozentige Getränkelager von „Harry´s Bar“ ausräumt, soll Pierre eigentlich nur Schmiere stehen – kann jedoch der Verlockung der Situation nach dem Abrücken seines Partners nicht widerstreben und schaut sich daraufhin allein noch etwas im Innern der Kneipe um, wobei er prompt vom Inhaber (Dennis Hopper) auf frischer Tat erwischt wird…
Zu seiner Überraschung denkt Harry allerdings nicht daran, die Cops herbeizurufen, sondern hält ihm stattdessen einen Vortrag über die im Rahmen seiner Aktion begangenen Fehler – wie es sich nämlich herausstellt, war der ältere Herr früher mal ein professioneller Einbrecher im Dienste des organisierten Verbrechens, der sich nach einem schwerwiegenden Vorfall zurückgezogen hatte, um abgeschieden seinen Lebensabend fernab der dunklen Vergangenheit zu verbringen. Ein Deal wird besiegelt – fortan herrscht zwischen ihnen ein Lehrer-Schüler-Verhältnis: In den folgenden Wochen lehrt er seinem interessierten Schützling alle nötigen Kniffe und Techniken dieser illegalen Tätigkeit, was Harry´s Existenz endlich wieder einen Sinn verleiht, denn ein kaputtes Bein verhindert, dass er je wieder aktiv in seiner einst leidenschaftlich ausgeübten Profession zu Werke gehen kann. Irgendwann äußert die jene Gegebenheiten aufmerksam mitverfolgende Kelly den Vorschlag, zu Saisonbeginn den Safe ihres Vaters auszuräumen, um dann mit der erbeuteten Summe woanders neu anzufangen. Was aber keiner von ihnen ahnt, ist dass sich dieser Plan mit verschiedenen anderen Verwicklungen überschneidet: Simeon möchte ebenfalls endlich mal so richtig absahnen, um sich nicht mit solch minderen Gaunereien über Wasser halten zu müssen, weshalb er Eileen den Vorschlag unterbreitet, ihren stattlich versicherten Ehemann, naturgemäß gegen eine angemessene Entlohnung, für sie aus dem Weg zu räumen – im Gegenzug wendet er sich jedoch auch mit einer Tonbandaufnahme ihrer Einwilligung an Michael, um ihm das Material zum Kauf anzubieten, mit welchem sich eine für ihn günstige Scheidung gewiss reibungslos abwickeln ließe. In einer verhängnisvollen Nacht kreuzen sich schließlich die Pfade aller Parteien – und wie nicht nur der erfahrene Harry weiß:
There´s no such Thing as a happy Ending…
„Out of Season“, übrigens eine amerikanisch-britisch-deutsch-rumänische Co-Produktion, konzentriert sich hauptsächlich auf seine sechs zentralen Protagonisten, deren Schicksale sich zum Ende hin ungeplant überschneiden – mit fatalen Konsequenzen, was natürlich von vornherein abzusehen ist, weshalb die Strecke mal wieder das Ziel markiert. Bis dato verlaufen die Erzählstränge über weite Strecken parallel zueinander – die Figuren passieren und treffen sich des Öfteren, das Ausmaß der jeweiligen Pläne bleibt den anderen gegenüber selbstverständlich im Verborgenen. Nach der dem Zuschauer einen Überblick bietenden Eröffnung, bestehend aus Namenseinblendungen sowie knapp gefassten Images, werden alle Beteiligte frei von Hast eingeführt: Ruhigen Tempos setzen sich die Geschehnisse, welche aus den Gesprächen heraus bedächtig mit Substanz angereichert werden, in Bewegung – es sind die Inhalte, welche die Handlung vorantreiben. Forciert von einigen Wendungen, die nett, obgleich keineswegs spektakulär ausgefallen sind, nehmen die Ereignisse fortan konstant energischer an Fahrt auf. Das Unheil liegt förmlich in der Luft, nicht nur sprichwörtlich zieht ein Sturm auf – bis sich alles in einem finalen, ausgedehnten, beinahe reinigenden Gewaltakt entlädt.
Bereits die Genre-Dazugehörigkeit dieses Werks bringt unweigerlich die Gewissheit mit sich, dass nicht jeder der vorgestellten Anwohner den Abspann erleben wird. Keiner von ihnen hat sein Glück gefunden, ist wirklich zufrieden: Manche haben resigniert, sich dem kargen Trott hingegeben, andere streben innerlich nach größeren Dingen, nur fehlt ihnen der konkrete Ansatz, einen effektiven Schritt voran zu vollziehen – bis ihnen diese sich geradezu zufällig ergebende Konstellation genau jene Gelegenheit bietet, nämlich eine Form des individuellen Fortschritts (Pierre erlernt eine ergiebige, wenn auch gesetzeswidrige Beschäftigung, Kelly muss ihre gefundene Liebe nicht ziehen lassen, Harry vermag an einem finalen Coup mitzuwirken, Simeon kann eventuell lukrativ abräumen, Eileen und Michael werden sich, so oder so, endlich gegenseitig los). Sie wittern eine aussichtsreiche bzw (zum Teil) wohlmöglich gar letzte Chance, weshalb unheimlich viel auf eine Karte gesetzt wird. Unter anderem geht es um Macht, Gier sowie die Frage, was man dafür zu riskieren bereit ist. Lügner, Fremdgeher, Verbrecher – allesamt Persönlichkeiten von geringer Moral, eignen sie sich, ganz im Sinne der „Neo Noir“-Ausrichtung, kaum als althergebrachte Sympathieträger. Die Ausgangslage stimmt demnach, bloß griff O´Neill beim Verfassen seines Skripts zu sehr auf Stereotypen zurück, ohne diese genügend vom gewohnten Standard abweichend zu konzipieren – in diesem Bereich ging offenkundig eine Menge Potential verloren.
Die schauspielerischen Leistungen passen sich dem Gesamteindruck des Films im Prinzip nahtlos an: Licht und Schatten halten sich in etwa die Waage. Hauptdarsteller Jordan Frieda (TV´s „Band of Brothers“) hat zwar schonmal (2002) in einem TV-Movie „Prince William“ verkörpert, sieht gegenwärtig aber eher wie ein Bruder von Paul Walker aus und besitzt auch in etwa genauso viel bzw wenig Talent (sprich: nicht sonderlich ausdrucksstarkes Mittelmaß). Dominique Swain („Lolita“/„Dead Mary“) agiert ungefähr auf gleicher Höhe mit ihrem Partner: Zu einem Drittel strahlendes Schnuckelchen, zu den anderen jeweils jugendlich durchtriebenes Biest und traurig-enttäuschtes Kleinstadtmädel, konnte sie mich in bestimmten (entscheidenden) Momenten leider nicht vollends überzeugen. Gina Gershon („Bound“/„Driven“) indessen vereinnahmt die Rolle der nur des Geldes wegen bei ihrem Mann verbleibenden, schwer gelangweilten Gattin mit jeder Faser ihres anhaltend gut aussehenden Körpers (sie ist immerhin Jahrgang 1962) perfekt – was vordergründig von der Tatsache, dass der Part der eiskalten Bitch Eileen kaum reichhaltig ausgefallen ist, einigermaßen erfolgreich abzulenken vermag. Jim Carter („Shakespeare in Love“/„Legionnaire“) verbleibt in meinen Augen nahezu durchgängig blass, Dennis Hopper („Blue Velvet“/„Land of the Dead“) hat seine umfassende Routine in den Mentor-Part mit einfließen lassen, was zwar in keiner Gala-Vorstellung resultierte, wohl hingegen in einer soliden, glaubhaften Performance der zurückhaltenderen Art. Die Show stiehlt allen jedoch eindeutig der im Grunde unbekannte David Murray (u.a. Mini-Auftritte in „King Arthur“ und „Batman Begins“) als Simeon: Sein komplexer, innerlich geradezu zerbrochener Charakter, inklusive der übertrieben religiösen Ausprägung, bildet die Verbindung zwischen allen Verstrickungen sowie den Schlüssel zum Verständnis einiger Storyelemente im Hintergrund. Die präsentierte „Bad Boy“-Ausstrahlung macht ihn fürs weibliche Geschlecht (vorort) interessant – selbiges gilt für seine Neurosen in Bezug aufs Publikum, denn sie fügen der Angelegenheit einen auffällig bedrohlichen Faktor hinzu. Die Entwicklung von einem „gängigen Kleinkriminellen“ hin zu einem absolut verabscheuungswürdigen, fast dämonisch anmutenden Fiesling vollzieht sich fließend – und das charismatische Spiel Murrays trägt dienlich einen umfangreichen Teil dazu bei.
Schlechtes Wetter, kühle Temperaturen, eisige Brandungswellen, die der Wind unaufhörlich gegens menschenleere Ufer schlägt – die Locations in Rumänien erwiesen sich als eine optimale Kulisse, um genau die richtige trostlose Stimmung zu erzeugen. In kalten Farbtönen gehalten, arrangierte Cinematographer Nic Morris („Minotaur“) das abgründige Treiben hinter der Fassade dieser annähernd verlassenen Umgebung in Gestalt einer ungemein harmonischen Bildersprache, welche sich, wie er selbst offen zugibt, eindeutig an den Malereien Edward Hoppers („Nachtschwärmer“) orientiert. Klassisch sowie schön anzusehen, vollenden starke Kontraste und einzelne kräftige Farbelemente in ansonsten düster-unterkühlten Kompositionen die melancholischen inhaltlichen Themen virtuos. Ergänzt werden diese Stilmittel von diversen eigenwilligen Nahaufnahmen und schrägen Kamerawinkeln, ein „Probe-Einbruch“ hat man optisch verfremdet in Szene gesetzt – bloß die abgedroschene Rückblende in Schwarzweiß hätte man sich getrost sparen können. Was mir ebenso leicht missfiel, war das ständige (als Übergang genutzte) Einblenden der Achterbahngondel während ihres Langzeit-Testlaufs – in Verbindung mit dem ambienten Vergnügungspark, einschließlich der unheimlichen Clownsfigur, unfraglich das gängige „Jahrmarkt-Metapher“ bedienend. Einige Klischees sind gerade noch akzeptabel, wie der pünktlich zum Showdown einsetzende bzw wütende Sturm, andere indessen muten viel zu abgegriffen an, zum Beispiel Harry´s Ansehen von alten Familien-Videos im heimischen Hinterzimmer. Hinzu gesellen sich noch sporadische Tempo-Probleme und Vorhersehbarkeiten, welche die vorhandenen Pluspunkte nur bedingt auszugleichen vermögen. Der gelungene, von religiösen Motiven durchsetzte Schlussakt, welcher von einem der allgemein sehr adäquat ausgewählten Musikstücke eingeleitet wird, symbolisiert das schlagartige Brechen jeglicher Dämme, die bislang alle angestauten Empfindungen (Frust, Wut, Schmerz etc) zurückgehalten haben – ausgedehnt und schonungslos erfüllen sich die Schicksale der Betroffenen. Trotz der gebotenen Härte ist die deutsche „Keine Jugendfreigabe“-Einstufung insgesamt aber eindeutig zu hoch gegriffen – darüber hinaus verärgert der Detailpatzer, dass „e-m-s“ im DVD-Backcover-Text die Namen Simeon und Pierre vertauscht hat. Wie dem auch sei: Technisch ist die Veröffentlichung vollkommen in Ordnung, der Film an sich schneidet im Vergleich jedoch insgesamt etwas schwächer ab…
Fazit: „Out of Season“ ist ein ruhiger, atmosphärischer „Neo Noir“-Krimi: Handwerklich gut umgesetzt, wäre allerdings auf jeden Fall eine raffiniertere und originellere Drehbuchvorlage von Nöten gewesen, um letzten Endes umfassend überzeugen zu können, weshalb es von meiner Seite aus leider nur noch gerade mal so für knappe 5 Punkte auf der gängigen 10er-Skala reicht.[/align]
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„5 von 10“

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