
Entstehungsdaten:
USA 2007
Regie:
Gregory Jacobs
Darsteller:
Emily Blunt
Ashton Holmes
Martin Donovan
Trailer
Inmitten einer Zeit entstanden, in der sich innerhalb des Horror-Genres gerade von Eigenschaften wie harter Gewalt und Sadismus geprägte Veröffentlichungen á la „the Devil's Rejects“, „Captivity“, „Wolf Creek“, „Hostel“ und „Saw“ (samt Sequels) großer Beliebtheit erfreuten, wirkte der relativ zurückhaltende, sich in erster Linie auf seine Charaktere, Darsteller und Atmosphäre stützende 2007er Grusel-Thriller „Wind Chill“ förmlich klassisch-altmodisch geartet. Hierzulande unter dem Titel „Der eisige Tod“ erschienen, erzählt der von Gregory Jacobs („Magic Mike XXL“) für sechs Millionen Dollar in Szene gesetzte sowie u.a. von Steven Soderbergh und George Clooney mitproduzierte Film die Geschichte einer Studentin (Emily Blunt), die sich infolge der Trennung von ihrem Boyfriend sowie der damit einhergehenden kurzfristigen Änderung ihrer Pläne für Weihnachten spontan dazu entscheidet, nach Abgabe ihrer letzten Klausur vor den Ferien das am Pinnbrett ausgehängte Angebot eines Kommilitonen (Ashton Holmes) anzunehmen und mit diesem eine Fahrgemeinschaft von ihrem College in Pennsylvania aus nach Delaware zu bilden, um dort die Feiertage im Kreise ihrer Familie zu verbringen…
Obwohl sie einen gemeinsamen Kurs besuchen, ist er ihr nie zuvor aufgefallen – und auch so scheint sie jetzt kein übermäßiges Interesse an seiner Person oder etwaigen Interaktionen mit ihm zu haben, durch die sich die rund sechs Stunden vermutlich ablenkend-lockerer entfalten würden. Irgendwann fühlt er sich genügend von ihr ignoriert und spricht diese Empfindung direkt an – worauf sie ihr Handy erst einmal zur Seite legt und sich auf eine Konversation mit ihm einlässt. Aus eben jener geht jedoch nach und nach hervor, dass er schon länger ein Auge auf sie geworfen sowie diese Situation nun mit Hilfe einiger Tricks eingefädelt hat, um so eine Gelegenheit herbeizuführen, mal mit ihr allein sein zu können – denn eigentlich wohnt er ganz woanders und hatte er sich eine Entwicklung der Dinge hin zu einem romantischen Kennenlernen erhofft. Angesichts seiner klar herauszudeutenden „Stalker-Tendenzen“ steigen sowohl Anflüge von Besorgnis als auch Wut in ihr auf – aber da sie ja recht selbstbewusst und tough ist, stellt sie ihren ablehnenden Standpunkt in der Beziehung sogleich unmissverständlich heraus und findet sich halt (notgedrungen) mit dieser Sachlage ab, deren Ende ja ohnehin mit jeder Meile näher rückt…
Nach einem Tankstopp, der einen etwas eigenartigen Verlauf nimmt, biegt der junge Mann stracks unerwartet vom Highway ab: Eine angebliche Abkürzung, die obendrein landschaftlich imposanter sein soll. Noch ehe ihre vehementen Proteste fruchten können, gerät der Wagen beim unglücklichen Passieren eines entgegenkommenden Fahrzeugs jedoch von der Straße ab und schlittert in einen Graben. Ohne Verpflegung oder Mobiltelefon-Netzabdeckung – dafür aber mit einer leckgeschlagenen Benzinleitung und AM-Radio-Empfang, durch welchen sie erfahren, dass die Temperaturen demnächst schon deutlich unter den Nullpunkt sinken werden – bricht die Dunkelheit schließlich über sie herein. Nur im Wagen haben sie eine Chance, in dieser abgelegenen, dicht bewaldeten Bergregion nicht zu erfrieren – doch während sie widerwillig an einem Strang zu ziehen beginnen, setzen seltsame Geschehnisse um sie herum ein: Es lassen sich keine Spuren des anderen Unfall-Beteiligten finden, merkwürdige Gestalten scheinen sich zwischen den Bäumen umher zu bewegen – und später taucht zudem auch noch ein mysteriöser State Trooper (Martin Donovan) auf; das allerdings jedes Mal nur dann, wenn ein spezieller Song gespielt wird…
Was mir persönlich erst in Anbetracht der entsprechenden Angaben im Abspann bewusst wurde: In „Wind Chill“ werden die Namen der zwei zentralen Protagonisten nie genannt, denen im Zuge der Nacht auf drastische Weise bewusst wird, dass sie nicht nur gegen die Witterung ankämpfen müssen, sondern sich ebenso bedrohlichen übernatürlichen Einwirkungen ausgesetzt sehen, die mit einer Reihe tragisch-schrecklicher Vorfälle in Verbindung stehen, die sich über die Jahre hinweg auf genau diesem einsamen Straßenabschnitt ereignet hatten. In der weiblichen Hauptrolle überzeugt eine damals in Hollywood gerade noch aufstrebende Emily Blunt („the Girl on the Train“) – welche nach ihrem einprägsamen Auftritt in „the Devil wears Prada“ hier erneut imponierend auf sich und ihr Talent aufmerksam machen konnte. Weder ein „Klischee-Blondchen“ (in jeglicher Ausprägung des Begriffs) noch eine typische Scream-Queen, ist sie ein Mädel, dem man das generelle Meistern von Herausforderungen auf Anhieb problemlos zutraut. Wir lernen sie als eine selbstsichere Person kennen, die sich ihres Verstands und ihrer Attraktivität wohlbewusst ist – sich trotz Freunde, Beliebtheit (und so) innerlich aber auch nach Geborgenheit sehnt…
Zum Teil gewiss ein „Schutzschild“ markierend, haben vergangene Erfahrungen sie eine bitchy Attitüde aufbauen lassen, die im ersten Augenblick abschreckt – manche Zuschauer garantiert inbegriffen. Da achtsamen Betrachtern einige feine Nuancen in ihren Verhaltensweisen allerdings nicht entgehen dürften, ist sie einem dennoch nie wirklich unsympathisch – noch bevor sie in der zweiten Hälfte ihr wahres Wesen zeigt; sich bspw. um ihren verletzten Schicksalsgenossen sorgt und kümmert. Dass sie sich eingangs regelmäßig über dies und jenes beschwert, dringt ebenfalls nicht erwähnenswert in „nerviges Terrain“ vor – stattdessen kann man sich durchweg an ihren achtsamen, überlegten Reaktionen sowie an Blunt's authentisch klingenden amerikanischen Akzent erfreuen. Derweil portraitiert Ashton Holmes („the Divide”) einen dieser unscheinbaren, introvertierten Typen, die sich einfach nicht „von der Masse abheben“. Bislang hat er sich nie getraut, das Mädchen seiner Träume anzusprechen – weshalb er eine Menge Mühe auf sich genommen hat, nur um eine Gelegenheit zu arrangieren, die ihm mal ihre unabgelenkte Aufmerksamkeit gewährt; in der Hoffnung, dass der Mut seiner persönlichen Überwindung belohnt wird…
Eingangs ist er einem unheimlich, da sich die Tragweite seiner Absichten kaum einschätzen lässt – bis man ihn weitestgehend durchschaut und gar Anflüge von Mitleid für ihn entwickelt; zumal sie ihn prompt nur noch schlechter bzw. stärker von oben herab behandelt (das allerdings nicht ohne Grund). Holmes liefert eine gute, glaubwürdige Leistung ab. Als ihr gemeinsamer Überlebenskampf anzudauern beginnt, strahlen er und Blunt eine harmonische Chemie aus – was dem Gesamteindruck spürbar zugutekommt – beide weisen Fehler und „kantige“ Eigenheiten auf. Die entstehende Zwangslage gleicht ihre bis dato in unterschiedliche Richtungen tendierenden Ausprägungen ein deutliches Stück weit an – was die von den Umständen forcierte Verbundenheit nährt. Den fiesen, seit den 1950ern toten Polizisten verkörpert Martin Donovan („Silent Hill: Revelation“) per se zwar anständig – bloß ist die Rolle weder reichhaltiger noch fordernder Natur und war Donovan außerdem nicht dazu in der Lage, dem Part eine wahrhaft markant-prägnante Note zu verleihen. Der Rest der ohnehin nicht sehr umfangreichen Besetzung – darunter Ned Bellamy („Small Apartments“) und Chelan Simmons („See no Evil 2“) – ist dagegen nicht wirklich erwähnenswert…
Ohne auf einen vorwegnehmenden oder sonstwie um etwas buhlenden Prolog zurückzugreifen, schlägt „Wind Chill“ postwendend einen mustergültigen Verlauf ein: Passend zu den kalten Temperaturen draußen sowie der gewählten Farbgebung ist die Stimmung im Umfeld der sich nahezu Fremden spürbar unterkühlt und fördern einzelne Dialog-Fragmente dem Erkeimen von Suspense zuträgliche Hinweise und gar Lügen zutage – wie z.B. ein Kommentar seinerseits hinsichtlich ihrer Brille; bloß dass sie diese ausschließlich allein in ihrem Dorm-Room trägt. Dann ein eigenartiger Vorfall in einer Raststätten-Toilette, das Abweichen von der eigentlichen Route, der Anblick einiger Kreuze am Fahrbahnrand sowie das Verunglücken mitten im nächtlichen Nirgendwo – wohlgemerkt mit einem eventuell psychisch ungefestigten Menschen an der Seite. Die Etablierung der Charaktere sowie eines unheilschwangeren Feelings entpuppt sich bis dato als vorbildlich: Ein aufgrund seiner begrenzten Location sowie der Fokussierung auf die zwischenmenschlichen Konflikte fast wie ein „intimes Kammerspiel“ anmutendes Szenario, bei dem nichts weiter als die Natur an sich die gravierendste, darüber hinaus auch noch konstant anwachsende Gefahr darstellt…
Dieses reizvoll-stabile „Fundament“ eines Psycho-Thrillers verlässt der Film jedoch zugunsten einer Konzentration auf eine eher konventionelle Geister-Geschichte. Basierend auf Nietzsche's Eternal-Recurrence-Theorie – welche man allerdings nicht mit dem Gedanken-Konstrukt der Reinkarnation verwechseln sollte und ihrerseits besagt, dass wir unser Leben nach dem Tod im Prinzip immerzu in einer ähnlichen Form zu wiederholen verdammt sind – hält eine übernatürliche Komponente Einzug – welche sich leider aber nie optimal mit dem Vorangegangen zu verbinden vermag. Von dem betreffenden Moment an wird alles nämlich deutlich vager und unausgegorener: Der schleichende, reale Horror der Hypothermie wird um einige rastlose Seelen Verstorbener ergänzt – gängige Präsentations-Formen wie Halluzinationen sowie Hintergründe preisgebende Flashbacks inklusive – was zumindest einige „Story-Schlenker“ und creepy Begegnungen zu bieten hat. Der inhaltliche Stil verändert sich hin in eine generische, meiner Meinung nach unvorteilhafte Richtung. Diejenigen, denen die erste Hälfte zu ruhig und unaufregend war, werden das aber gewiss anders sehen…
Wer Subtiles nicht zu schätzen weiß, dürfte mehr Freude am späteren Geschehen haben. Ein bösartiger Antagonist, der stets dann auftaucht, wenn ein bestimmter Song im Radio läuft, ist aber beileibe keine innovative Zugabe – genauso wenig wie die anderen Gestalten, die seit ihrem Dahinscheiden geisterhaft mit diesem Straßenabschnitt verbunden sind. Das sorgsam Aufgebaute geht demnach in diverse oberflächliche Spuk-Sequenzen über und wird so schließlich geradezu (z)ersetzt. Ein konsequenteres Voranschreiten entlang des eingeschlagenen Pfades – ohne jene Zugeständnisse an eine stärkere Massen-Kompatibilität – wäre mit Sicherheit in einem nachhaltigeren Ergebnis resultiert. Permanent erinnert einen „Wind Chill“ an klassisches „Twilight Zone“-Material – speziell von der Handlung sowie dem alles einhüllenden Vibe her. Hätte man das Ganze an den richtigen Stellen „komprimiert“ – sagen wir mal auf eine Lauflänge von rund einer Stunde; also auf den Umfang einer gängigen TV-Serien-Episode – wäre durchaus Großartiges möglich gewesen. So aber wirkt es, als hätte die ursprüngliche Idee einfach nicht genügend hergegeben, um 90 Minuten im optimalen Umfang auszufüllen…
Regisseur Jacobs hat handwerklich kompetente Arbeit abgeliefert. Ohne je einer flashy Präsentationsart zu verfallen, konzentrierte er sich auf den wesentlichen „Kern der Dinge“: Quasi alles schön old School, verzichtete er etwa auf jegliche „Mätzchen“ im Bereich der Optik und bei den Effekten – beließ so einiges mysteriös in der Dunkelheit nur grob erahn- oder undeutlich erkennbar. Ohne überdramatische Musik-Einspielungen wurden die vereinzelten „Erschrecker“ sorgsam platziert und erfüllen im Zuge dessen überwiegend ihren Zweck. Intensive Hochspannung kommt leider dennoch nicht wirklich auf – allerdings ist zumindest die erzeugte Atmosphäre zum Schneiden dicht: Man kann die beißende Kälte förmlich spüren. Von Clint Mansell's („Ghost in the Shell“) feinem, zurückhaltenden Score adäquat untermalt, fing Cinematographer Dan Lautsen („Crimson Peak“) diverse Impressionen der winterlichen, wolkenverhangenen Landschaften (der kanadischen Dreh-Locations) nachempfindbar frostig ein – ebenso wie die Enge und Verzweiflung im Innern des Wagens; während sich gelegentlich dunkle Schatten und Silhouetten draußen langsam an den beschlagenen Fenstern vorbeibewegen…
Trotz gelungener Setpieces – darunter das Erkunden einer alten, verlassenen, eingestürzten Hütte oder das Erklimmen eines Telefon-Masten – verliert der Film in der zweiten Hälfte seine „Dichte“. Wären es ausschließlich unheimliche Geister bzw. wandelnde Seelen, wäre das wohl bloß nur eingeschränkt so – allerdings ist es insbesondere die konkretisierte Figur des State Troopers, welche die Bedrohung „zu greifbar“ gestaltet. Das Skript aus den Federn Steven Katz' („Shadow of the Vampire“) und Joe Gangemis („Stonehearst Asylum“) funktioniert am besten, wenn die beiden Studenten und ihre klaustrophobische Lage (mitten in dieser unwegsamen, pechschwarzen Wildnis) im Zentrum der Betrachtung stehen. Von ihren Differenzen am Anfang bis hin zu einer finalen Sequenz, die aufgrund der bis dato zurückgelegten emotionalen Entwicklung (dank ihres vom Schicksal bedingten Zusammenwachsens, u.a. in Form eines unglaublich zarten Augenblicks) keineswegs kitschig anmutet, hält ihre „Verbindung“ das Interesse unentwegt aufrecht. Charaktere in einem Film dieses Genres, die einem mal nicht egal sind: Durchaus eine Seltenheit…
Fazit:
„Wind Chill - der eisige Tod“ ist ein stimmungsvoller Grusel-Thriller, der eigentlich all die richtigen „Zutaten“ aufweist – letzten Endes jedoch an seinen zu oberflächlich-uninspiriert-konventionellen übernatürlichen Komponenten krankt…
