Daten
Vertrieb: EuroVideo
Regionalcode: 2
Laufzeit: ca. 90 Minuten (Film) + ca. 50 Minuten (Bonusmaterial)
Regie: Dennis Jacobsen, Randa Chahoud, Oliver Jahn
Darsteller: Oliver Jahn, Nora Tschirner
Bildformat: 16:9
Sprachen: Dolby Digital 2.0 (deutsch)
Untertitel: -
Freigabe: ab 6 Jahren
Film
Stanislaw Lem gilt als einer der erfolgreichsten polnischen Schriftsteller der heutigen Zeit. Zitat Wikipedia: "Durch seine utopischen Werke erwarb Lem den Ruf, einer der größten Schriftsteller in der Geschichte der SF-Literatur zu sein. Seine Kurzgeschichten, Romane und Essays zeichnen sich insbesondere durch überbordenden Ideenreichtum und fantasievolle sprachliche Neuschöpfungen aus, wobei auch die Kritik an der Machbarkeit und dem Verstehen der technischen Entwicklung im Kontext philosophischer Diskurse immer wieder ein zentraler Bestandteil seiner Werke ist." Der hier genannte Ideenreichtum zieht sich auch durch sein hier verfilmtes Werk, die Sterntagebücher des Raumfahrers Ijon Tichy. Kein leichter Stoff, aber hier so bemerkenswert trashig wiedergegeben, dass sich Vergleiche mit der alten BBC-Serie von Douglas Adams'
Per Anhalter durch die Galaxis oder Carpenters
Dark Star, vielleicht sogar
Flash Gordon, geradezu aufdrängen.
Ijon Tichy, verkörpert durch Oliver Jahn, bezeichnet sich selbst als "Raumpilot, galaktisches Diplomat, Entdecker - Held von Kosmos". Wobei man sich doch ab und an fragt, ob das Ganze nicht - wie im Abspann ständig angedeutet - mehr eine dem übermässigen Alkoholkonsum, von dem man während der verfilmten Abenteuer aber nichts mitbekommt, zuzuschreibende Wunschvorstellung ist. Denn die übermoderne Rakete stellt sich als Dreizimmer-Altbauwohnung im Prenzlauer Berg heraus, die Steuerung der Rakete geschieht mittels Besenstiel... und überhaupt ist die ganze Ausstattung der Miniserie doch sehr auf 70er Jahre getrimmt und versprüht einen alten DDR-Charme ohnegleichen. Dazu passt der osteuropäische, sehr überbetonte Dialekt Tichy's.
Um neben dem Steuern seiner Altbauwohnungsrakete noch Zeit für die geliebten Omelettes zu haben, entwickelt Tichy im Innern des Geschirrspülers ein Hologram, welches nach anfänglichen Schwierigkeiten auch in der Lage ist, Objekte zu greifen: Die analoge Halluzinelle, gespielt von Nora Tschirner. Diese passt mit ihrem Kostüm und ihrer Friseur sowie ihrer kindlich naiven und manchmal rotzfrechen Art so perfekt in das Design der Serie, dass man ihr zwangsläufig mehr Screentime wünscht. Leider aber versteht sie die Anweisungen ihres Chefs irgendwie falsch, und so schlittert das ungleiche Paar von einem Weltraumabenteuer ins Nächste, eines irrsinniger als das vorherige. Nach der ersten Folge, in der wir die Geburtsstunde der Halluzinelle miterleben dürfen, landen wir zusammen mit Tichy in den weiteren Folgen auf verschiedenen Planeten, wo wir u.a. das Ansehen der Menschheit steigern und selbige vor dem Ausschluss aus dem futurologischen Kongress bewahren müssen; erleben - wie in Sci-fi-Filmen üblich - die bekannten Probleme der Zeitreisen, wenn es gilt, die Steuerung unserer Rakete zu reparieren, was sich als fast unlösbares Problem herauskristallisiert; lassen uns mit Tichy von einem Monster fressen, um an den Zündschlüssel der Rakete heranzukommen, die der als Staubsauger unterbeschäftigte Inspektionsroboter gemopst hat; und erfahren am Ende, dass der Raumfahrer Tichy wohl nur die Ausgeburt einer allzu kreativen Fantasie darstellt.
Ijon Tichy: Raumpilot - Die Sterntagebücher findet bei mir unbestritten einen Platz neben
Per Anhalter durch die Galaxis. Neben zahlreichen Zitaten und Anspielungen auf die verschiedensten Geschichten und Filme begeistert die Serie eigentlich einzig durch ihren im direkten Vergleich zu Adam's Anhalter blöderen Witz. Das ist an dieser Stelle aber durchaus positiv zu verstehen, denn während Adams doch ein gewisses Maß an Intelligenz beim Zuschauer (bzw. Leser) voraussetzt, schafft es das Regisseur-Dreiergespann, diese Serie auch für weniger geübte Filmfans unterhaltsam und interessant zu gestalten. So bleibt nach dem Anschauen die Gewissheit: In 10 Jahren ist das Ding einfach Kult!
Bild und Ton
Klassenüblich für eine kleine Produktion, kann sowohl das Bild als auch der Ton nicht 100% begeistern. Man merkt es allzu deutlich, dass diese Serie für das Fernsehen und nicht die große Kinoleinwand produziert wurde. Zwar bleibt das Bild verhältnismäßig sauber, Farben und Kontrast gehen in Ordnung, eine neue Referenz braucht man aber nicht zu erwarten. Der Ton liegt nur in Dolby Digital 2.0 vor, es wäre aber sehr spannend gewesen, die digitalen Effekte räumlich genießen zu können. Letztendlich aber ist die Technik durchaus okay.
Extras
Das ungewohnt offene und interessante Einblicke in die Produktion der Serie bietende Making Of ist es wirklich wert, angeschaut zu werden. So erfährt man immer wieder nette Details. So ist z.B. das Kostüm des Algolaners wirklich aus Sushi, viel Gummi und tatsächlichen Algen hergestellt, was für phänomenalen Fischgestank am Set gesorgt hat. Hier kommen immer wieder die drei Regisseure, die Darsteller, die Kostümbildnerin und weitere am Film beteiligte Personen gleichberechtigt zu Wort und bieten allerlei Informationen zum ungewöhnlichen Projekt. Daneben finden sich auf der Single-Disc noch ein Audiokommentar mit den drei Regisseuren, Outtakes, ein Storyboardvergleich und der offizielle Trailer zur Serie.
Fazit
Man muss offen sein für diese Art Humor, um mit Ijon Tichy seinen Spaß zu haben. Man muss sich einlassen auf billige Effekte, handgemachte und als solche auch deutlich erkennbare Kostüme (Tschirner's Kostüm besteht fast nur aus Vileda-Putzlappen, Robotern sieht man die silbern bemalten Kartons deutlich an), auf osteuropäischen Dialekt und aus den 70ern stammende Requisiten. Dann kann man die 90 Minuten durchaus genießen und kann sich den einen oder anderen Lacher nicht verkneifen. Fans vom bereits oft erwähnten Douglas Adams können ungesehen zugreifen, andere sollten zunächst die Videothek bemühen oder die Homepage zur Serie aufrufen und vorab einen Blick riskieren. Für mich war es ein Blindkauf, den ich aber nicht bereue.
Zusätzliche Informationen
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Ijon Tichy bei Wikipedia
Die Sterntagebücher bei Wikipedia
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