Michael Clayton
Originaltitel: Michael Clayton
Produktionsjahr: 2007
Herstellungsland: USA
Regie: Tony Gilroy
Darsteller: George Clooney, Tom Wilkinson, Sydney Pollack, Tilda Swinton, Denis O'Hare, Jennifer Van Dyck u.a.
Michael Clayton ist ein ehemaliger, sehr guter Prozessanwalt, der recht früh feststellen musste, dass seine eigentlichen Fähigkeiten ganz wo anders liegen. Dementsprechend arbeitet er inzwischen als Ausputzer - wie er sich selber nennt - und händelt auf seine Weise die besonders schwierigen Fälle. Viel mit seinen anwaltlichen Pflichten hat das nicht mehr zu tun und wirklich einträglich ist seine Arbeit auch nicht. Seine Ehe geht in die Brüche und die Eröffnung einer Bar gemeinsam mit seinem drogensüchtigen Bruder stürzt ihn unversehens in große finanzielle Probleme. Von seiner eigenen Poker- und Wettsucht ganz zu schweigen. Doch Michael Clayton schlägt sich so durch, existiert immer an seinem eigenen Existenzminimum und wird von seinen Chefs auch immer gern eingesetzt. Doch diesmal gerät Michael Clayton an seine Grenzen. Einer seiner Kollegen rastete bei einer Zeugenvernehmung aus, zog sich nackt aus und verfolgte die anzuhörenden Zeugen nackt über einen Parkplatz. Michael wird gerufen, um diesen Störfaktor, namens Arthur Eden, ruhig zu stellen.
Denn dieser Anwalt ist auf dunkle Machenschaften einer Firma namens U-North gestoßen. Machenschaften, die der Spitze von Claytons Anwaltskanzlei und ihm selbst auch bekannt sind, deren Offenlegung aber nicht mehr und nicht weniger als das Aus der Kanzlei bedeuten würde. Also muss Arthur Eden schweigen. Doch Michael Clayton ahnt nicht einmal ansatzweise, wie weit seine Vorgesetzten bzw. U-North und deren Rechtsvertreterin Karen Crowder gehen würden, um dieses Ziel zu erreichen ...
"Michael, die Polizisten halten dich für einen Anwalt und deine Kollegen halten dich für einen Bullen. Was du wirklich bist, weißt nur noch du allein."
Dieses Zitat aus Michael Clayton, das den Charakter Claytons und sein Vorgehen bzw. sein stetiges Lavieren an allen Grenzen seines Berufes hervorragend umschreibt, steht auch stellvertretend für die größte Misere des Filmes. Denn Michael Clayton weiß nicht so recht, was er eigentlich sein will. Thriller? Anwaltsdrama? Eine Charakterstudie? Insbesondere in der ersten Stunde findet Michael Clayton einfach keine nachvollziehbare Linie. Einzig der stetig fallende Begriff U-North erinnert den Zuschauer daran, dass hinter dem Film irgendwo doch ein Thriller steckt und das es eigentlich darum geht, die dunklen und vor allem tödlichen Machenschaften eines Magnaten aus dem Unkrautvernichtungsgeschäft aufzudecken. Ansonsten bekommen wir eben vor allem den Charakter des Michael Clayton nahe gebracht. Und wie. In den letzten Jahren gab es selten einen derart plastischen und glaubwürdig entworfenen Charakter im Kino zu bestaunen.
Hier ist vor allem George Clooney gefordert, der mit unglaublicher Souveränität diesen Michael Clayton zeichnet, mit Leben füllt und dabei subtiler und einen ganzen Zacken besser als in Syriana agiert. Der Clooney Schorsch ist derzeit eh so ziemlich der einzige Star Hollywoods, der wieder einmal den echten Superstar Begriff in seiner glamourösesten Auslegung verdient hat. Weniger wegen seiner finanziellen Zugkraft, sondern mehr wegen der Anerkennung und Sympathie, die ihm derzeit von ganz Hollywood entgegengebracht wird. Tilda Swintons "You rock Man!" bei den diesjährigen Oscars brachte dies meines Erachtens am Besten zum Ausdruck. Obendrein hat dieser Mann etwas zu sagen und er steht zu dem was er macht und sagt, egal wie scharf er jemanden angreift. Mit seinem Charme und seiner Schlagfertigkeit macht er dann gleichzeitig die kritischsten Stimmen wieder mundtot ... Kurzum: Der Schorsch ist derzeit einfach mal Gott und Clooney spielt in Michael Clayton wie Gott, zumal er obendrein perfekt besetzt ist und von einem hervorragenden Cast flankiert wird. Dabei setzt vor allem die für ihre Rolle der Karen Crowder oscargekrönte Tilda Swinton echte Duftmarken, wenn sie zwischen dem eiskalten, mörderischen Biest und dem vollkommen überfordert scheinendem kleinen Laufburschen mächtigerer Vorgesetzter hin und herwechselt. Grandios ist vor allem die Szene, in der sie versucht, einem Killer auf codierte Art und Weise einen Mordauftrag zu geben und mit sehr nüchternen und sachlichen Entgegnungen, die mehr Klarheit der Anweisungen fordern, fast zur Verzweiflung getrieben wird. Und derartige Szenen setzen die Pace für Michael Clayton. Dieser ist eher charaktergetrieben als spannend, eher dialogstark als temporeich und eher verkopft denn unterhaltsam.

Die Folge ist eine sehr sperrige erste Stunde, in der scheinbar so gut wie gar nichts passiert. Einzig die grandiosen Darsteller und so mancher hervorragender Dialog halten den Zuschauer hier bei der Stange. Erst mit dem Tod von Arthur Eden gewinnt der Film an Zugkraft, findet er seine ursprüngliche Linie wieder und mutiert er endlich zu dem, was man sich von Anfang an von ihm versprochen hatte. Jetzt werden Haken geschlagen, setzt es einige echte Finten und wird unter den Charakteren ordentlich intrigiert, was ordentlich Bewegung in das Figurengefüge bringt. Dabei geht dann auch endlich der Spannungspegel nach oben und auch tempomäßig kann Michael Clayton geringfügig zulegen.
Dieser unaufgeregte Erzählstil schlägt sich dann auch in der Technik hinter Michael Clayton nieder. Die ruhige Erzählweise ermöglicht Regisseur Tony Gilroy sehr edle und stilvolle Einstellungen und Bildmontagen, die er vor allem im Umfeld des Michael Clayton Charakters farblich sehr gedeckt, fast schon kühl gestaltet. Nur selten bricht er diese Farbdramaturgie zugunsten warmer Farben auf, seltsamerweise recht häufig in Verbindung mit der eiskalt agierenden Tilda Swinton, fast als wolle er sagen, dass sie noch weniger verdorben sei als Filmheld Michael Clayton. Sehr interessant fallen so manche Einzelszenen des Streifens auf. Das Highlight bildet dabei eine Szene, in der Michael Clayton drei Pferden begegnet. Durch den immer passenden, sehr zurückhaltenden und in dieser Szene herrlich entrückt wirkenden Score von James Newton Howard wird hier eine so famos unwirkliche Atmosphäre entworfen, dass diese im Film reichlich unpassend - weil so irreal - wirkende Szene absolut nachhaltig in Erinnerung bleibt, ohne dass sich ein tieferer Sinn erschließen würde. Und dass, obwohl diese Szene ein Schlüsselmoment für den Showdown des Streifens darstellt. Wunderschön ...

Was bleibt noch zu Michael Clayton zu sagen? Vielleicht, dass er es dem gemeinen Kinogänger ein wenig schwer macht, ihn zu mögen. Der Streifen ist famoses Darstellerkino vom Allerfeinsten (nicht umsonst setzte es für Clooney, Swinton und Wilkinson in den Schlüsselrollen Oscarnominierungen), edel und absolut hochwertig gefilmt und so unaufgeregt inszeniert, dass man ihn einfach gut finden will. Doch dabei vernachlässigt der Film eines ganz besonders: Sein Publikum. Der Unterhaltungsfaktor ist äußerst gering, das Tempo extrem niedrig und die Spannungskurve eigentlich eher eine Gerade. Vor allem die erste Stunde erweist sich dabei als recht mühsam und die mangelnde Ausrichtung der Story auf ein echtes Ziel sorgt für nicht von der Hand zu weisende Längen. Das Ergebnis ist ein Arthousethriller, der sicher die Geduld von so manchem Zuschauer über alle Maßen strapazieren wird, mir aber insgesamt doch ausnehmend gut gefiel.
In diesem Sinne:
freeman