Untraceable

Auf der Website www.killwithme.com geht ein offenkundig gestörter Mensch einem seltsamen Hobby nach. Er verbringt Menschen in ausweglose Situationen (z.B. fesselt er sie in einem Wassertank) und arrangiert um sie herum ein todbringendes Szenario (indem er beispielsweise einen Einfluss für Schwefelsäure in den Wassertank einbringt). Doch nicht der Betreiber der Seite tötet die Menschen, nein, es ist der Voyeurismus der Besucher der Website! Denn je mehr Zuschauer sich in die perversen Tötungsszenarien auf www.killwithme.com einloggen, um so mehr wird der Tot (beispielsweise über die zunehmende Menge der einströmenden Säure) beschleunigt. Die FBI Agentin Jennifer Marsh, die auf Internetkriminalität spezialisiert ist, versucht mit ihrem Team der einsetzenden Mordserie ein schnelles Ende zu setzen.
Originaltitel: Untraceable
Produktionsjahr: 2008
Herstellungsland: USA
Regie: Gregory Hoblit
Darsteller: Diane Lane, Colin Hanks, Billy Burke, Joseph Cross, Peter Lewis, Mary Beth Hurt u.a.
Wenn ich Regisseur wäre, ich würde um zwei Genres einen riesigen Bogen machen: Komödien und Thriller. Komödien, weil es keine allgemeingültigen Regeln und Erfolgsaussichten für Humor gibt und Thriller, weil ich dieses Genre – von einigen Perlen abgesehen – für komplett belanglos halte. Kaum einen Thriller kann ich mir beispielsweise zweimal ansehen, ohne mich beim wiederholten Konsum grausam zu langweilen. Warum das so ist, kann ich nicht einmal sagen, aber selbst Thrillermeisterwerke wie Sieben verlieren bei mir rapide an Faszination, wenn ich sie nur ein zweites Mal sehe. Eine rühmliche Ausnahme erschuf Regisseur Gregory Hoblit einst mit Zwielicht, der mich dank formidabler Darstellungsleistungen von Richard Gere und Edward Norton immer und immer wieder zu fesseln vermag. Ebenjener Regisseur schuf nun auch hier besprochenen Untraceable.

Und schafft es nicht, an die Qualitäten von Zwielicht anzuknüpfen. Dabei ist die Grundprämisse sehr faszinierend. Ein Mann, der sich den vermeintlich anonymen Voyeurismus des Netzes zu Eigen macht und quasi Millionen von Zuschauern zu Mittätern umfunktioniert, ohne sich dabei selbst die Finger schmutzig machen zu müssen. Denn selber tötet er eigentlich nicht, er entführt seine Opfer „nur“. In genau dieser Grundprämisse liegt dann auch ein gewisses Quäntchen Gesellschaftskritik hinsichtlich der allgemeinen Verrohung und Abstumpfung des „Onlinemenschen“ und der Menschheit im Allgemeinen. Leider bleibt es bei diesem Ansatz, da Hoblit einen seltsamen Fehler begeht. Dieser hängt komplett mit der Zeichnung des „Killers“ zusammen. Hier lanciert Hoblit einfach zu viele Klischees. Da der Killer ein Internetbösewicht ist, MUSS er freilich ein unglaublich junger Milchbubi sein, was ihn komplett unbedrohlich erscheinen lässt und dem Film eher schadet denn nützt. Des Weiteren wird er mit einem zu simpel erscheinenden Vendettamotiv ausgestattet. Und wenn der „Killer“ dem Zuschauer als hochintelligent vorgestellt wird, er aber anscheinend nicht merkt, dass er sich genau der Mittel bedient, die er selber anprangert, ohne dass sich bei seinem Publikum irgendein Lerneffekt andeuten würde, ist dies auch eher kontraproduktiv für die Glaubwürdigkeit des Filmes.

Abgesehen von diesen offenkundigen Problemen fehlt es Untraceable auch noch gehörig an Spannung, was vor allem damit zusammenhängt, dass einem die Opfer recht egal sind, da sie vom Film nicht weiter in der Handlung verortet werden und weitgehend wie beliebig ausgewählt wirken. Erst gegen Ende werden die Opfer richtig in die Handlung eingebunden, allerdings ist es da bereits zu spät. Außerdem hätte Hoblit darüber nachdenken sollen, seine simplen, aber unglaublich perfiden Tötungsmechanismen etwas mehr auszunutzen. Natürlich wollte er dies nicht wegen seinem hehren „Abstumpfung ist Böse“ Motiven, ABER dass einen die kurzen Impressionen vom Sterben seiner Opfer mehr mitnehmen, als sein ganzer Film, zeigt, dass hier einiges an Potential verborgen lag. Denn im Gegensatz zu den immer monströser und beliebiger werdenden Tötungsmaschinen im SAWFranchise zieht man hier einige Male Luft durch die Vorderzähne, wenn sich Haut vom Körper löst oder Brandblasen zum natürlichen Airbag eines Opfers werden. Kurzum: Untraceable hat durchaus seine Momente, leider nicht dicht gedrängt genug, um den Film durchgehend zu tragen bzw. mit Adrenalin zu versorgen.
Dementsprechend sind dann in den vielen ruhigen Momenten die Darsteller gefordert und diese machen ihre Sache mehr als ordentlich. Allen voran Diane Lane, die das große Glück hat, auf eine vergleichsweise ordentlich unterfütterte Figur zurückgreifen zu können, die dem Zuschauer sofort ans Herz wächst und von Grund auf funktioniert. Auch Gregory Hoblit macht als Regisseur einen ordentlichen Job und stemmt einige recht düstere Bilder, ohne in die hektischen Stakkatoschnittorgien aktueller Torturepornfilmchen abzurutschen. Er ist immer Herr der Lage und inszeniert mit sicherer Hand. Dagegen gerät der Score von Untraceable doch arg belanglos und versteht es nicht, die Suspensemomente auch nur ansatzweise zu verstärken.

Was bleibt ist ein im Ansatz sehr interessanter Streifen, der allerdings nicht über seine gesamte Laufzeit zu fesseln versteht und sich in seiner simplen Zeichnung der Zusammenhänge auch ein wenig verrennt. Alles ist zu klischeehaft, um wirklich fesseln zu können. Das eigentliche Thema der Gefahren aus dem Internet wirkt zu oberflächlich und beliebig angegangen. Der Bösewicht ist einfach viel zu harmlos, glatt und langweilig. Seine eigentliche Motivation abgeschmackt und beliebig. Auch der Showdown enttäuscht und hinterlässt einen unausgegorenen Eindruck. Und wer noch nie von Begriffen wie IP Adresse und Co. gehört hat, dürfte sich bei einigen Dialogblöcken doch ziemlich alleingelassen fühlen, ohne auch nur ansatzweise zu erahnen, worüber da gerade geredet wird. Doch nicht alles an Untraceable ist „schlecht“. Die Todesmaschinerien des Filmes sind perfide und wirkungsvoll, tropfen also nicht einfach nur am Zuschauer ab. Des Weiteren bietet der Film Diane Lane eine Bühne für eine hervorragende Darstellerleistung, die sie auch vollkommen ausnutzt. Auch sonst hat Gregory Hoblit seine Darsteller hervorragend im Griff und leistet selbst ebenfalls sehr gute Arbeit, seinen Film nicht komplett in der Masse absaufen zu lassen. Dennoch reicht es nur zu:
Eine weitere Meinung zum Film findet ihr hier:
StS meint zu Untraceable
In diesem Sinne:
freeman