Der unglaubliche Hulk
*Groarrrrr* freeman wütend, freeman böse über Cutfassung, freeman läuft grün an ... der Grund:
Originaltitel: The Incredible Hulk
Herstellungsland: USA
Produktionsjahr: 2008
Regie: Louis Leterrier
Darsteller: Edward Norton, Liv Tyler, Tim Roth, William Hurt, Tim Blake Nelson, Ty Burrell, Christina Cabot, Lou Ferrigno u.a.
Die erste Ausgabe von Hulk aus dem Hause Marvel Comics ging bereits im Mai 1962 über die Ladentische und behandelte die Abenteuer des Nuklearphysikers Dr. Bruce Banner, der sich seit einem Unfall mit einer Gamma-Bombe bei jedem Anflug von Wut in ein rasendes Monster verwandelte. Zunächst liefen die Abenteuer um den grünen Wüterich nicht wie erhofft, doch man wurde bald des Umstandes gewahr, dass sich die größte Zahl der Hulkleser aus einer Gruppe rekrutierte, die man bislang als Zielgruppe gar nicht sonderlich berücksichtigt hatte: Leser im College Alter! Hatte man die Comicreihe gerade noch wegen mangelndem Erfolg eingestellt, reaktivierte man schnellstens die Figur - beispielsweise innerhalb des Rächerfranchises - und widmete ihr baldmöglichst wieder eine eigene Reihe, die bis 1999 erfolgreich lief und mit verschiedenartigste Entwicklungen für den grünen Wutbrocken verbunden war. Als Eckdaten seien der graue Hulk oder Hulk Maestro genannt. Auch Bruce Banner mutierte fortan nicht nur zum Hulk, nein auch Savage Hulk, Joe Fixit und der Professor konnten aus ihm heraus „mutieren“. Zwischen 1978 und 1982 versuchte man relativ erfolgreich die Abenteuer des Grünen für die Pantoffelkinos aufzubereiten und auch diverse TV Movies zum Thema entstanden.

Fürs Kino wurde der Hulk erst im Jahre 2003 aufbereitet. Von einem Mann, den wohl niemand auf der Liste hatte und der auch umgehend etwas vollkommen Eigenes aus dem Stoff machte. Das Ergebnis war ein tiefenpsychologisches Charakterdrama um einen Mann, der, von seinen inneren Geistern getrieben, mit sich und seiner Umwelt ins Reine kommen muss. Mehr noch, als irgendwelche riesengroßen Gegner niederzuringen. Die Verfilmung floppte kommerziell brachial. Leider. Denn abgesehen von dem etwas zu verbrämten Showdown, der in pseudoesoterischem Gewäsch und Energienbrimborium ersoff, war Ang Lees Hulk einfach einmal ganz was Anderes. Bei dem letztendlich auch der Krawallfaktor passte, nur den wollte abseits des ach so langweiligen Gelabers keiner mehr erkennen. Dabei fand Lee auch hervorragende optische Entsprechungen zu den Bildergeschichten, die seinen Film fast schon zum Live-Comic Strip machten und teils bis zu sechs Splitscreens in einem Bild vereinten. Cool!
Für die Kinozukunft der Figur war der nun von Louis Leterrier eingeschlagene Weg nach dem desaströsen Scheitern des 2003er Hulk der vermutlich einzig richtige. Sprich: Ein Reboot des Franchises. Was dabei heraus gekommen ist, mag zwar dem Remmidemmicharakter des Comichulks mehr entsprechen als Ang Lees Annäherungsweise, ABER ein „besser“ oder „schlechter als Lees Hulk“ werde ich mir definitiv verkneifen. Denn der neue Hulk ist nicht besser oder schlechter als der Ang Lee Hulk, er ist einfach anders!

So spielt die Entstehung des Hulk für das Reboot keine Rolle und wird innerhalb von knapp einer Minute in einer Art Flashback abgehandelt. Hier könnte man fast vermuten, dass der Film sogar an den Ang Lee Streifen anschließen will, bzw. auf seinen Ereignissen aufbauen möchte, und so manches aus dem Ur-Hulk als gegeben voraussetzt. Fortan sind wir dabei, wie Banner seine in ihm wohnende zerstörerische Seite unter Kontrolle bekommen will bzw. sie sogar beseitigen möchte. Da hat das Militär, das in ihm eine durchschlagskräftige Waffe sieht, natürlich etwas dagegen. Hat gegen den Hulk aber keine Handhabe und generiert sich darum einen eigenen Supersoldaten, der bald aus eigenen Stücken eine weitere Mutation einleitet und zu The Abomination mutiert, im Übrigen in der Comicserie der Mörder von Betty Ross … Bruce Banners große Liebe. Eventuell arbeitet Regisseur Louis Leterrier sogar auf dieses Ereignis hin, denn eine endgültige Lösung für das Abominationproblem wird im neuen Hulk nicht geboten.
Im unglaublichen Hulk liegt der Fokus nun deutlich auf der Action, denn die gebotene Story, die Emotionalität und die transportierten Probleme sind wirklich so ausufernd, wie gerade dargestellt 😉 . Das liegt aber auch und vor allem an der Neubesetzung und der damit verbundenen Neuausrichtung des Bruce Banners. Dieser wird vom nachdenklichen und ruhigen Wissenschaftler, der mit seinem Schicksal massiv hadert, zum hemdsärmeligen Kampfsportfan, der hier und da in Richtung seines Problems forscht, nebenher aber lieber brasilianische Jungfrauen rettet und mit Atemtechniken den Wüterich in sich unterdrückt. Edward Norton als Ersatz für Eric Bana ist im Darstellerbereich dann aber auch die einzige nennenswerte Neuerung. Die ätherische Schönheit Liv Tyler ersetzt die ätherische Schönheit Jennifer Connelly und versagt dabei auf ganzer Linie. Ihre Momente mit Norton sind für mich die peinlichsten Fremdschämmomente des aktuellen Kinojahres. Keine Ahnung, was in diesen Momenten transportiert werden sollte. Der militärisch schneidige William Hurt ersetzt den militärisch schneidigen Sam Elliott und schlägt sich als General Thaddeus „Thunderbolt" Ross einigermaßen wacker. Und als Gegner griff man wie in Lees Hulk auf einen gestandenen Mimen zurück, der, wenn er mag, richtig glänzen kann. Hier ersetzte Tim Roth Nick Nolte. Doch während Nolte mit einer vollkommen jenseitigen Performance im Ur-Hulk alles wegrockte, wirkt Roth ein wenig demotiviert und kann nur in ein oder zwei Momenten seine Klasse aufblitzen lassen. Sein CGI Alter Ego Abomination rockt auf jeden Fall deutlich mehr als Roth …

Im technischen Bereich kann Leterrier zwar nicht mit den optischen Einfällen des Ang Lee aufwarten, aber er pumpt genug Energie und Tempo in seine Bilder und verleiht ihnen einen sehr stimmigen, ungemein düsteren Anstrich, der allerdings auch deshalb da sein wird, um so manchen Effekt zu verschleiern. Hier muss man anmerken, dass der neue Hulk wesentlich besser ausschaut als der Lee Hulk. Er verfügt über Details wie Narben, Muskelstränge, Hautporen usw. und wirkt so wesentlich organischer als der grüne Klumpen im ersten Hulk. Doch auch diesem Hulk hätte noch etwas mehr Feinschliff gut getan. Beispielsweise latscht er einmal durch eine Pfütze … OHNE jede Folgen für das Wasser! Keine Spritzer, kein Wasserverdrängen. Ist der Hulk Jesus? Doch auch sonst muss so mancher Unschärfeeffekt eine weniger gelungene Effektszene kaschieren. Als Beispiel sei der ansonsten unerhört druckvolle Angriff der Armee auf den Hulk auf einem Unicampus genannt, dessen letzter Hubschrauberexplosionseffekt recht cheesy wirkt. Eine Modellhubschrauberabsturzszene gegen Ende unterstreicht die Probleme im Effektbereich gar trefflich.
Das Hauptproblem ist aber, dass Hulk niemals wie ein organischer Bestandteil seiner Umgebung wirkt. Und es macht sich mehr und mehr der Eindruck breit, dass der Hulk vermutlich einfach absolut nicht für Realfilme gemacht wurde. Man schlägt sich zwar insgesamt beachtlich, doch irgendwie wirken alle Bilder des Hulk einfach nicht stimmig. Er ist und bleibt ein Fremdkörper … dazu braucht es nicht einmal die grüne Signalfarbe.

Was dagegen über alle Maßen gefiel, ist der Drang Leterriers ordentlichen Rambazamba zu veranstalten und möglichst alles in Schutt und Asche zu legen, was sich eben in Schutt und Asche legen lassen könnte. *Hulk Smash* Hier werden Häuser platt gemacht, explodieren Kampfhubschrauber, werden Hummer zerstört, Polizeiautos zerrissen und als Handschuhe übergestülpt und Zaungäste wie lästiges Getier zermalmt oder weggeschleudert. Der unglaubliche Hulk hat enorme Schauwerte und wirklich coole Actioneinlagen zu bieten, die beweisen, dass Leterrier definitiv als Hoffnung des Actionkinos angesehen werden muss. Die gepuschte energetische und kraftvolle Optik unterstreicht diesen Eindruck nur. Obendrein bewegte er sogar Craig Armstrong seit Langem mal wieder zu einem kraftvolleren Score, der erneut offen legt, was für ein Talent in Armstrong schlummert.
Letztendlich kann man eigentlich nur konstatieren, dass der Reboot des Hulkfranchises bei Weitem nicht so überzeugend ausfällt, wie beispielsweise das des Batmanfranchises. Zwar geht Leterrier zu den Wurzeln der Vorlage und setzt auf geballtes Desasterkino, die wirklichen Vorteile im Vergleich zu Ang Lees Vorgänger wollen sich aber nicht ohne Weiteres erschließen. Beide Filme sind grundsätzlich viel zu verschieden, um sie so richtig miteinander vergleichen zu können und unter den richtigen Voraussetzungen und Erwartungshaltungen betrachtet, sollte auch klar werden, dass sich beide Filme letztendlich nicht viel bis gar nichts nehmen …
Ein Wort in eigener Sache an Concorde: Es ist schön, dass ihr als so ziemlich einziger deutscher Verleiher immer noch die Raubkopietexttafel vor jedem Film schaltet. Ihr palavert da etwas über den Schaden für die Kinos und die Zuschauer, die durch die Kopien entstehen würden. Habt ihr euch einmal überlegt, wie der Schaden ausschaut, wenn der Zuschauer letztendlich nur noch bessere Trailer eures Filmangebotes zu sehen bekommt? Die in vielen deutschen Kinos grassierende Filmfassung des unglaublichen Hulks ist nämlich ein absolut schlechter Witz! Musiksprünge und Anschlussfehler vom Allerfeinsten. So macht Kino Spaß. Und wie als ausgleichende Gerechtigkeit warnen die Kartenverkäufer AUSDRÜCKLICH vor der geschnittenen Fassung, die sie zeigen müssen. Das Ergebnis: Ein vollkommen leeres Kino. Vielleicht wäre es intelligent, einfach gleich die ursprüngliche Fassung ins Kino zu bringen? Zumal bei einem Franchise, das in Deutschland eh noch nie funktioniert hat, aus einem Genre, das in Deutschland nur funktioniert, wenn Spiderman oder X-Men dran steht? Wirtschaftlichkeit hin oder her … halb leere Kinos bei FSK 16 Filmen vs. ganz leere bei geschnittenen Fassungen sollten euch doch endlich einmal umdenken lassen, oder? Vielleicht wird dann auch weniger die UNCUTfassung aus dem Netz gezogen? Nur mal so als Anreiz zum Nachdenken …
In diesem Sinne:
freeman