Entstehungsdaten:
USA-Argentinien 2007
Regie:
Albert Pyun
Darsteller:
Victoria Maurette
Andreas Bagg
Javier De la Vega
Janet Barr
Mariana Seligmann
Trailer
Gerade im „Indie-Bereich“ gibt es eine Vielzahl an Filmen, die sich mal mehr, mal minder weit von der „breiten Masse“ abheben Schrägstrich entfernen – wobei die 2007er (in unseren Breitengraden als „Vergeltung der Verdammten“ erschienene) Veröffentlichung „Left for Dead“ ganz offensichtlich ein solcher Fall ist: In nur 11 Tagen im argentinischen Hinterland mit einem überaus bescheidenen Budget sowie vornehmlich einheimischen Schauspielern abgedreht, realisierte Regisseur Albert Pyun („Radioactive Dreams“) eine eigenwillige Variante eines übernatürlichen, Genre-Konventionen bewusst ignorierenden Westerns, der in Sachen „Zuspruch“ beim regulären Mainstream-Publikum nicht den Hauch einer Chance haben dürfte…
Eingangs werden wir, die Zuschauer, in Gestalt verschiedener Text-Tafeln, bei denen auffällig oft auf das Wort „Whore“ verwendet wurde, über die Vorgeschichte der sich fortan entfaltenden Geschehnisse in Kenntnis gesetzt – zumindest grob, denn es ist so, dass sich im weiteren Verlauf einige Dinge ergeben, welche „ein anderes Licht“ auf die beschriebenen Ereignisse werfen. Unter Berücksichtigung dessen möchte ich den Prolog-Inhalt einfach mal wie folgt wiedergeben: Im Jahre 1880 gab sich ein in dem kleinen Städtchen Amnesty ansässiger Prediger namens Mobius Lockhardt (Andreas Bagg) einer „unmoralischen Liebes-Affäre“ mit einer Prostituierten hin, mit der er sogar ein Kind zeugte. Wenig später wurden die Frau und der Säugling jedoch auf grausame Weise ermordet – und zwar von einer Gruppe dem „horizontalen Gewerbe“ ebenfalls zugehörigen Damen, welche Mobius obendrein zum hilflosen Beiwohnen der abscheulichen Blut-Tat zwangen. Angesichts des schieren „Irrsinns“ des Verbrechens – zusätzlich genährt von Wut, Schmerz und Hass – verfluchte er daraufhin Gott und sagte sich von seinem Glauben los. Aufgrund „unerklärbarer Einwirkungen“ ist es seither sein Schicksal, bis zum Erreichen persönlicher Genugtuung und/oder Erlösung als „rastlose Seele“ auf Erden zu wandeln – allerdings nun ohne der Freiheit, heiligen Boden betreten sowie diesen abgeschiedenen, mittlerweile „aufgegebenen“ Ort verlassen zu können…
Die eigentliche Handlung setzt 15 Jahre nach diesen Vorkommnissen ein und präsentiert uns die toughe Einzelgängerin Clementine Tempelton (Victoria Maurette), welche sich – ihrerseits in etwas anderer Weise von Trauer, Verbitterung und Rache-Gedanken geleitet – auf der Spur ihres Ex-Lovers Blake Sentenza (Javier De la Vega) befindet, der sie vor einiger Zeit „im Stich ließ“ und derweil gar steckbrieflich gesucht wird. Entlang ihres Weges schließt sie sich einer von Mary Black (Janet Barr) angeführten, aus mehreren „abgehärteten“ Damen vereinten Bande an, deren Mitglieder ebenfalls hinter Blake her sind, da jener Mary´s Töchterchen Michelle (Mariana Seligmann) angeblich vergewaltigt, ganz sicher aber geschwängert hat. Wie es sich herausstellt, hält sich der Gesuchte gegenwärtig innerhalb der Grenzen Amnestys auf, wohin er geflohen war, als sich zwei Kopfgeldjäger dicht auf seinen Versen befanden. Obwohl den Frauen die sich um jene inzwischen menschenleere Siedlung rankenden „Geister-Geschichten“ geläufig sind, schrecken diese sie keinesfalls ab – weshalb sie ihrer bisherigen Linie treu bleiben und es ihnen auf diesem Wege tatsächlich relativ zügig gelingt, den Gejagten auf jenem „unheilschwangeren Boden“ zu stellen. Während Mary prompt damit beginnt, den kurzerhand in Ketten gelegten Blake mit alten Eisenhaken zu malträtieren, führen einige Entdeckungen und Offenbarungen plötzlich zu gewandelten Konstellationen und Betrachtungsweisen: Lockhardt´s „Chance auf Heimzahlung“ scheint nun endlich gekommen zu sein…
„Saw meets the Spaghetti Western“ lautet ein auf dem US-Cover von „Left for Dead“ zu lesendes Kritiker-Zitat. Obgleich ich erstere Aussagehälfte als „unzutreffend und irreführend“ erachte – da (vom generellen Vorhandensein einiger gewalttätiger Details abgesehen) im Grunde keinerlei inhaltliche oder stilistische Verbindung zu jener „Torture Porn“-Franchise besteht – kann ich indes problemlos nachvollziehen, dass es den Leuten schwer fällt, überhaupt irgendeinen passenden Vergleichstitel zu benennen: Dermaßen „individuell“ und „Norm-abweichend“ wirkt das Gebotene. Seine ersten substantiellen Erfahrungen im Business sammelte Pyun in den '70ern im direkten Umfeld von Leuten wie Toshirô Mifune und Akira Kurosawa – was ihn und sein späteres Schaffen natürlich unweigerlich prägte: Sichtbar zumindest in Ansätzen und Randbereichen. Bis heute inszenierte er über 50 Low-Budget-Flicks, von denen einige (á la „the Sword and the Sorcerer“) einen gewissen Kult-Status erlangten sowie andere zahlreiche B-Movie-Fans zu begeistern vermochten (unter ihnen „Cyborg“, „Mean Guns“ und „Nemesis“). Manchen seiner Projekte sieht man die „philosophische Ader“ sowie „phantasievollen Ambitionen“ ihres Regisseurs deutlich an – bloß verhinderten bislang stets kaum überwindbare (nicht bloß finanzielle) „Limitierungen“ eine wunschgemäße Umsetzung des Angestrebten: Siehe sein an „Yojimbo“-angelehntes Sci-Fi-Desaster „Omega Doom“…
Jüngst ist es Pyun allerdings gelungen, stärkeren Einfluss auf die jeweiligen „Entstehungs-Prozesse“ nehmen zu können – was es ihm fraglos erleichterte, ein „gewagtes cineastisches Experiment“ wie seinen 2005er Festival-Hit „Infection“ (aka „Invasion“) auf die Beine zu stellen. Im Vorliegenden wurde fast die komplette Pre-Production per Internet durchgeführt – bevor die Dreharbeiten schließlich „on Location“ in Südamerika mit einer größtenteils lokalen Cast&Crew innerhalb gerade einmal anderthalb Wochen über die Bühne gebracht wurden. Die Mühen und Strapazen scheinen sich jedoch gelohnt zu haben: Pyun hat mehrfach betont, dass er mit dem fertigen Resultat äußerst zufrieden ist – und das kann er tatsächlich auch sein, meiner Meinung nach. Sich am Oeuvre eines seiner größten Vorbilder orientierend – nämlich an dem des unvergessenen Sergio Leones, dessen Vermächtnis ihm bereits des Öfteren als „Inspirationsquelle“ diente (z.B. hinsichtlich der Verwendung bestimmter Close-Ups und Weitwinkel-Objektive), griff er bei „Left for Dead“ auf den traditionsreichen Archetypus eines schweigsamen, waffenkundigen Einzelgängers zurück, den ein spezielles, meist „emotional aufgeladenes“ Motiv vorantreibt und der damals nicht selten im Mittelpunkt der zum Vorbild genommenen Filmgattung stand – nur dass einzelne der eigentlich einst im Genre förmlich „verankerten“ klassischen „Geschlechter-bezogenen Eigenheiten“ hier ins Gegenteil gekehrt wurden…
In Addition dazu ist es der Horror-Anteil, der für eine „ansprechende Abwechslung“ sorgt. Ähnliche Konzepte, bei denen unterschiedliche Ausrichtungen miteinander gekreuzt bzw. verwoben wurden, gab es in der Vergangenheit zwar schon mehrfach – siehe Veröffentlichungen wie „Dead Birds“ oder „BloodRayne 2“ – allerdings mutet das betreffende Vorgehen und Setting grundsätzlich dennoch weiterhin einigermaßen „unverbraucht“ an – zumal die übernatürlichen Elemente in diesem Fall sowohl die Story vorantreiben als auch einer drohenden Vorhersehbarkeit entgegenwirken. Das Skript aus der Feder von Debütant Chad Leslie, welches im Übrigen seine College-Abschlussarbeit markierte, weist in Teilen einen recht „ungeschliffenen“ Anschein auf – ebenso wie eine Reihe nicht zu übersehender Schwachstellen: Primär wären da diverse „holprig“ klingende, nicht unbedingt reichhaltige Dialog-Partien sowie die arg oberflächliche Beschaffenheit so mancher Charakterzeichnung (hauptsächlich bei den weniger bedeutsamen Figuren) zu nennen. Mary´s „Ladies“ etwa – mit Ausnahme ihrer von der hübschen Mariana Seligmann („Imagining Argentina“) solide verkörperten Tochter Michelle – sind nichts weiter als stereotype Neben-Protagonisten, die kaum der Rede wert sind und mimisch gar noch „grober“ agieren als Janet Barr („Mindbender“) in der gewollt unsympathisch angelegten Rolle ihrer Anführerin…
Javier De la Vega („Satanás“) indes liefert eine akzeptable Leistung als „Loser“ Blake ab, der unter seiner im ersten Augenblick auf Frauen anziehend wirkenden „Schale“ nicht allzu viel zu bieten hat – und das obgleich er Clementine gegenüber doch einige ernsthafte Gefühle hegt. Während die bisher aufgeführten Akteure brauchbar, aber fern von herausragend agieren, erwies sich die Wahl der beiden Leads für Pyun geradezu als ein „wahrer Glücksgriff“: Victoria Maurette („Tales of an Ancient Empire“) vermittelt alle ihr abverlangten Emotionen kraftvoll – mit einer nach außen getragenen, Clementine´s „verletzte Seele“ schützenden „Härte“ – während sich in ihren Augen der ganze Umfang ihrer Verbitterung und Traurigkeit widerspiegelt. Entsprechend gefiel mir Maurette, welche der tragischen Persönlichkeit via ihrer Mimik, Gestik und Ausstrahlung (zumindest im „B-Movie-Kontext“ dieser Produktion) ein überzeugendes Maß an „Leben“ eingehaucht hat. Unabhängig der Gegebenheit, dass der schlicht gestrickte Part des verfluchten Priesters Mobius Andreas Bagg („Interferencia“) darstellerisch gewiss nicht sonderlich gefordert hat, sagte mir seine gebotene Performance nichtsdestotrotz zu, da er mit seiner weitestgehend frei von „Over-Acting“ daherkommenden Herangehensweise Lockhardt eine „düster-geheimnisvolle Aura“ verlieh – was gut zu dem „mysteriösen Grundton“ passt bzw. genau dazu beigetragen hat…
„Left for Dead“ verfügt über eine interessante wie außergewöhnliche Atmosphäre – ist ein unkonventioneller, von seiner Ansiedlung und Präsentationsart her an einen Zustand „irgendwo zwischen Fiebertraum und Drogenrausch“ erinnernder Western, bei dem Cinematographer Alejandro Millán („the Last Gateway“) mit einigen einfallsreichen Bild-Anordnungen ein „inspiriertes Auge“ bewies. Seine Aufnahmen „unterstreichen“ die sorgsam ausgewählten Kostüme (Mobius könnte glatt einem Comic oder Videogame entsprungen sein) sowie wunderbar stimmigen Locations (wie Dschungel-Impressionen und alte, teils zerfallene Gemäuer) perfekt und harmonieren ergiebig mit der u.a. per Filter und Ausleuchtungs-Entscheidungen kreierten Palette an satten Farbtönen. Überdies arrangierte Editor Ken Morrisey („Ticker“) einige originelle „Schnitt-Kompositionen“ – und ergänzte diese um eine Vielzahl an Überblendungen, spezielle Momente festhaltende, mehrere Sekunden lang andauernde Freeze-Frames, dienlich platzierte Flashback-Sequenzen sowie regelmäßige Zeitraffer- und Zeitlupen-Passagen. Beinahe befremdlich anmutende, Akzent-schwere Sprach-Rhythmen verstärken die aparte Wahrnehmung der sich entfaltenden Ereignisse – verstärken die „Abgrenzung“ von der allgemeinen Gewohnheit und Realität – worüber hinaus oftmals auch (fließend) zwischen Englisch und Spanisch hin und her gewechselt wird…
Eine weitere in diesem Zusammenhang zu nennende einträgliche, geradezu „abrundende“ Komponente ist der klangvolle Score, welcher einige feine Melodien beinhaltet, deren Ursprünge eindeutig der zugehörigen lokal-geographischen Region zuzuordnen sind. Demgemäß handelt es sich bei diesem Werk – wie ja bereits hervorgehoben – um eine „auf audiovisueller Ebene“ reizvolle Angelegenheit. Die Qualität der digitalen Effekte ist allerdings nicht sonderlich hoch – was in erster Linie auf verschiedene „CGI-Zusätze“ zutrifft, den man ihre kostengünstige Beschaffenheit deutlich ansieht: Elemente wie Rauch, aufblitzendes Mündungsfeuer, Projektil-Einschläge, eine Dämonen-Fratze sowie „entweichende Lebensenergien“ wurden nachträglich eingefügt – doch ruft selbst das einen zusätzlichen „sonderbar wirkenden Touch“ im ohnehin schon eigenwilligen Ganzen hervor. Das Entfaltungs-Tempo geht insgesamt in Ordnung – einem minimal zu ruhigen Mittelteil zum Trotz – ebenso wie der Grad an direkt aufgezeigter, sich meist abrupt entladender Gewalt (inklusive einer durchaus „heftig-fiesen“ Szene mit einem Säugling). Obendrein ist positiv zu erwähnen, dass der Film einige nett zu registrierende Ideen aufweist – á la dass das Berühren eines „verfluchten“ Revolvers demjenigen grausame Momente aus der Vergangenheit des Besitzers aufzeigt – wie auch dass die zentralen Charaktere (innerhalb des beschriebenen „Style over Substance“-Rahmens) alles in allem durchaus „einen Eindruck“ erzeugen bzw. hinterlassen können…
Fazit: „Unterm Strich“ bietet „Left for Dead“ dem geneigten Betrachter eine ambitioniert-interessante Kombination aus einer Art „psychedelischer Western“ und einer mit einem klassischen Rache-Motiv verknüpften Geister-Geschichte, welche bestenfalls weit abseits der gängigen „Mainstream-Pfade“ so etwas wie „Anklang“ finden dürfte…