Jungle Emperor Leo
Der Kinofilm - Review
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Technische Daten
Enstehungsjahr:
1997
Produktionsstudio:
Tezuka Productions
Publisher:
OVA Films
Regie:
Yoshio Takeuchi
Bildformat:
16:9 anamorph (1,85:1)
Tonformate:
Deutsch, Japanisch 5.1
Deutsch, Japanisch DTS |  |
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Wiedergeburt eines Klassikers
Bereits in den späten 60ern erlebte der weiße Löwe unter der Regie von Hayashi Shigeyuki und Eiichi Yamamoto seine zeichnerische Geburt in einer 52teiligen TV-Serie (
Kimba, der weiße Löwe, 1956-1966). Vertragliche Vereinbarungen mit NBC - die die Serie mit produzierten - erforderten, dass in der ersten colorierten Animeserie überhaupt der kleine Löwe nicht alterte. Um sich dennoch an den Manga (
Kimba, der weiße Löwe, 1950-1954) halten zu können, wurde 1966 eine zweite Serie entwickelt. Zeitgleich erschien in Japan noch ein Kinofilm, der aber lediglich die ersten Episoden der TV-Serie beinhaltete.
Hierzulande erfuhr die Geschichte um den mutigen Löwen Leo unter verschiedensten Namen ihre Veröffentlichung im Fernsehen, auf VHS und auch teilweise bereits auf DVD. Dies hatte vor allem lizenzrechtliche Gründe. Die Umsetzungen waren aber von eher durchschnittlicher Qualität. Nun aber liegt die Geschichte von
Kimba, derm weißen Löwen endlich in einer durchaus guten Qualität vor.
Vom Verständnis der Natur
Es herrscht Friede im Dschungel. Leo, stolzer König der Löwen und titelgebende Hauptfigur des Kinofilms, wird Vater. Seine Gefährtin Lira bringt in einer alten, verlassenen Tempelruine die kleine Löwin Lukio und den abenteuerlustigen, neugierigen Lune zur Welt.
Zur gleichen Zeit bekommt in einer fiktiven Großstadt weit, weit entfernt der völlig verschuldete Großwildjäger Ham-Egg den Auftrag, den berühmten Mondlichtstein zu bergen, der auf dem Mondberg in Afrika zu finden sein und angeblich die Energieprobleme der gesamten Welt lösen können soll. Die Lage dieses Berges ist gänzlich unbekannt, lediglich ein einziges Foto gibt erste Hinweise auf die mögliche Position des Mondberges. Gemeinsam mit dem naturverbundenen Wissenschaftler Dr. Moustache und seinem Kollegen Ramune begibt sich Ham-Egg mit einem kleinen Team auf die Suche nach dem Mondberg. Dabei geht er nicht gerade zimperlich mit Flora und Fauna des afrikanischen Kontinents um, es wird Urwald gerodet, störendes Gestrüpp verbrannt und als Ham-Egg ein im Feuer eingeschlossenes Nashorn erschießt, kommt es zum ersten Kontakt zwischen Ham-Egg und Leo, die fortan die klassische Rollenverteilung Gut und (gegen) Böse einnehmen.
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Das Menü ist farbenfroh und übersichtlich, aber nur wenig animiert. | Gleich bekommt Ham-Egg den Auftrag, den Mondstein zu suchen. |
Lune wird indes immer neugieriger auf die Menschenwelt, und macht sich auf die abenteuerliche Reise in die menschliche Zivilisation, die sich natürlich nicht so freundlich Tieren gegenüber darstellt, wie sich das der kleine weiße Löwe erhoffte. Als er in einem Zirkus unterkommt und dort Zeuge der rauen Behandlung der dressierten Elefanten wird, lernt er, dass Menschen und Tiere nicht wie anfangs gedacht liebe- und respektvoll miteinander leben.
Doch die Bedrohung durch die Menschen ist nicht die Einzige, die die Tiere im Dschungel trifft. Durch eine Überschwemmung, ausgelöst durch die Rodungen der Expedition unter Ham-Egg, macht sich eine Seuche breit und rafft viele der hilflosen Urwaldbewohner dahin. Einzig Dr. Moustache macht sich auf, mit einem Serum die leidenden Tiere zu retten. Zum Dank führt Leo den Doktor und seinen Kollegen Ramune auf den Mondberg, wo es letztendlich zum Showdown zwischen dem raffgierigen, über Leichen gehenden Ham-Egg und dem Wissenschaftler-Team, geführt von Leo, kommt.
Und die Moral von der G'schicht...
Die Geschichte um den König der Tiere, seinen Sohn Lune und die Unterdrückung und Ausbeutung der Natur wird in wunderschönen Bildern erzählt, die in ihrer schlichten Art eine Ausnahmeerscheinung unter den Animes dieses Genres darstellen. Die Charaktere suchen die Identifikation beim Zuschauer durch ihre Animationen, Mimik und Körpersprache, und dies gelingt prächtig. Bereits die ersten Sekunden mit Lune und Lukio, den beiden Löwenkindern, sind dermaßen süß, dass man beide spontan ins Herz schließt. Bewegungsabläufe, Gesichtsausdrücke, Körperhaltungen - All das ist beinahe perfekt und man merkt dem Anime die Liebe zum Detail an, die in jeder Szene steckt. So ist
Jungle Emperor Leo bei weitem kein perfektes Werk, aber eines mit viel Herz.
Typischerweise für die japanische Nähe zur Umwelt wird auch hier wieder mit dem Zeigefinger gewunken, wenn die Große Mutter, eine auf dem Mondberg lebende Mammut-Dame, Leo davor warnt, sich mit den Menschen einzulassen. In den gleichen Tenor stimmen auch die letzten Minuten des Films ein - Die moralische Botschaft ist deutlich, aber (noch) nicht störend. Die Geschichte selbst steckt voller Hinweise auf die weiteren Werke Tezukas, die stets eine Botschaft dieser Art vermitteln: Menschheit im Einklang mit der Natur und der Welt an sich.
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Leo und Pagooda sind sich uneinig... | Gleich kommt es zum Showdown. |
Jungle Emperor Leo ist beste Familienunterhaltung, ein über weite Teile spannendes Abenteuerkino, das mit seinem jederzeit spürbaren 50er-Jahre-Stil einfach mal etwas anderes ist.
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Bild:
Für eine Produktion der späten 90er wirken gerade die ersten Minuten etwas enttäuschend. Blasse Farben, schlichte Animationen, und häufige Blitzer und Verunreinigungen ließen bei mir erstmal ein ungutes Gefühl zurück. Im Laufe des Films legt sich das aber, die Farben wirken deutlich kräftiger und das Bild wird sauberer. Leider erreicht der Film nie die bildlichen Qualitäten eines Ghibli-Werkes oder ähnlich erfolgreicher Filme.
Die Animationen bewegen sich aber größtenteils auf einem sehr hohen Niveau. Die Bewegungen der Tiere und Menschen gleichermaßen sind realistisch und machen die Identifikation mit den Figuren einfach. Die Hintergründe sind aufwendig ausgeführt und tragen ihren Teil zum guten Ergebnis in der Bild-Bewertung bei.
Ton:
Erstaunlicherweise liefert die durchaus passable deutsche Synchronisation in Dolby Digital 5.1 keinerlei räumliches Klangbild, ganz im Gegenteil zur originalen japanischen Tonspur, die gerade wegen der zahlreichen Umgebungsgeräusche, die so ein Urwald naturbedingt bietet, bevorzugt werden sollte. Zuviel erwarten sollte man aber auch hier nicht,
Jungle Emperor Leo ist eben kein Bombast-Actionkino, sondern solide, kindertaugliche Unterhaltung für einen kalten Winterabend.
Der Score passt perfekt zum Film und das Ending hat Ohrwurmqualitäten. Der komplette Soundtrack findet dank der beigelegten Audio-CD mit immerhin 50 Minuten Laufzeit sicher noch öfter in den nächsten Tagen den Weg in den CD-Player.
Extras und Verpackung:
Das durchsichtige Amaray mit Wendecover (!) findet Platz in einem schön gestalteten Schuber. Ein Booklet fehlt leider, dafür bietet ein dickes Heftchen einen Überblick über das aktuelle OVA-Anime-Programm.
Der Menüpunkt Bonusmaterial beinhaltet einige informative Texttafeln über Osamu Tezuka, dem Schöpfer der Geschichte, den japanischen Trailer und zugegeben sehr schön anzuschauende Artworks. Ein Making-Of oder tiefergehende Informationen über die moralischen Aspekte der Geschichte habe ich dennoch schmerzlich vermisst.
Persönliches Fazit:
Jungle Emperor Leo kenne ich wirklich noch als
Kimba, der weiße Löwe aus meiner Kindheit. Und wirklich Spaß hat mit diesem Film, wer in Erinnerungen schwelgen kann oder deutlich unter 18 Jahren alt ist. Ein älteres, unbedarftes Publikum dürfte zu große Erwartungen stellen, die
Jungle Emperor Leo nicht erfüllen kann. So ist die DVD kein Pflichtkauf, aber bei weitem auch kein Reinfall - Die Geschichte ist nur eben inzwischen etwas aus der Mode gekommen. Bild und Ton gehen in Ordnung, die Soundtrack-CD ist eine schöne Beigabe, die sonst meist einzeln zu beziehen ist, und der Schuber ist - ich muss es einfach nochmal betonen - ein Schmuckstück.
Jungle Emperor Leo ist beste Unterhaltung in alter Disney-Tradition, mit zauberhaften Charakteren, stimmungsvollen Aufnahmen und einem wunderschönen Score. Die bildliche Nähe zur gezeichneten Vorlage ist jederzeit spürbar und trägt ihren Teil zur Atmosphäre bei - trotz der soliden, aber nicht überragenden technischen Umsetzung.
[hr]
Vielen Dank an OVA Films für die Zusammenarbeit und das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.