No More Heroes
Technische Daten
System: Wii
Entwickler: Grasshopper Manufacture
Erscheinungsjahr: Februar 2008
Medium: DVD
Genre: Action, Hack'n Slay
Multiplayer: Nein
Altersfreigabe: USK 16
SPIEL
Travis Touchdown ist ein Freak. Ein echter Freak. Nicht nur, dass seine Bude voll mit Anime-Sammelfiguren bekleistert ist, und Wrestlingvideos als seine Lehrer in Sachen Kampfkunst fungieren; Nein, er ersteigert sich auch noch eine Laster-Katana bei Ebay, und hat vor damit eine süße Olle aus der Kneipe zu beeindrucken.
Doch es einfach nur wild durch die Gegend zu fuchteln wie ein Aushilfs-Jedi-Ritter reicht der sexy Sylvia Christel nicht; sie will einen Mann mit Erfolg.
Als derzeit 11. bester Killer der Stadt „Santa Destroy“ kann Travis nicht bei Sylvia punkten, da muss er sich schon bis auf Rang 1 hoch töten; und dann, aber auch nur vielleicht, wird Sylvia mit Travis ins Bett steigen.
Also worauf wortest du noch Travis???
„Let the Bloodshed begin!“
Also worauf darf sich da der Typ vor dem Fernseher mit der Wii Remote in der Hand einstellen?
Die Grundstory ist simpel und wenig originell, doch die Verpackung ist bunt, schrill, und vor allem durchgeknallt.
Eine stylishe Optik und ein teils morbider Humor zeichnen das Game aus, und zweigt sich damit auf jeden Fall etwas vom Mainstream ab.
Dass „No More Heroes“ doch etwas anders, als andere Spiele ist, und das nicht nur spielerisch, zeigt sich, beim Herzstück des Games, den Rangkämpfen.
GAMEPLAY
„Head for the Garden of Madness“
Doch bis dahin gilt es zahlreiche Finsterlinge zu bezwingen, und hier präsentiert sich No More Heroes als ganz klassischer „Hack'n'Slay“-Vertreter.
Ob nun am Pausenhof, am Strand, am Filmset oder in der U-Bahn, überall tauchen immer die wenig abwechslungsreich designten Gegner auf, denen man ohne Sinn und Verstand durch permanentes Drücken der A Taste das Licht ausblasen soll.
Hierbei seien Travis' profesionell und kusntvoll ausgeführten Bewegungen mit seinem Lichtschwert gepaart mit den effektiv eingesetzten Slowmotion-Effekte erwähnt, die das ganze Gemetzel durchaus ansehnlich und spektakulär gestalten.
Wer sich jetzt fragt, weshalb bei einem Schwertkämpfer nicht die Wii-Remote im Stile von Zelda sinnvoll ausgenutzt wird, soll beruhigt werden, denn die Haltung des Schwertes hängt von der Haltung der Wii-Remote ab, bei Schwertkontakt entscheidet ihr den Sieg durch schnelles kreiseln, und Finishing Moves werden auch durch entsprechende Richtungspfeile gekennzeichnet.
Abwechslung findet sich bei Travis' gelernten Wrestlingmoves, die dann auch das Nunchuk mit einbeziehen.
Wer Glück hat wird nach einem Kill in den Dark Side Modus katapultiert und setzt Kräfte frei, die das Erledigen der Gegner durch besonders überlegene Fähigkeiten vereinfachen.
Unerwähnt dürfte hier selbstverständlich nicht der hohe Grad an expliziter Gewalt bleiben, denn Travis' Lichtschwert spaltet die Körper seiner Gegner nicht nur dem Hieb entsprechend, sondern lässt auch kunstvoll unrealistisch große Blutfontänen aus den auseinander gesäbelten Köpfen/Körpern sprühen.
Irgendwann habt ihr es dann bis zum Endboss geschafft, und hier erlangt das Spiel dann auch seine Hochs, denn die Kämpfe dauern lange, sind spannend und spektakulär.
Jeder der Endbosse unterscheidet sich grundlegend von den anderen, nicht nur was das Aussehen oder die Bewaffnung betrifft, sondern auch die Vorgehensweise mit der sie bezwungen werden sollten.
An geheizt werden diese Kämpfe durch witzige Dialoge und schrägen Präsentationen, die manchmal schon ein Tarantinosches Flair mit sich ziehen.
Hier wird der makabere Humor des Spieles deutlich.
Eine alkoholkranke Bitch mit brennendem Baseballschläger zermatscht Travis das Gesicht, ein Killer-Zauberer wird selbst Opfer seines Tricks mit der großen Kreissäge und die Granatenlady mit dem Holzbein steckt sich mit einem Lächeln im Gesicht eine Granate in den Mund.
Wer zu den actiongeladenen Endbossfights gelangt wird jeweils vor- und nachher mit mit originellen und unterhaltsamen Cut-Scenes belohnt (und jeder Menge makaberer Tötungsszenen).
Kurz, die Endbossfights machen einfach richtig Spaß.
Der Rest des Spiels ist leider weniger motivierend.
Denn es wird schnell klar, dass der GTA geprägte Teil des Spieles eine abgespeckte Lite-Version der großen Rockstar Games Reihe ist.
You gotta be shittin' me?!
Es gibt nur wenige Freiheiten, und selbst die sind stark begrenzt.
Zu Hause hat Travis die Möglichkeit Kleidung zu wechseln, TV zu gucken, mit seiner Katze zu spielen oder aufs Klo zu gehen, um (kurioserweise dort) zu speichern.
Das Umstyling ist dabei noch die vielfältigste Freizeitbeschäftigung, auch wenn quasi immer dieselbe Kombination vorgeschrieben wird.
Doch was hat man davon auf eine Karte zu sehen, die man auch im Pausenmenü hat?
Welchen Sinn hat das Abspielen des Anrufbeantworters, wenn Nachrichten nur in Pflicht-Cut-Scenes zu hören sind, nicht jedoch in Form von irgendwelchen Sidequests?
Wieso kann am heimischen TV lediglich ein unnützes Musikvideo vom Spieler gesehen werden, nicht jedoch die Wrestling Videos, die Travis ja gar weiterbilden sollen?
Und wieso stalkt die örtliche Videothek Travis wegen irgendwelchen Videos hinterher, die spielerisch weder ausgeliehen, geschweige denn angesehen werden können?
Die Nachrichten am Anrufbeantworter sind natürlich witzig, und machen den Humor des Spieles aus, aber ein wenig mehr Einfluss auf diese kleinen Dinge des Lebens wären nicht schlecht gewesen.
In Travis' Bude sämtliche Beschäftigungsmöglichkeiten schnell durchschaut, geht es nach draußen und hier kann dann „No More Heroes“ seine GTA Wurzeln wirklich nicht mehr leugnen, denn bevor fröhlich gemetzelt werden darf, muss „Santa Destroy“ entsprechend erkundet werden.
Hier steht unserem Helden Travis sein fetziges Bike zur Verfügung (fast schon ein halbes Wohnzimmer), um möglichst schnell von A über B nach C zu kommen.
Jeder Rangkampf will von Sylvia organisiert, und damit bezahlt werden, das heißt für Travis jobben, killen und wühlen.
Die Arbeitsagentur vermittelt einige wenig anspruchsvolle Jobs, wie das Tragen von Kokosnüssen, Säubern von Straßen oder Auffinden von Tieren.
Das sind alles nette Minigames, die zu Beginn noch dank sinnvoll eingebauter Wii-Features Spaß machen, aber ebenso schnell auch nerven können.
Seid ihr in diesen Jobs gut, bietet dann auch eine Auftragskiller Organisation immer mehr Arbeit an, die im Rahmen von Zeitlimits und anderen Regelvorgaben immer das Töten von einem oder allen Badguys in den unterschiedlichsten Arealen verlangt.
Nebenher kann Travis aber auch einfach Mülltonnen durchwühlen und im Gras herumstochern, bis er auch da auf kleine Schätze zustößt; praktischer weise, sind solche Schätze auf der Karte markiert.
Mit dem erwirtschafteten Geld sollte man sich vor einem teuren Rangkampf aber erst nochmal vorbereiten, und besucht Läden wie „Naomi's Lab“ um das Lichtschwert aufzurüsten, oder das Fitnesscenter um Kraft und Vitalität zu steigern (doch wie hirnrissig blöd ist es denn, Geld auszugeben, nur um 20 Kniebeugen machen zu dürfen?), während Freunde von Nichtigkeiten sich auch im Kleiderladen „Area 51“ ein neues Outfit für Travis besorgen können.
Und das war es dann auch schon; selbst Leute, die noch nie GTA gespielt haben, werden merken, dass No More Heroes arg in seinen Möglichkeiten beschränkt ist.
Sidequests gibt es keine; die Aushilfs- und Hitjobs (ersteres in Form von Minispielen) sind beliebig wiederholbar und daher nur Mittel zum Zweck.
Das Einsammeln der Lovikovbälle entpuppt sich als ebenfalls wenig motivierend, da sie alle auf der Karte vermerkt sind, und theoretisch ganz am Anfang des Spieles alle eingesammelt werden könnten.
Es sind viel zu wenig Gebäude begehbar, der Ablauf und das Prinzip des Gameplays ist schnell durchschaut, und mit irgendwelchem motivierenden, unterhaltsamen Schnickschnack kann man sich auch kaum vergnügen.
GRAFIK
Und dann sieht da auch noch obendrein die Stadt „Santa Destroy“ so mega scheiße aus.
Das Design ist schlicht, die Ecken und Kanten ruckelig, Büsche billige 2D Sprites und die Popups vorhanden.
Was hier an Grafik aufgetischt wird ist außerhalb der Fightszenen eine echte Unverschämtheit, in den Kampfszenen selber dann zumindest dominiert der stylishe Cell Shading Look und die erstklassig animierten Kampfszenen.
Garniert wird das zusätzlich mit Grafik- und Soundelementen aus der 8-Bit Ära, eine wahrhaftige Verbeugung vor den Urgesteinen der Videospielgeschichte.
An dieser Stelle seien auch mal die drastischen Gewaltkürzungen in der Pal Version positiv angemerkt. Hier wurde weitestgehend auf den roten Lebenssaft verzichtet, und ebenso auf die abgetrennten Körperteile, stattdessen verschwinden die Gegner hier stets in einem auffälligen Pixelhaufen, der wunderbar mit den restlichen 8-Bit Grafikelementen harmoniert, und somit das Spielgefühl gerade durch diese Entschärfung zusätzlich verstärkt, nicht letztlich auch dadurch, weil das Spiel selbst immer wieder gerne in Nebensätzen betont ein Videospiel zu sein.
Also trotz wenig zeitgemäßer Grafik ist das dargebotene fürs Auge irgendwo doch eine Klasse für sich, und macht No More Heroes einzigartig.
SOUND
Ganz makellos dagegen ist dann wiederum der Sound, der neben den 8-Bit Samples auch eine ohrwurmverdächtige, immer wieder in anderen akustischen Ausgaben ertönende Kampfmusik zu bieten hat, so wie jede Menge andere rockige und ruhige Mucke, die in jeder Szene immer für Stimmung sorgt.
Wenn überhaupt, nervt die naiv kitschige J-Pop Nummer „Heavenly Stars“ von Genki Rockets.
(Das Video kann in Travis Zimmer angesehen werden, und NUR dieses Video kann angesehen werden)
Zugegeben aber doch um einiges erträglicher als, der ganze DSDS und Popstars Output (hehehe).
STEUERUNG
Das Kampfsystem läuft wunderbar fließend ab, hier stimmt alles, und macht auch Spaß; grauenhaft dagegen ist das Handling des Bikes.
Scharfe Kurven kriegt dieses riesen Ding nur schwer hin, also sollte ein Drift hingelegt werden, doch genau da wird es unverschämt. Es ist nämlich ein einziges Glücksspiel mal in die richtige Richtung einzulenken.
Ich bewege die Wii-Remote nach links, doch Travis steuert nach rechts, und umgekehrt.
Dann wiederum gehorcht das Motorrad meinen Handbewegungen und lenkt so ein, wie ich es will, nur um bei der nächsten Kurve wieder in die völlig andere Richtung einzuschlagen.
Erst hatte ich den verdacht, man solle einfach in die entgegengesetzte Richtung schwingen, was auch eine zeitlang klappte, doch konsequent konnte ich diese Methode nicht erfolgreich fortführen.
Keine Ahnung woran es liegt, aber hier hätten die Entwickler auf jeden Fall noch etwas feilen müssen.
Noch sehr viel fragwürdiger wird es beim Thema speichern.
Damit will ich nicht die originelle Idee auf der Toilette zu speichern kritisieren, sondern viel mehr die Tatsache, dass es NICHT möglich ist einen anderen Speicherstand zu wählen.
Einen richtigen Titlescreen gibt es nicht; durch Drücken der A Taste startet ihr genau da, wo ihr zuletzt begonnen habt.
Seltsamerweise ist es während des Speicherns möglich einen Slot auszählen, einen Ladebildschirm dagegen gibt es seltsamerweise NICHT!!!
Das ist die mit Abstand größte Unverschämtheit der gesamten Videospielgeschichte (zumindest seit es Speicherfunktionen das Passwortsystem abgelöst haben)
FAZIT
Damit scheidet No More Heroes am Ende die Gemüter wie nur wenige andere Spiele.
Gameplaytechnisch gibt es bis auf das Kampfsystem eigentlich nichts neues, der Ablauf ist recht eintönig.
Wer sich dauerhaft mit den Minispielchen, die solch episches Gameplay wie „Rasen mähen“ und „Autos tanken“ enthalten, beschäftigen kann und große Motivation verspührt ganz Santa Destroy nach all seinen Mülltonnen und Gassen zu durchforsten, der dürfte die Zeit bis zu den großen Bossfights eigentlich einigermaßen längenlos überstehen, doch das ist nunmal keine Selbstverständlichkeit bei diesem Spiel; wahrscheinlicher sind am Ende die Abnutzungserscheinungen des monotonen Spielablaufs doch größer.
Aber dann sind da eben die Rangkämpfe, die so einiges gut machen, denn sie sind spektakulär, spannend und stylish in Szene gesetzt.
Sie sind abwechslungsreich und inhaltlich tut sich in den Cut Scenes auch so einiges; das Spiel hat einige echt derbe Überraschungen parat, die ihr nicht so schnell vergessen werdet.
Diese durchgeknallte Geschichte ist es, die mich trotz allem vor den Bildschirm gefesselt hat, und über die offensichtlichen Schwächen hinwegsehen ließ.
SPIEL
GRAFIK
SOUND: