Crank 2: High Voltage
Chev Chelios is back und auf der Jagd nach seinem ihm entrissenen, innig geliebten Herz. Dabei erlebt er die absurdesten Abenteuer ...
Originaltitel: Crank 2: High Voltage
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Mark Neveldine / Brian Taylor
Darsteller: Jason Statham, Amy Smart, Clifton Collins Jr., Ling Bai, David Carradine, Corey Haim, Efren Ramirez, Dwight Yoakam, Glenn Howerton, Holly Weber, Chester Bennington u.a.
Jason Statham mutierte in den letzten Monaten mit seinem filmischen Ausstoß immer mehr zu dem, was man wohl als „Mann für alle testosterongeschwängerten und nach Motorenöl stinkenden Fälle“ bezeichnen könnte. Zwar unterfuhr Film eins – Death Race – trotz aller rockenden Qualitäten seltsamerweise alle Zuschauerschichten, dafür mutierte Transporter III mal eben so zum erfolgreichsten Film der Reihe und untermauerte Jasons Actionheldenstatus. Und Jason wäre nicht der coolest Motherfucker on Earth, wenn er sich auf diesen Lorbeeren ausruhen würde. Nur, wie wollte er das coole Actiondoppelpack Death Race und Transporter III noch toppen? Dahingehend habe ich nur drei Worte für euch:
Chev Fucking Chelios!

Genau, Jason liefert uns Teil II zur überkandideltsten Anarchieparade der letzten Jahre: Crank! Der Film, der vor nicht allzu langer Zeit dem gesamten Publikum und der Filmwelt symbolisch den Stinkefinger entgegenreckte und auf absolut irre hochtourigem Niveau zu unterhalten verstand. Und Crank II macht aus diesem symbolischen Stinkefinger nun ein Bild für die Ewigkeit, wenn Jason Statham in der letzten Szene von Crank II irre grinsend in den Zuschauerraum blickt, die Hand zur Faust ballt und uns allen seine Fuck You Mentalität mittels ausgestreckten Mittelfingers entgegenreckt. Und Fuck You ist auch das Motto von Crank II ... durchgehend!
Dabei geht das erste Fuck You an alle, die glaubten, nach Teil I könne es keine zwei geben. Das zweite Fuck You geht an jene, die für eine Neubelebung des Crank Franchises und 90 Minuten Spaß eine echte Story brauchen. Derartiges gibt es in Crank II nämlich nicht wirklich: Chev hat den Sturz aus dem Helikopter in Teil I überlebt, wird per Schneeschippe vom Asphalt gekratzt und von ein paar chinesischen Lumpenhunden um seine übermenschliche Blutpumpe gebracht. Diese wird mittels künstlichem, batteriebetriebenem Herz ersetzt. Als man ihm auch noch an die Manneskraft will, probt Chev den Aufstand, massiert ein paar Familienjuwelen und bricht auf, sich wiederzuholen, was ihm von Rechts wegen gehört. Kurzum: Chev sucht sein Herz und der Actionfan kennt nun das rudimentäre Gerüst an Handlung, das er fortan braucht, um Crank II zu „verstehen“.
Mehr als dieses Grundgerüst bekommt der geneigte Zuschauer nicht mehr geliefert. Warum auch? Immerhin geht es in Crank nicht um eine feinziselierte, hochgradig intelligente Geschichte. Neihein! In Crank geht es um ein irres Tempo, irre Bilder, irre Charaktere, Anarchie, Mittelfinger und einen leicht reizbaren – eben cranken – Typen mittendrin, der bevorzugt seinen Stiernacken ausfährt und alles und jeden niederknüppelt, der seinen Weg kreuzt. Dabei erfreuen vor allem die unzähligen Bezugnahmen auf Teil I, die ein so dichtes Netz weben, dass einem Teil I und II wie ein geschlossener Film vorkommen, zumal Crank II ja direkt an die I anschließt. Und dass dabei nicht nur ein Chev Fucking Chelios unsterblich erscheint, wen juckt’s? Wenn die wiederauferstandenen Toten Spaß bringen, Fuck, dann ist es halt so!

Dabei geht dann Fuck You Numero drei wie schon in Teil I an alle, die irgendwie meinen, dass Political Correctness für unser aller Leben irgendwie wichtig sei. Omas, Frauen, ethnische Minderheiten, Behinderte, in Crank II gibt es nichts, was nicht den Mittelfinger gezeigt bekommt. Warum auch, immerhin hat jeder das Recht verarscht zu werden. Dabei ist Crank II so schnell im Abwatschen aller Befindlichkeiten, dass man sich irgendwann gar nicht mehr traut, zu lachen, einfach weil man sonst Details en masse verpassen würde. Und so könnte man fast meinen, Teil II sei weniger witzig als Teil I ... das ist er aber nicht, er ist einfach nur viel zu schnell, um alles auf den ersten Blick verarbeiten zu können!
Und so geht Fuck You Nummer vier dann auch an alle alten Sehgewohnheiten, setzt Crank II doch an dem optisch hochenergetischen ersten Teil an und degradiert ihn fast zu einer stilistischen Fingerübung! Die Kamera taumelt, stolpert, kreist, fliegt, überschlägt sich, übernimmt Chevs Sichtfeld, nur um kurz darauf wieder Beobachter zu sein, liefert grobkörnige Bilder, dann wieder gelackte, vermittelt veränderte Bewusstseinszustände und ist immer in Bewegung. Dazu kommt ein flirrender Schnitt, eine irre Montage, coole Splitscreeneinlagen und auch Google Earth darf wieder nicht fehlen. Also, kommt ihr mit modernen Videoclips nicht mehr klar, bleibt aus dem Kino raus! 😉
Fuck You Numero Fünf bekommen alle entgegen geschrieen, die meinen, Jason Statham wäre nicht der coolest Motherfucker on our motherfucking Planet. Klar, spielen muss er in Crank II ebenso wenig wie in Crank I oder eben in Transporter oder Death Race oder .... Eigentlich muss Statham nie so wirklich spielen und dennoch funktionieren seine Figuren. Sei es seine Physis, seine Ausstrahlung, sein Stiernacken, der nirgendwo so Fuck You mäßig rüberkommt wie bei ihm, oder sein Charisma. Statham ist immer das, was man sich so unter Statham allgemein vorstellt: der coolest Motherfucker on our motherfucking Planet! Reicht ja auch! Zumal man Statham anmerkt, dass ihm der Charakter des Chev Chelios verdammt gut gefällt, und ihm dessen nonchalante Art - einer Abrissbirne auf zwei Beinen gleich - alles platt zu machen, was bei drei nicht auf den Bäumen ist, sehr entgegen kommt.

Fuck You Nummer sechs müssen sich alle anhören, die meinen, Amy Smart sei nicht unglaublich niedlich, sexy, heiß ... just Amy eben. Sie bekommt in der zwei auch ein wenig mehr zu tun als im Vorgänger und wuppt dieses Mehr an Verantwortung mühelos. Auch das Mehr an Nacktheit oder das Mehr an Sexyness oder Heißheit. Sie ist eben Amy. Und verdammt noch mal, sie hat endlich ein Handy! Fuck Yeah!
Das nächste Fuck You dürfen sich alle Sissies dieser Welt abholen, die Crank II wegen zuviel Brutalität kritisieren bzw. eine deutliche Steigerung der Gewalttätigkeit bemerkt haben wollen. Jene Sissies scheinen nämlich ein wenig ausgeblendet zu haben, dass auch in der I Körperteile verlustig gehen und Menschen zerplatzen. Die Anzahl der Shoot Outs ist auch annähernd gleich geblieben und der große Showdown ist erneut ein alles klärendes, bluttriefendes Zusammentreffen aller an der Filmhandlung beteiligten Parteien, die sich ordentlich auf die Omme geben. Was da wo übertrieben hart sei, man(n) (bzw. der verrohte Autor dieser Zeilen) weiß es nicht. Dabei ist die Action genauso wahnwitzig überzogen, wie es der ganze Film ist, weswegen sie in Crank I + II eben irgendwo mehr an Tom und Jerry Cartoons denn an ernst zu nehmende Gewaltverherrlichung erinnert.

Fuck You Nummer Acht geht dann an alle, die meinen, Actionfilme müssten irgendwie logisch verankert sein. Chev Chelios wirft hier mit Blitzen um sich, kracht durch Autofenster, wird angezündet, angefahren, angeschossen, aufgeschlitzt, K.O. geschlagen und er unterhält sich irgendwann mit einem Kopf, der in einem Futurama ähnlichen Glasgefäß aufbewahrt wird. Das ist so surreal, so abgedreht, so vollkommen weit weg von der Realität, dass jeder selbst schuld ist, wenn er das ernst nimmt. Von Waffen, die in Analtrakte gerammt werden ganz zu schweigen. Chev Chelios hat sichtlich Spaß bei dem, was er da so treibt und dem Zuschauer geht es ähnlich.
Und so geht Fuck You Nummer 9 an alle, die meinten, Crank I sei nicht mehr zu toppen. Er ist es. Und Crank II ist absolut auf dem richtigen Weg dahin. Leider gibt es ein zwei Punkte, wo es doch ein wenig hakt. Zum einen ist Bai Ling in ihren viel zu überspannten Auftritten ein kleines Ärgernis im Film. Man hätte sie sich vielleicht für Teil 4 oder 5 aufheben sollen, wenn Crank sicherlich nichts mehr mit normalen Filmen gemein haben wird und in ganz anderen Filmrealitäten herumcranken wird (Chevie im Weltraum wär doch echt mal ne Maßnahme 😉).
Des Weiteren spürt man die unbändige Energie der Macher im Hintergrund, was ja per se nichts Schlechtes ist. Doch gleichzeitig spürt man, dass hier Leute am Werk waren, die sich ab und an ein wenig zu sehr in ihre eigenen Ideen verliebt haben. Diese lassen sie zwar filmische Realität werden, überspannen dabei aber den Bogen. In der Folge sind manche Szenen im Film vom Ansatz her schlichtweg irre, werden aber viel zu lang gezogen und wirken irgendwann zu gewollt abgedreht. Hier sei der Godzillaartige Kampf im Umspannwerk genannt, der Rückblick in Chev Chelios Vergangenheit, die Pornofilmsexszene auf der Pferderennbahn oder die in ihrem ganzen Rhythmus vollkommen misslungene Szene um den Krankenpfleger aus Teil I, der, seit er Chevie schocken musste, unter einem Trauma leidet. Hier wäre für eventuelle Fortsetzungen Mäßigung angesagt.

Was bleibt, ist ein Film, dessen Hauptproblem darin besteht, dass es bereits Crank I gibt. Zwar wirkt dieser nur wie eine Fingerübung für diesen ins Groteske verzerrten, vollkommen abseitigen Actioncomic, aber er kann eben den Originalitätsbonus für sich beanspruchen. Dieser geht dem deutlich überdrehteren, optisch ungemein fiebrigen Nachfolger leider vollkommen ab. Dafür punktet die Fortsetzung mit einem unglaublichen Tempo, harschen Gewaltexplosionen, irren Ideen, coolen Gastauftritten, Titten und Ärschen galore, der fast vollkommenen Reaktivierung des Figureninterieurs aus der Eins, Ganzkörpertourette, griffigeren One Linern, einer nackteren Amy Smart, einem übercoolen Jason Statham und einem erneut saftigen Arschtritt für ALLES, was der heilen Welt recht und teuer ist. Das Ergebnis ist ein Film, den niemand zu seinem Lieblingsfilm erklären wird, aber - Fuck Yeah – Crank II ist ein Film, über den man sich im Fast Food Tempel seiner Wahl mit seinen Kumpels austauschen wird, nur um sich dabei gegenseitig darin zu überbieten, die jeweils coolste Szene mit eigenen Worten wiederzugeben. Und GENAU so ein Film ist Crank II! Und das ist verfickt noch mal auch gut so!
Macht neun Fuck Yous ... äääh
In diesem Sinne:
freeman
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