Mother
Joon-ho Bongs vierte Regiearbeit (ohne das Segment in Tokyo mitzurechnen) "Mother" dreht sich wie der Titel schon impliziert um die Mutter (Kim Hye-ja) des geistig zurückgebliebenen Do-joon (Won Bin). Obwohl er schon Mitte 20 ist, schläft er z.B. noch mit ihr in einem Bett. Sie überwacht jeden seiner Schritte mit Argusaugen und dreht fast durch, wenn er auch nur ansatzweise in Gefahr gerät oder zumindest in Situationen, die sie für gefährlich hält. Einzig Jin-tae (Jin Ku) ist sein Freund und schafft es ihn ab und zu von seiner Mutter loszueisen und sich auch mal auf ein paar Drinks zu treffen. Als Do-joon eines Abends auf dem Weg nach Hause auf Ah-jung (Moon Hee-ra) trifft und ziemlich angetrunken versucht sie anzumachen, reagiert diese etwas heftig und Do-joon rennt davon. Am nächsten Tag ist das Schulmädchen tot, an exponierter Stelle über dem Dorf wie auf dem Präsentierteller drapiert. Verdächtigt wird sofort Do-joon, da ein Golfball neben dem Opfer gefunden wurde, der unzweifelhaft dem "Dorfdeppen" gehört hat. Da eine seiner Unzulänglichkeiten darin besteht, sich selten oder nur unter grosser Anstrengung an Vergangenes erinnern zu können, glaubt selbst er den Polizisten, dass er mit dem Mord zu tun haben muss. Alles scheint klar, nur hat jeder die Rechnung ohne Mama gemacht. Sie ist überzeugt von der Unschuld ihres Sonnes und nach anfänglichem Schock und Unsicherheit, besinnt sie sich und macht sich auf die Suche nach dem Mörder. Vielleicht hat Jin-tae etwas damit zu tun? Und wer war eigentlich dieses Schulmädchen, war sie wirklich die Unschuld vom Lande?
Joon-ho Bong schafft es ähnlich wie mit "Memories of Murder" einen sehr dichten Film zu erschaffen. Nicht ganz so gut wie MoM aber immer noch unterhaltsam und spannend. Getragen wird der Film von einer klasse aufspielenden Kim Hye-ja, selbst die kleinsten Nebenrollen sind extrem gut besetzt. Die Aufnahmen sind teilweise preisverdächtig und zusammen mit dem Score wird eine ländliche Idylle erschaffen, in der es aber unter der Oberfläche ständig brodelt. Kleines Manko und für mich einer der Hauptgründe warum Memories of Murder der bessere Film ist, liegt in der doch relativ vorhersehbaren Entwicklung der Geschichte. Obwohl es verschiedene Verdächtige im Laufe der Handlung gibt, war mir doch relativ schnell klar, wer der eigentliche Täter ist. Auch wenn die Hinweise nicht zu offensichtlich waren, so lag es doch an einer speziellen Reaktion der entsprechenden Person, die einen auf die richtige Spur brachte. Zum Glück gab es dann noch eine geniale Schlusseinstellung, die sehr viel wieder wett gemacht hat.
Wer also "Memories of Murder" mochte, wird bei "Mother" nicht viel falsch machen, auch wenn sich der geneigte Seher bewusst sein sollte, nicht ganz die Qualität des erstgenannten serviert zu bekommen.