Chloe (2009; USA, Kanada, Frankreich)
Directed by Atom Egoyan
Written by Erin Cressida Wilson & Anne Fontaine
Cast: Julianne Moore (Catherine Stewart), Amanda Seyfried (Chloe), Liam Neeson (David Stewart)
Trailer
Wir kennen das doch alle. Man schaut nur mal kurz auf das Handy seines Partners und die Gedanken, die die eigene Eifersucht schürten, werden weiter angeheizt. Was sind das denn für SMS? Oder Anrufe? Oder MMS? Und warum wird dann auch zufällig der Flug verpasst? Also machen wir das einzig vernünftige in dem modernen Kommunikationszeitalter. Nein, man kommuniziert nicht mit seinem Partner oder seiner Partnerin. Man sucht sich ein hübsches Callgirl/-boy, um dieses für einen Treuetest zu benutzen. Daraus entwickelt sich natürlich ein wahrer Tsunami aus Geld, Macht und sexuellen Phantasien. Eine ganz alltägliche Geschichte also.
Jedenfalls möchte uns das der Film glauben machen. Das Ehepaar Stewart, verkörpert von Neeson und Moore, befindet sich nämlich derzeit in einer Krise. Catherine verdächtigt ihren Mann fremdzugehen, noch viel schlimmer, sie denkt dass er seine Professorenstelle ausnutze um junge Studentinnen zu begatten. Als sie dann kurz sein Handy in der Hand hat und er auch noch seinen Flug verpasst, obwohl sie an dem Tag seinen Geburtstag feiern wollen, entschließt sich Catherine zu den oben beschriebenen Maßnahmen. Und genau da hat der Film einerseits seine größte Stärke und Schwäche.
Man muss wissen, dass das Ehepaar Stewart eines der wenigen Filmehepaare ist, dass auch wirklich in unserer modernen Zeit lebt. Sie halten sich zumeist in zwei verschiedenen Städten auf, da beide Karriere gemacht haben. Sie ist nämlich eine erfolgreiche Gynäkologin und David, wie schon angesprochen, Professor. Ihr Benehmen und ihre Artikulation lässt, ebenso wie ihr beruflicher Stand, auf einen hohen Intellekt schließen. Aber als die Problematik um David auftritt wird jede Sekunde des Films irrationaler. Und nichts, wirklich nichts, hasse ich mehr, als einen Film, der meine Intelligenz als Zuschauer beleidigt. Einem Blockbuster kann man so etwas verzeihen, aber keinem Machwerk, das den Anspruch hat ein intelligent verschachtelter Erotik-Thriller zu sein.
Ich möchte im Einzelnen nicht näher auf die wirklich dummen Verhaltensweisen der Agierenden eingehen, da sonst für den einen oder anderen zukünftigen Betrachter dieses Werkes einige Spoiler enthalten sein könnten. Ich verrat nur Zweierlei. In dem Universum dieses Films ist jeder käuflich, verführbar und hat versteckte Phantasien, dabei wird aber nie darauf eingegangen was für Schäden eventuelle Entscheidungen herbeiführen können, es wird höchstens angedeutet. Zum Anderen sind die Entwicklungen, die der Film nimmt, sehr vorhersehbar, wenn man sich mal auf die Gesetzgebung eingelassen hat. So fällt der Thrillerteil leider etwas flach aus. Von stereotypischen Rollen, wie dem rebellierenden Teenie-Sohn, mal ganz zu schweigen.
Man könnte sich jetzt fragen, warum ich genau diesen Abschnitt, also die letzten Zweidrittel des Films, auch als Stärke beschrieb. Nun, das liegt vor allem an der Inszenierung und der Darstellung der gesamten Cast, allen voran Julianne Moore und Amanda Seyfried. Jede Sekunde knistert es. Telefonsexartige Dialoge, viel nackte Haut, Licht- und Schattenspiele, das Aufblitzen der Leidenschaft in den Augen der Protagonisten, bis hin zur nuancierten Andeutung oder Berührung; es ist einfach ein prickelndes Meisterwerk der Erotik. Man hat manchmal sogar das Gefühl, dass aufgrund der hitzigen Leidenschaft bald die Linse der Kamera zerbersten muss. Endlich mal kein unterkühlter Erotik-Thriller, beide Daumen hoch dafür. Um zu den Darstellungen zu kommen, Amanda Seyfried muss vor ihrer Schauspielkarriere ein Callgirl gewesen sein, so überzeugend spielt sie. Und auch Moore zeigt eine der besten Darstellungen ihrerseits der letzten Jahre, als vereinsamte abgründige Ehefrau. Eigentlich hat da der männliche Gegenpart bei so viel Frauenpower gar keine Chance. Jedoch ist dieser Part mit Liam Neeson bestens besetzt und er schafft es gegen die beiden Damen anzuspielen, obwohl sich seine Figur oftmals im Hintergrund befindet. Auch in den Nebenrollen wird, trotz stereotyper Ansätze, von den Leistungen her durchweg Gutes geboten.
Chloe ist nach gut 90 Minuten das perfekte Beispiel eines zweischneidigen Schwertes. Um es noch besser auszudrücken, es ist im doppelten Sinne zum in die Haut fahren. Einerseits kann man die stelzige Idiotie hinter dem Großteil des Films kaum ertragen und man möchte laut schreien „REDET DOCH EINFACH MITEINANDER!!!“. Andererseits zieht einem die Inszenierung des Regisseurs und das Spiel der Schauspieler immer wieder zurück in den wohl heißesten Erotik-Thriller seit langem und man hat das Gefühl als würden einem die Hauptdarstellerin lakonisch über den Rücken kratzen.
So bleibt zum Schluss nur Eines zu sagen: Schade, dass grade die Vielschichtigkeit eines Thrillers einfach nicht vorhanden ist. Bei den Leistungen der Schauspieler und der Regie wäre sonst viel mehr drin gewesen. Schämt euch Autoren und bitte versucht wieder mehr Logik in euren Drehbücher einzubauen.
Wertung: