Entstehungsdaten:
USA 2009
Regie:
Carlos Brooks
Darsteller:
Briana Evigan
Charlie Tahan
Garret Dillahunt
Meat Loaf
Trailer
„Tyger, Tyger, burning bright,
In the forests of the night;
What immortal hand or eye,
Could frame thy fearful symmetry?”
…lautet die erste Strophe des 1794er William Blake Gedichts „the Tyger”, in welchem u.a. die Überlegung thematisiert wird, wie Gott denn bloß einige zugleich so wunderbare wie Schrecken-verbreitende Dinge erschaffen konnte. „Burning Bright“ – ein unabhängig produzierter Thriller aus dem Jahre 2009, dessen Titel ja der zitierten Einstiegszeile entnommen ist – präsentiert seinem Publikum nun drei verschiedene Beispiele, die sich diesem philosophischen Kontext zuordnen lassen: Subtil innerhalb der Story eingebunden, also keineswegs (im jenem Sinne) irgendwie vordergründig herausgestellt oder inhaltlich aufgearbeitet, kann man die betreffende Fragestellung im vorliegenden Fall auf ein Wetterphänomen (sprich: die Natur), ein spezielles Exemplar aus dem Tierreich sowie auf den Menschen an sich beziehen...
Dem Tod ihrer Mutter folgend, hat es Kelly (Briana Evigan) nicht sonderlich leicht gehabt: Nicht nur da das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Stiefvater Johnny (Garret Dillahunt) noch nie ein allzu gutes war, lag es seither an ihr, sich um ihren autistischen jüngeren Bruder Tom (Charlie Tahan) zu kümmern. Neben einigen anderen Faktoren hinderte sie diese Gegebenheit bislang vor allem an der Inanspruchnahme eines College-Stipendiums, welches sie vor einiger Zeit gewährt erhalten hat. Dies soll sich nun jedoch ändern – denn inzwischen ist es ihr gelungen, eine anständige Schule für Tom zu finden, die eine Ganztagsbetreuung anbietet und sie sich mit dem hinterlassenen Geld ihrer Mom zudem auch leisten kann. Als man ihr vor Ort dann allerdings mitteilen muss, dass der eingereichte Scheck geplatzt sei, sucht sie den das Familiengrundstück aktuell übrigens gerade zu einem kleinen „Safari Park“ ausbauenden Johnny umgehend im Anschluss auf, um den erfahrenen Sachverhalt so schnell wie möglich zu klären…
Johnny´s neuste Anschaffung ist ein bengalischer Königstiger, der künftig seine zugkräftigste Attraktion werden soll. Genau dafür hatte er das besagte Konto „geplündert“: Rein rechtlich eine legitime Aktion, da die Verstorbene ihren letzten Willen nie konkret zu Papier gebracht hatte. Entsprechend wirkungslos prallen Kelly´s Vorwürfe an ihm ab – zumal die Summe ohnehin bereits ausgegeben ist und es derzeit wichtigere Dinge zu erledigen gilt, wie alle Räumlichkeiten gegen die Gewalten eines herannahenden Hurrikans zu sichern. Während Johnny später (nach getaner Arbeit) zur nächsten Bar hin aufbricht, um dort den Sturm auszusitzen, legen sich Tom und Kelly irgendwann schlafen – doch als erstere am folgenden Morgen erneut erwacht, muss sie kurz darauf mit Entsetzen feststellen, dass sich der Tiger frei im Haus bewegt! Mit fest verriegelten Fenstern und Türen, die eine Flucht nach draußen verhindern, entbrennt fortan ein erbittertes Katz&Maus-Spiel zwischen den Geschwistern und dem ausgehungerten Raubtier…
„Burning Bright“ verfügt über einen Plot, der ebenso unwahrscheinlich wie reizvoll klingt: Allein dadurch war mein Interesse an dem Streifen auf Anhieb geweckt – und das auch losgelöst der Beteiligung der von mir seit „Step Up 2: the Streets“ (2008) stets gern gesehenen Miss Evigan. Die größte im Vorfeld mit einem ungewissen Ausgang behaftete Frage markierte bei mir die nach dem letztendlichen Eindruck, den das Gebotene wohl heraufbeschwören würde: War es den Skript-Autoren und dem recht unerfahrenen Regisseur Carlos Brooks („Quid Pro Quo“) tatsächlich geglückt, aus jener konstruierten Prämisse den erhofften effektiven Suspense-Thriller zu kreieren – oder würden bestimmte inhaltliche und/oder inszenatorische Gegebenheiten den vermittelten Eindruck eher stärker in Richtung unglaubwürdige oder gar „trashy“ anmutende Gefilde lenken? Zu meiner Freude und Erleichterung stellte sich im Rahmen des Sichtens allerdings relativ rasch heraus, dass erstere Umschreibung die ganze Sache weitestgehend zutreffend charakterisiert…
Beginnen wir bei den Personen, die Opfer der auf sie einwirkenden Umstände werden – zu denen wir (die Zuschauer) demnach eine einträgliche Verbindung aufbauen sollen, um im fortschreitenden Verlauf dann möglichst innig mit ihnen mitzufiebern. Dieser „Zustand“ wird bereits im ersten Akt (nach nur wenigen Szenen) erreicht: Kelly liebt ihren Bruder, das ist eindeutig, doch fühlt sie sich des Öfteren von ihm auch stark genervt und stellt die damit verbundene Verantwortung überdies eine erhebliche Belastung für sie dar – was sogar so weit geht, dass sie unter Albträumen leidet, in denen sie ihn erstickt, nur um im Leben weiter vorankommen zu können (u.a. würde ihr Stipendium nämlich verfallen, sollte sie es im nächsten Semester nicht annehmen). Allein dieser Hintergrund macht einem bewusst, dass Kelly kein „egoistisches Girlie“ ist, sondern eine toughe, unabhängig dessen jedoch nicht vollkommen selbstlose junge Dame. In jeder Minute nimmt man Briana Evigan („the Devil´s Carnival”) den Part ab: Sie agiert glaubwürdig, erzeugt einen durchweg sympathischen Eindruck und sieht dabei auch noch verdammt attraktiv aus (sprich: ist eine natürliche Schönheit und läuft außerdem zumeist nur leicht bekleidet, verschwitzt und/oder durchnässt herum)…
Als der unter Autismus leidende Tom überzeugt Charlie Tahan („Charlie St. Cloud“) in Gestalt einer authentisch anmutenden, einige der verbreiteten Verhaltensweisen eines Kindes mit jener Entwicklungsstörung treffend portraitierenden Performance. Meist in sich verschlossen und schweigsam, treten allerdings immer wieder Momente zutage, in denen er spezielle Dinge plötzlich unbedingt will – wie etwa essen, fernsehen oder etwas festhalten – und sollte ihm das mal verwehrt werden, führt dies für gewöhnlich zu lautstarken Bekräftigungen seines Wunsches oder gar zu gewalttätigen Wutausbrüchen. Ferner mag er es generell nicht sonderlich, irgendwie angefasst zu werden – worauf er dann immerzu
„No touch!“ schreit, sobald Kelly (z.B.) seine Hand ergreift, um mit ihm ihre Position im Haus zu wechseln. Nicht gerade hilfreiche Voraussetzungen, wenn im Prinzip jedes Geräusch den lauernden Tiger auf einen aufmerksam machen könnte. Stiefvater Johnny, der sich von Anfang an nur eingeschränkt einschätzen lässt, wird von Garret Dillahunt (Krug aus dem „the Last House on the Left“ Remake) in gewohnter Weise gut verkörpert. Erfreulich zu vermelden ist es demnach, dass die drei Leads die jeweiligen Zwecke und Eigenheiten ihrer Figuren im Zuge ihrer gebotenen Leistungen rundum anständig erfüllen bzw. transportieren…
Kommen wir nun zu dem pelzigen Widersacher der zwei Geschwister – einem majestätischen bengalischen Königstiger, der den aussagekräftigen Namen „Lucifer“ trägt und in Form eines großartigen kleinen Monologs des Mannes in die Handlung eingeführt wird, dem Johnny ihm am Rande einer abgelegenen Landstraße abkauft: Gespielt von keinem Geringeren als Meat Loaf („Fight Club“), berichtet jener Zirkusmitarbeiter dem künftigen Besitzer der Raubkatze davon, dass das Tier „böse“ sei und kürzlich erst während einer Vorstellung (mitten in der Manege, direkt vorm entsetzten Publikum) aus heiterem Himmel ein Pferd gerissen hätte. Darüber hinaus habe man ihn seit rund zwei Wochen nicht mehr gefüttert, um ihm zu zeigen, wer hier eigentlich „der Boss“ ist. Dieser ist der einzige Moment des Films, bei dem man sich unweigerlich an „klassische Creature Features“ erinnert fühlt, in denen es ja meist auch stets jemanden gibt, der eine ähnliche Geschichte über ein „berüchtigtes Geschöpf“ (sei es Bigfoot oder Moby Dick) zum Besten gibt. Johnny kann das nur recht sein – schließlich lässt sich mit einer solchen Anekdote prima zahlungskräftige Besucher anlocken…
Nach knapp 30 Minuten, parallel zu dem draußen nun mit voller Wucht übers Land hinweg ziehenden Sturm, ist der Tiger fortan frei im Haus unterwegs: Bewährte Mechanismen des Thriller-Genres finden effektive Verwendung und tragen dienlich zum Spannungsaufbau bei – wie die gezielte Einbindung verschiedener Geräusche und „Point-of-View“-Shots, gefolgt von einigen flüchtigen Blicken auf das Tier, bevor man es dann letztlich in voller Pracht zu sehen erhält. Das tollste daran ist jedoch, dass beim Dreh tatsächlich drei „leibhaftige“ Exemplare zum Einsatz kamen und man (entsprechend) auf „traditionelle“ Kamera- und Editing-Tricks zurückgriff, um die gewünschten Sequenzen zu arrangieren, anstatt sich für den „bequemeren Weg“ zu entscheiden und jene Einstellungen einfach am Rechner (per CGIs) zu kreieren. Es ist gar so, dass sich die Schauspieler und Tiere zu keiner Zeit je im selben Raum befanden! Von zwei Augenblicken mal abgesehen, in denen das Zusammenfügen der einzelnen Bild-Elemente doch eher grob und künstlich ausschaut, funktioniert diese „Old School“-artige Herangehensweise vorzüglich – was einem (mit diesem Wissen im Hinterkopf) besonders beim Betrachten einer wirklich erstklassig geschnittenen Konfrontation in einem der Schlafzimmer anerkennend bewusst wird…
Ansprechend wurden diverse Versatzstücke der cineastischen „Slasher“-, „Home Invasion“- und „Nature runs amok“-Gattungen miteinander vereint. Geschickt nutzte Brooks die vielen Winkel, Flure und Zimmer des Hauses zwecks Abwechslung sowie zum Generieren von Suspense: Von seinem Potential her wurde der räumlich begrenzte Schauplatz voll ausgenutzt – und da es sich um ein Gebäude dieser Art im typisch amerikanischen Baustil handelt, also vornehmlich aus Holz errichtet, weiß man, dass etwaige Schritte und Bewegungen (in der umgebenden Stille) noch deutlicher zu vernehmen sind sowie dass es durchaus möglich ist, dass ein Tiger wie dieser auf seiner Jagd auch Türen und dünne Wände (zumindest zum Teil) durchbrechen kann. Score und Sound-Design wurden ergiebig eingesetzt; Kameramann Michael McDonough („13“) hat die Geschehnisse in angepasst stimmige Bilder gekleidet. Dienlich erfüllen die arrangierten „Terror-Set-Pieces“ ihre beabsichtigte Wirkung – allen voran eine, bei der Kelly in einen Wäscheschacht klettert, wo sie sich im Folgenden nur mit großer Kraftanstrengung zu halten vermag, während der Tiger darunter umherstreift und ihre Fährte wieder aufzunehmen versucht: Eine arg schweißtreibende Angelegenheit, die irgendwann in einem „inszenatorisch hervorgehobenen“ Tropfen eben jener Körperflüssigkeit resultiert, der kurz darauf langsam am Metall abwärts zu fließen beginnt und schließlich von der unteren Kante aus zu Boden fällt – wo ihn die Raubkatze sogleich wahrnimmt und aufleckt, bevor sie ihren Blick hinauf zu Kelly richtet, die zunehmend weiter abwärts rutscht und sich inzwischen nur noch knapp außer Reichweite der Pranken des hungrigen Tieres befindet...
Das aus der Feder des Autoren-Duos Julie Prendiville Roux und Christine Coyle Johnson stammende Drehbuch ist hier und da zwar ein wenig vorhersehbar und weist zudem einige evidente Plot-Löcher auf – nichtsdestotrotz aber einfallsreich und unterhaltsam, sofern man sich auf die Story und ihre Entfaltung einzulassen bereit ist. Die Charakterzeichnungen sind ordentlich ausgefallen, spezielle Interaktionen zwischen den Geschwistern gefielen mir gut – wie z.B. die Reaktionen Kellys auf Tom´s „zeitlich unpassende“ Wünsche nach Frühstück oder einem Kleid seiner Mutter – worüber hinaus einem für die meisten inhaltlichen Gegebenheiten zufrieden stellende Erklärungen geboten werden. Kelly ist beileibe kein hilfloses Wesen – doch obgleich sie sich innerhalb des Verlaufs u.a. ein Messer, Revolver sowie mit Medikamenten präparierte Fleischstücke (zum Verfüttern) „aneignet“, glückt es ihr nie richtig, optimalen Gebrauch dieser Dinge zu machen. Angesichts einzelner Verhaltensweisen und Entscheidungen bleibt ein gewisses „Augenrollen“ in einigen Momenten demnach auch in diesem Fall nicht aus. Überdies wäre es überhaupt nicht nötig gewesen, eingangs derart direkt auf das Vorhandensein einer großen neuen Kühltruhe in der Küche hinzuweisen – aber egal! Der Film läuft bündig-straffe 78 Minuten, ist durchweg kurzweilig und mündet schlussendlich in einem Abspann, der nicht nur ausgewählte Highlights des vorangegangenen Werks noch einmal aufzeigt, sondern zusätzlich mit einigen Infos und Quellen zu den Themenbereichen Autismus sowie dem drohenden Aussterben der Tiger in freier Wildbahn aufwartet...
Fazit: „Burning Bright“ ist ein spannender, atmosphärischer, prima gespielter und kompetent in Szene gesetzter Low-Budget-Thriller, der sich weder auf Brutalitäten noch sonstiges unnötiges „Eye Candy“ verlassen muss, um anständig zu überzeugen. Selbstverständlich ist er nicht frei von Schwächen – angesichts des Gesamtergebnisses kann man allerdings getrost mal „ein Auge zudrücken“ und obendrein von einem „kleinen Geheimtipp“ sprechen, nicht bloß weil der Streifen 2010 nahezu allerorts (leider) nur relativ „still und unscheinbar“ veröffentlicht wurde...
knappe