Entstehungsdaten:
USA 2010
Regie:
R. Ellis Frazier
Darsteller:
Aidan Quinn, Andy Garcia, Mario Van Peebles, Danny Pino, Claudia Ferri, Luke Goss, Jordan Belfi, Gina Gershon, Raymond J. Barry, Elya Baskin, Corbin Bernsen, Bokeem Woodbine, Gary Daniels, Geoffrey Ross, ...
Trailer
Auf den ersten Blick könnte man fast meinen, bei "Across the Line: The Exodus of Charlie Wright" (2010) würde es sich um eine Fortsetzung des 2009er Crime-Thrillers "La Linea" handeln – schließlich sind beide Werke demselben Genre angehörig, kommen jeweils im mexikanischen Tijuana angesiedelt daher und weisen außerdem gleich mehrere übereinstimmende Cast&Crew-Mitglieder auf. Dass dem allerdings nicht so ist, beweist allein schon die Gegebenheit, dass die "wiederkehrenden Akteure" (unter ihnen Andy Garcia, Gary Daniels und Geoffrey Ross) im Vorliegenden ganz andere Charaktere spielen. Nichtsdestotrotz teilen sich die Filme verschiedene inhaltliche und stilistische Gemeinsamkeiten – was mit Sicherheit darauf zurückzuführen ist, dass beide von R. Ellis Frazier verfasst und produziert wurden, welcher dieses Mal aber auch zusätzlich noch den Posten des Regisseurs übernahm. Dass der Streifen hierzulande tatsächlich als "La Linea 2" seine Veröffentlichung erfuhr, ist an sich natürlich "zum Augenrollen animierend". Mit einem überraschend namhaften B-Movie-Ensemble aufwartend, präsentiert Frazier dem Publikum nun jedenfalls eine von den Machenschaften des "Mega-Betrügers" Bernard Lawrence Madoff inspirierte Geschichte u.a. über Reue, Verlust, Wiedergutmachung sowie die seit jeher bestehende "Macht des Geldes"...
Dank eines findigen "Pyramiden- bzw. Schneeballsystems" ist es dem Investmentbroker Charlie Wright (Aidan Quinn) gelungen, leichtgläubige Schrägstrich ahnungslose Investoren um die stattliche Summe von 11 Milliarden Dollar zu "erleichtern". Aktuell ist der Schwindel jedoch gerade dabei, in zunehmendem Umfang an die Öffentlichkeit zu gelangen – und so entschließt sich Charlie erst einmal dazu, unterzutauchen sowie einige seiner persönlichen Angelegenheiten zu ordnen, noch ehe der zuständige FBI-Ermittler Hobbs (Mario van Peebles) die Chance erhält, in ihn Gewahrsam zu nehmen. Da er den anrückenden Bundes-Agenten "nur um Haaresbreite" zu entkommen vermag, steht Hobbs derzeit unter mächtigem Druck seitens seines Vorgesetzten (Corbin Bernsen), denn allen ist klar: Mit geschätzten $1,6 Milliarden noch immer "unauffindbar" an einem geheimen Ort deponiert, könnte der Flüchtige im Prinzip überall hin verschwinden. Statt Europa, Südamerika oder die Karibik markiert Charlie´s tatsächliches Ziel allerdings das eher ärmliche Tijuana: In seiner momentanen Situation ist es ihm nämlich endlich mal bedeutsam geworden, seine Tochter ausfindig zu machen, welche er im Grunde noch nie gesehen hat und deren Mutter früher in eben jener Grenzstadt wohnhaft war...
Im Rahmen seiner Suche lernt er irgendwann die Prostituierte Mary (Claudia Ferri) kennen, die ihm im Folgenden bei seinen Bemühungen behilflich ist – bloß dauert es im Anschluss daran nicht allzu lange, bis sich Informationen hinsichtlich seines Aufenthaltsorts in "speziellen Kreisen" zu verbreiten anfangen, wodurch nicht nur Hobbs auf den Plan gerufen wird, sondern auch zwei weitere Parteien, die jeweils ein spezielles Interesse an seiner Person haben: Zum einen wäre da Jorge Garza (Garcia) zu nennen, der Kopf des örtlichen Crime-Kartells, der aktuell in großen finanziellen Schwierigkeiten (gegenüber einigen noch mächtigeren Gangstern in Mexico City) steckt und von daher fortan zusammen mit seinem Bruder Gabriel (Danny Pino) hinter Charlie her ist, um seine Schulden nach Möglichkeit mit dessen Geld zu begleichen – zum anderen ein in L.A. ansässiges russisches Mobster-Duo (Elya Baskin und Raymond J. Barry), das von Wright um $100 Millionen betrogen wurde und nun sowohl ihren "besten Mann" Damon (Luke Goss) als auch drei Söldner (Daniels, Ross und Bokeem Woodbine) damit beauftragt, ihn schnellstens zu ihnen zurück in die "Stadt der Engel" zu holen...
Einer der Hauptvorwürfe, die sich "Across the Line: The Exodus of Charlie Wright" gefallen lassen muss, ist dass der Film einige seiner zentralen Protagonisten aus einem "manipulativen beengten Blickwinkel" heraus beleuchtet. Charlie´s dargebotene Schritte in Richtung Buße und Erlösung beschränken sich nahezu vollständig auf seine eigene "persönliche Ebene": Die kriminellen Machenschaften sind aufgeflogen, er ist gesundheitlich angeschlagen und möchte jetzt zumindest mal seine Tochter zu sehen bekommen (vielleicht ja sogar kennenlernen), mit deren Mutter er vor rund 20 Jahren eine keineswegs gefühlsarme, wohl aber "perspektivlose" Affäre hatte. Abgesehen von den geprellten russischen Unterweltlern, gebührt den vielen Opfern seiner Betrügereien, welche er hintergangen und um ihre Ersparnisse gebracht hat, jedoch kaum mehr als eine "Randnotiz" innerhalb der Story: Auch eine Art, die Figur nicht zu unsympathisch dastehen zu lassen. Es ist schwer, mit jemandem mitzufiebern, der eigentlich kein aufrechtes Mitleid, sondern eher eine gehörige Gefängnisstrafe verdient. Ähnlich verhält es sich mit den "Sorgen und Problemen" von Jorge Garza und seiner Familie: Ein interessanter und nicht minder "emotional aufgeladener" Plot-Strang – nur ist das Leben und Handeln der in diesem Teil der Geschichte Agierenden ebenfalls nachhaltig von illegalen Aktivitäten geprägt. Bleibt noch Hobbs und seine Gewilltheit, Wright daran zu hindern, ungestraft davonzukommen – doch leider ist seine Rolle eine ziemlich konventionell gestrickte...
Trotz einer durchweg nicht optimal ausgeloteten "Charaktertiefe" sowie der Abwesenheit einer augenfälligen Identifikationsfigur ist es dem Zuschauer aber dennoch möglich, eine "ausreichende Verbindung" zu eben jenen Individuen aufzubauen, welche die Geschehnisse maßgeblich bestimmen: Eine in erster Linie dem engagierten Einsatz der Akteure zu verdankende Gegebenheit, aus deren Reihen die meisten eine stattliche Menge aus dem ihnen vorgelegten Material herauszuholen vermochten. Aidan Quinn ("Benny & Joon") gebührt lobende Anerkennung für seine Darbietung eines Mannes, dessen Zeit allmählich "abläuft": Im fortschreitenden Verlauf wird bei ihm das ganze Ausmaß des über die Jahre hinweg "in sich hineingefressenen Schmerzes" immer deutlicher. Seine nach außen hin gewahrte "Fassade" bleibt dabei zwar überwiegend intakt – doch verraten seine Blicke zunehmend, was wirklich so alles in ihm vorgeht. Quinn und der hier einen "Hemingway-Bart" zur Schau tragende Andy Garcia ("Smokin' Aces") liefern beide hervorragende Performances ab, die sich sehen lassen können. Letzterer spielt einen "gescheiterten" Crime-Boss, der Wright sozusagen als seine "finale Chance" ansieht, das ihm drohende Schicksal eventuell noch abzuwenden – wobei er im Falle eines Fehlschlagens seines Plans aber auch dazu bereit wäre, sich den entsprechenden Konsequenzen zu stellen. Als gleichermaßen erfahrener wie entschlossener FBI-Agent Hobbs, dessen Karriere seit der erfolgreichen Flucht Charlies nun "auf der Kippe steht", ruft Mario van Peebles ("New Jack City") keinerlei Anlass zur Klage hervor – obgleich einige zusätzliche, weniger stereotype Eigenschaften seinem Part gutgetan hätten...
Während sich die drei gestandenen Männer jeweils an einem "Scheideweg" in ihrem Leben befinden, fungieren zwei von ihnen obendrein noch als ein "Mentor" für jemanden der "nachfolgenden Generation": Hobbs bemüht sich, bei seinen Entscheidungen nicht auch noch der vielversprechenden Karriere seines jüngeren Partners Jimmy (ein solider agierender Jordan Belfi, bekannt aus "Pawn") zu schaden – und Jorge versucht seine Angelegenheiten möglichst so zu regeln, dass sein Bruder Gabriel (als seine Position dann einnehmendes neues Oberhaupt der Familie) nicht unter seinen "Verfehlungen" zu leiden hat. Jener wird von Danny Pino (TV´s "Cold Case") überzeugend verkörpert – eine Umschreibung, die so nicht ganz auf Gina Gershon ("the Scribbler") zutrifft, die als Jorge´s Ehefrau kaum der Rede wert ist und überdies einen nicht unbedingt authentisch klingenden Akzent zum Besten gibt. Eine vorzügliche Leistung offeriert derweil die Kanadierin Claudia Ferri ("the Bronx Bull") als alternde, alleinstehende Prostituierte Mary, die es wohl noch nie "allzu leicht" hatte, süchtig nach einer Anti-Falten-Augencreme ist und Charlie bei seiner Suche Unterstützung bietet – was in einigen starken Szenen resultiert. Derweil treten Raymond J. Barry ("Charlie Valentine") und Elya Baskin ("Forest Warrior") als Bosse einer russischen "Mafia-Sparte" routiniert in Erscheinung – ebenso wie Luke Goss ("Bone Dry") als ihr "ausführender Mann im Felde" und Corbin Bernsen ("Kiss Kiss Bang Bang") als aufgebrachter FBI-Chef. Ohne weder wahrhaft positiv noch negativ aufzufallen, sind schließlich noch Bokeem Woodbine ("the Big Hit"), Geoffrey Ross ("Larceny") und Gary Daniels ("the Expendables") anzuführen, welche das angeheuerte Söldner-Trio bilden…
Augenfällig orientierte sich Frazier bei seinem Herangehen an das Projekt an solch großen Vorbildern wie "Traffic" und "the Insider" – ohne deren Qualitäten jedoch sonderlich nahe zu kommen. Abgesehen von der "Reduzierung" des begangenen Milliarden-Betrugs auf einen reinen "Plot-Katalysator" sowie einigen Unwahrscheinlichkeiten und zu grob ausgearbeiteten Details – á la zwei brenzlige Situationen, aus denen Charlie auf nahezu "unerklärliche Weise" entkommen kann (etwa als er sich an einer Stelle dem Zugriff der US-Behörden entzieht oder an einer anderen sich inmitten eines Feuergefechts in einer Stierkampf-Arena aus der Gewalt etlicher Gangster befreien kann), wie auch in Anbetracht des gewaltigen Zufalls, dass der untergetauchte Flüchtige ausgerechnet Jimmy in dessen Mexiko-Urlaub auf der Straße "über den Weg läuft" – ist das Fundament der Story an sich jedoch ein verhältnismäßig kompetent beschaffenes: Dank ordentlich miteinander verknüpfter Handlungsstränge, deren Reiz primär aus den Entscheidungen und Konflikten der einzelnen Personen heraus entsteht, bleiben die Entwicklungen kontinuierlich ansprechend mitzuverfolgen, so dass man gespannt dem Ausgang des Werks entgegen sieht. Schade, dass dann ausgerechnet das Finale relativ schwer enttäuscht: Als alle Parteien mit gezückten Waffen auf einem Marktplatz aufeinander treffen, wird der Showdown in Gestalt einer an Tarantino oder Tony Scott erinnernden Situation eingeleitet – welche aber leider in einem ernüchternd anti-klimaktischen Ausgang mündet, bei dem sich einige Beteiligte zudem irritierend anders als im Vorfeld eigentlich fest etabliert verhalten. Am Ende erfährt der Zuschauer letztlich noch eine wichtige Information zu Wright, die so manches in einen besser nachvollziehbaren Kontext rückt – bloß kann auch diese präsentierte "Facette" nicht mehr viel daran ändern, dass im Grunde allein nur der sich um den Garza-Clan rankende Teil der Geschichte einen rundum zufrieden stellenden Abschluss erfährt…
Mit einer Spielzeit von nur knapp 90 Minuten ist der Film zwar straff und frei von "Leerlauf" geraten – nichtsdestotrotz aber auch zu kurz, um in einem optimalen Maße in die "Tiefe" der Materie sowie der (zahlreichen) beteiligten Figuren vorzudringen: Etwas mehr Komplexität und "Raum zur Entfaltung" wäre auf jeden Fall zu wünschen gewesen – z.B. hätte man unter entsprechend veränderten Umständen bestimmte (meist moralische) Erkenntnisse gewiss auf subtilere Weise "aus den Ereignissen heraus" vermitteln können, statt sie über die Dialoge einiger Protagonisten zu transportieren. Zumindest hat Frazier in seiner Funktion als Regisseur eine Menge aus den limitierten Ressourcen herausgeholt, welche ihm für die Umsetzung des Werks nur zur Verfügung standen: Ansehnlich bebildert von Cinematographer Anthony J. Rickert-Epstein ("the Night Crew"), welcher die menschlichen Emotionen und Atmosphäre der Locations gleichermaßen prima einzufangen wusste, sowie obendrein mit einem stimmigen Score Kim Carrolls ("Thinspiration") unterlegt, arrangierte er die Geschehnisse überwiegend "gritty-nüchtern" sowie ohne dabei auf irgendwelche unnötigen "inszenatorischen Mätzchen" zurückzugreifen. Genährt u.a. dadurch, dass vorwiegend an Original-Schauplätzen gedreht wurde und Frazier selbst mehrere Jahre lang in Mexiko gelebt hat, erzeugt das Ergebnis in der Hinsicht ein ansprechendes "authentisches Gefühl". Mit einem stärkeren Skript hätte die Produktion wohlmöglich zu einem kleinen Genre-Highlight avancieren können – so allerdings kommt sie "unterm Strich" nicht übers Mittelmaß hinaus. Im Übrigen sollte keiner (aus wer weiß welchen Gründen) eine irgendwie Action-orientierte Ausrichtung des Streifens erwarten: Die betreffenden Sequenzen sind spärlich gesät und bleiben den "umgebenden inhaltlichen Elementen" stets untergeordnet…
Fazit: Gut besetzt, gespielt und realisiert, lässt sich "Across the Line: The Exodus of Charlie Wright" durchaus passend als eine
B-Movie-Version eines dramatischen Thrillers im Stile Michael Manns umschreiben. Unglücklicherweise krankt der Film jedoch u.a. an seinem enttäuschenden Schlussakt sowie der oberflächlich-unausgegorenen Beschaffenheit seiner Drehbuch-Vorlage, welche das Potential der ebenso interessanten wie zeitgemäßen Geschichte leider in keinem befriedigenden Maße auszuschöpfen wusste…
zu verorten nahe der Grenze zur