Entstehungsdaten:
USA 2014
Regie:
Adam Wingard
Darsteller:
Dan Stevens
Maika Monroe
Brendan Meyer
Sheila Kelley
Leland Orser
Lance Reddick
Tabatha Shaun
Chase Williamson
Joel David Moore
Ethan Embry
AJ Bowen
Trailer
Es ist eine Schande, dass es nicht mehr Filme wie „the Guest“ (2014) gibt: Seines Zeichens ein cleverer, stylisher, mit einem listigen Sinn für Humor aufwartender Thriller, der verschiedene Einflüsse plus Eigenschaften und Elemente unterschiedlicher Genres geschickt miteinander verschmilzt, mit augenfälligem Talent verfasst und in Szene gesetzt wurde sowie ein entscheidendes Stück weit abseits des Mainstreams zu verorten ist. Zu verdanken haben wir dieses Sehvergnügen dem „kreativen Gespann“ Simon Barrett (Drehbuch) und Adam Wingard (Regie), welches uns zuvor u.a. den feinen (in gewisser Weise durchaus ähnlich gearteten) 2011er Home-Invasion-Indie-Hit „You´re Next“ bescherte. Inspiriert von einigen auserwählten Werken der späten '70er, Achtziger und frühen '90er bzw. der entsprechenden Schaffenskunst ihrer Schöpfer (unter ihnen John Carpenter und James Cameron) wird das sprichwörtliche Rad zwar fern von neu erfunden – an der Qualität und dem Unterhaltungsgrad des Gebotenen ändert das allerdings nichts. Bereits die ersten Einstellungen ließen mich sowohl amüsiert als auch anerkennend grinsen: Eröffnet wird in Gestalt eines Mannes, wie dieser im Morgengrauen (einen Seesack auf dem Rücken tragend) entlang einer unbefestigten Straße durch eine karge Landschaft rennt. Urplötzlich wird der Titel eingeblendet – begleitet von laut eingespielter Musik, in großen lila Buchstaben auf schwarzem Untergrund. „Insidious“ lässt grüßen. Coole Sache. Unmittelbar darauf erhält man eine aparte „Halloween-Vogelscheuche“ zu sehen und nimmt die Story ihren Lauf – an deren Ende ich übrigens mit dem wohligen Gedanken in die Credits einmündete, dass ich mir den Streifen in den kommenden Jahren mit Sicherheit noch des Öfteren anschauen werde…
Vor nicht allzu langer Zeit wurde ein junger amerikanischer Soldat namens Caleb Peterson im Dienste seines Vaterlands getötet. Eines Tages klingelt nun einer seiner Kameraden unerwartet an der Tür seines in New Mexiko gelegenen Elternhauses, in welchem er im Kreise der Familie aufgewachsen war: Caleb´s Mutter Laura (Sheila Kelley) gegenüber gibt David (Dan Stevens) an, eng mit ihrem Sohn befreundet gewesen zu sein und diesem vor seinem Ableben fest zugesagt zu haben, seinen Liebsten „im Falle des Falles“ noch einmal mitzuteilen, wie wichtig sie ihm waren. Aufgrund einer Verwundung gerade erst selbst aus den Streitkräften entlassen, möchte er seinem Ehrenwort nun nachkommen und Laura, ihrem Ehemann Spencer (Leland Orser) sowie deren verbliebenen zwei Kindern Anna (Maika Monroe) und Luke (Brendan Meyer) außerdem auch sein eigenes, persönliches Beileid aussprechen. Nicht nur angesichts seines höflichen, unterstützenden Auftretens – unabhängig einiger mit seinem Erscheinen erneut (unweigerlich) aufgewühlten Erinnerungen und Emotionen – bieten ihm die Petersons kurzerhand an, ruhig noch ein paar Tage bei ihnen zu bleiben: Eine Option, welche er dankend annimmt. Im Folgenden leistet er u.a. Spencer bei dessen „Feierabend-Bierchen“ Gesellschaft, hilft er Luke, sich gegen eine Clique „Raufbolde“ zur Wehr zu setzen, und stellt ihm Anna einige ihrer Bekannte im Ort vor. Als eine Reihe „merkwürdiger Geschehnisse“ das vorhandene Misstrauen letzterer jedoch zunehmend weiter anreichern, versucht sie spontan, sich einfach mal direkt beim Militär ein wenig über David zu erkundigen – mit fatalen Auswirkungen…
Ersprießlich profitiert „the Guest“ davon, dass einem als Zuschauer relativ schnell bewusst wird, dass David „irgendetwas Gravierendes“ vor den Petersons verborgen hält – schließlich ist er mit seinem Charme und der adretten, zuvorkommenden Art schlichtweg (sozusagen) „zu gut, um wahr zu sein“. Nach und nach bestätigt sich dieser Verdacht – allerdings vermag man selbst in dieser Phase die konkreten Hintergründe (seiner Person, seines Auftauchens, seiner Vorgeschichte etc.) bestenfalls zu erahnen, was nur einen gleich mehrerer reizvoller Aspekte des Präsentierten markiert. So ist es beispielsweise höchst ansprechend mitzuverfolgen, wie er mit den einzelnen Angehörigen der durch Trauer und anderweitige individuelle Sorgen gezeichneten Familie interagiert, in welche er sich stetig weiter einfügt: Laura erinnert der Fremde an ihren Sohn – worüber hinaus Gastfreundschaft gegenüber einem Wegbegleiter Calebs für sie im Grunde selbstverständlich ist (beide sind auch gemeinsam auf einem Foto ihrer Einheit zu sehen, das nun an der errichteten „Ehrenwand“ im Wohnzimmer hängt). Die empathischen Konversationen mit ihm wirken sich positiv auf ihre Bewältigung des Widerfahrenen aus, die Übernahme einiger Aufgaben im Umfeld des Haushalts (wie etwa das Abholen Lukes von der Schule) entlasten sie zusätzlich. Spencer dagegen tritt eingangs skeptischer sowie mit einigen Bedenken behaftet auf – was zum Teil aber damit in Verbindung steht, dass ihn sein Job gerade ziemlich frustet. Regelmäßige, meist von einem Drink begleitete Unterredungen mit David (u.a. über die ärgerliche Situation im Betrieb) ändern seine Meinung in jener Hinsicht jedoch schon bald…
Luke ist ein introvertierter, seitens einer Gruppe Teenager wiederkehrend beleidigter, schikanierter und verprügelter Außenseiter ohne Freunde. Auf Anhieb nimmt sich David seiner an – ermutigt ihn, sich auch mal zur Wehr zu setzen, und „kümmert“ sich obendrein (in seinem Beisein) um die betreffenden Bullys, als sich diese eines Nachmittags nach Unterrichtsschluss in einem Roadhouse zusammenfinden: Eine hervorragend aufgebaute und umgesetzte Szene, die damit beginnt, dass David den adoleszenten Herrschaften „Cosmopolitans“ sowie den sie begleitenden Mädels eine Runde „Blowjob-Shots“ bestellt – worauf unmittelbar danach (so wie es in Anbetracht dieser Provokation zu erwarten war) sogleich eine Schlägerei entbrennt, welche sich „überaus einseitig“ entfaltet und im Zuge derer die Jungs allesamt (mit präzise ausgeübter Härte) krankenhausreif geschlagen werden. Die zur Schau gestellte Kombination aus schwarzem Humor, kompromissloser Gewalt und Gewitztheit – siehe dazu nur mal eine von David gefahrene Taktik, um (trotz allem) weder mit dem Lokal-Besitzer noch den Cops in Schwierigkeiten zu geraten – lässt sich als charakteristisch für den kompletten Film bezeichnen. Ferner gibt sein Vorgehen einen ersten Blick auf seine „wahre Natur“ preis. Luke schätzt sein Engagement und freut sich über seine Gesellschaft – sieht ihn quasi als einen „großen Kumpel“ bzw. „älteren Bruder“ an, beherzigt seine Ratschläge (was u.a. zu einer vergleichbaren Auseinandersetzung in einem Klassenraum samt eines anschließenden Krisengesprächs im Büro des Rektors führt) und hält fest zu ihm. Letzteres setzt gewissen Leuten irgendwann allerdings einer drohenden Gefahr aus, welche er so (in jener Form) aber noch nicht wirklich einzusehen bereit ist…
Kommen wir nun zu Anna, der attraktiven Tochter der Petersons: Als Kellnerin jobbend und seit Jahren schon eine heimlich gehaltene Beziehung (mit Chase Williamson als Zeke) pflegend, empfindet sie von Anfang an ein „unwohles Bauchgefühl“ in Bezug auf den plötzlich auf der Bildfläche erscheinenden Ex-Soldaten. Einer Bitte ihrer Mutter folgend, nimmt sie ihn eines Abends mit auf eine Party – wo er vor allem bei Anna´s Kollegin Kristen (Tabatha Shaun) Eindruck erzeugt Schrägstrich hinterlässt, indem er sie zuerst vor einem aufdringlichen Ex „errettet“ und sie später dann heißem Sex verfallen. Was jedoch keiner bemerkt, ist dass er sich bei einem ihm zuvor auf der Feier vorgestellten Ortsansässigen (Joel David Moore) danach erkundigt, ob ihm dieser eine Waffe besorgen könnte. Ein Treffen wird für den nächsten Tag vereinbart – nach welchem David mehrere Pistolen (und sogar ein Sturmgewehr) in seinem Besitz hat und die zwei Typen, die ihm eben jene Ware eigentlich verkaufen wollten, tot in einem Steinbruch liegen. Obgleich sich Anna eingestehen muss, dass die ihr gewidmete Aufmerksamkeit und das gute Aussehen Davids durchaus „einen Effekt“ bei ihr hervorrufen – insbesondere ihre Reaktion, als sie einmal einen Blick auf seinen durchtrainierten Oberkörper erhascht, spricht da weit mehr als tausend Worte – will ihr Argwohn einfach nicht verklingen, weshalb sie einige Recherchen in Angriff nimmt, die tatsächlich relativ zügig bestimmte Ungereimtheiten offenbaren: Zum Beispiel dass er in der Militär-Datenbank als „verstorben“ gelistet wird. Des Weiteren findet man sowohl die Leichen der Waffen-Dealer als auch die eines Vorgesetzten Spencers, wodurch jener nun dessen frei gewordene, u.a. besser bezahlte Stelle „beerbt“…
Das Publikum weiß an diesem Punkt des Geschehens jeweils ein Stückchen mehr als die einzelnen Protagonisten – was der aufgebauten Dramatik und Suspense ergänzend zuträglich ist: Die Petersons sind ahnungslos, wie weit David (insgesamt) gerade in seinem Bemühen so geht, die Familie zu unterstützen – und er selbst, der die Info des kontaktierten Stützpunkts übrigens damit erklärt, dass jene Angabe mit zu seiner aus geheimen „Special Operations“-Einsätzen resultierenden „Cover-Story“ gehören würde, vermag bestenfalls darüber zu spekulieren, welche Schritte Anna´s Anruf inzwischen ausgelöst hat und welche Folgen das Ganze auf alle Beteiligten haben wird. Ohne dabei ins Detail zu gehen: Postwendend erfährt eine von einem ranghohen Offizier (Lance Reddick) geleitete, schwer bewaffnete sowie „inoffiziell“ agierende Söldner-Eingreif-Truppe ihre Mobilisierung – deren Eintreffen in dem sonst so verschlafenen Städtchen prompt eine Menge Blutvergießen mit sich bringt. Ab dem Moment schaltet David sofort in den „Selbsterhaltungs-Modus“ – und das derart konsequent, dass man als Betrachter seitens seines Handelns keineswegs „unberührt“ verbleibt. Was genau es mit ihm auf sich hat, wird zwar aufgedeckt, allerdings recht vage belassen. Für mich war das vollkommen in Ordnung so – gerade im direkten Vergleich mit artverwandten Veröffentlichungen. Trotz ihrer unvertieften Beschaffenheit hat mir zudem die Ansiedlung der Begebenheiten innerhalb des zeitgemäßen Kontexts zugesagt, dass noch immer viele Soldaten überall auf der Welt im Rahmen unterschiedlicher Konflikte kämpfen und ihre Leben verlieren, verbunden mit den entsprechenden (prägenden) Auswirkungen auf die Hinterbliebenen…
Die maßgeblichen Figuren wurden von Wingard und Barrett reichhaltig ausgestaltet sowie mit prima ausgearbeiteten Dialogzeilen versehen – die gecasteten Akteure machen ihre Sache rundum anständig. Der Brite Dan Stevens (TV´s „Downtown Abbey“) etwa verkörpert David absolut perfekt – u.a. mit einem überzeugenden amerikanischen Akzent und einer anregenden, stets die richtige Balance zwischen charmant und berechnend aufweisenden Ausstrahlung, die seine Umgebung und den Zuschauer gleichermaßen „beeinflusst“ und selbst inmitten höchst emotionslos ausgeführter Gewaltakte weiterhin bestehen bleibt. Sheila Kelly („Matchstick Men“) und Leland Orser („Taken“) nimmt man ihre Rollen als gestresste, belastete, ihre Familie samt sich selbst nach Caleb´s Tod bestmöglich „zusammenhalten“ wollende Eltern frei einer Veranlassung zur Klage ab – was ebenso auf Brendan Meyer (TV´s „Mr.Young“) als Luke zutrifft, der (in sich gekehrt) um seinen Bruder trauert und in der Schule üblem Mobbing ausgesetzt ist, weshalb ihm die „Kameradschaft“ mit David (in nachvollziehbarer Weise) zunehmend bedeutsamer wird. Anna ist sowohl verletzbar, misstrauisch und rebellisch als auch clever, einnehmend und tough, wenn es darauf ankommt: Ein von der bislang noch nicht allzu bekannten Maika Monroe („It Follows“) vortrefflich gespielter Part, bei welchem es u.a. ein echter Genuss ist, dem auf verschiedenen Ebenen existenten „Spannungsverhältnis“ zwischen ihr und David beizuwohnen. Die verbliebenen Besetzungsreihen werden schließlich noch von Darstellern wie Lance Reddick (TV´s „Fringe“), Tabatha Shaun („Persecuted“), Joel David Moore („Avatar“), Ethan Embry („Eagle Eye“), Chase Williamson („Sparks“) und AJ Bowen („the Signal“) mit durchweg soliden Leistungen ausgefüllt...
Unverkennbar beseelt haben Wingard, Produktions-Designer Thomas Hammock und Kameramann Robby Baumgartner („ExTerminators“) die ihnen zur Verfügung stehenden (begrenzten) finanziellen Ressourcen ergiebig ausgeschöpft sowie ein Werk gestemmt, das stilvoll ausschaut und mit so einigen vorzüglich arrangierten Set-Pieces aufwartet – unter ihnen eine ausladende Schießerei am Haus der Robertsons sowie das augenzwinkernd-großartige Finale. Obendrein weiß die coole Optik und Ausstattung (speziell im Bereich diverser Details und Locations) hervorragend zu gefallen – von Anna´s Klamotten über allerorts gegenwärtige Halloween-Dekorationen (geschnitzte Kürbisse, schwarze Katzen etc.) bis hin zu einer farbenprächtigen Spukhaus-Party-Attraktion (inklusive Tanzfläche, Kunst-Nebel und Spiegel-Labyrinth), in welcher sich der Showdown entfaltet. Untermalt werden die Geschehnisse von einem atmosphärischen Synthesizer-Score Steve Moores („Cub“) sowie passend ausgewählten Tracks von Künstlern wie „Love and Rockets“, „Clan of Xymox“ und den „Sisters of Mercy“. Unabhängig der ernst gehaltenen Story und vorhandenen Brutalitäten weist der Streifen zugleich allerdings auch einen herrlich düster-eigenwilligen Sinn für Humor auf – der dem einen oder anderen „08/15-Konsumenten“ eventuell jedoch entgehen könnte. Egal. Gestandene Genre-Freunde dürften dagegen vergnügt einzelne Anspielungen (z.B. gewisse zu erspähende Masken) sowie gezielt aufgegriffene bzw. dargereichte Klischees (zuletzt unmittelbar vorm Einsetzen des Abspanns) registrieren und sich ganz grundsätzlich daran erfreuen, wie gelungen diese Hommage an klassische Action- und Horror-Thriller vergangener Zeiten doch geraten ist...
Fazit: Adam Wingard´s und Simon Barrett´s „the Guest“ ist ein smarter, straffer, kompetent verfasster und in Szene gesetzter „Badass-Flick“ mit einem stimmungsvollen Retro-Vibe und einem bestens zufrieden stellenden Unterhaltungsgrad: Eines der Film-Highlights 2014!
sehr starke