Entstehungsdaten:
USA 2014
Regie:
John Suits
Darsteller:
Katie Cassidy
Garret Dillahunt
Michelle Trachtenberg
Michael Imperioli
Eliza Dushku
Gina Gershon
Billy Campbell
Ashlynn Yennie
Kunal Nayyar
Sasha Grey
Trailer
Ursprünglich eine knapp einhundert Seiten umfassende, erstmals im November 2006 von dem amerikanischen Comic-Verlag „Image“ veröffentlichte „Graphic Novel“ des Briten Dan Schaffer, handelt es sich bei der hier nun zur Besprechung vorliegenden düster-wüsten Low-Budget-Genre-Kreuzung „the Scribbler“ (2014) um die gleichnamige Spielfilm-Adaption eben jener inzwischen nur noch zu hohen Preisen erwerbbaren Vorlage, für welche Schaffer selbst das Skript beisteuerte und deren Dreharbeiten eigentlich bereits im Jahre 2012 stattfanden. Im Fokus des Werks steht Suki (Katie Cassidy) – eine überdurchschnittlich intelligente Psychiatrie-Patientin, die an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidet und nach ihrer stationären Entlassung erst einmal ein kleines Appartement in der obersten Etage eines Übergangshauses zugeteilt erhält, in welchem sie sich einem „normalen Alltag“ schrittweise wieder annähern soll. Ein maßgeblicher Bestandteil ihrer von ihrem behandelnden Arzt (Billy Campbell) verordneten Therapie markiert die Verwendung des sogenannten „Siamese Burn“-Moduls – einem tragbaren experimentellen Gerät, mit dem sich „alternative Identitäten“ jeweils einzeln (per Elektrizität) „wegbrennen“ lassen. Die Sache ist nur: Jede dieser schmerzhaften Anwendungen löst bei ihr Blackouts aus, welche stets etliche Stunden (bisweilen gar Tage) andauern und während derer immerzu eine weitere Bewohnerin der Einrichtung „das Zeitliche segnet“…
Was auf den ersten Blick nach einer Reihe von Suiziden ausschaut, bei denen sich die Verstorbenen allesamt in die Tiefe stürzten, stößt bei der örtlichen Polizei jedoch auf Skepsis: Schnell gerät Suki in den Verdacht, die Frauen in den betreffenden Phasen (an die sie sich ja nicht mehr erinnern kann) getötet zu haben – unter ihnen die nymphomanische Cleo (Gina Gershon) sowie die eine zwanghafte Abneigung gegen Kleidung aufweisende Emily (Ashlynn Yennie). Aus diesem Grund wird sie von einer Kriminal-Psychologin (Eliza Dushku) und einem Detective (Michael Imperioli) einem ausgiebigen Verhör unterzogen, im Rahmen dessen sie ihnen ihre Geschichte (seit ihrem Einzug) berichtet. Suki selbst geht davon aus, dass ein meist recht feindselig auftretendes Mädel namens Alice (Michelle Trachtenberg) für die Morde verantwortlich ist – kann aber auch nicht ausschließen, dass eine ganz spezielle ihrer eigenen Persönlichkeiten etwas damit zutun hat: Jedes Mal, wenn eben jene die „kontrollierende Oberhand“ übernimmt, hinterlässt sie ihr überall (auf Wände, Möbel und Gegenstände) gekritzelte, spiegelverkehrt geschriebene Mitteilungen sowie eigenwillig kreierte (die Leistungsfähigkeit verstärkende) „Modifikationen“ ihrer Therapie-Apparatur. Obendrein ist die „Rolle“ Hogans (Garret Dillahunt) bei all dem nicht wirklich im Klaren – seines Zeichens der einzige männliche Habitant des Gebäudes, der mit jedem Opfer kurz zuvor noch Sex gehabt hatte…
„the Scribbler“ merkt man auf Anhieb an, dass er auf einem Comic-Buch basiert – und zwar auf einem, das ein Stück weit abseits des Mainstreams zu verorten ist. Schaffer und das rund um Regisseur John Suits („No Exit“) versammelte Team haben so manche Images und Dialogzeilen im Prinzip 1:1 von den zugrunde liegenden Panels übernommen bzw. dank einer angepassten Ausstattung und Optik „auf Film gebannt” – was mir fabelhaft zuzusagen wusste. Angesiedelt in einer durchaus realitätsnah gehaltenen Welt, verschwimmen die zugehörigen Grenzen jedoch zunehmend – u.a. aus der Gegebenheit resultierend, dass die Handlung aus der Perspektive einer psychisch gestörten Protagonistin erzählt wird – worüber hinaus im finalen Akt auch noch konkrete übernatürliche Elemente mit ins Spiel kommen. Beginnen wir einfach mal bei dem „Halfway House“ an sich, in welches Suki einzieht und das sich aufgrund der zahlreichen Ableben den Spitznamen „Jumper Tower“ erworben hat: Ein mächtiger weißer Komplex mit einem zentralen Turm-Bauwerk und einem verwahrlosten, ungemütlich-finsteren Innern – allerdings ohne Personal (á la Pfleger oder Betreuer) sowie (auf seine vielen Stockwerke verteilt) scheinbar nur weniger als zehn „Mieter“ beherbergend. Als Location diente der Produktion übrigens mal wieder das alte (in diesem Fall noch digital erhöhte) Linda Vista Hospital in Los Angeles…
Die surreale Atmosphäre wird seitens einer „kränklichen“ (grün-bläulichen) Farbgebung, den schrägen Charakteren sowie verschiedenen weiteren Details (erwähnte ich schon, dass es eine sprechende britische Bulldogge gibt?) dienlich angereichert – ganz im Einklang mit der bizarren, gleich mehrere Stilrichtungen (von Mystery-Thriller über Police-Procedural-Noir bis hin zu Science-Fiction, Horror und Fantasy) miteinander vermengenden Story, in Anbetracht derer man sich Logik lieber nicht groß erhoffen sollte. Wie das „Siamese Burn“-Verfahren im Gehirn die mit den „überschüssigen Persönlichkeiten“ verknüpften Regionen eigentlich identifiziert sowie im nächsten Schritt dann per Elektroschocks (einzeln) auslöscht, bleibt ebenso unerläutert wie warum Suki´s Arzt sie in diesem kritischen Abschnitt ihrer Behandlung überhaupt aus der Klinik in jenes (unbeaufsichtigte) „Drecksloch“ entlässt. Und was genau hat es mit dem nach jeder Anwendung mächtiger (plus bedrohlicher und möglicherweise auch gefährlicher) werdenden „Scribbler“ auf sich – u.a. hinsichtlich seiner Entstehung, zur Schau gestellten Fähigkeiten sowie grundsätzlichen Beziehung zu Suki? Wir erfahren, dass sie anstatt „verrückt“ vielmehr „etwas Besonderes“ ist – woraus sich die Botschaft ableiten lässt, dass jeder auf eine gewisse Weise „herausragend“ sein kann, sofern man nur nicht immer so stark darauf bedacht wäre, sich in die umgebende Gesellschaft (gemäß ihrer Vorgaben und Erwartungen) einzufügen…
Trotz eingestreuter Zitate von Leuten wie Henry Miller oder Charles Bukowski, Fragen nach der eigenen Identität oder was denn tatsächlich als „normal“ zu bezeichnen ist, regelmäßigen Zeitsprüngen sowie eventuell „verfälscht“ registrierte bzw. aufgezeigte Geschehnisse ist Schaffer´s Geschichte dennoch nichts weiter als eine dünne, unvertiefte Angelegenheit. „Style over Substance“ lautet eine treffende Umschreibung. Unabhängig dessen ist es aber reizvoll und unterhaltsam, in Suki´s verworrene Welt einzutauchen und ihrer fortschreitenden Entwicklung beizuwohnen. In der Hauptrolle liefert Katie Cassidy (TV´s „Arrow“) eine überzeugende Leistung ab – beweist Wandlungsvermögen und schaut mit ihrem „punky-rebellischen Look“ (inklusive Tattoos, Piercings und zerzauster Kurzhaarfrisur) zudem auch noch verdammt cool aus. Wirklich sympathisch wird sie einem zwar nie – und einige ihrer Dialogzeilen sind wahrlich nicht gerade die hochwertigsten – allerdings vermag man dank Cassidy´s gebotenem Engagement bei diesen Punkten leichter ein Auge zuzudrücken. Als ihr alter Bekannter Hogan, der nach und nach mit jeder Frau im Gebäude ins Bett steigt – u.a. da er der einzige zugegene Mann ist, die Damen nicht allzu schwer zu beeinflussen sind und natürlich ebenfalls ein „gesundes sexuelles Verlangen“ verspüren – harmoniert Garrett Dillahunt („Burning Bright“) prima mit Katie und legt dabei eine amüsante (tendenziell „over-the-Top“ anmutende) Darbietung an den Tag…
Generell weiß das aus einer Reihe vertrauter Schauspieler zusammengecastete Ensemble zu gefallen – bloß sind die jeweiligen Parts leider weitestgehend oberflächlicher sowie zum Teil derart nebensächlicher Beschaffenheit, dass einem letzten Endes unweigerlich der Begriff „verschenktes Potential“ in den Sinn gerät. Als Kleidungs-Phobikerin Emily läuft Ashlynn Yennie („the Human Centipede“) fast durchweg splitternackt herum, Gina Gershon („Bound“) mimt die nymphomanisch veranlagte, des Öfteren eine Würgeschlange als „Outfit-Accessoire“ mit sich herumtragende sowie gern auch mal Milchbäder nehmende Cleo, Sasha Grey („Open Windows“) tritt als „Bunny“ für ein paar Sekunden im Rahmen eines Cameos in Erscheinung und Michelle Trachtenberg („Black Christmas“) hatte sichtlich Spaß an ihrem Part der pathologisch besitzergreifenden Alice, welche arglose Treppennutzer mit Vergnügen eben jene hinunterschubst und mehr „Entfaltungsraum“ als so manche ihrer Kolleginnen zugesprochen erhalten hat. Billy Campbell (TV´s „the Killing”) agiert als zwielichtiger Doktor indes solide – während Kunal Nayyar (TV´s „the Big Bang Theory“) als einer seiner Assistenten erfreulicherweise nicht lange genug mit von der Partie ist, um ernsthaft zu stören. Fernerdrein bringen Eliza Dushku (TV´s „Dollhouse“) und Michael Imperioli (TV´s „the Sopranos“) ihre beiden (relativ belanglos gestrickten) Ermittler-Rollen gewohnt kompetent über die Bühne…
Obgleich einzelne F/X aufgrund des limitierten Budgets ein wenig „simpel“ gehalten wurden, kommt das Produktionsdesign anregend hergerichtet daher und ist ebenso schick anzusehen wie etliche der von Regisseur Suits arrangierten Einstellungen – unter ihnen eine stürmische Beischlaf-Szene und eine eigentlich eher unspektakuläre, nichtsdestotrotz sehr feine, in der Suki schweigsam in einen mehrgliedrigen Spiegel blickt. Klasse fand ich zudem ihr Skelett-Halloween-Kostüm zum Ende hin. Entsprechend eingefangen von Cinematographer Mark Putnam („Growth“) sowie mit einem passablen Score Alec Puros („Mall“) unterlegt, bewegt sich der Streifen zielstrebig (allerdings verschachtelt erzählt) auf sein „preisgebendes Finale“ hin – wartet im Zuge dessen jedoch mit der einen oder anderen unvorteilhaften „kleineren Länge“ auf, was einem phasenweise bloß unzureichend straffen Tempo zuzurechnen ist. Der ein Stück weit überladen wirkende, quasi „die Geburtsstunde eines Superhelden“ aufzeigende Schlussakt präsentiert dem Zuschauer zu guter Letzt dann u.a. einen vorhersehbaren Twist und einen nur mäßig choreographierten sowie an zuviel Zeitlupe krankenden Showdown Schrägstrich Fight – da jede Story dieser Art und Ausrichtung scheinbar ja unbedingt einen konkreten Antagonisten benötigt. Immerhin aber bietet das Werk eine willkommene „Indie-Alternative“ zu dem Schwall an konturarmen Mainstream-Comic-Adaptionen aus dem Hause „Marvel“…
Fazit: Düster, edgy, sexy und verdammt stylish, handelt es sich bei „the Scribbler“ um eine unebene, inhaltlich schlichte (Genre-übergreifende) B-Movie-„Graphic Novel“-Verfilmung mit einer interessanten Besetzung sowie einem Unterhaltungswert, der je nach den individuell gehegten Erwartungen und Vorlieben des Betrachters durchaus stark zu variieren vermag…