Entstehungsdaten:
USA 1991
Regie:
Robert Benton
Darsteller:
Loren Dean
Dustin Hoffman
Nicole Kidman
Steven Hill
Bruce Willis
Steve Buscemi
Moira Kelly
Stanley Tucci
Frances Conroy
Trailer
Basierend auf Tom Stoppard´s Drehbuch-Adaption des gleichnamigen, wiederum auf wahren Begebenheiten beruhenden Bestsellers E.L. Doctorows sowie von „Oscar“-Preisträger Robert Benton („Kramer vs. Kramer“) auf Film gebannt, erzählt der 1991er Gangster-Streifen „Billy Bathgate“ die Geschichte eben jenes jungen Mannes, der unbedingt seinen ereignisarmen, sozial eingeschränkten Alltag in der New Yorker East Bronx der '30er-Jahre hinter sich lassen und es „bis ganz nach oben“ schaffen will. In seinen Augen ist der lokale Crime-Pate Dutch Schultz (Dustin Hoffman) „eine leibhaftige Legende“ – weshalb er es sich zum Ziel gesetzt hat, irgendwie einen Einstieg in dessen Organisation zu finden. Als er mit einigen zur Schau gestellten Jonglier-Künsten kurzzeitig mal seine Aufmerksamkeit erlangen kann und dafür sogar ein paar Dollar in die Hand gedrückt bekommt, fühlt er sich in seiner eingeschlagenen Richtung bestätigt – worauf es ihm im Folgenden (dank Ehrgeiz, Beharrlichkeit, Cleverness und Glück) tatsächlich gelingt, im anvisierten Umfeld als Faktotum angeheuert zu werden...
Die Aufgaben eines Laufburschen meistert er fortan zur vollsten Zufriedenheit und erhält auf diesem Wege erste Einblicke in die kriminellen Machenschaften und erbarmungslosen Vorgehensweisen der Leute um ihn herum geboten. Seine „große Chance“ eröffnet sich ihm, als er einen konkreten Beweis dafür entdeckt (und vorlegt), dass einer der engsten Vertrauten Dutchs (Bruce Willis) seinen Boss hintergeht. Kurzerhand „entledigt“ man sich dem Verräter und heißt Billy im „inneren Kreis“ willkommen. Ihm wird aufgetragen, auf die Freundin des Ermordeten (Nicole Kidman) aufzupassen – ihr also möglichst nicht von der Seite zu weichen, da sie zwar Zeuge der Tat wurde, Dutch aber ein Auge auf sie geworfen hat und er sie daher sowohl am Leben lassen als auch in seiner engeren Nähe um sich haben möchte. Just in dieser Phase zitiert man Schultz allerdings wegen Steuerbetrugs vor Gericht, während sich Billy zunehmend in die edle Schönheit verliebt – was die gesamte Lage natürlich arg verkompliziert. Als ihm schließlich klar wird, dass Dutch sie irgendwann doch „loszuwerden“ gedenkt, muss er seine Aussichten und Loyalitäten genau abwägen, um die richtigen Entscheidungen zu fällen...
„Billy Bathgate“ hat eine Menge Geld gekostet: Man geht von rund 48 Millionen Dollar aus – und das Anfang der Neunziger, wohlgemerkt. Bereits im Zuge seiner Entstehung drangen Berichte an die Öffentlichkeit, dass es zwischen Hoffman und Benton wiederholt zu offen ausgefochtenen Differenzen gekommen war – bevor das präsentierte Endresultat letztlich weder bei Kritikern noch Zuschauern einen ergiebigen Anklang zu finden vermochte (weltweit wurden nicht einmal $20.000.000 eingespielt). In den Vereinigten Staaten verfügt der klassische Gangster-Film über eine ausgeprägte Tradition und Beliebtheit – siehe Werke wie etwa „the Public Enemy“, „White Heat“, „Scarface“ (Original und Remake), „the Godfather 1&2“ und „Once upon a Time in America“ – welche auch im zeitlichen Kontext des besagten Kino-Starts (kurz nach dem Erscheinen von „Goodfellas“ und „Miller´s Crossing“) noch immer fortbestand, wie „Bugsy“ im selben Jahr durchaus ansehnlich bewies. Im Grunde waren alle erforderlichen „Zutaten“ für eine erfolgreiche, eventuell gar bemerkenswerte Genre-Produktion vorhanden – und dennoch mundet einem das fertige Ergebnis bestenfalls nur bedingt...
Im Gegensatz zu so einigen artverwandten Veröffentlichungen ging es den Verantwortlichen hier nicht darum, die illegalen Geschäftsstrukturen der im Fokus stehenden Unterweltler zu beleuchten – ebenso wenig wie um die Darbietung von Action oder expliziter Gewalt (á la „Mobsters: the Evil Empire“) – sondern vielmehr um die Handlungen und Verhaltensweisen der betreffenden Figuren im Sinne eines Charakter-getriebenen Krimis Schrägstrich Dramas. Leider bediente man sich dabei bestimmter altbekannter Archetypen, deren Beschaffenheiten nicht übermäßig komplex oder „zum Mitfiebern anregend“ ausfielen. Geradezu fatal in dieser Hinsicht schlägt zu Buche, dass ausgerechnet die Titel-Rolle hochgradig farb- und konturschwach sowie stets vorausahnbar agierend verfasst wurde: Billy ist schlichtweg uninteressant – selbst als Protegé eines berühmt-berüchtigten Verbrechers. Im Einklang mit dem Part an sich mangelt es der Performance Loren Deans („Enemy of the State“) gleichermaßen an einer „Weiterentwicklung“, je mehr gewichtige Eindrücke er im Umfeld dieser Leute erfährt sowie im anknüpfenden Verlauf zu verarbeiten hat...
Dustin Hoffman („Rain Man“) verkörpert Schultz ordentlich – wenn auch nicht so überragend wie ursprünglich erhofft: Er portraitiert ihn ein Stück weit reserviert, nicht ohne einem gewissen Charme sowie samt einer „unbeherrschten Ader“, die punktuell zutage tritt und dann immerzu einen markanten Kontrast zu seinem übrigen Verhalten bildet. Als Bo Weinberg – einer der wichtigsten Männer in Dutch´s Organisation, der ihn jedoch hintergeht und dafür irgendwann den entsprechenden „Preis“ zahlen muss – injiziert Bruce Willis („the Last Boy Scout“) dem Geschehen im Rahmen seiner limitierten Screen-Time jedes Mal einen willkommenen Schub an Lässigkeit und/oder „Energie“ (primär in Verbindung mit seinem drohenden Schicksal) – während sich Nicole Kidman („Stoker“) als „Socialite“ Drew Preston relativ freizügig zeigt und umwerfend attraktiv ausschaut, seitens des Skripts allerdings auffällig „künstlich kreiert“ anmutet (von den Dialogen und ihrem Gebaren her sowie als Auslöser spezieller Reaktionen). Überdies sind u.a. noch Moira Kelly („Chaplin“), Steve Buscemi („Fargo”), Francis Conroy („Aviator”), Xander Berkeley („Taken“) und Stanley Tucci („the Hunger Games”) mit von der Partie...
Dutch Schultz, welcher eigentlich Arthur Flegenheimer hieß, wurde am 06. August 1901 in New York geboren sowie am 24. Oktober 1935 in Newark erschossen. Er hatte einen treuen Buchhalter namens Berman – überzeugend gespielt von Steven Hill (TV´s „Law&Order“) – und Abraham „Bo“ Weinberg war tatsächlich einer seiner Weggefährten, bis jener eines Nachts nach dem Besuch eines Clubs in Manhattan spurlos verschwand (seine Leiche wurde nie gefunden; um seinen Tod ranken sich verschiedene Gerüchte). Für seinen Roman griff Doctorow auf ausgewählte Personen und Ereignisse zurück, welche es damals wirklich gegeben hatte, veränderte einige Details (mehr oder minder stark) und ergänzte sie zudem um zwei fiktive zentrale Protagonisten: Billy und Drew. Vermutlich wäre es besser gewesen, die beiden komplett wegzulassen und sich stattdessen direkt auf die finalen Wochen in Dutch´s Leben zu konzentrieren – und zwar aus den bereits dargelegten Gründen sowie der zusätzlichen Feststellung resultierend, dass zu keiner Zeit eine einträgliche „Chemie“ zwischen Dean und Kidman registrier- bzw. spürbar ist...
Autor Stoppard ist in diesem Fall bloß ein überaus mittelprächtiges Drehbuch gelungen. Deutlich hochwertiger waren da seine Vorlagen zu Werken wie „Empire of the Sun“, „Brazil“ oder „Shakespeare in Love“. Dem Publikum werden konkretere Einsichten in die Gaunereien Dutchs (ungesetzliche Wetten, Schutzgelderpressungen, Alkoholschmuggel etc.) verwehrt – das Ausmaß seines Einflussbereichs bleibt schleierhaft – und auch das Gefühl, dass es für ihn zum Schluss hin zunehmend brenzliger wird, hätte ich mir intensiver in den Vordergrund gerückt gewünscht (was dem generell ziemlich bescheidenen Suspense-Grad mit Sicherheit zuträglich gewesen wäre). Als Schultz wegen Steuervergehen angeklagt wird und ein Prozess nicht mehr verhinderbar ist, lässt er eben jenen in ein kleines Städtchen außerhalb der City verlegen und zieht kurzerhand für einige Wochen dorthin, wo er sich als ein freundlicher und großzügiger „guter Bürger“ präsentiert, um auf diesem Wege die potentiellen Geschworenen zu beeinflussen: Ein durchaus unterhaltsamer, mit etwas Humor angereicherter, allerdings ebenfalls weder sonderlich aufregender noch tiefschürfender Subplot…
Kommen wir nun zur (mit Abstand) größten Stärke von „Billy Bathgate“: Die Ausstattung ist wahrlich exquisit. Von den Fahrzeugen und Gebäuden (inklusive ihrer Inneneinrichtungen) über die Kostüme und Accessoires bis hin zu kleinen Details wie die an den Wänden einer U-Bahn-Station zu erblickenden Plakate: Alles sieht beeindruckend authentisch aus. Kameramann Néstor Almendros („Days of Heaven“) hat die ganze Angelegenheit angepasst ansehnlich bebildert – wohingegen sich der Score Mark Ishams („the Black Dahlia“) als enttäuschend durchschnittlich entpuppt. Die Inszenierung Bentons ist zweifelsohne kompetent – allerdings scheint ihm hier die notwendige „Leidenschaft“ für die Materie gefehlt zu haben – während sich die Story unvorteilhaft langsam, uneinnehmend sowie frei prägnanter Akzente voran bewegt. „Unterm Strich“ ergibt das alles einen toll ausschauenden, jedoch nur wenig packenden Gangster-Streifen, welchem es in erster Linie an Spannung, Substanz und einer reizvolleren Hauptfigur mangelt: Beileibe kein furchtbarer Vertreter des betreffenden Genres – wohl aber ein tendenziell belangloser, der sein Potential einfach nicht auszuschöpfen vermochte…
knappe