Entstehungsdaten:
Georgien 2015
Regie:
Levan Bakhia
Darsteller:
Sterling Knight
Spencer Locke
Dean Geyer
Kote Tolordava
Giorgi Tsaava
Elene Bezarashvili
Nana Kiknadze
Trailer
Überraschenderweise hat sich der georgische Thriller „Landmine goes click“ (zumindest für mich) als der abgründigste und verstörendste Film des Jahres 2015 entpuppt – etwas, das ich in Anbetracht des Postermotivs und veröffentlichten Trailers im Vorfeld so beileibe nicht erwartet hatte. Mitverfasst sowie für eine knappe Million Dollar in Szene gesetzt von Levan Bakhia, dem Co-Regisseur des Genre-Flicks „247°F“, in dem sich vier junge Leute (unter ihnen Scout Taylor-Compton) 2011 in einer Sauna eingeschlossen wiederfanden, erzählt das hier nun zu besprechende, überwiegend Englisch-sprachige Werk von den drei College-Freunden Alicia (Spencer Locke), Daniel (Dean Geyer) und Chris (Sterling Knight), die im Vorfeld der Hochzeit ersteren Paares noch einmal zu einem gemeinsamen Wander- und Camping-Ausflug durch eine idyllische Bergregion der eingangs genannten ehemaligen Sowjet-Republik aufbrechen. Die Sache ist bloß, dass Alicia und Chris vor einiger Zeit mal miteinander geschlafen haben – und letzterer aktuell nun mit dem Gedanken spielt, seinem Kumpel das zu beichten, um auf jenem Wege sein Gewissen zu erleichtern. So weit kommt es allerdings nicht, denn am nächsten Morgen schließt sich ihnen (wie verabredet) der einheimische Park-Angestellte Devi (Giorgi Tsaava) an, der sich vor ihrem Weiterziehen u.a. noch schnell um ein Erinnerungsfoto kümmert, im Rahmen dessen Chris beim Posieren auf einer kleinen Lichtung auf den Auslöser einer vergrabenen Landmine tritt…
Aufgrund der Vergangenheit des Landes – womit ich mich vor allem auf den militärisch-gebietsübergreifenden Konflikt mit Russland beziehe – ist eine Situation wie die präsentierte durchaus in einem realistischen Bereich des Möglichen, zumal sich die Touristen abseits der regulären (offiziellen) Pfade bewegt bzw. aufgehalten haben. Ohne Handy-Signal in der Umgebung sowie machtlos, den betätigten Mechanismus der Sprengfalle irgendwie zu blockieren oder gar zu entschärfen, bricht Devi sogleich auf, um Hilfe zu holen – was voraussichtlich aber mehrere Stunden in Anspruch nehmen dürfte, in denen sich Chris (in seiner stehenden Position) besser nahezu überhaupt nicht rühren sollte. Fortan werde ich spezielle Details des Story-Verlaufs übrigens bewusst vage belassen, um bestimmte mit ihnen verknüpfte „Offenbarungen und Wendungen“ nicht zu spoilern: In diesem Sinne verrate ich nicht, was nur wenig später aus Daniel wird – höchstens so viel, dass Chris und Alicia von dem Punkt an allein vor Ort verbleiben. Ungeachtet seiner Sorge um ihre Sicherheit fängt sie schließlich damit an, direkt neben ihm ein Loch auszuheben, in das er sich (z.B. bei schwindenden Kräften) gegebenenfalls hineinwerfen könnte und welches ihm dann hoffentlich ein Stück weit Schutz vor der eventuell ja leicht verzögert einsetzenden Explosion bieten würde: Ein arg unsicherer Plan – aber der einzige, den sie haben. Die Zuversicht darauf, dass das alles (wie auch immer) schon noch glimpflich ausgehen wird, bewahrt sie in dieser Phase vor der Verzweiflung…
Aus dem geschilderten Dilemma hätte man geradezu perfekt einen rund 20-minütigen „Short“ (im Stile Hitchcocks) erschaffen können – wohingegen es im Vorliegenden im Prinzip aber kaum mehr als die Ausgangslage einer zunehmend eskalierenden Handlungsentfaltung bildet, welche seitens des Auftauchens des lokalen Bienenzüchters Ilya (Kote Tolordava) eingeleitet wird, der sich mit seinem Hund zu Fuß unterwegs zu einem kranken Bekannten befindet, als er am Schauplatz des Geschehens vorbeikommt. Er erscheint einem etwas „simpel gestrickt“ – versteht jedoch ihre Sprache und willigt ein, ihnen zu helfen. Allerdings empfindet er es „nur als fair“, für jede erfüllte Bitte „eine Gegenleistung“ zu erhalten. Während Chris aggressiv darauf reagiert, willigt die erschöpfte und ansonsten keine Alternative sehende Alicia ein. Es folgt ein unangenehm beizuwohnendes „Spiel“, bei dem er sie anwachsend stärker zu erniedrigen beginnt: U.a. lässt er sie ihren Slip ausziehen, ihn mit dem Mund vom Boden aufheben sowie ihm diesen auf allen Vieren bringen. Schnell wird klar, dass er ein Sadist ist – aber einer mit einem bissigen Hund, Gewehr und Funkgerät. Durch geschickte Formulierungen glaubt Alicia zeitweise, ihn per Ausnutzen der von ihm selbst festgelegten „Regeln“ überlisten zu können – was letztlich allerdings scheitert sowie darin resultiert, dass er mit einem Mal auch zu physischer Gewalt greift und sie brutal vergewaltigt. Gezwungenermaßen wird Chris Zeuge ihres gesamten garstigen Martyriums – nur ein paar Meter entfernt, zur Tatenlosigkeit verdammt…
Als wäre der zweite Akt, in dem Ilya die von der Mine ausgehende (nichtsdestotrotz weiterhin vorherrschende) Besorgnis, Anspannung und Bedrohung relativ zügig „in den Schatten stellt“, nicht bereits aufwühlend und „finster“ genug, erfahren diese Eigenheiten im Laufe des finalen Drittels gar noch einmal eine zusätzliche Steigerung: Nach einer Reihe markanter Entwicklungen kommt eben jenes an einer neuen, nahe des nächsten Städtchens gelegenen Location angesiedelt daher – nämlich in dem Haus von Ilya, seiner Frau Tanya (Nana Kiknadze) und ihrer jugendlichen Tochter Lika (Elene Bezarashvili). Mit dem „Rape“-Anteil des Films vorüber, geht es nun an den, in dessen Zentrum „Revenge“ steht – ausgeübt seitens einer hier nicht näher genannten Person, welche getreu des Credos „Auge um Auge“ sowohl eine Form von Strafe als auch Genugtuung herbeizuführen versucht. Ilya wird u.a. in beide Beine geschossen – worauf er dabei zusehen muss, wie seine Liebsten sehr ähnliche Demütigungen wie Alicia zuvor durchleben müssen. Skrupellos und unerbittlich wird insbesondere die freundliche sowie vollkommen unschuldige Lika mit vorgehaltener Waffe zu „unangenehmen Handlungen“ im Beisein ihrer Eltern genötigt – was diese Momente nur extrem schwer zu ertragen macht. Zugleich verwehrt dieses Vorgehen des Protagonisten dem Publikum die „Befriedigung“, welche es in ähnlicher Genre-Kost (á la „I spit on your Grave“) zumeist erhält, sobald der sprichwörtliche „Spieß“ entsprechend umgedreht wird…
Die moralisch ambigen Figuren sollen einem die Ansicht Schrägstrich Annahme vermitteln, dass eigentlich jeder unter gewissen Umständen zu boshaften oder selbst wahrhaft grausamen Dingen fähig ist – so „normal“, nett und mitfühlend er oder sie für gewöhnlich auch sein mag. Chris hat seinen besten Freund hintergangen, beleidigt Ilya wiederholt (wutentbrannt und feindselig) und sieht sich bis zuletzt als ein reines „Opfer“ an, ohne sein Gebaren genügend zu reflektieren. Alicia indes war untreu, Daniel hat ebenfalls „eine dunkle Seite“ und Ilya ist kein „stereotyper Irrer“, sondern jemand, der die vorgefundene Situation kurzerhand ausnutzt, um seine „schwärzesten Triebe und Gelüste“ tatsächlich mal offen zutage zu kehren. Wie zu erwarten war, verhalten sich die Charaktere nicht immer rundum nachvollziehbar und hat ihnen das Skript zudem keine allzu ausgeprägte „Tiefe“ verliehen – zumindest aber meistern die Schauspieler ihre Parts mit unverkennbarem Engagement. Sterling Knight (TV´s „Sonny with a Chance“) schlägt sich wacker als den Peinigungen Alicias bloß ohnmächtig zusehen könnender bzw. müssender Chris – welche Spencer Locke („Detention“) wiederum absolut glaubwürdig portraitiert. Kote Tolordava („3+3“) verkörpert Ilya in allen Belangen der Rolle im Grunde genommen perfekt, Dean Geyer („the Sand“) agiert solide und Nana Kiknadze („Rusalka“) und Elene Bezarashvili („the Rainbowmaker“) nimmt man ihre dargebotene Unsicherheit und Angst in jeder Sekunde ihrer Screen-Time anstandslos ab…
Es ist auffällig, dass in „Landmine goes click“ mal wieder drei Amerikaner in ein fremdes (osteuropäisches) Land reisen, in welchem sie Schreckliches ereilt. Unabhängig ihrer Nationalitäten trifft es Alicia und Lika hervorstechend schlimm. Dennoch würde ich das Werk an sich weder als xenophob noch misogyn bezeichnen. Eher sollte man es unter Subtext-Gesichtspunkten wie die Ausübung von Macht, patriarchalisches Denken und Selbstgerechtigkeit betrachten. In Sachen Kamera-, Editing- und Regiearbeit geht der Film in Ordnung – auch wenn mir (z.B.) die Musikuntermalung der Vergewaltigung missfiel und die Laufzeit mit knapp 110 Minuten etwas lang ausgefallen ist. Generell wurden bestimmte Sequenzen bewusst „ungestrafft“ belassen – u.a. im Hinblick auf die transportierte bzw. ausgelöste Ungemütlichkeit dieser. Unweigerlich steigen in einem Emotionen wie Abscheu und Wut auf, während man Zeuge dieser physisch wie psychisch sadistisch-rohen, abgründig-düsteren menschlichen Grausamkeiten wird. Suspensevoll ist das Ganze kaum – auf eine bedrückende, unbequem-eindringliche Weise aber durchaus packend. Speziell zum Ende hin potenziert sich alles geradezu unbarmherzig – bis ein hochgradig erschütterndes Ereignis in einer von Abscheu und Erkenntnis geprägten sowie den Zuschauer wahrhaft „ausgelaugt“ in den Abspann verabschiedenden finalen Einstellung mündet. Wie schrieb es der Kritiker Craig Hunter nach einer Vorführung noch gleich so treffend?
„Good luck getting this one out of your head...“