Entstehungsdaten:
USA 2015
Regie:
Jeremy Saulnier
Darsteller:
Anton Yelchin
Imogen Poots
Patrick Stewart
Macon Blair
Alia Shawkat
Callum Turner
Joe Cole
Trailer
Nach zwei Kurzfilmen, der 2007er Horror-Komödie „Murder Party“ sowie den nachgestellten Verbrechensszenen bei einer Folge der TV-Doku-Serie „the Killer speaks“ gelang Regisseur und Drehbuchautor Jeremy Saulnier mit seinem mehrfach preisgekrönten atmosphärisch-düster-dramatischen Crime-Thriller „Blue Ruin“ im Jahr 2013 der Durchbruch in entsprechenden Kreisen abseits des Mainstreams. 2015 legte er dann sein Nachfolgewerk „Green Room“ vor: Ein erneut in jenem traditionsreichen Genre angesiedelter, wiederum mit gewissen Horror- und Westernmotiven sowie einer inspirierten Dosis eines pechschwarzen Humors aufwartender „Indie“, mit dem er seinen erworbenen Ruf weiter zu festigen vermochte und um den es hier fortan nun gehen soll bzw. wird. Im Zentrum der Geschehnisse steht die junge Underground-Punk-Rock-Band „the Ain´t Rights“, welche ihre Musik sehr ernst nimmt, auf der Basis klar benennbarer Gründe an solchen Dingen wie einer „Social-Media-Präsenz“ nicht wirklich interessiert ist, aus den Mitgliedern Reece (Joe Cole), Pat (Anton Yelchin), Sam (Alia Shawkat) und Tiger (Callum Turner) besteht sowie gerade im amerikanischen Nordwesten zu einem Interviewtermin (samt anknüpfendem Gig) unterwegs ist. Erstmals erhält der Zuschauer sie beim Wachwerden in ihrem Van zu Gesicht, der zuvor offenbar aufgrund von Müdigkeit in ein Maisfeld (seitlich der Straße) gelenkt wurde und dessen Tank inzwischen leer an Inhalt ist, da man den Motor dabei abzuschalten vergaß…
Stracks werden einige Liter Benzin von einem in der Nähe gelegenen Parkplatz beschafft – sprich: siphoniert und gestohlen – bevor sie schließlich ihren Zielort erreichen, an dem sie einige Stunden später allerdings mitgeteilt erhalten, dass ihr Auftritt in der Zwischenzeit gecancelt wurde. Konfrontiert mit ihrer Enttäuschung und Wut über den gefahrenen Weg, den damit verbundenen Unkosten sowie dem Verdienstausfall, vermag ihnen der für die Situation Verantwortliche spontan jedoch (per Absprache mit einem Verwandten) eine andere Show zu organisieren – und zwar in einer (der Info nach) gern von Skinheads frequentierten Veranstaltungsbar in den „Backwoods“. Da sich derartige Gestalten bei ihren Konzerten (generell) immer mal wieder im Publikum finden lassen und ihnen das Geld in ihrer momentanen Lage echt weiterhelfen würde, nehmen sie das Angebot kurzerhand an und brechen zügig zur angegebenen Adresse hin auf, welche sich tatsächlich als ein rege besuchter Treffpunkt überwiegend rechts-orientierter Gesinnungsgenossen entpuppt. Mit nicht mehr lange bis zu ihrem Time-Slot verbleibend, werden sie in Empfang genommen, mit den Regeln vertraut gemacht, an die sie sich besser halten sollten, sowie in ein u.a. mit einer Konföderiertenflagge und diversen an die Wände gekritzelten Hakenkreuzen und „White Power“-Parolen „dekoriertes“ Hinterzimmer geführt. Prompt schlägt Pat – der jüdische Bassist der Gruppe – in Anbetracht des Ganzen eine arg provokante (viele würden sagen: dumme) Idee vor...
Auf der kleinen Bühne – einer aggressiven, ideologisch konträren Menge gegenüber – eröffnet die Band ausgerechnet mit einer (von Pat angeregten) Coverversion des 1981er Dead Kennedys Songs „Nazi Punks Fuck Off!“. Wütende Blicke, eine ihnen entgegen fliegende Bierflasche: Die Stimmung ist feindselig und angespannt. Souverän spielen sie das Lied zu Ende und legen nahezu nahtlos eine Auswahl ihrer eigenen Stücke nach: Rasch springt der „Funke“ über, das Gebotene weiß zu gefallen. Zumindest musikalisch teilen sich die unterschiedlichen „Subkulturen“ denselben Geschmack. In dieser Phase des Verlaufs sind einem die vier Twens bereits in einem ordentlichen Maße sympathisch geworden – was vor allem ihrer vermittelten Kameradschaft untereinander zu verdanken ist. Obgleich man wenig über ihre individuellen Backgrounds und Eigenschaften erfährt, sind sie (und ihre Schicksale) einem fortan nicht „gleichgültig“: Eine ergiebige Gegebenheit – denn kaum sind sie mit ihrer Set-List durch, schaltet der Film umgehend „in den nächsten Gang“, als einer der Ordner (Eric Edelstein als „Big Justin“) sie „betont“ dazu auffordert, möglichst zügig nun wieder abzureisen. Da man ihr Equipment schon in den Flur geräumt hat und ihnen nicht an Ärger gelegen ist, leisten sie den Anweisungen folge – allerdings stellt Sam dabei fest, dass ihr Handy wohl noch (ans Stromnetz angeschlossen) im „Green Room“ liegt, worauf ihr Pat flugs (freundlicherweise) den betreffenden Gang abnimmt...
Hastig betritt jener das Zimmer, schnappt sich das Mobiltelefon – und bemerkt erst dann die Bredouille, in welche er hineingeplatzt ist: Schweigend stehen einige Neo-Nazis um ein mit einem Messer tief im Kopf am Boden liegendes Mädel (Taylor Tunes) herum – ebenso wie Amber (Imogen Poots), die schockiert daneben verharrende beste Freundin der Getöteten. In den daran anknüpfenden Minuten entfalten (bzw. „überschlagen“ sich förmlich) verschiedene Ereignisse, nach denen sich die gesamte Band irgendwann (mit einer „erbeuteten“ Pistole sowie „Big Justin“ als Geisel) in der besagten fensterlosen Backstage-Räumlichkeit verbarrikadiert wiederfindet, während der unterdessen herbeigerufene Besitzer des Ladens (Patrick Stewart als Darcy) sowohl einen Plan zu schmieden als auch umzusetzen beginnt, der nicht unbedingt ein „Happy End“ für die fünf unglückseligen Zeugen des Verbrechens vorsieht. Drinnen steigt die Nervosität, werden etwaige Chancen und Optionen erörtert und abgewogen – ohne dabei jedoch in hinderlich-übermannende Panik zu verfallen – draußen täuschen Darcy und sein Geschäftsführer Gabe (Macon Blair) „technische Schwierigkeiten“ vor, brechen das Konzert ab und mobilisieren einige ausgewählte Kameraden (plus bissige Kampfhunde), auf deren Loyalität und Gewaltbereitschaft sie zählen können. Darcy´s Versprechen, ihnen „freies Geleit“ im Tausch für den Revolver zu gewähren, lässt unter den „Belagerten“ indes immerhin etwas Hoffnung auf keine weitere Eskalation dieses „Standoffs“ erkeimen...
Unerbittlich intensiviert Saulnier die kreierte Atmosphäre: Keiner der zentralen Protagonisten ist „dumm“ oder agiert leichtsinnig – beide Seiten sind um einträgliche Strategien bemüht, in angestrebter Weise aus der Sache herauszukommen (konkret: „the Ain´t Rights“ noch unter den Lebenden verweilend sowie Darcy´s Crew nicht wegen Mordes hinter Gittern). Nachdem die Umsetzung des erwähnten Deals u.a. in einem übel zerschnittenen Arm Pats mündet und sich alle spätestens ab jenem Punkt unmissverständlich darüber im klaren sind, dass es für diesen Konflikt mit Sicherheit keine „friedliche Lösung“ geben wird, beginnt der geschundene Bassist kurzerhand eine „motivierende Anekdote“ (über ein Paintball-Erlebnis aus seiner Vergangenheit) zu erzählen – bis Amber ihn mittendrin schroff unterbricht sowie erneut ihren inzwischen schon mehrfach geäußerten Appell bekräftigt, doch endlich ihre bisher an den Tag gelegte Passivität und Zurückhaltung aufzugeben: Eine beseelt konzipierte Szene, die im finalen Akt auch noch einmal direkt aufgegriffen wird. Der nicht zu leugnende Wahrheitsgehalt ihrer Aussage führt dazu, dass sie sich mit den (spärlichen) im Raum zu findenden Gegenständen ausstatten, die sich irgendwie als Waffen einsetzen lassen (unter ihnen bspw. eine an einem Ende zerschlagene Neonröhre), bevor sie dann achtsam (zur Tür hinaus durch den Flur) in andere Bereiche des zu der Zeit gerade menschenleer anmutenden Gebäudes vordringen: Eine unbehagliche, unheilschwanger-nervenzerrende, nicht allzu lang anhaltende Stille...
Der Storyverlauf beinhaltet eine Reihe von zunehmend verzweifelteren Fluchtversuchen und Konfrontationen, die einen durchweg realistischen Eindruck erzeugen – einschließlich nicht vorhersehbarer Faktoren, mit denen sich die Beteiligten auseinandersetzen müssen. Skinheads gegen (eher schmächtige) Punk-Musiker: Eine reizvolle, erfreulich klischeearm ausgestaltete, einem wohlige Abwechslung zu den sonst üblichen Personenkreisen in vergleichbaren Genre-Veröffentlichungen bietende Ausgangskonstellation. Generell wirkt das Präsentierte in nahezu jeder Hinsicht „authentisch“ – von dem Setting über die Figuren (ihr Auftreten, Verhalten, Können etc.) bis hin zu der zur Schau gestellten Brutalität, welche frei jeglicher „verharmlosenden Zurückhaltung“ dargereicht wird. Messer bohren sich ins Innere von Körpern oder schlitzen Hautpartien auf, Bulldoggen verbeißen sich in Gliedmaße, Eingeweide werden freigelegt, Pistolen-Projektile und Schrotladungen treffen ihre Ziele: Dank hervorragender Make-up-Arbeit sind insbesondere die zugefügten Schnittwunden hochgradig „ungemütlich“ anzusehen – wodurch man sich (parallel dazu) unweigerlich die empfundenen Schmerzen der Leidtragenden ausmalt. Beileibe nicht jedem ist ein schneller Tod vergönnt – und Teppich-Cutter sind schon arg fiese „Werkzeuge“. Anders als bei vielen Horror-Streifen ist diesen Aufnahmen bzw. Momenten (löblicherweise) anzumerken, dass sie nicht zweckmäßig darauf ausgerichtet wurden, dem Betrachter als eine „vordergründige Quelle von Entertainment“ zu dienen...
Das Cast-Ensemble wartet mit einer Menge Talent und beherzter Performances auf. Unter den Neo-Nazis lassen sich solide Akteure wie Mark Webber („Jessabelle“), Kai Lennox („Night Moves“) und Eric Edelstein („Jurassic World“) entdecken – während „Blue Ruin“-Hauptdarsteller Macon Blair als leicht verunsicherter, zeitweise nicht unsympathischer, sich seine „roten Schnürsenkel“ erst noch „verdienender“ Gabe ebenso anstandslos überzeugt wie Patrick Stewart („X-Men“) in der für ihn ungewohnten Rolle ihres intelligenten, stets ruhig, bedacht, kontrolliert und eiskalt auftretenden und agierenden Anführers Darcy. Auf Seiten der „Ain´t Rights“ meistern Callum Turner (TV´s „Glue“) und Joe Cole („Secret in their Eyes“) ihre Parts jeweils prima und machen Alia Shawkat („the Final Girls“) und Anton Yelchin („Odd Thomas“) einmal mehr positiv auf sich aufmerksam. Es ist jedoch Yelchin´s „Fright Night“-Partnerin Imogen Poots („Cracks“), die ihren Co-Stars hier (alles in allem) „die Show stiehlt“. Die begabte Britin verleiht der zynischen, kaum Scheu vor dem Einsatz von Gewalt zeigenden, eine grüne „Bomber-Jacke“ sowie „Chelsea-Cut“-Frisur tragenden Amber genau die richtige Ausstrahlung – und so kann man sich u.a. an ihrer Wandlung hin zu einer toughen „Kämpferin“ erfreuen: Eine Entwicklung, die ihrer Wut und Trauer über Emily´s Tod, ihrem Drang nach Vergeltung, ihrer aus den Umständen ihres Aufwachsens in diesem Milieu hervorgegangenen „Abgeklärtheit“ sowie ihrem festen Überlebenswillen entstammt...
Saulnier´s Drehbuch ist ein weitestgehend „auf den Punkt“ verfasstes, bei dem verschiedene inspirierte Details und „Abwandlungen“ dafür sorgen, dass einem das sich eigentlich relativ gradlinig entfaltende, nicht unbedingt unkonventionelle, in ähnlicher Form bereits des Öfteren begegnete Szenario weder allzu „abgegriffen“ noch vorhersehbar vorkommt. Handwerklich ist speziell sein Gespür für Timing und Atmosphäre unverkennbar: Von Cinematographer Sean Porter („the Trust“) in düstere Bilder gekleidet sowie mit einem angepassten Score Brooke und Will Blairs untermalt, hat Saulnier das Potential der maßgeblich in Hinterzimmer, Bühne, Tanzfläche, Flur, Thekenzone und Kellertrakt gegliederten Location ersprießlich ausgeschöpft und innerhalb dieses örtlich begrenzten Rahmens eine enge Verkettung suspensevoll-intensiver Set-Pieces arrangiert, im Zuge derer die Betroffenen meist sehr jäh (sowie „mit wuchtigem Effekt“ aufs Publikum) verletzt werden oder sterben. Überdies sorgen vereinzelte „humorige Beigaben“ für gewisse (flüchtige) „Auflockerungen“ der ansonsten beklemmend-finsteren Geschehnisse – wie etwa eine Idee Ambers nach Pat´s Beenden seiner Paintball-Geschichte, für welche sie kurzerhand zu einem schwarzen Filsstift greift. Summa summarum ist demnach zu vermelden, dass Jeremy Saulnier mit „Green Room“ einen packend-brutalen, durchweg hochwertig-unterhaltsamen Belagerungs- Schrägstrich Survival-Thriller erschaffen hat, der einer entsprechend geneigten Zuschauerschaft auf jeden Fall wärmstens zu empfehlen ist...
starke