Entstehungsdaten:
USA 2015
Regie:
Terrence Malick
Darsteller:
Christian Bale, Cate Blanchett, Natalie Portman, Brian Dennehy, Wes Bentley, Imogen Poots, Teresa Palmer, Antonio Banderas, Freida Pinto, Isabel Lucas, Peter Matthiessen, Armin Mueller-Stahl, Michael Wincott, Kevin Corrigan, Jason Clarke, Joel Kinnaman, Clifton Collins Jr., Nick Offerman, Dane DeHaan, Shea Whigham, Ryan O'Neal, Jamie Harris, Bruce Wagner, Fabio, Joe Manganiello, Katia Winter, Ben Kingsley, ...
Trailer
Ohne einer konkreten Drehbuchvorlage über eine Spanne von rund neun Wochen hinweg im Sommer 2012 mit einem namhaften, überwiegend improvisierenden Cast-Ensemble realisiert, bevor daran dann ein nahezu zweijähriger Post-Production-Prozess (u.a. mit umfangreicher Editing- und Voiceover-Arbeit) anschloss, handelt es sich bei „Knight of Cups“ um ein bildgewaltig-melancholisches experimentelles Drama des preisgekrönten amerikanischen Filmemachers Terrence Malick, welches seine Premiere letztlich auf der 2015er „Berlinale“ feierte. Lose inspiriert seitens John Bunyan´s christlicher Allegorie „the Pilgrim´s Progress from This World to That Which Is to Come; Delivered under the Similitude of a Dream” sowie der „Hymn of the Pearl“-Passage aus den apostolisch-apokryphen „Thomas-Akten” – welche jeweils auch mehrfach zitiert werden – bezieht sich der Titel des Werks auf die Tarot-Karte „Ritter der Kelche”, die für den „Traumtänzer“ steht, der sich des Öfteren (nicht immer ganz ehrenwert) „voranmogelt“ und sich dabei sehnsüchtig auf der Suche nach Liebe sowie einer „friedlich-harmonischen Existenz“ befindet...
Unterteilt in acht (an einen einleitenden Prolog anschließende) Kapitel, von denen die ersten sieben dem erwähnten Deck entstammende Namen tragen – genau genommen „the Moon“, „the Hanged Man“, „the Hermit“, „Judgement“, „the Tower“, „the High Priestess“ und „Death“ (plus „Freedom“) – präsentieren einem diese 118 Minuten keine gradlinig-klare Geschichte, sondern vielmehr eine lose Aneinanderreihung verschiedener Sequenzen, bei denen der Hollywood-Skript-Autor Rick (Christian Bale) im Zentrum des Geschehens steht. Er ist mit Geld, gutem Aussehen und Erfolg gesegnet – wird sowohl von Frauen als auch seinen Geschäftspartnern geschätzt. Glücklich ist er dennoch nicht. Stattdessen fühlt er sich desillusioniert und „leer“ – würde gern Geborgenheit erfahren sowie den „Sinn seines Daseins“ erkennen. Was treibt ihn wirklich an – was definiert ihn? Was hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass er nun an diesem Punkt angelangt ist? Emotionsarm bewegt er sich (fast wie in Trance) durch die Tage und Nächte. Bisher hat ihm noch nichts und niemand „längerfristigen Halt“ bieten können – worunter er schwer leidet; augenscheinlich jedoch selbst die Schuld daran trägt...
In Form einer Kombination aus Erinnerungen und aktuellen Ereignissen erhält der Zuschauer Fragmente des Lebens dieses Mannes geboten – allen voran diverse Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen – während er einer erhofften „Offenbarung“ entgegen strebt. Rick ist mit zwei Brüdern aufgewachsen, von denen einer starb und der andere – Wes Bentley („the Hunger Games“) als Barry – in eine Drogensucht geriet, aus der er sich allerdings wieder „herauszukämpfen“ vermochte. Momentan als Streetworker tätig, ist er aber weiterhin eine „gequälte Seele“. Für den Tod seines dritten Sohnes macht ihr von Brian Dennehy („F/X“) portraitierter Vater Rick verantwortlich – und das voller Trauer, Wut, Schmerz und Bedauern, so dass Vorwürfe und belastend-peinigende Empfindungen ihre gemeinsamen Treffen dominieren. Rick befürchtet, sein Dad könnte mit der Behauptung, sie würden sich „in ihrem Kern“ im Grunde gleichen, eventuell Recht haben. Zudem versucht ihn Danny dazu zu animieren, weniger „kühl“ und introvertiert zu sein sowie über das Vorgefallene zu sprechen. Die Details bleiben einem verborgen; die Performances von Dennehy und Bentley sind herausragend „kraftvoll“...
Bekanntermaßen ist die Film-Branche voller „Oberflächlichkeiten“ allerlei Art und Ausprägung – weshalb es nicht verwunderlich ist, dass Rick sein Job und Umfeld nicht „erfüllt“. Gedanklich abwesend anmutend schlendert er durch ausgestorbene Studio-Kulissen, nimmt an drögen Meetings teil – bei denen hier übrigens echte Agenten und Manager der „Traumfabrik“ auftreten – und wird regelmäßig zu irgendwelchen ausschweifenden Partys eingeladen. Gastgeber einer dieser ist ein von Antonio Banderas („the 13th Warrior“) gemimter Playboy, der die inmitten seines Reichtums Versammelten angeberisch zu unterhalten pflegt – unter ihnen Jason Clarke („Zero Dark Thirty“), Ryan O´Neil („Paper Moon“), Joe Manganiello („Sabotage“), Fabio („Zoolander“) und Bruce Wagner („Maps to the Stars“). Vieles ist einfach bloß „Fassade“ bzw. bedeutungsarmer Materialismus. Auch Rick wohnt in einem schicken, teuren Appartement – in welchem es allerdings kaum etwas „von wahrem Wert“ gibt, wie ihm sogar ein Einbrecher-Duo (Jamie Harris, Lawrence Jackson) vorhält, welchem er nur teilnahmslos beim Abbauen seines Fernsehers zusieht, nachdem er sie zuvor dabei erwischt hatte...
In erster Linie zeigt der Film Rick´s Liebeleien und „Sexskapaden“ auf – von denen manche ernsterer, die Mehrzahl jedoch eher flüchtiger Natur sind. Aus der Schar an nackten oder leicht bekleideten (namenlosen) Schönheiten, mit denen er sich jeweils kurzzeitig (in Hotelzimmern, seinem Wagen oder im Rahmen irgendwelcher Feierlichkeiten) vergnügt, stechen allerdings ein paar heraus. Da wäre z.B. die flippige Della – dieses Mal mit dunklen Haaren und „Waschbär-Augen“, aber gewohnt prima: Imogen Poots aus „Green Room“ – von der er sich „neue Anregungen und Energie“ erwünscht, welche aber schnell erfasst, dass das Schicksal für sie beide offenkundig „andere Bahnen“ vorgesehen hat sowie dass er wohl stärker auf „begrenzte Erfahrungen“ statt auf eine langanhaltend-substanzielle Beziehung aus ist. Tatsächlich war er sogar mal verheiratet – und zwar mit Nancy, innig gespielt von Cate Blanchett („Aviator“), die ihm (unter Tränen) u.a. seine Passivität vorhält. Das hinreißende Fotomodel Helen (Freida Pinto aus „Immortals“) ist indes „nur“ an einer guttuend-platonischen Freundschaft mit ihm interessiert...
In einem Club in Las Vegas lernt er die Stripperin Karen (Teresa Palmer) kennen: Mit dem australischen „Freigeist“ stimmt die „Chemie“ auf Anhieb – was sich so auch über die „Screen Presence“ Bales und Palmers („Wish you were here“) sagen lässt – worauf sie eine Menge Spaß zusammen haben, ebenso wie (parallel dazu) eine Reihe durchaus tiefgründige Themen adressieren. Aber selbst diese „Connection“ gibt er auf, als jene für ihn schon bald an „Wirkung“ zu verlieren beginnt. Eine Affäre mit einer verheirateten Frau – kompetent und gern gesehen wie immer: Natalie Portman („Thor“) – mündet eines Tages darin, dass sie schwanger sowie seitens der Unsicherheit geplagt wird, ob das Baby nun von ihm oder ihrem Ehepartner ist – bevor schließlich Isabel (eines der „the Loft“-Beautys: Isabel Lucas) im finalen Kapitel des Streifens in sein Leben tritt. Gelangweilt und unzufrieden, sucht Rick fortwährend nach einem „ihn vervollständigenden Platz in dieser Welt“ – allerdings ist es so, dass man ihn im Angesicht seines Jobs, seiner „Wegabschnittsbegleiterinnen“, potentiellen Aussichten sowie Person an sich (unweigerlich) eher beneidet als Mitleid mit ihm empfindet...
Weder Hauptdarsteller Christian Bale, für den der Dreh geradezu nahtlos (mit nur wenigen Tagen dazwischen) an seine Arbeit an Scott Cooper´s „Out of the Furnace“ anschloss, noch seine Kollegen erhielten ein traditionelles Skript ausgehändigt: Einige wurden mit gewissen „grob formulierten Anweisungen“ und/oder teils mehrseitigen „Dialog-Vorschlägen“ bedacht, auf deren Basis sie sich ihre Darbietungen dann individuell selbst ausgestalten konnten – wohingegen andere dazu animiert wurden, im gesamten Umfang zu improvisieren. Generell gewichtete Malick die Konversationen der Protagonisten als klar „nachrangig“ gegenüber ihren Gedanken und (per Mimik plus Gestik transportierten) Emotionen: Häufig sind zwischen unzähligen Voiceover-Einspielungen (sowie über die Lautstärke der Musik-Untermalung hinweg) nur Auszüge aus den jeweiligen Gesprächen zu vernehmen. Sonderlich „reichhaltig“ sind eben jene (meist „hochtrabend“ formulierte) Ausführungen und Erkenntnisse nicht unbedingt – aber zumindest sind sie nicht frei von Reiz anzuhören und ist der Malick-typische Score Hanan Townshends („the Better Angels“) ein in vertrauter Weise klangvoller...
Grüblerisch schreitet Rick durch das Werk. Obgleich wir ihn knapp zwei Stunden lang dabei begleiten, erfahren wir nicht allzu viel über ihn. Man kann nachvollziehen, dass er sich nach Geborgenheit sehnt, dass er sich von seiner Umwelt „isoliert“ fühlt – nichtsdestotrotz bleibt einem eine „involvierende Verbindung“ zu ihm (u.a. aufgrund seiner „kühlen Distanz“) verwehrt. Menschen in solchen „Existenzkrisen“ erhoffen sich nicht selten „spirituelle Orientierung“: Im Vorliegenden konsultiert Rick diesbezüglich eine Kartenlegerin (Slavitza Jovan aus „Ghostbusters“), einen ihn zum „aktiven Annehmen seiner Bürden bzw. Leiden“ ratenden Priester (Armin Mueller-Stahl aus „the Game“) sowie einen „erleuchteten“ Multimillionär auf dessen „paradiesischem“ Anwesen, verkörpert von dem 2014 verstorbenen Autor und Umweltschützer Peter Matthiessen. Obendrein „prasseln“ noch diverse Verweise auf die eingangs genannten religiösen Texte und Tarot-Motive auf den Zuschauer ein – zusätzlich ergänzt um philosophische Prosa, welche Sir Ben Kingsley („Iron Man 3“) wiederkehrend aus dem „Off“ zum Besten gibt...
Aus der Masse an Eindrücken, Begegnungen und persönlichen Statements muss jeder seine eigenen Schlüsse ziehen – was mit „Mühen“ verbunden ist, zum Mitdenken auffordert und von daher beileibe nicht jedermanns Sache ist. Wer mit den letzten Veröffentlichungen Malicks nichts anzufangen wusste, der dürfte auch zu dieser hier keinen „Zugang“ finden. In „the Tree of Life“ (2011) hat er sich sozusagen mit dem „Makrokosmos“ beschäftigt, bei „To the Wonder“ (2012) verengte er seinen Fokus auf eine zentrale Beziehung – worauf er nun bei der Introspektion eines Einzelnen angelangt ist. In diesem Sinne wurden etliche Szenen quasi wie Erinnerungen arrangiert – samt surrealer Elemente sowie mit akzentuierten subjektiven Impressionen, die einfach präsenter als genaue Wortlaute im Gedächtnis geblieben sind. Das Leben Ricks ist von repetitiven Handlungen geprägt – unter ihnen einsame nächtliche Fahrten im Cabrio, Sex nahe am Fenster sowie gemeinsame Standbesuche mit seinen Freundinnen – und da ihm das gewahr ist, verzehrt er sich nach einer Chance, endlich irgendwie aus diesem „bisherigen Schema“ ausbrechen (also so etwas wie einen „Neustart“ initiieren) zu können...
An diesem Punkt seiner Karriere – welche ja bereits mehr als 46 Jahre umspannt – kann sich Malick bei der Umsetzung seiner Projekte weitestgehend frei entfalten. Mit Filmen wie „Badlands“, „Days of Heaven“ und „the Thin Red Line“ hat er sich einen geachteten Namen erworben – weshalb es nicht verwundert, dass er auch ohne Drehbuch oder der Möglichkeit hoher Gehaltszahlungen eine imponierende Besetzung zusammenzustellen vermochte, zu der neben den Genannten u.a. noch Michael Wincott („the Crow“), Joel Kinnaman („Run all Night“), Nick Offerman (TV´s „Parks and Recreation“), Katia Winter („Arena“), Shea Whigham („Catch 44“), Chéri Ballinger („Everlasting“), Clifton Collins Jr. („Stung“), Dane DeHaan („the Amazing Spider-Man 2“) und Kevin Corrigan („Unstoppable“) gehören. Malick ging es nicht ums Erzählen einer traditionell aufbereiteten Geschichte: Stattdessen offeriert er sie einem in Gestalt einer assoziativ-anregenden, zu unterschiedlichen Reaktionen auf Seiten des Publikums führenden „Symbiose“ aus Bildern und Töne – dem mit dem Neologismus „Autonomous Sensory Meridian Response“ umschriebenen „Effekt“ nicht unähnlich...
Optisch hat der begnadete Cinematographer Emmanuel Lubezki („Gravity“) erneut Exquisites abgeliefert, das von allerlei Gegensätzen gekennzeichnet ist: Regelmäßig wechseln sich intime Nahaufnahmen mit epischen Landschaftspanoramen ab, irrt Rick durch Studio-Backlots oder Wüstenregionen, tauchen Menschen in Pools oder ins Meer ein, gibt es schicke Gebäude und edle Inneneinrichtungen zu bestaunen, feiern Wohlhabende dekadente Partys und sorgen sich Obdachlose in anderen Vierteln der Stadt um Schlafplätze, Essen und/oder medizinische Hilfe. So gut wie nie ist „echte Wärme“ registrierbar, während man Rick beim Reflektieren und bei seiner Suche nach Glück sowie „sich selbst“ begleitet. Konkrete Charakterentwicklungen und Erkenntnisse werden einem vorenthalten. Das Gefühl von „mehr Schein als Sein“ erkeimt – Zufall, bei einem derart speziell in L.A. und Vegas angesiedelten Werk? Wie auch immer man dazu stehen mag: „Knight of Cups“ ist eine unverkennbare „Kreation“ Terrence Malicks – ein esoterisch-poetisches „audio-visuelles Fest“, das mich zwar bei Interesse und Aufmerksamkeit halten, alles in allem aber nur bedingt zufrieden stellen konnte...
knappe