Entstehungsdaten:
USA 2016
Regie:
Mickey Keating
Darsteller:
Ashley Bell
Pat Healy
James Landry Hébert
Michael Villar
Alan Ruck
Larry Fessenden
Trailer
Mickey Keating ist ein junger, aufstrebender, „unabhängig“ arbeitender Genre-Regisseur, der (ähnlich wie etwa Ti West) ein Faible für Hommagen aufweist und sich mit seinen ersten drei ebenso einfallsreich wie verschieden beschaffenen Spielfilmen in den vergangenen Jahren relativ rasch einen „mit Interesse und Aufmerksamkeit begegneten Namen“ innerhalb der Branche erworben hat. Nach dem Okkult-Horror „Ritual“, dem Sci-Fi-Mystery-orientierten „Pod“ und dem in Schwarzweiß gehaltenen Polanski-esken „Darling“ serviert er dem Publikum mit „Carnage Park“ (2016) nun eine an alte „Grindhouse“-Features angelehnte Kombination aus Crime-Flick und Survival-Reißer, welche geradezu „standesgemäß“ mit der präsentierten Info eröffnet, dass die nachfolgenden Geschehnisse „auf wahren Begebenheiten“ beruhen würden – was ja u.a. auf Tobe Hooper´s 1974er „the Texas Chainsaw Massacre“ zurückgeht sowie in diesem Fall tatsächlich nachprüfbar (im Ganzen allerdings bloß mal wieder „recht lose“) der Wahrheit entspricht…
Kalifornien, 1978. Mit Vollgas rasen „Scorpion Joe“ (James Landry Hébert) und sein Kumpel Lenny (Michael Villar) durch eine menschenarme Wüstengegend: Seit einem „aus dem Ruder gelaufenen“ Banküberfall leidet letzterer an einer üblen Schusswunde, fahnden die Cops nach ihnen und befindet sich eine verängstigte Geisel (Ashley Bell als Vivian) eingesperrt in ihrem Kofferraum, deren Bitte um einen Kredit zur Rettung der Familienfarm sie zuvor schlichtweg „an den falschen Ort zur falschen Zeit“ geführt hatte. Es dauert nicht lange, da erliegt Lenny seiner Verletzung – worauf Joe Vivian dazu einspannt, mit ihm den Körper in einen Graben zu hieven. Als sie dabei eine Chance wähnt, ihm zu entfliehen, kommt sie allerdings nicht sehr weit. Widerwillig nimmt sie daraufhin (mit einer auf sie gerichteten Pistole) neben ihm im Wagen Platz: Entlang staubiger Landstraßen setzen sie ihre Fahrt fort – bis plötzlich ein Projektil einen ihrer Reifen zerstört, Joe aussteigt, um sich den Schaden anzusehen, und im Rahmen dessen von zwei weiteren Kugeln aus dem Leben gerissen wird…
Unverkennbar hat sich Keating in dieser ersten Verlaufsphase von Gangster-Streifen im Stile Quentin Tarantinos „inspirieren“ lassen – und so gibt es hier (wie in dessen 1992er Debüt „Reservoir Dogs“) u.a. eine mit Flashbacks bestückte Erzählstruktur, ein sich „betont lässig“ in Zeitlupe seinem „Zielort“ näherndes kriminelles Duo, eine „ironisch-hippe“ Musikauswahl, ein nicht gezeigtes Verbrechen sowie einen im Anschluss daran übel auf dem Rücksitz vor sich hin blutenden Flüchtigen zu verzeichnen. An dieser Stelle kann man ruhig schonmal vermelden, dass das gesamte Werk fern von originell ist – dafür aber in anderen Bereichen zu punkten vermag. Die Verwendung bestimmter Elemente dieser geschilderten stilistischen Ausrichtung endet allerdings mit Joe´s Tod – nach dem es bspw. keine eingebundenen Rückblenden mehr gibt und sich ein militärisch gekleideter, mit einem Gewehr bewaffneter Herr der im Fahrzeuginnern angeketteten Vivian nähert, welche er nach einigen gewechselten Worten kurzerhand mit Chloroform betäubt, anstatt ihr zu helfen…
Dem Zuschauer war Wyatt Moss (Pat Healy) bereits unmittelbar zu Beginn des Films „vorgestellt“ worden: Ein psychisch kranker, Bibelzeilen zitierender, sich wütend über das Verhalten vieler gegenüber heimgekehrten, oft traumatisierten Soldaten äußernder Vietnam-Veteran, dem ein riesiges karges, von einem elektrischen Stacheldraht-Zaun umgebenes Grundstück in der abgeschiedenen Einöde des genannten Westküsten-Bundesstaats gehört. Irgendwo auf diesem erwacht Vivian aus der ihr zugefügten Bewusstlosigkeit – mit Handschellen an Joe´s nahezu kopflosen Leichnam gefesselt. Nachdem sich ihr Entsetzen darüber ein wenig gelegt hat, versucht sie an einen passenden Stein zu gelangen, um damit Joe´s Hand zu zertrümmern und sich zu befreien. In Gestalt von Einstellungen wie der, die aufzeigt, wie sie sich darum bemüht, den anvisierten kleinen Brocken Fels zu ergreifen, beweist Keating wiederholt sein Talent. Fortan ist nun jedenfalls der Teil der Geschichte erreicht, der die konkrete Verbindung zu Peter Watkins' 1971er Pseudo-Dokumentation „Punishment Park“ herstellt…
Unmissverständlich macht Wyatt Vivian klar, dass sie die „Beute“ bei seiner persönlichen Menschenjagd ist, welche er (Gasmaske und Scharfschützengewehr tragend) schon etliche Male zuvor durchgeführt hat – wovon diverse auf dem Gelände herumliegende Opfer (in unterschiedlichen Verwesungsstadien) augenfällig zeugen. Obendrein hat er einige Fallen arrangiert – wie z.B. eine Grube mit „Holz-Speeren“, so wie einst im Krieg gern vom Vietkong genutzt. Weit abseits der nächsten Siedlung gelegen, verbleiben ertönende Schüsse und Schreie auf diesem hügeligen Privatbesitz von anderen ungehört. Vivian bekommt ihren Hetzer dabei nur selten zu sehen, der meist im Verborgenen lauert und aus der Distanz heraus feuert: Ein ungemütliches „Katz&Maus-Spiel“, bei dem sie unter der strahlend vom Himmel herab brennenden Sonne verzweifelt umher irrt sowie es eigentlich unnötig anzumerken ist, dass einem vergleichbare Szenarien im Prinzip ja nicht erst seit „Bone Dry“, „King of the Hill“ oder „Beyond the Reach“ hinlänglich vertraut sind…
Vivian´s Pfad führt sie durch ein wahres „Horror Land“ voller grausiger Anblicke und Funde, zu denen aus Knochen und Stroh angefertigte Kruzifixe und abstrakte Figuren ebenso zählen wie zig entstellte, gekreuzigte, mumifizierte und skelettierte Körper sowie gar einzelne „noch nicht ganz tote“ Unglückselige. Da hat das Ausstattungs-Team ansehnliche Arbeit geleistet. In dem Kontext darf natürlich auch eine Ansammlung vor sich hin rostender Wagen und eine hölzerne Hütte (in welcher Wyatt lebt) nicht fehlen: Weit mehr als nur „the Hills have Eyes“ und die beiden sich um die „Firefly Family“ rankenden Rob Zombie Streifen lassen grüßen. Die „unbequeme“, leicht ins Surreale tendierende Atmosphäre wird zusätzlich seitens eines „Nerven-aufreibenden“ musikalischen Scores Giona Ostinellis („Indigenous“) sowie kratziger Störgeräusche und verfremdet-schräger Klänge angereichert, welche Wyatt (ergänzt um wirre Parolen und Botschaften) über ein Lautsprecher-System abspielt. All dies verleiht ihm einen „omnipräsenten“ Eindruck – doch Vivian verfügt über einen echt starken Überlebenswillen…
In der Hauptrolle liefert Ashley Bell einmal mehr eine rundum überzeugende Performance ab: Dank ihrer Auftritte in Filmen wie „the Day“ und „the Last Exorcism“ (plus Sequel) ist ja hinlänglich bekannt, dass sie sowohl „verängstigt-emotionale“ als auch „toughe“ Charaktere glaubwürdig darzubieten in der Lage ist. Entsprechend prima meistert sie die Entwicklung Vivians – samt ihrer verschiedenen „Seelenzustände“ und Facetten (u.a. einnehmend, panisch, wehrhaft und traumatisiert). Erwartungsgemäß köstlich portraitiert Pat Healy („Compliance“, „Cheap Thrills“, „Everlasting“ etc.) ihren mit seiner gewählten Kleidung, Frisur, Art zu reden, dem von ihm Gesagten, seinem Südstaaten-Akzent und manischen Blick gleichermaßen stereotyp wie vergnüglich-irre präsentierten Widersacher – worüber hinaus sich Alan Ruck („Ferris Bueller´s Day off“) und James Landry Hébert („Looper“) in ihren Nebenparts als Gesetzeshüter und Gangster wacker schlagen sowie Larry Fessenden („You´re Next“) und Darby Stanchfield (TV´s „Scandal“) als zwei „Todgeweihte“ kurze Cameos absolvieren…
Auf inhaltlicher Ebene hat Keating nicht viel zu bieten: Bewusst hat er sich für eine klassische Materie entscheiden – und diese frei „moderner Variationen“ (also ohne bspw. „Meta-Elemente“ oder „ironischen Brechungen“ mit einzubinden) konzipiert und umgesetzt. Es ging ihm darum, speziellen „cineastischen Einflüssen“ Tribut zu zollen – unabhängig dessen, dass nicht wenige jener heutzutage an sich als Klischees gelten. Erwähnte ich schon, dass er ein großer Sam Peckinpah Fan ist? Nunja, wer sich übrigens die Frage stellt, wie Wyatt über Jahre hinweg dutzende Menschen verschleppen und töten konnte, ohne dass ihm jemand auf die Schliche kommt: Die Opfer waren fast alle Durchreisende – und sein Bruder ist der örtliche, etwaige Spuren und Verdächtigungen in andere Richtungen lenkende Sheriff. Gewissensbisse plagen jenen dennoch – doch erst Vivian, deren Dad er kennt, veranlasst ihn zum aktiven Einschreiten. Leider aber entpuppt sich das, worin sein beherztes Bemühen letztendlich resultiert, als genauso vorhersehbar wie die restlichen „umgebenden“ Geschehnisse…
Was man Keating nicht absprechen kann, ist sein handwerkliches Talent, welches ein gutes Gespür für Atmosphäre und so manchen interessanten inszenatorischen Einfall aufweist. In einen Sepia-Farbton getaucht sowie mit einzelnen ungewöhnlichen Perspektiven aufwartend, haben er und sein Stamm-Cinematographer Mac Fisken („Two-Bit Waltz“) dem ausgedörrten Wüsten-Setting ein umfassendes „lebensfeindliches Feeling“ verliehen, anstelle unschöner CGIs werden einem ordentliche „traditionelle“ Gore-Effekte geboten und das straffe Tempo sorgt für keinerlei „Leerlauf“. Das Finale wird schließlich in einer verlassenen unterirdischen Mine ausgetragen und nahezu komplett in absoluter Dunkelheit dargereicht: Eine reizvolle, mit einer akzentuierten „Geräuschkulisse“ und der immer stärker schwindenden psychischen Verfassung Vivians verknüpfte stilistische Entscheidung. So wie der gesamte Film, dürfte das allerdings wohl nicht jedem munden. Man darf gespannt sein, wie es mit Keating´s Karriere weiter voran geht – hoffentlich schlägt er aber bald mal „eigenständigere Wege“ ein…
Fazit: „Carnage Park“ ist ein solides, für Zartbesaitete ungeeignetes „Midnight Movie“: Ein stimmungsvoll-unbehaglich-ungeschliffener '70ies-Exploitation-Retro-Terror-Crime-Flick – u.a. mit zwei kompetenten Leads, einem Minimum an Originalität sowie zig unverkennbaren Referenzen und Genre-Versatzstücken…
knappe