Entstehungsdaten:
USA 2017
Regie:
Ry Russo-Young
Darsteller:
Zoey Deutch
Halston Sage
Logan Miller
Elena Kampouris
Cynthy Wu
Medalion Rahimi
Jennifer Beals
Trailer
Basierend auf dem 2010 erschienen „Young Adult“-Bestseller Lauren Olivers, welchen Drehbuch-Autorin Maria Maggenti („Puccini for Beginners“) auf inspirierte Weise für die gleichnamige, hier nun rezensierte 2017er Kino-Veröffentlichung adaptiert hat, von „Indie-Regisseurin“ Ry Russo-Young („Nobody walks“) in Szene gesetzt sowie mit einer ansprechend-kompetenten Besetzung gesegnet, haben wir es bei dem hierzulande unter dem zwar klangvollen, allerdings etwas zu lang geratenen Titel „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ erschienen Mystery-Drama „Before I fall“ mit einem solchen zutun, das das stilistische Mittel einer „Zeitschleife“ (siehe „Groundhog Day“ oder „Edge of Tomorrow“) dazu nutzt, eine gut in die Gegenwart passende Geschichte u.a. über Mobbing unter High-School-Schülerinnen zu erzählen. Im Gegensatz bspw. zur Hit-Serie „13 Reasons why“ („Tote Mädchen lügen nicht“), welche nur wenig später (im selben Monat) auf „Netflix“ online ging, werden die Geschehnisse im Vorliegenden jedoch nicht aus der Perspektive des unter den betreffenden Schikanen leidenden Opfers, sondern aus der einer der dafür verantwortlichen „Triezer“ aufgezeigt…
Hübsch, clever und aus ordentlichen Familien-Verhältnissen stammend, führt Samantha (Zoey Deutch) quasi „eine beneidenswerte Existenz“, gehört mit ihren „BFFs“ Lindsay (Halston Sage), Ally (Cynthy Wu) und Elody (Medalion Rahimi) zu den beliebtesten Mädels ihrer Schule und hat sich seit einer Weile schon vorgenommen, am Abend des just anbrechenden Tages nach einer Party im Hause ihres Klassenkameraden Kent (Logan Miller) erstmals mit ihrem Boyfriend Rob (Kian Lawley) zu schlafen. Leider aber verläuft für sie nicht alles wie erhofft, primär da sich Rob eher dem bereitgestellten Alkohol als ihr widmet und obendrein irgendwann die von ihnen häufig „geärgerte“, das Quartett nun jedoch selbst kurzerhand mit bitteren „Spiegelungen“ konfrontierende Außenseiterin Juliet (Elena Kampouris) auftaucht – was rasch in einer unschönen Auseinandersetzung mündet, den Vieren stracks „die Stimmung verdirbt“ sowie sie daraufhin in Lindsay´s Wagen den Heimweg antreten lässt. Auf der Fahrt kommt es allerdings zu einem schweren Unfall – nach welchem Sam umgehend in ihrem Bett erwacht. Eingangs glaubt sie, es sei nur ein Traum gewesen – bloß stellt sich im Folgenden relativ zügig heraus, dass es in Wahrheit erneut „der Vortag“ ist, den sie fortan immer und immer wieder durchleben muss…
Am Anfang von „Before I fall“ lernt der Zuschauer die Freundinnen als oberflächliche junge Frauen kennen, die viel herumalbern, lästern, auf manch andere in ihrem Umfeld hinabblicken und sich gegenseitig in ihrem Verhalten beeinflussen. Zudem ist auch noch „Cupid´s Day” – samt des Brauchs, dass sich die Schüler (m/w) untereinander (anonym) Rosen schenken bzw. überbringen lassen können: Im Prinzip ein offen zelebrierter „Popularitäts-Wettbewerb“ – und somit natürlich ein „zweischneidiges Schwert“, je nach Betrachtungsweise. Stereotype sind offen zu registrieren – was den Machern so allerdings im Klaren war, wie bestimmte Aufnahmen (á la ein Musik-unterlegter Auftritt der Clique in Zeitlupe) durchaus darlegen. Es ist auf Kent´s Feier, dass das aus mehrerlei Faktoren (wie Image, Hoffnungen und Gebaren) bestehende „Bild“ der Jugendlichen „Risse“ erhält: Rob amüsiert und betrinkt sich lieber, statt sich Sam zuzuwenden, Juliet teilt schmerzhafte „verbale Spitzen“ gegen sie aus – und die Reaktionen darauf sind nochmal einen Zacken heftiger als die sonst üblichen, nahezu alltäglichen Gemeinheiten. Es ist in jener Nacht – exakt um 0:39 Uhr – dass die Mädels dann auf einer durch ein Waldgebiet führenden Landstraße verunglücken…
Damit beginnt für Sam ein stets am selben Tag mit dem Ertönen ihres Handy-Weckers um 6:30 Uhr seinen Start nehmender Zyklus: Eine „Endlosschleife“, wie es scheint, die übrigens keinerlei Erläuterung (etwa hinsichtlich etwaiger mit ihr verknüpfter „Regeln“) erfährt. Liegt sie in einem Koma? Ist sie tot? Träumt sie das alles nur – oder gibt es einen alternativen „paranormalen Ursprung“ des Ganzen? In ihrem Zimmer sind Schmetterlinge zu erspähen – im Unterricht wird gegenwärtig Sisyphos behandelt. Mit jeder Wiederholung fallen ihr Dinge auf, die ihr so zuvor nicht gewahr waren, variieren ihre Gemütszustände und bemüht sie sich darum, durchs Abwandeln spezieller Ereignisse aus diesem „Bann“ auszubrechen. Die Sache mit Juliet scheint dabei einen „zentralen Punkt“ zu markieren – doch selbst wenn sie, Lindsay, Ally und Elody überhaupt nicht auf die besagte Party gehen, ändert das letztlich nichts an dem morgendlichen „Reset“. Zumindest nutzt sie diese ihr offerierte Gelegenheit bald ebenfalls dazu, um gewisse unangenehm-schwierige Themen mal „frei heraus“ anzusprechen und sich überdies auch ihrer Familie (Erica Tremblay, Nicholas Lea und Jennifer Beals) erneut anzunähern, von der sie sich in der Vergangenheit immer weiter (abweisend) zurückgezogen hatte…
Geschickt werden inhaltlich sowie seitens der Inszenierung bei jedem „Durchlauf“ andere (Abwechslung erzeugende) „Gewichtungen“ in den Fokus gerückt. Je mehr sich Sam mit den Details ihres Lebens beschäftigt – also eine Reihe von Verhaltensweisen und Gegebenheiten einer ernsthaften Reflexion unterzieht – desto bewusster nimmt sie zugleich verschiedenes bei den Menschen um sich herum zur Kenntnis („schützende Fassaden“, verborgene Ansichten, Sehnsüchte, Wünsche und Empfindungen z.B.). Die daraus resultierenden Feststellungen lösen bei ihr eine breite Spanne an Emotionen aus – von Frustration und Wut über Traurigkeit und Depression bis hin zu Empathie sowie dem Willen, aktiv „Verbesserungen“ herbeizuführen. Graduell erhält das Publikum ergiebigeres Verständnis für die Facetten ihrer Persönlichkeit geboten: Man entwickelt Sympathien für sie – auch wenn sie bisweilen weder richtig noch unbedingt nachvollziehbar agiert (aber welcher Teenager macht das schon?). Lea Thompson´s Töchterchen Zoey Deutch („Vampire Academy“) meistert den Part vortrefflich – „trägt“ den Film sozusagen auf ihren zarten Schultern und beweist ihr Talent somit endlich mal im Rahmen eines sie mimisch stärker als bislang fordernden Projekts…
Als Lindsay, das boshafte „Alpha Girl“ der Clique, überzeugt Halston Sage („Poker Night“) mit dem nötigen „Appeal“ und Auftreten – während die von Cynthy Wu („Road Hard“) und Medalion Rahimi („XOXO“) anständig verkörperten anderen beiden (Ally und Elody) innerhalb des Geschehens bloß eingeschränkten „individuellen Raum“ zugestanden erhielten, die an sich prima spielende Elena Kampouris („Men, Women & Children“) erst zum Ende hin ihre eher eindimensional geartete Außenseiter-Figur erfolgreich zu „transzendieren“ in der Lage ist sowie man von Liv Hewson (TV´s „Dramaworld“) als „ungeschliffene“ Mitschülerin Anna gern mehr gesehen hätte. Kent indes kennt Sam „seit Kindertagen“, ist in sie verliebt und erachtet es als schade, wie sie sich inzwischen des Öfteren so gibt. Unabhängig einiger kitschiger Tendenzen geht ihre „Annäherung“ – ebenso wie die „Chemie“ zwischen Deutch und Logan Miller („Night Moves“) – insgesamt in Ordnung, war es erfreulich, Jennifer Beals („Flashdance“) und Nicholas Lea (TV´s „the X Files“) mal wieder zu „begegnen“, und lassen sich in Nebenrollen u.a. noch Diego Boneta („Eden“) sowie die Sam´s jüngere Schwester Izzy toll portraitierende Erica Tremblay („the Bye Bye Man“) entdecken…
Es ist evident, dass Maggenti und Russo-Young sowohl ihre Charaktere als auch Zuschauer-Zielgruppe „verstanden“ haben: Oft versuchen „Bullies“ ihre eigenen Unsicherheiten mit verbalen oder physischen Aggressionen zu übertünchen; die prägende „Coming-of-Age“-Phase ist voller Ängste, Abgrenzungen, Fehler, Einsichten und Lehren – reich an neuen, häufig aber sehr schönen Erlebnissen. Zuneigung, Sex, Freundschaften, Partys, Träume, Leistungsdruck, sich wandelnde Beziehungen sowie das Bestreben, „seinen Platz in all dem“ zu finden: Keine leichte Zeit – und rückblickend dennoch nicht selten „die beste überhaupt“. Im Vorliegenden geht es darum, ruhig mal zu „entschleunigen“ und im Zuge dessen „das Wesentliche“ zu identifizieren – also über sich selbst hinaus zudem auf andere zu achten sowie etwaige Folgen des eigenen Tuns dabei mit zu berücksichtigen. Glücklicherweise wird die zugehörige Botschaft nicht „mit erhobenem Zeigefinger“ vermittelt – und obgleich einzelne Themen bzw. Plot-Elemente (wie Oberflächlichkeit, Mobbing und Suizid) fern von ausschöpfend vertieft werden, sind sie (in Addition zu speziellen Metaphern und Ansätzen des buddhistischen Reinkarnations-Gedankens) nichtsdestotrotz klar registrierbar…
„Before I fall“ weist einen hippen Soundtrack mit solch interessanten Künstlern wie Grimes, Lorely Rodriguez, die Yeah Yeah Yeahs und Lolawolf (Zoë Kravitz´s Band) auf: Die Songs passen; wurden gut ausgewählt – allerdings hätte man die Zahl der konkret eingespielten Tracks (meiner Meinung nach) durchaus „ein wenig zurückschrauben“ können. Im Nordwesten der USA angesiedelt – allerdings zum größten Teil in British Columbia gedreht – strahlt der Film in diversen Momenten eine ansprechend mysteriös-kühle, seitens des Wetters sowie der Landschaften und Ausleuchtung angereicherte Atmosphäre aus, welche merklich von Adam Taylor´s Score sowie Cinematographer Michael Fimognari´s Erfahrungen im Horror-Genre (etwa bei „Abattoir“ und „Ouija: Origin of Evil“) profitiert. An Russo-Young´s Regie gibt es nichts zu beanstanden, die Handlung entfaltet sich durchweg unterhaltsam sowie frei von Längen, die tragisch-melancholische Komponente erfüllt ihren Zweck und ein Hauch an Spannung in Erwartung des Ausgangs der Geschichte besteht ebenfalls. Mir selbst gefiel das präsentierte Ende – und nicht nur deshalb hat sich „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ eine solide Empfehlung meinerseits verdient…