Entstehungsdaten:
USA 2017
Regie:
Jeremy Rush
Darsteller:
Frank Grillo
Caitlin Carmichael
Garret Dillahunt
Shea Whigham
Trailer
„Fluchtwagen-Fahrer-Filme“ (wie ich sie hier jetzt einfach mal zusammengefasst nenne) gibt es schon lange – und das in unterschiedlichen Variationen und Qualitäten: Von Walter Hill´s „the Driver“ über Courtney Solomon´s „Getaway“ bis hin zu Luc Besson´s „the Transporter“-Franchise sowie den aufwändigen „the Hire“-Werbe-„Shorts“ einer bestimmten bayrischen Fahrzeug-Schmiede kommen mir da spontan gleich mehrere in den Sinn – natürlich inklusive Nicholas Winding Refn´s „Drive“ und Edgar Wright´s „Baby Driver“; ihres Zeichens zwei „jüngere“, aktuell noch immer klar im Gedächtnis präsente geschätzte Vertreter des besagten Sub-Genres. Entsprechend verhalten fiel meine ursprüngliche Reaktion bzw. Vorfreude auf Jeremy Rush´s „Wheelman“ aus – einem weiteren Werk eben jener Gattung, welches u.a. von Craig Chapman („Machine Gun Preacher“), Myles Nestel („Machete“) und Joe Carnahan („the Grey“) produziert wurde. Was dem Projekt allerdings einen gewissen Reiz bescherte, war dass „Badass“ Frank Grillo („the Purge: Anarchy“) die Hauptrolle übernommen sowie Rush den Streifen im Stile von Steven Knight´s „Locke“ konzipiert und realisiert hatte – nämlich mit einer fast ausschließlich aus dem jeweiligen Innern eines Wagens heraus versehenen „begrenzten Perspektive“ auf die sich im Verlauf ereignenden Geschehnisse…
In dieser 2017er „Netflix“-Veröffentlichung spielt Grillo einen ehemaligen Häftling, dessen echter Name nie verraten wird und der dank seines „Talents hinterm Steuer“ gerade dabei ist, einen Brocken der Schulden abzuarbeiten, die im Kontext seines Knast-Aufenthalts bei einer Gruppe Krimineller aufgelaufen sind: Sein Kumpel Clay (Garret Dillahunt) hatte ihm dafür einen Fahrer-Job bei einem Banküberfall vermittelt. Während die „Ausführenden“ (Steven Rears und Shea Whigham) nun also die Filiale stürmen, geht bei ihm plötzlich ein Anruf eines ihm unbekannten Mannes (Slaine) ein, der sowohl behauptet, der Auftraggeber des Heists zu sein, als auch dass die beiden „Kameraden“ ihn am Ende des Abends zu töten gedenken – weshalb er sie doch besser vor Ort zurücklassen solle. Verunsichert, wartet er ab, bis sie das Geld im Kofferraum platziert haben, bevor er sich schließlich zum Davonbrausen entscheidet. Kurzerhand nimmt noch eine weitere Partei zu ihm Kontakt auf und verlangt die Herausgabe des Erbeuteten. Auf wen soll er hören? Wem kann er trauen? Und wie kommt er am besten aus dieser verzwickten Lage wieder raus? Zu allem Überfluss werden zudem schon bald auch seine Ex-Frau Jessica (Wendy Moniz) und jugendliche Tochter Katie (Caitlin Carmichael) „ins Visier genommen“, um auf jenem Wege an ihn heranzukommen…
Ergänzt um verschiedene Außenaufnahmen, welche aber immerzu einen Teil des betreffenden Wagens „im Bild/Blick behalten“, begleitet der Zuschauer den „Anti-Helden“ der Geschichte in „Wheelman“ die meiste Zeit über sozusagen „in seiner direkten Nähe“ (vom Beifahrersitz oder der Rückbank aus) – u.a. wie er sein PS-starkes Gefährt (nach Sonnenuntergang) durch die Straßen einer typisch amerikanischen Großstadt lenkt, mit anderen Charakteren (vorrangig per Handy) interagiert sowie sich mit einzelnen von ihnen so manch eine Auseinandersetzung und Verfolgungsjagd liefert. An sich ist die dargereichte Story – mit all ihren persönlichen und Crime-verbundenen Konflikten, Verstrickungen und Bedrohungen – weder sonderlich originell noch interessant: Defizite in diesem Bereich vermag der Film zum Glück jedoch dank seiner ungewöhnlichen wie kompetenten Umsetzung, den gecasteten Akteuren sowie noch einer zusätzlichen (wahrhaft unverhofft positiven) Gegebenheit wieder auszugleichen – und zwar die Beziehung zwischen dem „Driver“ und seiner rebellischen 13-jährigen Tochter, welche (entgegen seiner „väterlichen Ansage“) viel lieber ausgehen und mit ihrem älteren Freund zusammen sein will, als daheim zu hocken. Erfreulicherweise hat es Rush vermieden, diesen Plot-Strang in eine generische „Kind in Gefahr“-Schiene einmünden zu lassen…
Statt dass Katie (wie in etlichen ähnlichen Streifen) nicht mehr als ein „Mittel“ des Skripts ist, ihrem knallharten (kriminellen) Dad eine „menschliche Seite“ zu verleihen, wird einem ihre Bedeutung für ihn hier (trotz ihres anfänglichen Gebarens) auch ohne irgendwelche (sie bspw. gemeinsam beim Fahren-Üben zeigende) Rückblenden deutlich. Spätestens als man sie im finalen Drittel „nebeneinander“ erlebt, steigen ihre „Sympathiewerte“ und muten beide rundum glaubwürdig als Vater und Tochter an. Das geht sogar so weit, dass man den Eindruck gewinnt, er würde seiner Ex – welche übrigens von Grillo´s echter Ehefrau Wendy Moniz (TV´s „the Guardian“) in Gestalt eines Cameos gemimt wird – primär eigentlich nur deshalb helfen, weil sie Katie´s Mutter ist und er dem Teenager jeglichen Kummer ersparen will. Momente, wie als ihm bewusst wird, dass Katie tatsächlich auf ihn gehört und ihren Freund schon früh nach Hause geschickt hat, funktionieren überdies derart prima, da Grillo nicht bloß ein „schlichter Action-Typ“ ist, sondern obendrein ein „im dramatischen Fach“ geübter Schauspieler – was sich natürlich u.a in Anbetracht dessen „auszahlt“, dass er in nahezu jeder Szene im Mittelpunkt steht sowie dabei (unabhängig aller Gespräche) überwiegend „auf sich allein gestellt“ war (mit kaum „Face-to-Face“-Kontakten)…
Weitestgehend realistisch angelegt, ist Grillo´s „Wheelman“ jemand, mit dem das Publikum „mitfiebern“ kann, obgleich er ja ebenfalls in illegale Aktivitäten involviert ist – letzteres jedoch „nur“ als unbewaffneter Fahrer, der nicht etwa mit in die Bank stürmt sowie in jenem Kontext Unschuldige verängstigt und/oder verletzt. Seinen zwei „Passagieren“ gegenüber tritt er von Vornherein sehr selbstsicher und entschieden auf: Seine Konzentration gilt in erster Linie seinem Auftrag, bei dem „Smalltalk“ nunmal keinen Platz hat. Nachdem er sich dazu entschließt, dem Anrufer mit der mysteriösen Nummer zu glauben, wächst der Druck auf ihn kontinuierlich an – zumal rasch klar wird, dass fortan gleich mehrere Parteien an das Geld gelangen wollen. Grillo vermittelt die verschiedenen Eigenschaften und Empfindungen des Parts (Anspannung, Besorgnis, Beherztheit etc.) im Rahmen einer charismatischen, überzeugenden Performance – während es an dem Auftritt Garrett Dillahunts („Burning Bright“) nichts auszusetzen gibt, der im Vorliegenden einen Irokesen-Schnitt tragende Shea Whigham („Death Note“) mit sichtlichem Spaß bei der Sache war und die 2004 geborene, aus Werken wie dem amerikanischen „Martyrs“-Remake bekannte Caitlin Carmichael (wie zuvor ja bereits angerissen) den Schlussakt mit ihrer Anwesenheit und Darbietung bereichert…
Rush´s Drehbuch kann weder mit einer vielschichtigen Handlung noch mit tiefschürfenden Charakter-Zeichnungen oder ausgefeilten Dialogen aufwarten – genau genommen besteht das Gesprochene meist nur aus kurz gefassten Bedrohungen, Anweisungen und Erwiderungen – wohl aber mit einer sich straff entfaltenden Geschichte, aus der die Regie- und Kamera-Arbeit ein solides Maß an Spannung zu generieren in der Lage war. Nahaufnahmen rücken spezielle Details in den Fokus, die von Cinematographer Juan Miguel Azpiroz („Wolves“) gewählten Perspektiven sind abwechslungsreich und das gesamte „stilistisch-inszenatorische Konzept“ wirkt (bzw. wird) nie „überstrapaziert“ – auch weil es eine „im klassischen Stil“ gefilmte „Übergangs-Sequenz zwischen zwei Fahrzeugen“ gibt: Zu Beginn spielt sich alles in und um einem dunklen, bis auf seine rote Kofferraum-Haube „unauffälligen“ BMW ab, der später dann seitens eines schicken weißen 1973er Porsche 911 Carreras „abgelöst“ wird. Generell wurden die vorhandenen Verfolgungsjagden durchweg ordentlich arrangiert – primär eine mit einem Motorrad und eine zum Ende hin verbleiben einem in der Hinsicht positiv in Erinnerung – worüber hinaus man (quasi „standesgemäß“ dem Genre zugehörend) u.a. noch einige Schießereien und ausgeteilte Schläge präsentiert erhält…
Fazit: „Wheelman“ mag zwar nicht gerade originell sein und könnte durchaus manch einen sich im Vorfeld eher „konventionell geartete Action“ erhoffenden Zuschauer enttäuschen, ist an sich aber „nichtsdestotrotz“ ein anständiger, minimalistisch-reizvoller dramatischer Crime-Thriller mit einem starken Hauptdarsteller – und somit durchaus einen Blick wert…
gute