Entstehungsdaten:
USA 1989
Regie:
Zalman King
Darsteller:
Carré Otis
Mickey Rourke
Jacqueline Bisset
Trailer
„We all have to lose ourselves sometimes to find ourselves…“
Als Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Zalman King´s „Wild Orchid“ im April 1990 in die deutschen Kinos kam, wurde der Film als „die erotische Sensation der '90er“ angepriesen. Mit dem Werk erhofften sich die Verantwortlichen, an den Ruf und Erfolg von Adrian Lyne´s „9 ½ Weeks“ (1986) anzuknüpfen zu können: Zwei Veröffentlichungen, die King und seine Angetraute Patricia Louisiana Knop mitverfasst hatten, von Mark Damon produziert wurden sowie mit demselben männlichen Hauptdarsteller aufwarteten – nämlich mit dem zu der Zeit noch immer als „Sex-Symbol“ geltenden Mickey Rourke. Während in den Vereinigten Staaten bloß eine auf ein „R“-Rating heruntergeschnittene Fassung anlief – welche kurzerhand floppte – bekamen die Europäer dagegen die unzensierte, im Zuge dessen zu einem Hit avancierende „Ursprungs-Version“ zu sehen. Erstmals hatte ich mir den Streifen in meiner Jugend auf VHS angeschaut, später dann auf US-DVD – und kürzlich nun (stolze 28 Jahre nach seiner Entstehung) auch mal in HD auf BluRay (die entsprechende britische Edition aus dem Hause „Eureka Video“ kann man da durchaus empfehlen)…
Emily Reed (Carré Otis) ist ein junge Anwältin, die aus ihrem Heimatstädtchen in Kansas ins winterliche New York reist, um dort einen Vorstellungstermin bei einer renommierten Firma wahrzunehmen. Nicht nur dank ihrer umfangreichen Sprachkenntnisse bekommt sie den Job – und so wird sie bereits am nächsten Tag nach Rio de Janeiro geschickt, wo sie zusammen mit der gestandenen Geschäftsfrau Claudia Dennis (Jacqueline Bisset) einen Grundstücks-Deal mit chinesischen Investoren abwickeln soll. Als unerwartete Probleme mit einem lokalen Partner zutage treten, fliegt Claudia sogleich nach Buenos Aires, um diese schnellstmöglich zu klären, und überlässt Emily ihre Dinner-Verabredung mit einem mysteriösen Herrn namens James Wheeler (Rourke), der es via Immobilien zu Reichtum gebracht hat. Auf eine eigenwillige, schwer zu beschreibende Weise fühlen sich beide auf Anhieb zueinander hingezogen: Er, der überaus direkte, allerdings vor „körperlichem Kontakt“ zurückschreckende Millionär – und sie, die schüchterne, sexuell noch unerfahrene Advokatin – inmitten des sinnlich-mitreißenden Trubels der brasilianischen Metropole…
„Wild Orchid“ präsentiert dem Betrachter ein banales Story-Rahmenkonstrukt, welches quasi eine „Alibi-Funktion“ einnimmt – denn eigentlich ging es King (natürlich) nicht darum, den Start von Emily´s Karriere in dem neuen Unternehmen (inklusive all der mit ihrem ersten Einsatz verbundenen Herausforderungen und Komplikationen) zu beleuchten: Nein, viel stärker haben ihn gewisse „psychologische Komponenten“ gereizt, mit denen er seine zentralen Protagonisten „ausgestattet“ hat. Wheeler wuchs als Waise auf den Straßen Philadelphias auf, litt unter einem Sprachfehler und hat schon früh hart zu arbeiten begonnen: Mit 16 erwarb er kostengünstig ein baufälliges Gebäude, renovierte es eigenhändig, verkaufte es anschließend profitabel, reinvestierte das Geld in weitere Objekte und erwirtschaftete so im Folgenden sein Vermögen. Unweigerlich zog letzteres auch diverse Frauen an: Eine „Oberflächlichkeit“, die er irgendwann nicht mehr hinzunehmen bereit war – weshalb er sozusagen eine „emotionale Mauer“ um sich errichtete, welche sich über die Zeit hinweg jedoch derart verfestigt hat, dass er mittlerweile niemanden mehr „an sich heranlässt“…
Sein Unvermögen, bestimmte Gefühle zu empfinden bzw. sich eben jenen hinzugeben, lässt ihn diese stattdessen „über andere ausleben“ – bspw. indem er ein sich im Verlauf ihrer Ehe „voneinander entferntes“ Paar dazu bringt, ihre sie verbindende Leidenschaft erneut zu entdecken: Ein Einwirken seinerseits, das in dem Fall darin resultiert, dass Hanna (Assumpta Serna) und Otto (Oleg Vidov) prompt auf einem Rücksitz der Limousine miteinander zu schlafen beginnen, welche sie sich (infolge eines in einer Prügelei gemündeten Trips zu einer Strandbar) gerade mit ihm und Emily teilen. In diesem Zusammenhang weist Wheeler seine verschämte Begleiterin (aufzeigend) darauf hin, dass es „einen entscheidenden Unterschied“ zwischen „Sex“ und „Liebe machen“ gibt. Aufgrund seines Unbehagens gegenüber Intimität greift er wiederholt auf „Spielchen“ zurück, mit denen er die Damen konfrontiert, die sich ihm anzunähern anfangen – u.a. dadurch, dass er ihnen arg persönliche Fragen stellt, Verlegenheit bei ihnen hervorruft, sie provoziert, zu etwas animiert oder anderweitig manipuliert (ähnlich wie Rourke´s Film-Charakter in „9 ½ Weeks“ damals)…
Wheeler ist ein zwielichtiger Typ, der (seit er mal entführt wurde) meist von zwei Bodyguards flankiert wird, gern teure Anzüge (vorwiegend ohne 'nem Shirt darunter) trägt sowie ein Faible für Spritztouren mit seiner „Harley“ hegt. Überdies ist er generell keine unbedingt „lockere Gesellschaft“ und kommt einem gelegentlich auch ein Stück weit „unheimlich“ vor – wie als er im Vorfeld ihres allerersten Treffens (per Anrufen ihrer Mutter) Nachforschungen anstellt, was Emily´s Lieblingsessen ist, oder als er sie später dazu ermutigt, gegen Geld mit einem fremden Mann aufs Zimmer (sprich: „ins Bett“) zu gehen. Es ist eine nicht uninteressante, allerdings nicht ausgefeilt genug gestaltete Rolle, die Rourke (in angepasster Weise) solide portraitiert. Weniger „Selbstbräuner“ hätte es bei ihm aber ebenfalls getan – im Vorliegenden schaut seine Hautfarbe des Öfteren nämlich irgendwie „unnatürlich“ aus. Als seine Screen-Partnerin wurde indes die Kalifornierin Carré Otis („Going back“) auserwählt: Ein bis dato international erfolgreiches Foto-Model ohne vorangegangener Leinwand-Erfahrung – was man ihrer Performance in so einigen Momenten leider relativ deutlich anmerkt…
Während des Drehs war Otis 21 Jahre jung: Zweifelsohne ein attraktives Mädel, nimmt man ihr jedoch nie glaubhaft ab, studiert zu haben, multi-lingual bewandert sowie zudem bereits 18 Monate in einer angesehenen Kanzlei tätig gewesen zu sein. Samt einer „standesgemäßen“ Dialog-Wiedergabe und Ausstrahlung fehlt es ihr (einer bei Meetings aufgesetzten Brille zum Trotz) an dem für eine Anwältin nötigen selbstbewussten Auftreten – worüber hinaus sie durchweg „leidenschaftsarm“ wirkt sowie zwischen ihr und Rourke einfach keine „knisternde Chemie“ zu registrieren ist: Eigentlich verwunderlich, da beide im Zuge des Projekts eine „stürmische Affäre“ miteinander eingingen, aus der eine feste Beziehung und sogar eine von 1992 bis 1998 andauernde Ehe erwuchs. Wheeler lenkt Emily in Situationen, die spezielle „Überwindungen“ ihrerseits erfordern – wobei es u.a. um „Auslotung“, das Ablegen von Hemmungen, „Kontrolle“ sowie das Empfinden intensiver Emotionen (á la Verlangen Schrägstrich Begierde) geht. Die betreffenden menschlichen „Triebe“ verfügen nunmal über eine ganze Reihe individueller Faktoren und Variablen…
Je nach Kontext „dramatisch ernst“ oder „mit erkennbarem Spaß lebhaft“ von Jacqueline Bisset („Domino“) verkörpert, war Claudia einst selbst nicht gegen Wheeler´s „Unnahbarkeit“ angekommen. Bewusst hatte sie arrangiert, dass er und Emily sich begegnen – um zu sehen, wie er auf sie reagiert. Als eine Frau, die es sonst gewohnt ist, sich durchzusetzen, hat sein Verhalten „Spuren“ bei ihr hinterlassen – weshalb sie sich so (via Emily) nun zumindest mehr „Klarheit“ diesbezüglich erhofft. Parallel dazu will sie unbedingt den wichtigen, lukrativen Immobilien-Deal besiegeln. Einer der Juristen ihrer Verhandlungs-Gegner wird übrigens von Bruce Greenwood („Gerald´s Game“) gemimt, mit welchem Emily in einer vorherigen Nacht (ohne dass sie jeweils wussten, wer der andere tatsächlich ist) „intim“ geworden war. Für die Aufnahmen rund um das Bauvorhaben sowie in und um einer stimmungsvollen Hotel-Ruine diente der Cast&Crew eine Location in Salvador (Bahia) – doch ansonsten wurde angrenzend alles „vor Ort“ im Großraum Rio de Janeiro (mit seinen berühmten Wahrzeichen wie dem Zuckerhut oder der Cristo Redentor Statue) gefilmt…
Dank eines klangvollen Scores und Soundtracks – zu dem u.a. Ofra Haza, Public Image Ltd., Underworld und The Rhythm Methodists Tracks beigesteuert haben – schöner „Postkarten-Impressionen“ (Traumstände, Karnevalstrubel etc.) sowie der kompetenten Kamera-Arbeit Gale Tattersalls („Virtuosity“) vermag der Streifen durchaus „Flair“ vorzuweisen – zumal King definitiv „ein Auge“ für schick komponierte Bilder besitzt. So ist das Gebotene (siehe feierwütige Matrosen auf Landgang oder edle Masken-Partys) zwar keineswegs „subtiler Beschaffenheit“ – wohl aber immerhin ansprechend anzusehen. Das gilt auch für die freizügigen Sex-Szenen – von denen eine von Emily heimlich beobachtete sowie die geradezu „kathartische“ finale zwischen ihr und Wheeler die Highlights markieren. Etwaige Gerüchte, letzterer Geschlechtsakt sei damals „echt“ gewesen, wurden stets bestritten. Am Ende muss man jedoch sagen, dass „Wild Orchid“ insgesamt (trotz allem) weder sonderlich an-, er- noch aufregend ist – es dem Werk an einer „intensiver spürbaren Leidenschaft“, an „psychologischer Tiefe“ sowie einer höheren „Guilty Pleasure“-Ausprägung (so wie es bspw. bei King´s „Two Moon Junction“ der Fall ist) mangelt…