Entstehungsdaten:
USA 2017
Regie:
Joe Lynch
Darsteller:
Steven Yeun
Samara Weaving
Steven Brand
Caroline Chikezie
Dallas Roberts
André Eriksen
Trailer
Ich muss gestehen, eher skeptisch an Joe Lynch´s 2017er Horror-Action-Spaß „Mayhem“ herangegangen zu sein – und das aus zweierlei Gründen: Zum einen hatten James Gunn und Greg McLean mit „the Belko Experiment“ just zuvor einen ähnlichen, sich letztlich als „enttäuschend“ entpuppenden Streifen abgeliefert – zum anderen waren die vorherigen beiden Regiearbeiten Lynchs („Knights of Badassdom“ und „Everly“) jeweils merklich hinter ihrem Potential zurückgeblieben. Okay, eventuell lag das bei den „Knights“ mit daran, dass die Produzenten eine neue Schnittfassung anfertigten – doch ist das gegenwärtig weiterhin bloß reine Spekulation. Nunja, im Vorliegenden wird der Zuschauer jedenfalls unmittelbar zu Beginn des Films mit dem „ID7-Virus“ vertraut gemacht, der jüngst an verschiedenen Orten ausgebrochen war und zu dessen ersten Symptomen die Rot-Färbung eines einzelnen Auges gehört: Einmal infiziert, entgleiten den Betroffenen ihre „natürlichen Hemmungen“, sofern sie diese nicht aktiv unter Kontrolle zu bewahren in der Lage sind – wodurch sie ebenso leicht wie schnell „in gesteigerter Form“ auf bestimmte Reize Schrägstrich Empfindungen (Wut, Zuneigung etc.) reagieren. Entsprechend führt verstärkte Lust nicht selten zu öffentlichem Sex – allerdings liegt die Problematik viel gewichtiger im Bereich intensivierter Aggressionen, denn die damit verbundenen Folgen erstrecken sich von herben Beschimpfungen bis hin zum an den Tag legen eines exzessiven gewalttätigen Verhaltens…
Einst war Derek Cho (Steven Yeun) mit einem festen Sinn für klassische Werte und Ideale bei „Towers & Smythe Consulting“ ins Berufsleben gestartet – bis er dann aber (verhältnismäßig zügig) feststellen musste, dass man mit solchen Eigenschaften in jenem knallharten Business-Umfeld nicht unbedingt vorankommt. Also hat er sich „angepasst“ – und der Firma im Zuge dessen sogar mit einer von ihm erdachten Strategie einen bedeutsamen „juristischen Sieg“ beschert: Ein Gericht hatte seine Argumentation anerkannt, dass jemand, der an „ID7“ leidet, im Hinblick auf in jenem Zustand begangene Straftaten als „unzurechnungsfähig“ gelten muss und daher bspw. auch nicht für ein Verbrechen wie Mord verurteilt werden kann. Von da an ging es für ihn „die Karriereleiter hinauf“. Inzwischen ist er selbst jemand, der primär „im wirtschaftlichen Interesse“ entscheidet: Etwa Melanie Cross (Samara Weaving) gegenüber, die ihn aufsucht, um noch einen Aufschub für die Zahlungsfälligkeit einer Kreditrate zu erbitten, um dadurch nicht ihr Haus zu verlieren – was er ablehnt und sie zudem vom Sicherheitsdienst aus dem Konferenzraum „hinauseskortieren“ lässt, als sie wütend seinen Vorgesetzten zu sehen verlangt. Zeitgleich hat ihn seine einflussreiche Rivalin Kara (Caroline Chikezie) jedoch als „Sündenbock“ für einen von ihr begangenen „prekären Patzer“ auserkoren – und mit dem Boss Jon Towers (Steven Brand) ein gutes Stück weit „um ihren Finger gewickelt“, bedeutet das für Derek kurzerhand die Kündigung…
Von Anfang an schlagen Skriptautor Matias Caruso und Lynch einen „humorvoll-lockeren Ton“ an – sei es durch die „überdrehte“ Art der Veranschaulichung der „ID7“-Auswirkungen (leider erneut mal wieder mit Instrumentalmusik unterlegt in Slow-Motion) oder den „Klang“ einiger aus dem Off eingespielter Kommentare Dereks (von den Inhalten und Formulierungen her). Via Interaktionen mit Kollegen erhält das Publikum einen groben Überblick über seine „Charakter-Beschaffenheit“ – engagiert, ambitioniert, unfreundlich zu seiner Schwester; jedoch noch immer „ein anständiger Mensch“ – ebenso wie über gewisse Personalien und Machtgefüge des strikt Profit-orientierten Unternehmens. Er selbst hat quasi „seine Seele für seine Position dort verkauft“ – und ist dennoch ersetzbar, da er einfach „noch nicht weit genug oben“ angekommen war. Rasch initiierte Versuche, seine Unschuld an dem aufgetanen „Schlamassel“ (eine wichtige, nicht eingehaltene Frist) zu beweisen, schlagen fehl – worauf für ihn kaum mehr als der „Walk of Shame“ zur Fronttür hinaus (samt Pappkarton mit seinen Habseligkeiten in Händen) übrig bleibt. So weit kommt er allerdings gar nicht, denn unten in der Lobby wird er plötzlich damit konfrontiert, dass CDC- und SWAT-Bedienstete das Gebäude unter Quarantäne gestellt haben – und zwar infolge eines jeden im Innern mit einschließenden „ID7“-Ausbruchs! Ehe er sich versieht, versinkt „Towers & Smythe Consulting“ (um ihn herum) im Chaos…
Wenn sich die Infizierten über etwas aufregen, neigen sie zu Zerstörungswut und Gewalt und können sich bloß nur noch schwer zurückhalten. Demnach hätte Melanie Derek eigentlich sogleich viel heftiger angreifen müssen, als sie sich später (beide im selben Trakt eingesperrt) erneut begegnen – aber in jener Hinsicht sieht es das Drehbuch offenkundig als „nicht so eng“ an und verleiht ihnen stattdessen genügend Selbstbeherrschung, um sich nicht prompt „die Schädel einzuschlagen“. Gemeinsam verständigen sie sich darauf, ihren Groll gegen die „Higher-ups“ zu richten – also decken sie sich mit diversen „nützlichen Utensilien“ (in erster Linie Werkzeug) ein und hecken einen Plan aus, wie sie an die Key-Cards gelangen können, die sie fürs Erreichen ihrer ins Auge gefassten „Zielpersonen“ benötigen: Ihres Zeichens Jon Towers sowie der im höchsten Stockwerk (u.a. mit Champagner und Koks vor ein paar zur Kommunikation und Überwachung genutzter Monitore) beharrlich ausharrende Aufsichtsrat – genannt „the Nine“. Da Melanie und Derek jeweils „unter dem Einfluss von ID7“ stehen, können sie sich dabei auf seinen Präzedenzfall beziehen bzw. verlassen, der ihnen sozusagen ja einen „Freifahrtschein“ für das Angedachte liefert. Aber ihre Zeit dafür ist begrenzt: Die Behörden haben inzwischen nämlich ein gasförmiges Gegenmittel ins Ventilationssystem gepumpt, welches ziemlich exakt acht Stunden braucht, um den Virus vollständig „unschädlich“ zu machen…
Von dem Punkt an weist „Mayhem“ eine an Video-Games (sowie an „Dredd“ und „the Raid“) erinnernde Struktur auf: Melanie und Derek müssen sich etagenweise „hinaufkämpfen“ – in den Besitz spezieller Gegenstände und Informationen gelangen sowie sich regelmäßig brutalen Auseinandersetzungen stellen. Anders als bspw. am „Rage Virus“ in „28 Days later“ leidende (Zombie-ekse) Personen können eben jene hier noch immer miteinander sprechen sowie (je nach individueller Eigenkontrolle) durchdachte Entscheidungen fällen. Loyale Mitarbeiter stehen ihren Führungskräften zum Teil also weiterhin bei. Neben diesen „Handlangern“ gilt es für unsere zwei zentralen Protagonisten vorrangig, einzelne „Zwischen-Gegner“ zu „überwinden“, die in der Firma unter prägnanten, ihnen aus evidenten Gründen zugeschriebenen Spitznamen bekannt sind – genau genommen der frei von Gewissensbissen Kündigungen überbringende HR-Chef „the Reaper“ (Dallas Roberts aus „the Factory“), der für die Sicherheit zuständige „the Bull“ (André Eriksen aus „Nokas“) sowie Derek´s bitchy-hinterlistige Konkurrentin Kara aka „the Siren“ (Caroline Chikezie aus „Æon Flux“). Diese eindimensional-archetypischen Parts meistern die drei Akteure solide, deren überspitzt-klischeehafte Präsentation es dem Zuschauer erleichtert, eventuelle Ähnlichkeiten zum eigenen beruflichen Alltag (Vorgesetzte, Kollegen, Abläufe, Antipathien etc.) zu erkennen sowie durchaus „ungehemmten Spaß“ in Anbetracht ihres „Niedergangs“ zu empfinden…
Aktuell ist es ja „en vogue“, frustriert/verärgert auf „die Obrigkeit“ (u.a. skrupellose, Profit-gierige, selbstsüchtige Manager oder Politiker) zu fluchen – woran die vorhandenen satirischen Elemente natürlich anknüpfen, denen es allerdings an „schärferem Biss“ mangelt. Überdies mutet das Ganze (von den Charakteren über ihre Dialoge bis hin zum Inhalt an sich) relativ „grob gestrickt“ an. Doch auch wenn sich der Streifen immer mal wieder „selbst ausbremst“ – des Öfteren in Form unnötiger „Pausen“ für unterschiedliche Erörterungen – zieht der knapp 86-minütige, sich weniger ernst als z.B. „the Belko Experiment“ nehmende Verlauf dennoch weitestgehend kurzweilig an einem vorüber. Es macht Laune, der „Energie-reichen Chemie“ zwischen dem als Lead überraschend sympathischen und prima überzeugenden Steven Yeun (TV´s „the Walking Dead“) und Hugo´s erneut „absolut umwerfend“ agierender Nichte Samara Weaving („the Babysitter“) beizuwohnen, welche den Film im Rahmen der Auftritte Melanies (hauptsächlich auf der Basis ihrer „quirky“ Art und Ausstrahlung) jeweils locker-vergnüglich „an sich reißt“. In der Rolle des erzürnten, nicht uncharismatischen, eine Menge Drogen konsumierenden CEOs Jon Towers geht Steven Brand („the Scorpion King“) indes in Ordnung – während die Verbliebenen kaum der Rede wert sind, von denen viele (á la Nina Senicar) übrigens aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen, da die Dreharbeiten (ohne dass man es irgendwie merken würde) in der serbischen Metropole Belgrad stattfanden…
Die Inszenierung Lynchs wartet mit einem „Comic-artigen Touch“ auf, der bestens mit der Materie harmoniert und auch von Cinematographer Steve Gainer („Dirty Girl“) bei dessen Bebilderung des wüsten Trubels beherzigt wurde. In Kombination mit passendem Editing und einem „treibenden“ Score Steve Moores („the Guest“) entstanden so mehrere teils geradezu „genüsslich zelebrierte“ Kämpfe, bei denen hart geprügelt wird und obendrein meist gängige Büro-Utensilien und Werkzeuge (wie ein Hammer, Schraubenzieher, eine Nagel-Pistole oder ein kleiner Trennschleifer) zum Einsatz kommen. Erfreulicherweise wurde nicht weiter auf die Verwendung von Schusswaffen zurückgegriffen – wobei das Gewalt-Level insgesamt recht hoch ist und reichlich Blut fließt. Highlight: Ein ausgiebiger „Office Brawl“ zum Klang des (von Derek extra dafür ausgewählten) Faith No More Songs „Motherfucker“. Schade, dass diese „seitens Exaltation, Irrsinn und befreiender Ungezügeltheit befeuerten“ Ereignisse nicht einen Zacken spannender, ausschweifender und/oder kreativer arrangiert wurden: Nahezu alles hat man woanders bereits mal gesehen – „dramatisches Gewicht“ gibt es keins zu registrieren. Aber nun gut: Es ist zu bedenken, dass „Mayhem“ eigentlich nie etwas anderes als ein zynisch-humorvolles, den geneigten Genre-Fan mit Brutalitäten und einem klaren „Augenzwinkern“ unterhalten wollendes B-Movie sein wollte – ein Ziel, welches Joe Lynch „unterm Strich“ in einem ordentlich zufrieden stellenden Maße erreicht hat…
starke