Entstehungsdaten:
USA-Kanada 2015
Regie:
Osgood Perkins
Darsteller:
Kiernan Shipka
Lucy Boynton
Emma Roberts
James Remar
Lauren Holly
Trailer
„February“ – auch bekannt als „the Blackcoat´s Daughter“ – markierte 2015 das Regie-Debüt des amerikanischen Schauspielers Osgood „Oz“ Perkins: Seines Zeichens ältester Sohn des legendären „Psycho“-Stars Anthony sowie des ehemaligen Models Berry Berenson, welche bei den Anschlägen des 11. Septembers 2001 getötet wurde (sie befand sich an Bord des in den Nord-Turm des World Trade Centers gesteuerten Flugzeugs). Hierzulande unter dem sachlich nicht gerade akkuraten Titel „die Tochter des Teufels“ veröffentlicht, stehen drei Mädels im Zentrum dieses sehr ruhigen, düsteren, u.a. von Bryan Bertino („the Strangers“) produzierten dramatischen Horror-Thrillers: Zum einen wären da die zwei Schülerinnen Kat (Kiernan Shipka) und Rose (Lucy Boynton), die auf ein katholisches Internat gehen und sich dort unmittelbar vor ihrer Entlassung in die Ferien befinden – zum anderen Joan (Emma Roberts), welche sich an einem Bus-Bahnhof im selben Bundesstaat aufhält, nachdem sie sich anscheinend aus einer Klinik, einem Krankenhaus oder einer ähnlichen Einrichtung entfernt hatte…
Kat und Rose sind die einzigen, die von ihren Eltern nicht pünktlich abgeholt werden – was in ersterem Fall eventuell an dem schlechten Wetter liegt, während Rose bewusst ein falsches Datum weitergegeben hat, um sich noch einmal mit ihrem Freund Rick (Peter Grey) treffen zu können: Sie befürchtet nämlich, schwanger zu sein. Nur sie und die Schwestern Ms. Prescott (Elana Krausz) und Ms. Drake (Heather Tod Mitchell) bleiben auf dem Campus zurück. Da Kat die jüngere ist, erhält Rose vom Rektor (Peter James Haworth) den Auftrag, sich um sie zu kümmern; auf sie aufzupassen. Statt jener Anweisung nachzukommen, möchte sie aber lieber allein gelassen werden – und so erzählt sie Kat am Abend spontan „eine Geschichte“ darüber, dass die beiden Schul-Bediensteten in Wahrheit Satans-Anbeterinnen seien, bevor sie zu Rick hin aufbricht. Im Folgenden wird Kat (stärker als bis dato ohnehin schon) von Albträumen und „merkwürdigen Geschehnissen“ geplagt – worauf sie zunehmend zur Überzeugung gelangt, vor Ort wären „bösartige Mächte“ zugegen…
„February“ ist ein „slow burn“-Vertreter seines Genres, der seine Wirkung in einem zentralen Maße unterschwellig entfaltet, Informationen bloß schrittweise preisgibt sowie ein Publikum anspricht, das weder alle paar Minuten einen lauten „Jump Scare“ noch kontinuierlich zeitnah dargereichte Erläuterungen benötigt, um „bei der Stange zu bleiben“. Daher werde ich auch so wenig wie möglich verraten: Spezielle Offenbarungen und Details gar nicht erst erwähnen, geschweige denn „analysieren“. Allein bereits wie einem die Story präsentiert wird, erfordert Aufmerksamkeit, um „ergiebig“ an ihr teilzuhaben: Geschickt bewahrt Perkins die Verbindung zwischen dem sich um Kat und Rose sowie dem sich um Joan rankenden Plot-Strang „im Dunkeln“, werden bestimmte Szenen aus alternativen Perspektiven wiederholt und wurde die generelle Chronologie der Ereignisse zugunsten eines reizvollen Gefühls der Ungewissheit „verschleiert“. Zugegeben: Obgleich ihm letzteres prächtig gelungen ist, griff Perkins dabei an sich jedoch auf einen durchaus „an Schummelei grenzenden Trick“ zurück…
Eine viel zu dünne Jacke tragend nach Sonnenuntergang draußen in der Kälte sitzend, wird Joan irgendwann von Bill (James Remar) angesprochen, der zusammen mit seiner Frau Linda (Lauren Holly) in dieselbe Richtung wie sie unterwegs ist und ihr kurzerhand anbietet, sie ein Stück weit mitzunehmen – was sie schließlich annimmt. Er berichtet ihr, sie würde ihn an seine verstorbene Tochter erinnern, erkennt, dass es ihr auf die eine oder andere Weise „nicht gut geht“, und bezahlt ihr daher auch ein Hotel-Zimmer und ein warmes Essen, als sie etwas später mal eine Rast einlegen. Linda ist nicht sonderlich angetan von dieser Aktion ihres Mannes – lässt ihn allerdings, da es augenfällig mit zu seiner Art des Umgangs mit der Trauer gehört. Doch ist er wirklich nur ein „barmherziger Samariter“? Entsprechend „zum Schneiden dicht“ ist die Anspannung, als er zu fortgeschrittener Stunde ein Gespräch mit ihr sucht bzw. beginnt, nachdem er zuvor bei ihr geklopft und sie ihm (gerade unter der Dusche gewesen) bloß seitens eines Handtuchs verhüllt die Tür geöffnet hatte…
Durchweg unheilschwanger, kommt „February“ reich an Beklemmung und einer „schleichenden“, mit unterschiedlichen Andeutungen versehenen Bedrohung daher, die erst zum Ende hin eine klare Konkretisierung erfährt. Es fängt mit einem Traum an, in dem ein zerstörtes Auto zu sehen ist, erstreckt sich über eine Unterhaltung Kats mit dem Rektor, im Zuge derer sie äußert, dass sie es als schade erachten würde, wenn er ihre „Performance“ bei einer vorbereiteten Veranstaltung für die Eltern verpassen würde – wobei ihr Blick für einen Moment in einer Ecke des Raumes haften bleibt, was sie zu einem geheimnisvoll-flüchtigen, schwer einzuschätzenden Lächeln bewegt – und umfasst zudem auch so manche Begegnung, Konversation und Entwicklung in der schon bald nahezu menschenleeren „Bramford School for Girls“ (übrigens eine Anspielung auf „Rosemary´s Baby“). Das Schnee und eisige Temperaturen aufweisende Wetter, die Charaktere und Interaktionen, das „isolierte“ Setting: Die gesamte Atmosphäre erweckt einen „ungemütlich-kühlen“ Eindruck…
An der Schule scheint Kat keine Freunde zu haben – was offenkundig damit zutun hat, dass sie eine introvertierte Person ist sowie von Anfang an „leicht seltsam“ anmutet. Was verschweigt sie? Ist das, was auf sie „einwirkt“, real oder nur ein Erzeugnis ihrer Psyche? Was führt sie im Schilde? Sollte man Mitleid mit ihr haben – oder sie fürchten? Kiernan Shipka (TV´s „Mad Men“) portraitiert sie jedenfalls perfekt, meistert die Ambiguität des Parts prima und kann überdies schön singen, wie sie an einer Stelle evident beweist. Rose indes zeigt mehrfach, dass sie unter ihrer „mürrisch-abweisenden Oberfläche“ schon um Kat besorgt ist – sich derzeit aber halt selbst mit einigen „Belastungen“ auseinandersetzen muss – während man bei Joan rätselt, was ihr zugestoßen ist und wie genau ihr Story-Strang mit dem der anderen verknüpft ist. Lucy Boynton („Sing Street“) und Emma Roberts („Ashby“) liefern jeweils gute Performances ab – worüber hinaus in Nebenrollen u.a. James Remar („Horns“) und Lauren Holly („How to plan an Orgy in a small Town“) überzeugen…
Mit „February“ erweist sich Perkins als ein Könner beim Generieren einer „latenten“ Form von Suspense und Gefahr – was ihm bspw. durch dezent platzierte Elemente Schrägstrich Eigenschaften im Bereich der Darbietung seiner Protagonisten, durch kleine Pausen zwischen einzelnen Zeilen der (an sich ohnehin bloß spärlich vorhandenen) Dialoge sowie durch die „Langsamkeit“ der Entfaltung gelingt. Bewusst hat er Situationen und Erkenntnisse (bei den Figuren ebenso wie auf Seiten des Betrachters) hinausgezögert und mit einfachen, geradezu „minimalistischen“ Mitteln eine „Gänsehaut auslösende Aura“ entstehen lassen – etwa dank einer mit klassischen „Licht-und-Schatten-Spielen“ kombinierten spartanischen Ausleuchtung der Räumlichkeiten. Die Kamera-Arbeit Julie Kirkwoods („the Monster“) ist ruhig, voller bedächtig ausgewählter Einstellungen, das Sound-Design klasse sowie die Songs und der „unaufdringlich“ in die Geschehnisse eingebundene, des Öfteren ein unbehagliches „Rauschen“ und „Brummen“ mit einschließende Score von Osgood´s Bruder Elvis Perkins wunderbar stimmig…
Obgleich die Handlung im Grunde nicht die originellste ist und man einzelne Gegebenheiten durchaus vorausahnen kann, stellt einen der Film nichtsdestotrotz auch inhaltlich zufrieden – was u.a. seinem beseelten Herangehen an Empfindungen wie Trauer und Einsamkeit sowie seiner (spätestens im Nachhinein feststellbaren) „Schlüssigkeit“ zuzurechnen ist. Seine „verschachtelte“ Struktur, das geringe Tempo sowie der Verzicht auf explizite Erklärungen und banale „Jump Scares“ heben das (dennoch mit einer Reihe feiner „Horror-Sequenzen“ und einem blutigen Finale aufwartende) Ergebnis von vielen modernen Genre-Vertretern ab: Passenderweise hatte „A24“ („the VVitch“, „It comes at Night“, „Hereditary“ etc.) seinerzeit den Vertrieb in den Staaten übernommen. Alles in allem hat Osgood Perkins mit „February“ also einen düster-atmosphärischen, kompetent in Szene gesetzten „Indie“ erschaffen: Ein verheißungsvolles Debüt, dessen Qualitätsgrad und Stil er bei seinem 2017er Nachfolge-Werk „I Am the Pretty Thing That Lives in the House“ erfreulicherweise treu blieb…
starke