Entstehungsdaten:
USA-Deutschland 2005
Regie:
John Maybury
Darsteller:
Adrien Brody
Keira Knightley
Kris Kristofferson
Jennifer Jason Leigh
Daniel Craig
Kelly Lynch
Brad Renfro
Trailer
Bei "the Jacket" (2005) handelt es sich um ein düsteres, übernatürliche Mystery-Thriller-Elemente aufweisendes Psycho-Drama des britischen Künstlers und Regisseurs John Maybury ("the Edge of Love"), welches u.a. von George Clooney und Steven Soderbergh produziert wurde sowie lose auf der gleichnamigen, allerdings auch unter dem Titel "the Star Rover" veröffentlichten Novelle Jack Londons aus dem Jahr 1915 basiert. Der Film eröffnet 1991 im Irak – inmitten der Wirren des zweiten Golfkriegs: Jack Starks (Adrien Brody) ist ein amerikanischer Soldat, dem eines Tages im Rahmen eines Einsatzes seine Freundlichkeit gegenüber einem einheimischen Jungen (Angelo Andreou) zum Verhängnis wird, als jener plötzlich eine Waffe zieht und ihm eine Kugel in den Kopf schießt. Im Lazarett erklärt man ihn für tot – bevor eine Bedienstete jedoch gerade noch schwache Bewegungen seiner Augen registriert und man ihn im Folgenden tatsächlich noch zu retten vermag…
Jack wird in die USA zurückgeflogen und aus der Armee entlassen. Allein zu Fuß entlang eines Highways im winterlich-ländlichen Vermont unterwegs, trifft er am Rande der Straße auf eine unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehende Frau (Kelly Lynch), die im Beisein ihrer besorgten kleinen Tochter Jackie (Laura Marano) unweit ihres defekten Pick-Ups "weggetreten" im Schnee hockt. Nett kommt er mit dem Mädchen ins Gespräch, repartiert ihnen den Wagen und schenkt ihr seine "Dog Tags", auf die sie (neugierig) aufmerksam geworden war. Obgleich die Mutter unfreundlich reagiert und einfach davonfährt, wird Jack wenig später jedoch von einem jungen Mann (Brad Renfro) mitgenommen. Leider tötet der daraufhin einen Cop, welcher sie zuvor angehalten hatte – wobei Jack "ins Kreuzfeuer" gerät, besinnungslos zusammenbricht, die Waffe untergeschoben bekommt sowie sich im Anschluss daran vor Gericht wegen Mordes verantworten muss…
Da er sich an die Tat nicht erinnern kann – was man seiner Kriegs-Verletzung zurechnet – wird Jack zwar nicht für schuldig befunden, wohl aber in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, in der Dr. Thomas Becker (Kris Kristofferson) eine abnorme experimentelle Therapie-Methode praktiziert, bei der er seine Patienten in eine Zwangsjacke schnallt, ihnen ein spezielles Serum spritzt und sie dann für mehrere Stunden in eine enge Leichen-Schublade im Keller einsperrt. Während dieser "Sessions" vermischen sich Halluzinationen und Gedächtnis-Inhalte. Im Zuge einer jener findet sich Jack auf einmal (scheinbar) im Jahr 2007 wieder – wo er erneut Jackie (Keira Knightley) begegnet, welche inzwischen als Kellnerin arbeitet. Von ihr erfährt er, dass er eigentlich damals nicht lange nach seiner Einweisung verstorben war/ist – also begibt er sich nach seinem "Wiedererwachen" rasch daran, dem auf die Spur zu gelangen bzw. dieses Schicksal nach Möglichkeit zu verhindern…
Eine Intention von "the Jacket" besteht darin, das Publikum regelmäßig mit irgendetwas ein Stück weit zu "verunsichern". So wurde der Einstieg bspw. bewusst "stilistisch offensiv" gestaltet – mit diversen kurz eingesteuerten Satz-Fetzen und Geräuschen sowie schnell geschnittenen Abfolgen verschiedener Images – ähnlich wie das auch bei Jack´s Aufenthalten in der stark beengenden "Sensory-Deprivation-Kammer" der Fall ist. Er ist ein traumatisierter Veteran, der zusätzlich zum Durchlebten eine "physische Schädigung" seines Gehirns erlitten hat, zurück in der Heimat prompt unschuldig eines Kapital-Verbrechens angeklagt, in eine "Klapsmühle" eingeliefert sowie in eben jener an sich bereits bedrückenden Umgebung obendrein zum "Versuchskaninchen" eines Arztes wird. Für den Zuschauer (und ihn) ist es unklar, was davon denn echt oder bloß eine "Ausgeburt seines Verstands" ist. Ein Mix aus "Jacob´s Ladder", "One flew over the Cuckoo´s Nest" und "the Butterfly Effect" sozusagen…
In der Einrichtung trifft Jack auf gewisse Zustände und "Persönlichkeiten", die sich durchaus als "stereotyp" bezeichnen lassen: U.a. kommt er mit einem redselig-paranoiden Mitpatienten (Daniel Craig) ins Gespräch, mangelt es den Pflegern häufiger an "Feingefühl" und ist Becker augenfällig der "Baddie" der Geschichte – wohingegen Jennifer Jason Leigh eine freundlich-zugewandte Ärztin namens Beth Lorenson mimt, welche quasi den "Kontrast-Part" zu Becker markiert. Im Verlauf befördert die Kombination aus Serum, Zwangsjacke und "Schublade" Jack mehrfach in die Zukunft. Die Leute, denen er dort begegnet, behalten ihn fortbestehend in Erinnerung. Oder entfaltet sich das alles rein in seinem Kopf? Besondere Kenntnisse, die er 2007 erwirbt – z.B. über ein krankes Kind, um das sich Lorensen kümmert – kann er in der Gegenwart so im Grunde aber überhaupt nicht wissen oder in Erfahrung gebracht haben. Wie genau diese "Zeit-Reisen" von statten gehen, wird weder konkret noch schlüssig dargelegt…
Wie beim zuvor erwähnten Ashton Kutcher Streifen kommt es in der Hinsicht jedoch auch hier nicht wirklich auf "Stringenz" an: Dass das so geschieht, nimmt man hin – zumal es im Kontext des Ganzen (Plot-Entwicklung, Nachvollziehbarkeit sowie "Flow" des Werks) ebenso zweckdienlich wie ordentlich funktioniert. Wichtig anzumerken ist, dass die Mystery-Komponente einen weniger hohen Stellenwert beansprucht wie die sich mit Fragen á la
Wie lange bleibt einem wohl noch – und wie nutzt man diese Dauer möglichst ersprießlich? beschäftigenden Drama-Anteile der Story. Dass sich Jackie und Jack helfen, das wachsende Vertrauen und die unterschiedlichen heraufbeschworenen Emotionen: Beidesamt einsame, unglückliche "Damaged Goods", sind ihre Szenen nachvollziehbar sowie mitunter wahrhaft "bewegend" geraten – und das unabhängig dessen, dass ihre Empfindungen leicht hin zu "creepy" tendieren, wenn man denn mal richtig darüber nachdenkt…
Adrien Brody´s ("American Heist") Performance in "the Jacket" ist eine hochklassige, im Rahmen derer es ihm gelingt, den psychologischen und körperlichen "Horror" des Krieges, der Anklage sowie der mit ihm in der Anstalt geschehenden Dingen absolut glaubwürdig zu transportieren. Ergänzt um seine Gestik, Haltung und Sprechweise, spiegelt sich in Brody´s Gesicht all der Kummer, die Verwirrung, Angst, Panik und Unsicherheit seiner Rolle wider – sowie natürlich auch das, was Jackie in ihm auslöst. Von Keira Knightley ("Pirates of the Caribbean") überzeugend gespielt, ist jene eine freundliche Person mit einer schweren Kindheit, welche auf einem vergleichbaren (u.a. von Alkohol gezeichneten) "Pfad" wie der ihrer Mutter (Kelly Lynch aus "Passion Play") gelandet ist. Seitens des Lebens (Job, Glück, Liebe etc.) ernüchtert, akzeptiert sie Jack´s eigentlich ja nicht rational zu erklärendes Wieder-Auftauchen relativ zügig – zehrt Positives (Kraft und Hoffnung) aus ihrer "Bindung"…
Kris Kristofferson ("Traded") nimmt man den Part des unorthodoxe Methoden anwendenden, unethisch handelnden Arztes Becker ohne weiteres ab – allerdings kommt jener unvorteilhaft "eindimensional gestrickt" daher: Eine bessere Herausstellung seiner Motive wäre zu wünschen gewesen. Flüchtig wird ein vorheriges "Opfer" seiner speziellen Therapie-Form zur Sprache gebracht – und Lorsensen müht sich privat um die Heilung eines Jungen, der übrigens von demselben Knaben wie jener eingangs im Irak gemimt wird: Zwei inhaltliche Elemente, die alles in allem jedoch nicht sonderlich "ergiebiger Art" sind. Jennifer Jason Leigh ("Annihilation") macht ihre Sache jedenfalls prima – vermittelt die (zu ihrer Profession ja passende) Empathie Lorensens "spürbar". Die Auftritte Daniel Craigs ("Spectre") sind unterdessen mehrheitlich amüsant – mit einer Neigung hin zum "Tragisch-Komischen" – für Laura Marano ("Lady Bird") war´s ihr Spielfilm-Debüt und Brad Renfro ("the Informers") ist bloß kurz mit von der Partie…
Regisseur John Maybury´s Backgrounds in den Bereichen Musik-Videos und Kunst sind nur bedingt registrierbar: Bis auf die Momente, in denen "Chaos" (z.B. im Kopfe Jacks) herrscht – was dann wiederum u.a. "desorientierend" (mit raschen Schnitt-Folgen) veranschaulicht wird – ist das Tempo weitestgehend ruhig sowie die Inszenierung nicht allzu "flashy" arrangiert worden. Neben den gewählten Dreh-Locations (in Kanada und Schottland) sowie dem kalten, verschneiten Wetter trägt zudem noch die feine Bebilderung Peter Demings ("Mulholland Dr.") sowie der hervorragende Score Brian Enos ("the Million Dollar Hotel") eine Menge zur düster-ungemütlichen Atmosphäre des Streifens bei, der im Kino leider unschön floppte – an sich aber auch beileibe keine "Mainstream-orientierte Kost mit kommerziellem Appeal" ist (siehe allein schon, dass er aus dem Hause "Warner Independent Pictures" stammt)…
Gern hätte "the Jacket" bestimmte Aspekte seiner Geschichte "tiefer ausloten" dürfen – etwa die philosophischen, sozialen und politischen (wie der Umgang mit Kriegs-Veteranen) – während manche Details indes Aufmerksamkeit erfordern, um sie zu registrieren (á la dass CNN im TV des Gruppenraums läuft, parallel dazu aber ein Vortrag des kritischen linken Professors Noam Chomsky zu hören ist). Absichtlich ist die "Auflösung" des vorhergesagten Todes Jacks eine ziemlich banale – denn wie gesagt: Wir haben es hier vor allem mit einem metaphysischen Psycho-Drama zutun – nicht primär mit einem "Whodunit"-Mystery-Zeitreise-Thriller. Und das Ende? Auf den ersten Blick vermag es einen nicht umfassend zufrieden zu stellen – doch sollte man sich bewusst machen, aus welcher "Perspektive" das Gebotene stammt (auf der DVD und BluRay gibt es dazu auch zwei "Continuations to the last Scene") – worüber hinaus der Schluss-Song "We have all the Time in the World" von Iggy Pop eine weitere offen gebliebene Frage aus dem Vorangegangenen beantwortet…
knappe