Entstehungsdaten:
USA-Kanada 2021
Regie:
Jonathan Hensleigh
Darsteller:
Liam Neeson
Marcus Thomas
Amber Midthunder
Laurence Fishburne
Benjamin Walker
Trailer
"Am Ende der Welt gibt es einen außergewöhnlichen Ort und einen Job, dem nur wenige Trucker gewachsen sind. Die Aufgabe: Tonnenschwere Ladung muss 600 km über zugefrorene Seen transportiert werden. Das Ziel: Die Diamantenminen im Norden Kanadas. 10.000 Ladungen – und sie haben nur 60 Tage Zeit, denn dann wird es Frühling und die Eispiste schmilzt. Der Lohn ist groß – doch das Risiko ist größer…"
Dieses Zitat stammt aus dem Vorspann der erfolgreichen Reality-TV-Serie "Ice Road Truckers", welche von 2007 bis 2017 produziert wurde und viele Zuschauer erst darauf aufmerksam machte, dass so etwas (eine solche Profession bzw. Art des Fahrens und Beförderns) überhaupt existiert. Nicht nur für Fans der Show, die sich bei jener schon immer Schießereien, Fights, Explosionen, Verfolgungsjagden, Brücken-Einstürze, Sabotage-Akte, geldgierig-korrupte Auftraggeber sowie deutlich mehr Klischees wünschten, hat Regisseur und Drehbuchautor Jonathan Hensleigh ("the Punisher", 2004) den dramatischen Action-Streifen "the Ice Road" geschaffen. Eine zehnjährige "Film-Abstinenz" (nach seinem 2011er Gangster-Streifen "Kill the Irishman") beendend, war es ihm zwar nicht möglich, ein herausragend hohes Budget für das Projekt zu sichern – wohl aber die Mitwirkung Liam Neesons, der in der "Charles Bronson Phase" seiner Karriere Parts wie seinen hier vorliegenden gleichermaßen routiniert wie fähig zu portraitieren vermag sowie dank seines Talents und "rauen Charismas" (mangelnder Originalität Schrägstrich Abwechslung bei seiner Rollen-Auswahl zum Trotz) weiterhin ein relativ gern gesehener Darsteller ist…
Als es in einer kanadischen Mine zu einer Methangas-Entzündung kommt, welche einen Teil des Tunnel-Systems einstürzen lässt sowie diverse Arbeiter tötet und verletzt, wird rasch berechnet, dass etwaige Verschüttete (von denen Klopfzeichen gehört werden) maximal noch Sauerstoff für knapp über 30 Stunden übrig haben dürften. Um sicher an sie herangelangen zu können, wird jedoch schweres Bohr-Equipment benötigt, das weder vor Ort ist noch eingeflogen werden kann. Der Landweg ist der einzig realisierbare – doch drängt die Zeit, ist die "Ice Road" eigentlich schon gesperrt (da es bereits April ist und ein Befahren somit arg gefährlich wäre) und sind die besten Trucker für diese Route inzwischen in ihre saisonalen Urlaube abgereist. Unternehmer Jim Goldenrod (Laurence Fishburne) kennt viele der Eingeschlossenen – weshalb er kurzerhand die Herausforderung annimmt, einen aus drei Lkw-Schwertransportern bestehenden Konvoi (mit jeweils derselben Fracht, falls bis zu zwei das Ziel nicht erreichen sollten) zusammenzustellen. Er selbst wird einen davon steuern – die Frage ist bloß, wen er derart schnell mit den übrigen Posten betrauen kann. Per Notfall-Meldung wird ein entsprechendes Gesuch veröffentlicht…
Einige Meilen entfernt (in North Dakota), wo er und sein Bruder Gurty (Marcus Thomas) gerade infolge eines "tätlichen Übergriffs" gefeuert wurden, als sich ein Kollege über gewisse Symptome der Aphasie- und PTSD-Leiden letzteren Kriegs-Veteranen lustig gemacht hatten, liest Mike McCann (Neeson) die Meldung – worauf sich beide umgehend auf den Weg begeben: Das Geld lockt, Mike verfügt zumindest über ein paar Erfahrungen "auf dem Eis" und Gurty kann Jim (unabhängig seiner "Einschränkungen") von seinen Fähigkeiten als Mechaniker überzeugen, so dass sie den Job erhalten. Der dritte Trucker im Bunde ist die junge, zum indigenen Stamm der Cree gehörende Tantoo (Amber Midthunder), deren Bruder unter den Vermissten des Gruben-Unglücks ist. Ergänzt um einen Vertreter der zuständigen Versicherung – Benjamin Walker als Tom Verney – brechen sie zügig in ihren Lastern auf: Für $50.000 pro Person soll es in rund 23 Stunden zuerst über den Winnipeg-See, dann über den Manitoba-Pass und schließlich über den Manitonka-See bis hin zur 432 Meilen südlich des Polarkreises gelegenen Katka Diamond Mine gehen – ein aus gleich verschiedenerlei Gründen höchst riskantes Unterfangen…
Eine waghalsige Handvoll auf ihre Fahrzeuge und ihr Können angewiesene Leute im Kampf gegen bestimmte "Widrigkeiten der Natur" plus einen unerbittlich runtertickenden Countdown: "the Ice Road" hätte ein gradlinig-packender Thriller in der Tradition der betreffenden Passagen in den Georges Arnaud Adaptionen "Le salaire de la peur" (1953) und "Sorcerer" (1977) werden können – wenn Hensleigh es denn so gewollt hätte. Leider war es ihm aber nicht genug, drei 30-Tonner über von der Sonne bereits bedrohlich dünn und brüchig gewordenes Eis zu schicken – wobei sie möglichst (um Risse oder sich vor ihnen aufbauende Druckwellen zu vermeiden) stets ein optimales Tempo (nicht zu langsam oder zu geschwind) halten müssen – zusätzlich zum Meistern eines Bergpasses, schlechten Wetters und einer betagten Brücke, während Verschüttete zu erfrieren und/oder zu ersticken drohen. Hätte er nur mal auf Clarence Johnson gehört:
Keep it simple, stupid! Es ist nämlich so, dass er diese "Kernpunkte" der Story noch mit einer langen Reihe an Subplots "ausschmückte" – was insgesamt zu einer evidenten "Überfrachtung" des Ganzen führte…
Beginnen wir da einfach mal bei Mike und Gurty: Ersterer kümmert sich fürsorglich um seinen Bruder, seit dieser traumatisiert und sprachgestört aus dem Irak zurückgekehrt ist. Noch immer ein begnadeter Mechaniker, verlieren sie dennoch regelmäßig Jobs aus diesem Kontext heraus (selbst Kriegs-Rückkehrern gegenüber sind etliche Trucker offenbar nicht unbedingt allzu empathisch oder verständnisvoll). Als sich Mike nach einer erneuten Kündigung tatsächlich dazu durchringen kann, Gurty zu Untersuchungen in ein Veteranen-Krankenhaus zu bringen, hält das auch nur wenige Stunden – und zwar bis er mitbekommt, dass ein Arzt ihm Opioide verschrieben hat, und er ihn daraufhin stracks wieder mitnimmt (
"Kiss my Irish ass!"). Sehr nobel von ihm. Ihr Traum ist es, eine eigene Zugmaschine zu besitzen, um so unabhängiger von Chefs und Kollegen sein zu können. Marcus Thomas ("the Forger") portraitiert Gurty ordentlich – doch wird keine der mit seiner Figur verbundenen Themen-Bereiche je übers grobe Anreißen hinaus "vertieft"; exakt so wie bspw. bei Tantoo, dass sie schon mehrfach dafür verhaftet wurde, weil sie öftermals "rege" fürs Wahren der Rechte der dort heimischen Ureinwohner protestiert hat…
Tantoo ist temperamentvoll, sympathisch und tough, wird prima von Amber Midthunder ("the Marksman") verkörpert und ist bei der "Mission" mit dabei, um mit Hilfe der Fracht hoffentlich noch ihren Bruder Cody (Martin Sensmeier aus "Wind River") retten zu können, der wiederum zusammen mit seinem Schichtführer Lampard (verschenkt: Holt McCallany aus "Wrath of Man") nicht nur ums eigene Überleben sowie das der Kameraden kämpft, sondern überdies gegen die Absicht einzelner, die schwächsten Verletzten (aktiv!) zu "opfern", um so den Verbrauch des schwindenden Sauerstoff-Vorrats zu verlangsamen. Die Verantwortlichen für die Mine – allen voran General Manager Sickle (Matt McCoy aus "National Security") und Operations-VP Tager (Bradley Sawatzky aus "Siberia") – sehnen indes ein Scheitern der Bemühungen herbei, da sie im Vorfeld der Explosion (zugunsten des Profits) Sicherheits-Vorschiften missachtet hatten, wovon einige der Arbeiter wissen und nun natürlich sonst keiner erfahren soll – weder Politiker, ihr CEO Thomason (Matt Salinger, Albert Pyun´s "Captain America") noch die Öffentlichkeit. Als Rollen sind das jeweils "langweilige Anzug-Träger", die aber noch einen "Plan B" in petto haben…
Mit Tom Verney präsentiert uns "the Ice Road" zusätzlich noch einen "zentralen Baddie", der den Konvoi im direkten Auftrag Sickles begleitet – und das keineswegs im Dienste der Firmen-Versicherung: Nein – von Anfang an unverkennbar "verdächtig" auftretend, verbirgt er u.a. eine Waffe und Sprengstoff in seinem Rucksack. Benjamin Walker ("In the Heart of the Sea") spielt den Part so "B-Movie-haft" wie die Vorlage ihn gestaltet hat, welche generell nicht gerade arm an uninteressanten Charakteren, mauen Dialogen, überflüssigen "Plot-Beigaben" und Klischees daherkommt. Hören wirklich alle Trucker Country-Musik? Nunja, zumindest wird erklärt, was es mit den "Bobbleheads" auf den Armaturen-Brettern auf sich hat, und ist auf Liam Neeson ("the Grey") als Lead Verlass, welcher "Raubein" Mike auf seine inzwischen ja aus diversen Projekten der vergangenen Jahre vertraut-gewohnte Weise glaubwürdig-kompetent darbietet. Schade, dass ihn die meisten heutzutage eher mit Bryan Mills und Co. als mit Oskar Schindler, Michael Collins oder Rob Roy in Verbindung bringen. Eine ähnlich "sichere Bank" wie Neeson ist zudem noch Laurence Fishburne ("the Matrix"), der hier aber nur über limitierte Screen-Time verfügt…
Einige der Nebenhandlungen bremsen den Verlauf immer wieder unvorteilhaft aus, anstatt die Dringlichkeit der Lage zu bekräftigen – "Unvorhersehbares" sucht man im Prinzip vergebens. Im finalen Drittel wird es für jemanden dann ebenfalls (neben Tantoo) gar noch "persönlich" – was im Komplettbild betrachtet (vom "Figuren-Arc" her) eigentlich überhaupt nicht hätte sein müssen – bevor es an der Mine schlussendlich überraschend schnell geht. Hensleigh´s Karriere als Drehbuch-Autor umfasst Genre-Kost á la "Die Hard: With a Vengeance", "Armageddon" und "Next" – doch im Vorliegenden hätte ich mir von ihm eine stärkere "Bodenständigkeit" gewünscht; auch wenn gewisse überzogene, nur eingeschränkt realistische Momente nicht ohne Unterhaltungswert sind. Die Schauplätze der Entfaltung sind nicht selten schön anzusehen – á la schneebedeckte Landschaften und nächtliche Polarlichter – vermitteln zugleich aber trotzdem ein gutes Gefühl für die Kälte und Ungemütlichkeit, dort außerhalb der warmen Fahrerkabinen agieren zu müssen – ebenso wie für etwaige dem Unterfangen zugehörige Gefahren; bspw. via Kamera-Perspektiven von unter der Eisschicht hinauf auf die über jene hinwegrollenden 30-Tonner…
"the Ice Road" wurde seitens des gestandenen Cinematographers Tom Stern ("the Hunger Games") in ansprechende Bilder gekleidet – der Score Max Arujs ("Crawl") geht in Ordnung. Spannung kommt bloß sporadisch auf – doch vermag einen die gebotene Action durchaus bei Laune zu halten; insbesondere die Sequenzen, in denen die Trucks im Mittelpunkt stehen (also jene Fahrzeuge bzw. ihre Lenker darauf Acht geben müssen, nicht einzubrechen, Abhänge hinunter zu stürzen oder von einer Lawine mitgerissen zu werden, sie einander verfolgen, rammen sowie von Schneemobilen, Pickups und bewaffneten Schergen bedrängt werden). Die "oldschool-handgemachten" Stunts überzeugen – mitunter fühlte ich mich da an Streifen wie "Black Dog" erinnert – wogegen einige der CGIs enttäuschend "kostengünstig" anmuten. U.a. zu "unfokussiert", scheitert Henleigh´s Film alles in allem an dem versuchten "Spagat" zwischen einem ernstzunehmenden Survival-Thriller und "Big Dumb Fun". Als bezeichnend stereotyp sei an dieser Stelle noch eine Szene erwähnt, in der Mike "vor versammelter Mannschaft" an Sickle herantritt, ihm wütend ins Gesicht boxt sowie anschließend kommentarlos davonschreitet…