Entstehungsdaten:
USA-Deutschland-Kanada-GB-Schweden 2018
Regie:
Fede Alvarez
Darsteller:
Claire Foy
Sverrir Gudnason
LaKeith Stanfield
Sylvia Hoeks
Christopher Convery
Trailer
Hierzulande unter dem Titel "Verschwörung" veröffentlicht, markiert der 2018er Thriller "the Girl in the Spider´s Web" die Verfilmung des gleichnamigen 2015er Romans aus der Feder von David Lagercrantz, mit welchem jener die sogenannte "Millennium-Reihe" seines 2004 verstorbenen schwedischen Landsmanns Stieg Larsson fortführte, dessen drei "Auftakt-Bände" übrigens gar erst nach seinem Tod in den Handel kamen. Eigentlich hatte Larsson insgesamt zehn sich um seine Haupt-Protagonisten Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist rankende Bücher geplant – seine letztlich vollendete "Trilogie" avancierte zu einem großen internationalen Erfolg. Es war im Jahr 2009, dass skandinavisch-deutsche TV-Adaptionen dieser Bestseller – nämlich "Verblendung" ("Män som hatar kvinnor"), "Verdammnis" ("Flickan som lekte med elden") und "Vergebung" ("Luftslottet som sprängdes") – im Vorfeld ihrer Ausstrahlung (in jeweils von der Lauflänge her gekürzten Fassungen) überdies in die Kinos gebracht wurden – und das sehr einträglich für die Verantwortlichen. Ein "Plus" bescherte diesen kompetent realisierten Produktionen vor allem die engagierte Performance von Noomi Rapace in der Rolle der an verschiedenen traumatischen Erlebnissen leidenden, hochintelligenten, unsozial-eigenwilligen Computer-Hackerin und "Vigilantin" Lisbeth…
2011 präsentierte Meister-Regisseur David Fincher dem Publikum dann mit "the Girl with the Dragon Tattoo" seine (von Steven Zaillian inspiriert aufgegriffene und clever gewichtete) Version von Larsson´s "Verblendung", welche auch in jener "US-Studio-Variante" weiterhin in und um Stockholm angesiedelt daherkam. Mit einem höheren Budget und einer feinen Cast&Crew gesegnet – siehe nur mal Rooney Mara, Daniel Craig, Christopher Plummer, Stellan Skarsgård, Robin Wright, Trent Reznor und Jeff Cronenweth – schuf Fincher ein "abgründiges", vielschichtiges, atmosphärisch und präzise in Szene gesetztes Werk, das dem "Original" in jeglicher Hinsicht überlegen ist sowie abschließend zirka 232.617.500,- Dollar erwirtschaftete. Von Anbeginn an wollte man etwaige Sequels nicht "überstürzen" – allerdings verzögerte sich das ganze Unterfangen aufgrund der "vollen Terminpläne" der zentralen Beteiligten zusätzlich, so dass irgendwann die Entscheidung getroffen wurde, sich gleich auf die bislang unverfilmten Romane zu konzentrieren sowie im Zuge dessen quasi ein "soft Reboot" der Materie auszuführen, um auf diesem Wege simultan auch neue, gern jüngere Zuschauer anzulocken, denen Fincher´s primär an Erwachsene gerichtetes (u.a. ungemütliches, unüberhastet-ruhiges) 158-Minuten-Opus eher nicht so ansprach…
Im Falle von "the Girl in the Spider´s Web" (bzw. "Det som inte dödar oss") fiel die Regie-Wahl auf Fede Alvarez, der sich mit dem "Evil Dead"-Remake und dem Thriller-Hit "Don´t Breathe" zuvor "einen beachteten Namen" in der Branche erworben hatte und sich kurzerhand gemeinsam mit Jay Basu ("Monsters: Dark Continent") und Steven Knight ("Eastern Promises") ans Verfassen des Skripts begab. Rund $43 Millionen wurden dem Projekt zur Verfügung gestellt – für welches Alvarez auf die Mitwirkung einiger seiner bisherigen "Wegbegleiter" (unter ihnen Komponist Roque Baños und Kamera-Mann Pedro Luque) zurückgriff. Als "Lead" konnte die talentierte, sowohl "Golden Globe"- als auch "Emmy"-preisgekrönte Britin Claire Foy (TV´s "the Crown") gewonnen werden, welche sich extra für den Part einen überzeugenden "nordischen" Akzent aneignete – gedreht wurde in Deutschland und Schweden. Die erzählte Geschichte setzt drei Jahre nach den Geschehnissen in "the Girl with the Dragon Tattoo" ein: Seit eine Reportage des Journalisten Mikael Blomkvist (Sverrir Gudnason) sie zu einer "lokalen Berühmtheit" werden ließ, ist es für Lisbeth weitaus schwieriger geworden, ein zurückgezogenes Dasein zu führen, welches es ihr außerdem erlaubt, möglichst unbehelligt ihre Form von "Gerechtigkeit" auszuüben…
Verwurzelt in ihrer Vergangenheit, hat es sich Lisbeth zur Aufgabe gemacht, bestimmte Frauen misshandelnde Männer zu bestrafen – während sie "in gewissen Kreisen" zugleich den Ruf einer formidablen Hackerin genießt. Eines Tages wird sie von dem Ex-NSA-Angestellten Balder (Stephen Merchant) kontaktiert, der für seinen ehemaligen Arbeitgeber ein System entwickelt hatte, mit dem man die Kontrolle über alle Nuklear-Raketen der Welt übernehmen könnte: Ein "Fehler" in seinen Augen, der ihm so erst im Nachhinein klar bewusst wurde – weshalb er sie nun darum bittet, das Programm für ihn zu stehlen, damit er es zerstören Schrägstrich löschen kann. Lisbeth willigt ein – und schafft das Angestrebte dann auch – doch vermag der NSA-IT-Experte Edwin Needham (Lakeith Stanfield) den Hack bis nach Stockholm nachzuverfolgen und wird obendrein (noch vor dem vereinbarten Treffen mit Balder) ihr Loft in Brand gesetzt sowie ihr Laptop (mit der Software drauf) gestohlen. Via Blomkvist kommt heraus, dass eine sinistre Organisation namens "the Spiders" dahinter steckt, die von einer mysteriösen Dame (Sylvia Hoeks) angeführt wird und der es schon bald gelingt, Balder zu töten sowie dessen autistischen Sohn August (Christopher Convery) zu entführen, welcher Kenntnisse hinsichtlich des benötigten Zugangs-Codes besitzt…
"the Girl in the Spider´s Web" eröffnet in Gestalt eines Flashback-Prologs, der einem einen bedeutsamen Einblick in Lisbeth´s Kindheit gewährt: In einem geräumigen Haus sind sie (Beau Gadsdon) und ihre Schwester Camilla (Carlotta von Falkenhayn) just dabei, eine Partie Schach zu spielen, als beide in das Zimmer ihres Vaters (Mikael Persbrandt) gerufen werden. Es ist unverkennbar, dass er "Unschönes" mit ihnen vorhat. Trotz ihrer Bemühungen, Camilla (mit ihr) zur Flucht zu bewegen, entscheidet sich jene jedoch dagegen – wonach Lisbeth einzig dadurch entkommen kann, dass sie sich einen Abhang hinunter stützt sowie so rasch es nur geht von jenem eisig-verschneiten Ort davonrennt. Jahre später verstirbt ihr Vater – welcher ein gefürchteter Verbrecher-Boss war – und für einen Großteil der Betrachter dürfte es keinerlei Überraschung sein, dass sich Camilla schließlich als die "Strippen-Zieherin" der aktuellen Ereignisse entpuppt. Als sich die zwei Schwestern dann wiedersehen, geschieht das nach einer wilden Hatz quer durch die City auf verschiedenen Seiten eines Flusses stehend – getrennt von einer hochgefahrenen Hubbrücke. Zuvor hatte es bereits eine ähnliche Szene zwischen Lisbeth und Mikael gegeben. Mehrere in jener Weise arrangierte, spezielle Verhältnisse einander in Beziehung setzende Einstellungen sind im Verlauf registrierbar…
Im Vorliegenden gibt es erneut eine stilisierte Opening-Credits-Sequenz zu verzeichnen, die sich (von den gewählten Farben und dem grundlegenden "Ton" her) allerdings deutlich von jener albtraumhaft-düsteren, mit Karen O´s, Trent Reznor´s und Atticus Ross' starkem "Immigrant Song"-Cover unterlegten am Anfang von "the Girl with the Dragon Tattoo" unterscheidet. Die "Neu-Ausrichtung" der Franchise wird schnell evident, welche nun weitaus "herkömmlicher" daherkommt: War Fincher´s Werk damals noch (laut Trailer) the Feel Bad Movie of Christmas, ist das von Alvarez indes weitestgehend gängige, auf Action, Tempo und Schauwerte bedachte "Multiplex-Kost". Bei Lisbeth´s erstem Auftritt als Erwachsene wird sie als "dunkler Rache-Engel" ins Bild gerückt: Schwarz gekleidet, mit weißer "Kriegs-Bemalung" um ihre Augen herum sowie gar dem Anschein von Flügeln – einer hinter ihr stehenden Skulptur sei Dank. Mit Hilfe einer präparierten Vorrichtung lässt sie einen Frauen peinigenden Geschäftsmann (Volker Bruch aus TV´s "Babylon Berlin") in dessen High-Class-Apartment kopfüber von der Decke baumeln, leert sein Konto zugunsten drei seiner Opfer, erpresst sein künftiges Schweigen auf der Basis des Besitzes eines brisanten Sex-Tapes und fügt seinen Genitalien per Taser ein paar schmerzhafte Stromschläge zu…
Unmittelbar von seinem Einstieg an ist "the Girl in the Spider´s Web" merklich "glatter" und "Mainstream-kompatibler" als seine vier indirekten Vorgänger – weniger "gritty" sowohl in Sachen Optik und Gewalt-Darstellung als auch bei der Charakter-Zeichnung Lisbeths. Aus der ambivalenten, das Asperger-Syndrom aufweisenden Anti-Heldin, welche den aus ihren multiplen (u.a. sexuellen) Traumata entstammten Zorn dazu nutzte, unerbittlich gegen diverse in der Gesellschaft zu findende misogyne Gegebenheiten anzugehen, ist nun eher eine fürs Genre nicht untypische toughe, rebellisch-antiautoritär-coole "Selbstjustiz-Figur" geworden, die hervorragend streng gesicherte Computer-Systeme zu hacken, zu fighten sowie Fahrzeuge sogar über vereisten Untergrund mit hoher Geschwindigkeit versiert zu führen in der Lage ist. Man muss jedoch berücksichtigen, dass zwischen den Ereignissen der einzelnen Filme (gerade zwischen den US-Adaptionen) durchaus Zeit vergangen ist, in der sich Lisbeth verändert und weiterentwickelt hat – siehe bspw. nur mal, was aus ihrem (nun distanzierten) Verhältnis zu Blomkvist wurde. Ihre Wut und Enttäuschung hat sie so werden lassen – und natürlich die sich um Geheimdienste und nukleare Start-Codes rankende Story-Vorlage, welche sie quasi zu einem punky bisexual female Jason Bourne gemacht hat…
Von Blomkvist fühlt sich Lisbeth hintergangen – und trotzdem empfindet sie weiterhin noch etwas für ihn. Neben diversen unsubtilen Momenten sind jedoch auch einzelne zu entdecken, die unaufdringlich bestimmte Emotionen vermitteln – á la Lisbeth´s Umgang mit August samt ihrer Übernahme der Verantwortung für den autistischen Jungen. Claire Foy ("Season of the Witch") verkörpert sie ohne einer Notwendigkeit zur Klage: Erwartungsgemäß kommt sie nicht an die grandiose Performance Maras heran – erweist sich aber dennoch als eine würdige Nachfolgerin und drückt der ikonischen Rolle ihren eigenen "Stempel" auf. Knallhart und selbstsicher – innerlich allerdings ebenfalls "gezeichnet" und verletzbar – sieht sie sich hier nicht nur mit Killern sowie der dringlichen Suche nach dem "MacGuffin" der Geschichte konfrontiert, sondern zudem mit ihrer eigenen Vergangenheit und Familie. Bevor ihr die Flucht gelang, misshandelte ihr Vater sie und Camilla physisch und psychisch – nach dessen Tod hatte letztere seine kriminelle Organisation übernommen. Lisbeth wirft sie vor, sie in den verstrichenen Jahren nie zu "retten" versucht zu haben – und nun stehen sie einander als Widersacherinnen gegenüber. An sich absolut zufrieden stellend agierend, wurde Sylvia Hoeks ("Renegades") seitens des Skripts jedoch kaum ernsthaft gefordert…
Bei "the Girl in the Spider´s Web" hat man der möglichst zügig-straffen Entfaltung eine dominantere Priorität zugesprochen als "Reichhaltigkeit" und "Mehrdimensionalität" bei der Ausgestaltung der einzelnen Persönlichkeiten. Blomkvist z.B. bringt nichts Substanzielles ins Geschehen ein und hätte im Prinzip komplett weggelassen werden können – zumal Sverrir Gudnason ("Borg McEnroe") zu jung und "frisch" für den Part anmutet sowie im Vergleich zu Michael Nyqvist und Daniel Craig klar den Kürzeren zieht. Als seine Chefin und Geliebte Erika Berger wurde die Luxemburgerin Vicky Krieps ("Beckett") indes völlig "verschenkt" – während Cameron Britton (TV´s "Mindhunter") Lisbeth´s stereotypen "Comic Relief Sidekick" Plague immerhin ordentlich darbietet sowie Darsteller wie Stephen Merchant ("Fighting with my Family"), Christopher Convery ("Brahms: the Boy 2"), Claes Bang ("the Northman“) und Synnøve Macody Lund ("Headhunters") in ihren Nebenrollen jeweils kompetenten Support beisteuern. Und dann wäre da noch der stets gern gesehene Lakeith Stanfield ("the Harder They Fall") als NSA-Computer-Spezi Needham: Ein ehemaliger "legendärer" Hacker, der obendrein bestens mit einem Scharfschützen-Gewehr umgehen kann sowie sich auch "abseits etwaiger Screens" hochgradig aktiv in den Fall involviert…
Fraglos ist die Story ziemlich Genre-konventioneller Beschaffenheit. Komplexere Details sind "nebensächlich" – wobei dem Zuschauer regelmäßig aber schon so einiges sehr direkt "aufgedröselt" wird (auf das Zeigen eines blinkenden Trackers in einem Stofftier hätte man definitiv getrost verzichten können). An der grundsätzlichen Umsetzung habe ich dagegen nahezu nichts zu beanstanden: Alvarez ist ein kompetenter Regisseur, der u.a. gemeinsam mit Editor Tatiana S. Riegel ("Fright Night") eine ganze Reihe von ansprechenden, teils erfreulich mitreißenden Sequenzen arrangiert hat, bei denen ein gewisses "Augenzwinkern" punktuell nicht von der Hand zu weisen ist (siehe diesbezüglich nur mal ein "Katz&Maus-Spiel" im Flughafen). Ruhige Passagen gibt es nicht allzu viele: Regelmäßig ereignen sich Dinge wie Verfolgungen oder Fights, welche wiederum abwechslungsreich sowie durchweg "dynamisch" in ihrer Art sind und von Roque Baños' ("Come Play") Score entsprechend untermalt werden. Eine Flucht Lisbeths durch die Straßen der Metropole – unter Drogen gesetzt sowie mit einer Leiche auf dem Beifahrersitz – macht ebenso Laune wie als sie mit ihrem Motorrad über die zugefrorene Bucht Stockholms brettert; der Crash einer Limousine nach dem Fern-Auslösen des Airbags bei voller Fahrt in einer bewaldeten Bergregion ist spektakulär anzuschauen…
Generell ist "the Girl in the Spider´s Web" ein optisch schicker Streifen: Von der Kamera-Arbeit Pedro Luques ("Antebellum") übers Set-Design bis hin zu den gewählten Locations – egal ob ländlich oder urban (bspw. eine ehemalige Abhör-Station, ein trendiger Nachtclub oder ein edles Museum mit modernen Videokunst-Projektionen). Kräftige Farben heben sich herausstechend von schneebedeckten Landschaften oder dunklen Umgebungen ab – sei es der knallrote Mantel Camillas, Feuer und Explosionen, elektrisch-blau flackernde Taser oder von innen beleuchtete Atemschutzmasken, deren Träger Lisbeth in einem mit Gas gefüllten Raum angreifen. In Addition dazu Szenen wie als man sie mit luftdichtem Latex-Material umhüllt, um dann per Kompressor ein Vakuum zu erzeugen – oder als Needham mit einem großkalibrigen Sniper-Gewehr gezielt durch die Wände eines Gebäudes hindurch auf Baddies zu schießen beginnt, nachdem er zuvor einen digitalen Echtzeit-Thermal-Scan angefertigt hatte: Nicht gerade "bodenständig-realistisch" – dafür aber cool. In diesem Sinne kommt diese Lisbeth Salander hier quasi so daher, als hätte man sie mit Jason Bourne und Nick Hathaway (aus Michael Mann´s "Blackhat") gekreuzt – und vermag ich Fede Alvarez´s Film alles in allem zumindest als ein oberflächlich-unterhaltsames "Guilty Pleasure" anzusehen…
gute