Entstehungsdaten:
GB-USA 2018
Regie:
Mathew Cullen
Darsteller:
Billy Bob Thornton
Amber Heard
Jim Sturgess
Theo James
Johnny Depp
Jaimie Alexander
Jason Isaacs
Cara Delevingne
Trailer
Basierend auf dem 1989 veröffentlichten Roman des u.a. für seine Werke "the Rachel Papers" und "Money: A Suicide Note" bekannten britischen Schriftstellers Martin Amis, handelt es sich bei "London Fields" um einen eigenwilligen, mitunter surrealen, mit gewissen satirischen und dystopischen Elementen aufwartenden Meta-Murder-Mystery-Streifen, der inhaltlich und stilistisch an klassische "Film Noirs" angelehnt daherkommt und dessen Entstehungsgeschichte eine ebenso lange wie "holprige" ist. Vor allem aufgrund der Art, wie die Story im Buch erzählt wird, war von vornherein klar, dass eine Adaption des Stoffes beileibe nicht leicht sein würde. Dahingehend vermochte zumindest die direkte Beteiligung Amis' als positiv registriert zu werden, welcher einen eigenen Skript-Entwurf beisteuerte und sich überdies auch aktiv mit darum bemühte, einen passenden, der Herausforderung gewachsenen Regisseur zu finden…
Über die Jahre hinweg waren David Cronenberg, David Mackenzie, Michael Winterbottom und Shekhar Kapur jeweils mal mit dem Projekt "verbunden" – bis man 2013 schließlich den zuvor dank diverser Werbespots sowie Musik-Videos für Künstler und Bands á la Katy Perry, den Black Eyed Peas, Adele und Beck Aufmerksamkeit erlangten amerikanischen Spielfilm-Debütanten Mathew Cullen für die Position verpflichtete. Acht Millionen Dollar wurden als Budget zur Verfügung gestellt sowie eine Reihe namhafter Akteure gecastet – unter ihnen Billy Bob Thornton, Amber Heard, Theo James, Jim Sturges, Jaimie Alexander, Jason Isaacs, Gemma Chan, Cara Delevingne, Lily Cole und Johnny Depp – wonach rund sieben Wochen in der englischen Hauptstadt gedreht sowie später dann die Weltpremiere für den 18. September 2015 (auf dem renommierten Toronto International Film Festival) angesetzt wurde…
Unmittelbar vor jenem Termin ging Cullan aber plötzlich juristisch gegen die Produzenten vor – bezichtigte sie (neben anderen Dingen), das Werk "unerlaubt" stark umgeschnitten zu haben – was in einer kurzfristigen Absage der Uraufführung resultierte. Die Beschuldigten warfen ihm wiederum "Unprofessionalität" vor – bspw. beim Einhalten von Deadlines. In Addition dazu verklagten sich Heard und das Studio 2016/17 gegenseitig: Angeblich hätte sie sich geweigert, bestimmte Nacktszenen zu drehen – worauf die Verantwortlichen einfach ein Body-Double für ergänzende, tendenziell pornographische (inzwischen wieder entfernte) Aufnahmen engagiert hatten. Vor diesem Background kam eine Kino-Veröffentlichung letztlich erst Ende 2018 zustande – im Zuge derer der Streifen übel floppte. Obendrein wurde er von der Kritik verrissen: Bis heute (09/2022) beträgt der entsprechende "Rotten Tomatoes"-Score niederschmetternde 0%...
"London Fields" entfaltet sich im Jahr 1999 angesiedelt: Während eben jene Metropole an der Themse gerade zunehmend "im Chaos versinkt" – ausgelöst durch klimatische, ökologische, soziale und politische Konflikte, die zu Demonstrationen und gewalttätigen Ausschreitungen geführt hatten – quartiert sich der in einem "Karriere-Tief" steckende sowie unter gesundheitlichen Problemen leidende US-Schriftsteller Samson Young (Thornton) in die schlicke Bleibe seines britischen Kollegen Mark Aspery (Issacs) ein, der im Gegenzug für einige Zeit Young´s recht schäbiges kleines Apartment in New York City bezieht: Bilateral zum Zwecke der "Inspirations-Findung". In jener Hinsicht wird Young rasch in einem Pub nahebei fündig, als er dort drei spezielle Persönlichkeiten kennenlernt – nämlich Taxi-Fahrer Keith Talent (Sturgess), "Upper-Classer" Guy Clinch (James) sowie die Schönheit Nicola Six (Heard), welche gar direkt über ihm wohnt…
Wie es sich herausstellt, besitzt Nicola die Gabe, den Tod von Menschen voraussehen zu können – aktuell leider jedoch ihren eigenen: Und das schon bald – ermordet am 05. November; Guy Fawkes Day sowie zugleich ihr 30. Geburtstag. Unklar ist allerdings sowohl das Warum als auch wer der Täter ist bzw. sein wird. Fest davon überzeugt, jenem Schicksal nicht entfliehen zu können – etwa durch Verreisen und/oder Verstecken – fängt sie Keith und Guy (die zwei Haupt-Verdächtigen in der Sache) kurzerhand verführerisch-genüsslich-rege zu manipulieren und dabei gegeneinander auszuspielen an. Vor Young hält sie das unverborgen – lässt ihn alles offen mitverfolgen – was dessen Schreibblockade zu lösen vermag; ihm neuen Antrieb sowie eine Menge Material für einen Crime-Thriller liefert, von dem er sich einen Bestseller, ein finales Highlight seines Œuvres verspricht…
Die Charaktere in "London Fields" sind allesamt "akzentuiert-stereotyper" Beschaffenheit – und das vollkommen bewusst so; getreu der betreffenden dahintersteckenden Intention von Amis, Cullen und Drehbuch-Co-Autorin Roberta Hanley ("Veronika decides to die"). Keith ist ein prolliger, nicht sonderlich cleverer, wettsüchtiger, gern trinkender Klein-Krimineller, der neben seiner Fahrer-Tätigkeit "Jobs diverser Art" erledigt sowie in Nicola eine begehrenswerte Traumfrau sieht, welche zwar "außerhalb seiner Liga" ist, nichtsdestotrotz aber immer wieder Kontakt zu ihm sucht. Obgleich mit Kath (Delevigne) – der Mutter seiner Kinder – verheiratet, scheint Untreue für ihn da kein Problem zu sein. Nicola indes "lenkt" ihn mit Geld und ihrem "lasziv-lockend in Aussicht stellenden Gebaren" – genau wissend, dass er hohe Schulden bei einem örtlichen, ihm zunehmend akuter Gewalt androhenden Gangster namens Chick Purchase (Depp) hat…
Was Keith wahrhaft prächtig beherrscht, ist Darten. Den Traum anstrebend, Profi-Player zu werden, hat er derzeit sogar stattliche Chancen auf einen Sieg bei einer großen, live im Fernsehen übertragenen Meisterschaft – bei der sein primärer Konkurrent jedoch ausgerechnet Purchase ist. Ergänzt seitens eines miesen Mode-Stils, schlechter Zähne, fettiger Haare sowie eines sehr aufdringlichen, prahlerischen Wesens, ist Keith einem auf Anhieb unsympathisch – und Sturges ("Geostorm") legt in der Beziehung noch einmal eine gehörige "Schüppe" drauf, indem er ihn meist grimassierend sowie mit geöffnetem Mund portraitiert: Eine offensiv "sleazy-karikatureske" Over-the-Top-Performance, der an sich durchaus Respekt gebührt – welche simultan aber auch bewirkt, dass einem der Part den kompletten Film lang (ausgenommen weniger Augenblicke) unvorteilhaft "auf die Nerven geht"…
Keith´s Rivale beim Buhlen um Miss Six ist der vermögende, gutes Aussehen, Manieren und weit reichende "Connections" aufweisende Guy, der Nicola für "unschuldig und rein" hält – da sie sich ihm gegenüber exakt so gibt. Emotional aufgewühlt berichtet sie ihm, dass sie gerade eine befreundete Burmesin und ihr Kind zu retten versucht: Mehrere zehntausend Pfund (von ihr "an die richtigen Leute") könnten Enola Gay und Little Boy in Sicherheit bringen. Er hilft ihr gern – findet sie "aufregend" und ist "zu sündigen bereit". Im Alltag lebt er unglücklich mit seiner gefühlskalten Gattin Hope (Alexander) in einer schönen, britisch-konservativen Villa – ihr Sohn Marmaduke (Craig Garner) ist ein extrem aufgedrehter, bisweilen aggressiver Junge. Guy hat keinerlei "Ecken und Kanten" – weshalb man James ("Divergent") auch nur bedingt den Vorwurf machen kann, er würde hier "recht blass" rüberkommen…
Der Kontrast zwischen Guy und Keith ist deutlich, deren "Strippen" von Nicola in dieser finalen Zeit vor ihrem gewaltsamen Tod vergnügt gezogen werden – bspw. indem sie ihnen das jeweils Gewünschte Schrägstrich Erhoffte vorspielt oder Keith das Geld von ersterem zum Begleichen seiner Schulden zur Verfügung stellt. Sie ist "the Murderee", welche als "a black hole of sex and self-loathing intent on orchestrating her own extinction" beschrieben wird – und Heard ("And soon the Darkness") eine bildhübsche und erotische, äußerlich auf jeden Fall der Vorstellung einer klassischen "Femme Fatale" entsprechende Frau. Das Problem ist bloß, dass es ihr an der für den Part nötigen charismatischen, mysteriös-vielschichtigen Ausstrahlung mangelt. Erneut muss da allerdings angemerkt werden, dass sowohl die Skript-Vorlage als auch die sie meist wie ein "Pin-up-Girl" präsentierende Regie einen Anteil daran zu verantworten haben…
Während der Dreharbeiten zu "London Falls" waren Heard und Depp bekanntlich ein Paar, deren Ehe im Folgenden dann (von 2015 bis 2017) 15 Monate lang hielt – und wie "turbulent" eben jene war, weiß die Welt ja spätestens seit ihrem 2022er Verleumdungs-Prozess. Angeblich hatte Depp ("the Lone Ranger") allein ihr zuliebe die Nebenrolle des "spleenigen" Gangsters Chick Purchase angenommen – welche er samt fieser Narbe im Gesicht, extravaganter Garderobe und einem kräftigen Akzent jedoch vergnüglich zum Besten gegeben hat, nachdem er sich zuvor zwecks "Inspiration" u.a. mit dem englischen Dart-Profi Bobby 'Dazzler' George getroffen hatte. "Exzentrische Darbietungen" sind ja keineswegs rar in Depp´s Karriere – also solche mit viel Make-up, auffälligen Accessoires und Manierismen etc. – und seine vorliegende gliedert sich nahtlos in diese (eng mit dem Begriff "Geschmackssache" verbundene) Reihe mit ein…
Billy Bob Thornton, welcher 2008 schon einmal zusammen mit Heard in einer Roman-Adaption zu sehen war – nämlich Gregor Jordan´s "the Informers" (nach Bret Eason Ellis) – verkörpert den kranken, täglich Tabletten nehmen müssenden Young, der seinen "kreativen Funken" scheinbar verloren hat, angepasst überdrüssig-resigniert – Voiceover inklusive – bis Nicola ihm mit ihrem Auftreten und Treiben "neue Impulse" verleiht. Thornton agiert dabei auf die für ihn typische Weise – was immerhin als "okay" zu werten ist. Dagegen hat man Jaimie Alexander ("the Last Stand"), Jason Isaacs ("Black Hawk Down"), Gemma Chan ("Crazy Rich Asians"), Cara Delevingne ("Suicide Squad") und Lily Cole ("Star Wars: EP VIII – the Last Jedi") durch die Bank weg kaum Screen-Time zugestanden – sie im Prinzip "verheizt" – worüber hinaus Kundige zudem Autor Amis beim Ableisten eines Cameos erspähen können…
Obgleich einem der Streifen reizvolle Ansätze und Ideen offeriert, wirkt er regelmäßig so, als hätte man die "Basis-Story" nach und nach um verschiedene Einzel-Elemente erweitert, ohne dass das Ganze letztlich eine vernünftig geartete Einheit bildet. Das Buch lebt weniger von seiner konkreten Geschichte, sondern wesentlich stärker davon, wie Amis sie erzählt. Das Skript indes mutet "unfokussiert" verfasst an, trotz übernommener Dialog-Passagen kommen jene nicht selten registrierbar "gehaltarm" daher, die Protagonisten verbleiben einem nahezu vollständig "egal" und etwaigem satirisch-beißenden Humor fehlt es an ausgeprägterem "Pep". Gewiss hätte der eine oder andere Filmemacher aus dem Material dennoch ein unterhaltsames, einen zumindest "oberflächlich-kurzweilig bei Laune haltendes" Ergebnis schaffen können – doch war Cullen da wohl nicht der richtige Mann für diese Herausforderung…
Bei der Gestaltung der "Welt", in der sich Young im Zuge seines Aufenthalts fernab seiner New Yorker Heimat bewegt, orientierte sich Cullen bei "London Fields" an Klassikern der "schwarzen Serie" – vermengt mit surrealen Einschüben, welche einem gelegentlich den "diffusen" Geistes-Zustand Youngs veranschaulichen sollen. Was von all dem existiert eventuell rein in seinem Kopf? Da hätten wir bspw. eine Liebes-Szene mit ihm und Nicola auf einem Hausdach, sechs Anzug-tragende "Blockheads", die ihm im "Barbershop-Stil" (aus dem Fernsehen heraus) einen Song singen, Keith, der plötzlich zu "Money for nothing" der Dire Straits eine "Singin' in the Rain"-eske Tanz- und Gesangs-Nummer an den Tag legt, sowie Nicola – in einem sexy Cop-Kostüm gekleidet – wie sie Keith anscheinend gerade mit einem Schlagstock sodomisiert. Solch "schräge Momente" mag ich ja – aber hier rufen sie kaum mehr als ein Schulterzucken hervor…
Der Score Benson Taylors ("Chick Fight"), Adam Barbers ("Last Shift") und Toydrums ("Future World") geht in Ordnung – ebenso wie die Ausstattung sowie die Kamera-Arbeit Guillermo Navarros ("Pacific Rim"). Schwächen gibt es jedoch im Bereich des Editings zu verzeichnen – wobei ich allerdings nicht klar sagen kann, wer genau dafür (bei all dem "Herumbasteln" an dem Werk) schlussendlich der hauptsächliche Verantwortliche war. So jedenfalls lässt die Entfaltung einen eingängigen "Rhythmus" bzw. das Tempo den nötigen "Schwung" vermissen und kommen einem bestimmte Sequenzen nicht optimal mit eingebunden vor – was sowohl den Eindruck von "Sprunghaftigkeit" als auch das Gefühl von (Achtung: Kardinalsünde!) "Langatmigkeit" heraufbeschwört und somit einfach als schade zu erachten ist; u.a. weil die Geschehnisse optisch durchaus nett anzusehen sowie per se eigentlich nicht uninteressant sind…
Etwas, das mir gefiel, waren zwei Dart-Matches mit Keith im Mittelpunkt: Beim ersten tritt er (in einer coolen Location) überaus großspurig-selbstsicher auf – nur um beim Showdown der Meisterschaft später dann erfahren zu müssen, dass jenes in einer fast leeren Halle ausgefochten sowie das Publikum bei der TV-Schaltung bloß digital hinzugefügt wird. Schlecht für ihn, für den die von den Leuten um ihn herum ausgehende "Energie" stets ein wichtiger Faktor ist. Für ein paar Sekunden tut er einem beinahe leid. Leider "verpufft" Positives in diesem Film immerzu prompt: Aus den verheißungsvollen "Zutaten" (die Identifizierung eines künftigen Mörders, fiese Gangster, Intrigen und Begierden, der "Madonna-Hure-Komplex", Klassen-Unterschiede, eine von Gewalt zerrüttete City etc.) konnten Cullen und seine Autoren nichts kreieren, das eben jenen (sowie der Qualität des Romans) insgesamt in einem zufrieden stellenden Maße gerecht wird…
Mal augenzwinkernd-amüsant, mal dramatisch-ernst, schwankt der "Ton" fortwährend. Nicht einmal die drohenden Ableben und "Wettläufe gegen die Zeit" können Spannung erzeugen – und auch die "düsteren Elemente" des finalen Drittels können keine entsprechende "Atmosphäre" generieren. Bei seinem "Director´s Cut", der 12 Minuten länger läuft, u.a. andere Musik, kräftigere Farben und weniger Voiceover aufweist sowie tatsächlich schon mehrfach öffentlich aufgeführt wurde, hat Cullen zusätzlich diverse "Stock Footage"-Clips (bspw. von Protesten, Ausschreitungen, Kriegen und Atombomben-Explosionen) genutzt, um das "Dystopische" der Lage rund um die zentralen Ereignisse stärker hervorzuheben. Mag sein, dass jene Fassung in der Hinsicht "stimmiger" ist – deutlich besser als der "Producer´s Cut", welcher der vorliegenden Besprechung ja als Grundlage diente, dürfte aber auch sie nicht sein…
Kurzum: "London Fields" ist eine lahme, missratene Bestseller-Adaption, die Neugierigen höchstens als "Kuriosum" einen Blick wert sein könnte – an sich jedoch keineswegs zu empfehlen ist…
gute