Entstehungsdaten:
GB-USA 2022
Regie:
Kate Cox
Darsteller:
Ella-Rae Smith
Matthew Daddario
Jessica Alexander
Trailer
Wenn man mich nach einem Thriller mit drei Personen auf einem Segelboot fragen würde, hätte ich spontan zwei Antworten parat: "Dead Calm" (1989) von Phillip Noyce mit Nicole Kidman, Billy Zane und Sam Neill sowie "der Skipper" (1990) von Peter Keglevic mit Elizabeth Hurley, Patsy Kensit und Jürgen Prochnow – ersterer eine klare Empfehlung, letzterer eher nicht. Tja, ab jetzt würde ich ein weiteres Werk nennen können, auf das jene Beschreibung zutrifft und um welches es im Folgenden hier nun gehen soll: "Into the Deep" (2022) von Kate Cox mit Ella-Rae Smith, Jessica Alexander und Matthew Daddario – weder zu verwechseln mit der gleichnamigen 2020er "Netflix"-True-Crime-Doku über die Geschehnisse rund um die Ermordung der Journalistin Kim Wall in Peter Madsen´s U-Boot noch mit verschiedenen anderen denselben Titel tragenden Veröffentlichungen...
Elf Jahre ist es her, dass Jessica´s Mutter bei einem Unfall ertrank, den sie wiederum überlebte. Damals ein Kind, hat sie bis heute entsprechende Albträume und nimmt es ihrem Vater Mark (Andrew Steele) trotz aller verstrichenen Zeit unverborgen übel, dass er inzwischen eine neue, ernste Beziehung eingegangen ist. Mit 22 noch immer zuhause in einem britischen Küstenstädtchen wohnend, arbeitet sie (Smith) zusammen mit ihrer Kollegin Emi (Nikkita Chadha) in einem kleinen Souvenir-Laden – wo sie eines Tages dem ebenso attraktiven wie charmanten Amerikaner Ben (Daddario) begegnet, der mit seinem Einmaster die Meere bereist, seit sein Vater starb und er sich mit seiner Mutter überworfen hatte. Es ist im Zuge ihres Gesprächs – spontan auf Basis seiner Art und ihrer Laune – dass sie ihn kurzerhand zu einer Lagerfeuer-Strandparty einlädt…
Ben willigt ein und lässt sich am Abend dann auch blicken – gerät vor Ort allerdings prompt in eine Prügelei mit Jessica´s angetrunkenem Ex (Jack Morris), worauf sie und er sich lieber mit 'ner Flasche Vodka auf sein Boot zurückziehen und einander näherkommen. Als Jess am nächsten Morgen erwacht, erleidet sie erst einmal einen kräftigen Schreck: Ben ist mit ihr auf die offene See hinaus gefahren! Bis sie sich wieder beruhigt hat, dauert es einen Moment: Er versichert, es bloß nett gemeint zu haben – Frühstuck ist an Deck angerichtet – und das Ziel des Trips markiert ein schöner, einsamer Strand. Nach dem Verleben einiger angenehmer, intimer Stunden wollen sie just zurück segeln, als sie plötzlich auf ein bewusstlos auf einem Jetski auf dem Wasser treibendes Mädel (Jessica Alexander als Lexie) aufmerksam werden, welches sie umgehend zu sich an Bord holen…
Bis zu diesem Punkt im Verlauf – nach etwa 33 Minuten – kann man "Into the Deep" noch nicht als einen "Thriller" bezeichnen: Speziell mit Jess im Fokus, wurde der "Setup-Phase" ein ordentliches Maß an Aufmerksamkeit zugestanden – was u.a. von Vorteil ist, um einige ihrer nicht allzu cleveren Entscheidungen ein Stück weit besser zu akzeptieren bzw. gar zu verstehen. Aufgrund dessen, wie ihre Mutter umkam und sie selbst jener Situation nur knapp entrinnen konnte, fühlt sie sich nicht sonderlich wohl beim Schwimmen oder auf Booten. Gern würde sie aus dem Kaff verschwinden, in dem sie aufgewachsen ist – hat den Mut dafür bislang aber noch nicht aufbringen sowie für sich noch keinen konkreten "Zukunfts-Pfad" ausmachen können. Unabhängig ihrer Streitigkeiten hängt sie natürlich ebenfalls weiterhin an ihrem Vater, der sie die Hälfte ihrer Jahre ja (fürsorglich-gut) allein aufgezogen hat…
Das sich zunehmend verfestigende Verhältnis zwischen Mark und seiner Freundin ruft bei Jess wechselhafte Empfindungen hervor: Er ist glücklich – während sie in der Hinsicht noch nicht "loszulassen" bereit ist. Vor diesem Background kann man unschwer nachvollziehen, was sie an Ben reizt – welcher ja auch einen Elternteil verloren hat, im Gegensatz zu ihr das jedoch als "Antrieb" nutzte und seither quasi "Freiheit und Abenteuer lebt". Obendrein ist er optisch ansprechend, höflich und nicht gerade arm – dazu noch das Adrenalin der Rauferei am Strand, die Wirkung des Alkohols, die ungestörte Zweisamkeit sowie dass sie selbst keineswegs schüchtern oder prüde ist. Überdies will sie ihm nach dem verspürten Schock zu Tagesbeginn beweisen, eine selbständige, an sich nicht irgendwie ängstliche Person zu sein…
Als Ben Jess den Vorschlag unterbreitet, daheim doch einfach ein paar Sachen zu packen und ihn in den nächsten Wochen auf seiner Reise zu begleiten, harmoniert das prima mit ihrer aktuellen "rebellischen", unternehmungslustigen Stimmungslage – bis das Auftauchen Lexies die ganze "Dynamik" mit einem Mal jedoch verändert. Ben und Jess verarzten ihre Verletzung – wobei u.a. ein Schluck "Hochprozentiges" gegen die Schmerzen hilft und sie ihnen schildert, dass es ein Unfall war, bei dem sie sich den Kopf gestoßen und die Besinnung verloren hatte. Ben´s zugewandte Art, wie er sich um Lexie kümmert bzw. sich im Umgang mit ihr verhält, lässt in Jess derweil gewisse Eifersucht erkeimen – im Rahmen derer sie ihr zu verstehen gibt, dass sie und Ben "zusammen" sind; ebenso wie sie ihm gegenüber ihre Zusage bekräftigt, mit ihm in Kürze "hinfortsegeln" zu wollen…
"Into the Deep" wird auf dem Cover damit beworben, dass er von den Machern von "47 Meters down" stammt – was sich aber nur auf einzelne seiner insgesamt sechs Produzenten bezieht. Außerdem kommt kein Hai in dem Film vor. Spannungen entstehen aus der Konstellation sowie den Gebarensweisen der Figuren heraus: Lexie scheint ein "lebenslustig-lockeres Party Girl" zu sein, es werden Drinks konsumiert und nach Anbruch der Dunkelheit ist das Trio schließlich mit dem Trink-Spiel "Flip, Sip or Strip" zugange – was wiederum zum Konsumieren von Ecstasy führt. Zwar ist Jess von all dem nicht wirklich angetan – doch will sie nicht wie eine "Spaß-Bremse" anmuten und Ben somit eventuell stracks gleich wieder "verlieren"; zumal ihr (etwa von Fotos an seiner Pinnwand her) wohlbewusst ist, dass er es generell nicht schwer hat, Mädels kennenzulernen. Also zieht sie mit…
Mir gefiel, dass der Streifen bis dahin ein wenig in die "sexy Thriller"-Richtung tendiert – dank einer frühen Dusch-Szene Jessicas, dass Ben sie im Laden zufällig beim Umziehen erspäht, ihr Sex auf See unter freiem Himmel, eine Begegnung zwischen Lexie und Ben unter Deck sowie dem abendlichen "flirty Vibe" (in Addition dazu, dass die drei Leads die meiste Zeit "recht luftig bekleidet" umherlaufen). Als Jess nach Sonnenaufgang wieder zu sich kommt, hat sich einiges jedoch gewandelt: Bereits zuvor gab es Probleme mit dem Funk und dem Motor, so dass sie sich rein per Wind/Segel voranbewegen konnten – und nun findet sie Ben gefesselt vor und berichtet ihr Lexie, er hätte sie angegriffen. Beide weisen Kampfspuren auf. Daraufhin Lexie´s eigentliche Anschuldigung: Ben würde regelmäßig jungen Frauen auf dem Boot "sedierende Mittel" verabreichen und dann "wer weiß was" mit ihnen anstellen…
Zur Untermauerung ihres Vorwurfs geht sie sogar noch weiter: Sie selbst sei eines seiner Opfer gewesen – nur hätte sie damals längere und andersfarbige Haare gehabt. Vehement streitet Ben dagegen alles ab: Er sei ihr noch nie zuvor begegnet – und was sie da so von sich gibt, würde keinesfalls der Wahrheit entsprechen! Sie müsse ihn verwechseln – oder sei einfach "irre"! Wer von ihnen lügt – wem kann bzw. soll Jess glauben? Hat Ben Lexie tatsächlich bloß nicht erkannt? Ist das überhaupt möglich? Stichfeste Beweise kann jene ja keine vorlegen. Obendrein lehnt sie es ab, die Behörden zu informieren – angeblich weil sie die Befürchtung hegt, er würde "sich rausreden" oder sich mit Hilfe seines Geldes der Justiz entziehen können. Nein, sie ist auf ihre persönliche Form von "Genugtuung und Gerechtigkeit" (sprich: Rache) aus – was Jess natürlich in einer schwierigen Position platziert…
Mit Jessica teilt das Publikum bei "Into the Deep" die Perspektive und den Wissensstand. Für Ben und Lexie gilt es also, sowohl sie als auch "uns" zu überzeugen. Sollte Jess sich für Ben entscheiden, müsste Lexie aber noch irgendwie überwältigt werden – und selbst wenn sie Lexie´s Seite einnimmt, würde sie immernoch verhindern wollen, dass jene Ben weiter verletzt sowie letzten Endes umbringt. Ist er ein Sexualtäter – oder unschuldig, da Lexie auf der Basis einer falschen Annahme agiert? Zugegeben, sie wirkt schon etwas "psychisch instabil" – doch ist Ben der dafür Verantwortliche? Ein in diesem Bereich besser ausgearbeitetes Skript wäre wünschenswert gewesen – allerdings war Autor David Beton bislang ja noch nie für sonderlich "ausgefeilte" Kost bekannt: Siehe dazu u.a. "I am Soldier", "the Banishing" sowie "Green Street Hooligans 3: Never back down"…
Den Darstellern oblag es, ihre oberflächlich gezeichneten Charaktere so ergiebig es geht "mit Leben zu füllen": Ella-Rae Smith ("the Commuter") vermittelt Jessica´s grundsätzliche (mitunter nicht unbedingt zu den cleversten Folge-Schritten führende) naive Verunsicherung ordentlich, Alexandra´s Bruder Matthew Daddario ("Cabin Fever", 2016) kommt sein Charme bei der Rolle klar zugute und Beauty Jessica Alexander ("A Banquet") meistert die Facetten ihres Parts ohne Veranlassung zur Klage. Preisgaben, Verdächtigungen und wechselnde "Allianzen" (mal echter, mal zum Schein eingegangener Beschaffenheit) sollen Spannung generieren und diese bis zu den bedeutsamen Erkenntnissen und Konsequenzen hin aufrecht erhalten – allerdings gelingt das nicht im erhofften Maße, da man sich bestimmte Entwicklungen noch vor ihrer jeweiligen Offenbarung oder Entfaltung durchaus zutreffend auszumalen vermag…
Losgelöst des Vorhersehbarkeits-Faktors sowie trotz des schön abgeschieden-klaustrophobisch-begrenzten Schauplatzes hätte das finale Drittel (in dem vieles zudem vergleichsweise zügig abgehandelt daherkommt) auf jeden Fall mit mehr Suspense aufwarten müssen, als einem im Vorliegenden geboten wird: "Dead Calm" bleibt da unerreicht – und zwar mit Abstand. Zu allem Überfluss gibt´s zum Ausklang überdies auch noch eine völlig unnötige, einen unweigerlich zum Augenrollen animierende "Überraschung". Zumindest wurde der (übrigens in Cornwall gedrehte) Streifen handwerklich solide in Szene gesetzt: Weder Spielfilm-Regie-Debütantin Kate Cox noch einzelne aus den Reihen ihrer Crew muss man da irgendwie konkret herauspickend "anprangern". Es ist vor allem halt die uninspiriert verfasste Vorlage sowie der Mangel an echten "Thrills", woran "Into the Deep" unvorteilhaft leidet…
knappe