Entstehungsdaten:
USA 2021
Regie:
William Eubank
Darsteller:
Emily Bader
Roland Buck III
Dan Lippert
Jaye Ayres-Brown
Tom Nowicki
Trailer
Es war im Oktober 2007 und Januar 2008, dass Oren Peli´s für nur knapp 15.000 Dollar realisierter "Found Footage"-Horror-Streifen "Paranormal Activity" im Rahmen zweier Festival-Screenings einen solchen Anklang fand, dass "Paramount Pictures" geschwind die Rechte an dem kleinen "Indie" erwarb, noch einmal $200.000 in eine "Modifizierung" des Werks (u.a. zugunsten eines neuen Endes) investierte und den Film schließlich 2009 in die Kinos brachte – wo er in rund 50 Ländern insgesamt mächtige $193,4 Millionen erwirtschaftete. Für Produzent Jason Blum – welcher bis dahin übrigens noch nie diesem Genre aktiv war – bewirkte der Erfolg einen steilen "Karriereschub" – worauf im Folgenden (zur Überraschung von niemandem) eine Menge ähnlicher Projekte in Auftrag gegeben wurden; primär da vergleichsweise geringe Kosten die Chancen auf hohe Profite für die jeweiligen Macher/Studios verlockend erhöhten…
Neben unoriginellen "Copycats" sowie einzelnen durchaus reizvoll-inspirierten Variationen des betreffenden inszenatorischen Stils, die fortan auf den Markt kamen, ließen es sich "Blumhouse" und "Paramount" indes aber auch nicht nehmen, den eigenen Hit zu einer Franchise auszubauen: Wenige Jahre später umfasste eben jene bereits sechs durchweg überaus lukrative Teile – und das inklusive "the Ghost Dimension" (2015), welcher gar noch schwächere Kritiken als seine Vorgänger erhielt sowie als "the final Chapter" vermarktet wurde. Doch genau wie im Falle von "Saw 7" und "Resident Evil 6" – bei denen die Verantwortlichen exakt dieselbe Formulierung verwendeten – markierte das keineswegs das suggerierte alles abschließende Ende, sondern letztlich nur eine nicht mehr als bloß temporäre "Pausierung" der Reihe bzw. von Veröffentlichungen unter jenem inzwischen ja global etablierten Titel…
Und so war es pünktlich zu Halloween 2021 dann erneut soweit: "Paranormal Activity: Next of Kin" erschien – "Covid-bedingt" jedoch erstmals nicht in den US-Kinos; stattdessen exklusiv bei "Paramount+". Dem Publikum wurde ein von dem Bisherigen nahezu komplett losgelöstes Sequel präsentiert – samt einer veränderten Ausrichtung sowie sich in einem anderen Setting entfaltend. Das Drehbuch steuerte der Genre-erfahrene Skript-Autor Christopher Landon bei, der schon vier der vorangegangenen Fortsetzungen verfasst hatte sowie sich in jüngerer Zeit überdies auch als Regisseur (etwa der Horror-Komödien "Scouts Guide to the Zombie Apocalypse", "Happy Death Day" und "Freaky") einen bekannteren Namen zu erwerben vermochte – während man William Eubank mit der Umsetzung betraute; seines Zeichens Schöpfer der beiden von mir gern gemochten Filme "the Signal" und "Underwater"…
Als Baby wurde Margot (Emily Bader) von ihrer Mutter vor dem Eingang eines Krankenhauses abgelegt – wovon sie sogar eine Überwachungskamera-Aufnahme besitzt. Die Neugier, mehr über ihre biologische Familie erfahren zu wollen, hat sie nun u.a. dazu veranlasst, über einen Anbieter (via Gentest und Datenbank) diesbezügliche Nachforschungen durchzuführen – und tatsächlich: Auf diesem Wege kann der Kontakt zu ihrem Cousin Samuel (Jaye Ayres-Brown) hergestellt werden, welcher positiv auf ihre Anfrage reagiert und einem Treffen zustimmt. Er berichtet ihr, dass ihre Mutter aus einer kleinen, zurückgezogen lebenden Amish-Gemeinschaft stammen würde, sowie dass er selbst gerade in einer "gewährten Phase" sei, in der er "die Außenwelt erkunden" (bspw. reisen und Technik nutzen) dürfte. Darüber hinaus willigt er im Laufe des netten Gesprächs konziliant ein, sie persönlich dorthin zu begleiten…
Mit von der Partie im ländlich-verschneiten Pennsylvania sind ebenfalls noch ihr bester Freund und Kameramann Chris (Roland Buck III) sowie der Ton-Assistent Dale (Dan Lippert), da Margot ihre Recherche- und Such-Bemühungen für eine Doku über das ganze Unterfangen filmt. Anfangs weist sie der Familien-Patriarch Jacob (Tom Nowicki) zwar ab – doch als sie einen ausgebüxten Jungen wieder sicher zurückbringen, der sich so über Samuel´s Auftauchen gefreut hatte, dass er ihnen bis zum Hotel gefolgt war, ändert jener seine Meinung kurzerhand und nimmt sie für ein paar Tage bei sich auf. Sie fühlen sich willkommen geheißen – obgleich ihnen dieser "rustikal-religiöse Mikrokosmos" unvermeidbar etwas sonderbar vorkommt. Und ja, einst war Margot´s Mutter Sarah eine von ihnen, welche damals "von jemandem aus der Stadt" geschwängert wurde sowie vor einigen Jahren dann an einer Erkrankung verstorben sei…
"Paranormal Activity: Next of Kin" verschlägt Margot, Chris und Dale an einen Ort, an dem sie klare "Außenseiter" sind – wogegen die Amischen innerhalb der Gesellschaft gemeinhin ja eigentlich selbst als eben solche angesehen werden. Die Traditionen und Sitten von Jacob und den Angehörigen seiner Gemeinde sind ihnen fremd: Von Liedern und Schriften in deutscher Sprache über ihre "altertümliche" Kleidung und Einrichtung bis hin zu ihren strengen Regeln und Glaubenssätzen. Während sie sich auf der Farm umschauen, mit den Leuten reden, an ihren Routinen teilhaben sowie reichlich aufzeichnen, geben sie Acht, so respektvoll wie möglich zu sein. Dank eines mobilen Generators haben sie immerhin Strom für ihre Laptops, Kameras und Handys – jedoch keinen Mobilfunk-Empfang; derart "mitten im Nirgendwo". An sich ist alles relativ normal für jene spezielle Umgebung – und dennoch irgendwie nicht wirklich geheuer…
Generell hege ich ein Faible für Werke, in denen es um Religions-Gemeinschaften und Kults geht – sofern sie denn gut gemacht und nicht so plump in der betreffenden Darstellung sind, versteht sich. Das erzeugte "Feeling" der für einen ungewöhnlichen Ansichten und Bräuche sagt mir einfach zu – in Filmen sowie z.B. auch im Zuge von Kloster- oder Kirchen-Besichtigungen. Worauf man sich hier einzustellen hat, weiß man ja bereits (zumindest grob) auf Basis des Genres und Titels – was erst einmal mit gewissen Elementen aus Peter Weir´s "Witness", Ti West´s "the Sacrament" und Ari Aster´s "Midsommar" einhergeht. Als ein kleines Mädchen anzumerken scheint, dass Sarah in Wahrheit gar nicht tot sei, animiert das Margot dazu, eigenständiger als bislang nach entsprechenden Informationen zu suchen – in der Hinsicht also aktiver "hinter den Rücken" ihrer ihnen gegenüber ja ohnehin recht verschlossenen Gastgeber tätig zu werden…
Aufgrund der integrierten Mystery-Komponente funktioniert der unüberhastet-ruhige Spannungs-Aufbau brauchbar. Was hat es mit einer sich nachts in den Wald hinein begebenden Menschen-Gruppe auf sich? Oder mit einer verriegelten Kirche auf einer Lichtung – seltsam weit abseits der Siedlung? Überdies werden Margot und Chris heimlich Zeuge einer Versammlung im Viehstall, bei der ein zweiköpfiges Lamm geboren sowie prompt geschlachtet wird, dessen Kadaver man rasch in einen Sack steckt und hinfortschafft. Auf Nachfrage erklärt man ihnen, dass das missgebildete Tier so nicht lebensfähig gewesen wäre – und ja, durchaus könnten Abergläubische das als ein "unheilvolles Zeichen" ansehen und von daher so damit verfahren – allerdings wird Margot das Gefühl nicht los, dass man bestimmte Dinge gezielt vor ihnen verborgen hält, die mit jenen "Verwunderlichkeiten" ebenso wie mit dem Schicksal ihrer Mutter in Verbindung stehen…
In seiner Einstiegs-Hälfte wartet "Paranormal Activity: Next of Kin" mit vereinzelten uninspiriert-plump arrangierten Jump-Scares auf, die bei gestandenen Horror-Konsumenten nicht mehr als ein Schulterzucken oder Rollen der Augen auslösen dürften. Glücklicherweise wird das nicht überstrapaziert und gibt es im weiteren Verlauf auch weniger davon. Eine gelungene Sequenz resultiert indes daraus, dass Margot erfährt, dass Sarah ihr Zimmer früher auf dem Dachboden (direkt über ihrem derzeitigen) hatte: Als sie erwacht und dort Schritte zu hören wähnt, schnappt sie sich ihre Kamera, schaltet den Nachtsicht-Modus ein und schaut mal nach – wo sie u.a. ein verborgenes Türchen sowie einen Brief ihrer Mutter in einer Kommode entdeckt. Plötzlich glaubt sie, dass sich jemand (oder "etwas") ganz in ihrer Nähe befindet – und krabbelt unters Bett. Zwar mag die komplette Sequenz nicht gerade originell sein – ist dafür aber angenehm creepy…
Parallel zu den sich häufenden "merkwürdigen Geschehnissen" – unter ihnen bspw. eine ältere Dame, die beim Kartoffelschälen geistesabwesend aus dem Fenster blickt und dabei überhaupt nicht mitbekommt, dass sie sich inzwischen die Haut von der Hand schneidet – wird innerhalb des Trios zunehmend darüber diskutiert, ob man nicht besser abreisen sollte. Da man sich jedoch nicht "in konkreter Gefahr" sieht, will man zumindest vorher noch die Kirche näher betrachten – also brechen Chris und Margot in eben jene ein, während Dale Samuel ablenkt: Schnell stoßen sie drinnen auf einige okkulte Malereien, die nahelegen, dass es sich um eine Art "Opferstätte" handelt – sowie auf eine Falltür mit einem tiefen Loch darunter; samt einer manuellen Winde, mit der man in die Dunkelheit hinabgeseilt werden kann. Margot´s "Drang nach Antworten" ist so stark, dass sie sich umgehend das zugehörige Gurt-Geschirr umschnallt…
Wie des Öfteren in Streifen wie diesen, sind die Charakter-Zeichnungen und Performances allenfalls "zweckdienlich" geraten. Obwohl die Intuitionen und Entscheidungen der drei Leads mehrfach zu wünschen übrig lassen, agieren Emily Bader ("Anonymous Killers") als beherzte Margot, Roland Buck III ("Sleight") in der Rolle ihres ihr engagiert beistehenden Freundes Chris sowie Dan Lippert ("An Opening") als der für den "Comic Relief"-Anteil zuständige Dale jeweils solide – keineswegs verärgernd schwach oder "nervig". Der Part des Familien-Patriarchen Jacob wird von Tom Nowicki ("the Dark and the Wicked") überzeugend gemeistert – insbesondere im Rahmen seiner Ansprachen bei den Mahlzeiten im Kreise der Gemeinschaft. Des Weiteren passt Jaye Ayres-Brown ("Last Ferry") als Samuel prima und werden die verbliebenen Cast-Reihen u.a. von Alexa Niziak ("Mr. Harrigan´s Phone") und Jill Andre ("the Runaways") zufrieden stellend ausgefüllt…
In "Paranormal Activity: Next of Kin" haben es Margot und ihre Begleiter mit einer sich anders als in der bisherigen Franchise manifestierenden übernatürlichen Bedrohung zu tun – eventuell jedoch (was nie klar erläutert wird) mit demselben Dämon: Asmodäus – welcher der hebräischen Mythologie entstammt. Von ihm war erstmals im "Buch Tobit" (einer Spätschrift des Alten Testaments) zu lesen – jener in den vorangegangen Werken trug den (von der jungen Kristi in Teil 3 vergebenen) Spitznamen "Tobi". Damals drang das Unheimliche in die "vertrauten eigenen vier Wände" ein und hatte Peli mit minimalen Mitteln gearbeitet – wogegen Eubank ein deutlich höheres Budget zur Verfügung erhielt und sich die Ereignisse im Vorliegenden nun mit einem größeren Cast-Ensemble vorrangig auf einem weiten ländlichen Areal (inklusive einer höheren Abwechslung im Bereich der Schauplätze der einzelnen Setpieces) entfalten…
Das gebotene Footage ist professionell geschnitten worden – wie eine wertige Doku im "Vice"-Stil – allerdings gibt es punktuell Aufnahmen zu registrieren, bei denen es nicht wirklich glaubhaft ist, dass sie von Chris, Dale oder Margot gefilmt wurden: Zum Beispiel gewisse "Establishing Shots" oder eine aus der Luft hinunter auf einen Wagen mit ihnen darin (einer mitgebrachten Drohne zum Trotz). Losgelöst dessen sieht das Ergebnis optisch gut aus: Cinematographer Pedro Luque ("the Girl in the Spider´s Web") hat diverse ansprechende Bild-Kompositionen geschaffen, die Farbgebung wusste mir zu gefallen und die Einbindung eines speziellen Moments in Ultra-Slow-Motion gegen Ende war durchaus cool – obgleich (wenn man denn mal ehrlich ist) eigentlich eine "überflüssige Spielerei". Zumindest knüpft jene so nochmal an eine nette Szene an, in der Chris einem Technik-fernen Amish-Kind zeigt, was überhaupt eine Zeitlupe ist…
Erneut beweist Eubank Gespür fürs Kreieren einer stimmungsvollen Atmosphäre: Von dem kühlen, verschneiten Wetter und der entlegenen, archaischen Farm über die Gebarensweisen und Bräuche der dort Ansässigen bis hin zu den betreffenden Genre-Elementen – welche sich wiederum im Rahmen eines "Blair Witch"-esken Setups über eine brauchbare Mystery-Entwicklung bis hin zu einem "full-blown-Horror-Finale" erstrecken. Im letzten Drittel zieht das Tempo (u.a. zum Klang von Glocken sowie menschlichen Schreien) scharf an und wird zu einem hektisch-chaotisch-brutalen "wilden Ritt", der mich unweigerlich an "[Rec]" denken ließ. Summa summarum: An sich ist "Paranormal Activity: Next of Kin" inhaltlich wie handwerklich relativ konventionell geraten. Als jemand, der mit den sechs Vorgängern aber jeweils nicht gerade viel anfangen konnte, hat er mich von allen jedoch tatsächlich am besten zu unterhalten vermocht…