Entstehungsdaten:
USA 2022
Regie:
Neil LaBute
Darsteller:
Kate Bosworth
Justin Long
Gia Crovatin
Lucy Walters
Trailer
Once upon a time…
Mit diesen Worten in roter Schrift auf einer klassisch verzierten Texttafel eröffnet "House of Darkness" – eine Horror-Komödie von Regisseur und Drehbuch-Autor Neil LaBute aus dem Jahr 2022. In jüngerer Zeit war es eher ruhig um den 1963 geborenen Schöpfer diverser kontroverser und preisgekrönter Theater-Stücke und Filme geworden: Nach dem Scheitern seines 2006er "the Wicker Man"-Remakes – welches ich persönlich aufgrund bestimmter Faktoren im Ganzen aber keineswegs als so dermaßen schlecht erachte, wie es gemeinhin gern dargestellt wird – glückten ihm zwar noch die kommerziellen Erfolge "Lakeview Terrace" und "Death at a Funeral" – welche beide jedoch nicht von ihm verfasst wurden – ebenso wie zwei passable "Indies" mit Alice Eve – nämlich "Some Velvet Morning" und "Dirty Weekend" – in Gestalt derer er allerdings nicht mehr wirklich zu der für ihn bis dato eigentlich als "charakteristisch" geltenden spitzfindig-provokanten Qualität von Streifen wie "In the Company of Men", "Your Friends and Neighbors" und "the Shape of Things" zurückzufinden vermochte…
Auch wenn ihm letzteres im Vorliegenden erneut nicht in vollem Umfang gelungen sein mag, markiert dieses gesprächig-atmosphärische düster-humorige Kammerspiel dennoch ein willkommenes "Comeback“ für LaBute, der seit 2015 überwiegend im TV-Bereich (u.a. als Produzent und Showrunner der Serie "Van Helsing") tätig war. In für ihn gewohnter Weise wartet das Werk mit speziellen Ansichten und Absichten hegenden Figuren auf und thematisiert im Zuge der Interaktionen (samt entsprechend pointierter Dialoge) gewisse Tücken, Schwierigkeiten und Konflikte im Umgang miteinander – bzw. konkret: zwischen den Geschlechtern – und das dieses Mal in einem augenfälligen, an sich jedoch nicht gerade vordergründig-dominanten "Genre-Kontext" eingebettet daherkommend. Inmitten der Covid-19-Pandemie in bloß 11 Tagen mit nur fünf Akteuren und einer kleinen Crew realisiert, entfalten sich die Geschehnisse nahezu komplett im Innern eines Burg-ähnlichen Gebäudes – mit den übrigen paar Momenten auf dem umgebenden Anwesen sowie in den Stollen-Kammern einer subterranen Abbaustätte…
"House of Darkness" eröffnet mit der Ankunft Haps (Justin Long) und Minas (Kate Bosworth) in seinem schicken BMW vor ihrer großen, rustikal-edlen, abschieden gelegenen Villa – welche sich, wie sie berichtet, neben einer Reihe anderer Immobilien an unterschiedlichen Orten schon lange in dem Besitz ihrer Familie befindet. Hap ist beeindruckt und folgt ihr hinein – wo sie ihm u.a. einen Drink seiner Wahl zuzubereiten offeriert. Spontan entscheidet er sich für einen "Maker´s Mark" Straight Bourbon – und während sie sich in einem anderen Raum dann um eben jenen kümmert, ruft er rasch mal bei einem Kumpel an, von dem er zuvor eine Text-Nachricht erhalten hatte: In dem Telefonat prahlt er mit der Aussicht darauf, in Kürze bei Mina zu landen, welche er früher am Abend in einer Bar in der Stadt kennengelernt hatte. Nach netter Konversation und etwas Alkohol war sie dort auf sein Angebot eingegangen, sie heimzufahren. Fernab von naive im Hinblick auf seine Hoffnungen hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Nacht, will sie es ihm da aber nicht ganz so leicht machen…
Es entwickelt sich eine Form von Tändelei, bei der Mina von Anfang an betont, wie wichtig ihr Ehrlichkeit sei. Dies führt u.a. dazu, dass sie regelmäßig Aussagen hinterfragt und sie Hap somit nahezu unentwegt in eine "defensive Position" manövriert – was er argumentativ sowie sich selbstsicher auf seinen Charme und seine "Skills als Player" verlassend so gut wie möglich zu meistern versucht. Relativ frei heraus – aber geschickt – hakt sie nach, wenn es um ihn, sein Leben und seine aktuelle Intention geht. Das einfach nicht gewohnt sowie sich überschätzend, verhaspelt er sich des Öfteren – muss Dinge klarifizieren oder ein wenig nachkorrigieren – stets an seinem Glas Whisky nippend sowie ungebrochen davon überzeugt, es zu schaffen, bald Sex mit ihr haben zu können. Unterdessen hindert ihn sein Fokus auf dieses Ziel daran, eigenwilligen Geräuschen oder seinem ihn beschleichenden Gefühl mehr Aufmerksamkeit zu widmen, sie wären (entgegen Mina´s Zusicherung) nicht allein im Haus. Es ist just als er schließlich unmittelbar davor steht, von Mina die Hose ausgezogen zu bekommen, dass plötzlich eine andere Frau das Zimmer betritt…
Es ist Lucy (Gia Crovatin) – Mina´s Schwester. Hap ist überrascht und irritiert angesichts ihres Auftauchens, welches scheinbar aus einer uneindeutigen Kommunikation resultiert, wer von den beiden an diesem Abend daheim sein würde. Lucy ist ebenfalls hübsch – sowie gar noch ehrlicher und direkter als Mina, wie es heißt. Eigentlich will er nun aufbrechen – doch natürlich vermag er es ihnen nicht auszuschlagen, gemeinsam noch mit einem letzten Drink anzustoßen, für dessen Zubereitung Mina sie erst einmal eine Weile "unter sich" belässt. Zunehmend von Müdigkeit geplagt, ist es ihm nicht ungelegen, als Lucy ihm irgendwann eine Tour der übrigen Räumlichkeiten anbietet. Geradezu unweigerlich beginnt er dabei auch mit ihr zu flirten: Ihre Reaktion ist nahezu identisch derer Minas. Wieder zu dritt, setzen sie sich daraufhin zusammen, um einander "Grusel-Geschichten" zu erzählen: Während Hap´s Story seine Lustlosigkeit widerspiegelt, sich so die Zeit zu vertreiben, entpuppt sich Lucys als eine ziemlich intensive, in der es um eine Gruppen-Vergewaltigung sowie der grausamen Rache an einer Vielzahl an Männern geht…
Um den "Twist", auf den "House of Darkness" zusteuert bzw. hinausläuft, wird kaum etwas in der Richtung eines Geheimnisses gemacht – siehe dazu nur mal das Poster und den Trailer. Wer sich mit der betreffenden, ursprünglich im Jahr 1897 veröffentlichten Materie auskennt, dem sind die Namen Mina und Lucy ja vertraut – und der weiß freilich gleichermaßen, dass es nicht bloß zwei, sondern insgesamt drei Bräute, ähm Schwestern gibt. Unabhängig dessen, dass er im Vorfeld durchaus einzelne "Unheimlichkeiten" registriert, dauert es beim angetrunkenen sowie seiner ihn leitenden Libido folgenden Hap verdammt lange, bis der Groschen fällt, in was er da hineingeraten ist: Die Kombination aus Erregung und jener verspürten Empfindung kann bei manchen schon einen sehr speziellen Reiz erzeugen. Attraktive, verführerische Damen, eine Vollmond-Nacht, das Ambiente des (in der Realität in Fayetteville, Arkansas stehenden) Gebäudes sowie dessen wegen Strom-Problemen häufig nur von Kerzen und Kaminfeuer erleuchteten Einrichtung: Ein netter Hammer Studios Gothic Horror Vibe ist durchweg vorhanden…
Ohne Editing-Mätzchen und Jump-Scares (von einer passend platzierten Ausnahme abgesehen) wurde Wert auf eine klassisch-düstere Stimmung gelegt – u.a. dank einer Menge Dunkelheit in Hintergründen und Randbereichen, in denen "Dinge lauern" könnten. In einem Moment nickt Hap kurz mal auf einem Sofa ein – und findet sich im nächsten in einem Stollen an einen hölzernen Stuhl gefesselt wieder; unweit eines ungefähr hüfthohen Haufens an Herren-Schuhen. Er meint, eine Gestalt zu erspähen, kann sich befreien – verletzt sich aber übel und erwacht zurück im Haus. Unkonkretes unheilvolles Foreshadowing. Subtil ist das alles zwar nicht – doch liegen die Prioritäten des Films ja ohnehin woanders und haben Cinematographer Daniel Katz ("the Informer") sowie Komponist Adam Bosarge ("Out of the Blue") bei diesen Aspekten des Ganzen nichtsdestotrotz ordentliche Arbeit abgeliefert. Wer auf Thrills, Action, Sex und/oder Gore aus ist, der sollte sich lieber alternative Genre-Kost suchen – denn ähnlich wie z.B. Abel Ferrara´s "the Addiction" ist dies ein überaus Dialog-zentriertes Werk; und dazu auch noch eine spitzfindige Komödie…
Eingebettet in ein gängiges "Hookup-Szenario", hat sich LaBute erneut Themen-Punkten á la Gebarens- und Umgangs-Ausprägungen zwischen Vertretern der Geschlechter gewidmet: Selbstdarstellung, Machtspiele und daraus resultierende Konsequenzen inklusive. Jemanden in einer Kneipe (bei einer Veranstaltung, in einem Club etc.) kennenzulernen – gerade wenn man das nicht mit dem Gedanken an eine längerfristig-ernste Beziehung angeht sowie obendrein Alkohol konsumiert wird – birgt immerzu gewisse abzuwägende, wohlmöglich im schlimmsten Fall bis hin zu einer leiblichen Gefahr reichende Unsicherheiten. Was steckt hinter der "Fassade" der Person, mit der man in der Situation da spricht? Will man das überhaupt wissen? Sollte man es vielleicht besser? Im Vorliegenden verhält sich Hap merklich vorsichtig bei der Wahl seiner Worte sowie den "Schritten seiner Avancen": Beim Hofieren und Dating hat die #MeToo-Bewegung evidente Spuren hinterlassen sowie sich seit der Zeit von "In the Company of Men" so einiges verändert – zumindest nach außen hin…
"House of Darkness" gelingt es, dass keiner der Protagonisten einen wahrhaft unsympathischen Eindruck heraufbeschwört. Hap ist ein charmanter, mitunter unbeholfener "Schürzenjäger" mit Humor, Manieren sowie einem schicken Anzug und Wagen, der garantiert bereits des Öfteren untreu war und im Prinzip genau weiß, wie er sich Frauen gegenüber präsentieren muss, um zum angestrebten Ergebnis zu gelangen. Seinem Smalltalk und "Herantasten" begegnet Mina allerdings mit Hinterfragungen und Sticheleien – wodurch er sich dann stets dazu gezwungen sieht, sich ausgiebiger zu erklären und/oder zurückzurudern. Gelegentlich kommen bei ihm Arroganz, "Macho-Denken" und Lügen zum Vorschein, wenn er argumentativ "ins Straucheln gerät" – worüber hinaus es schwierig für ihn ist, abzuwägen, wie gut seine Chancen eigentlich weiterhin so stehen oder ob die Damen tatsächlich "etwas im Schilde führen". Justin Long ("Tusk") portraitiert ihn rundum überzeugend – von seinem komödiantischen Timing, Meistern der dramatischeren Passagen sowie seiner kompletten Art her…
Ebenbürtig kompetent verkörpert Kate Bosworth ("the Immaculate Room") Mina, welche Hap genüsslich "zappeln lässt" sowie konstant die Kontrolle über die Unterhaltung und Lage besitzt. Man kann sich leicht vorstellen, wie sie mit ihren blonden Haaren und weißem Kleid in einer Bar die Blicke der Männer auf sich gezogen hat – wie sich Hap da gefühlt haben muss. Sie ist mysteriös, hübsch, verfügt über eine erotische Ausstrahlung, spricht mit sanfter Stimme und ist schwer zu durchschauen. U.a. ist es amüsant, ihre Mimik und Reaktionen zu beobachten, wenn Hap sich ertappt zu rechtfertigen oder irgendwo rauszureden versucht. Lob gebührt aber auch Gia Crovatin ("Still here") als Lucy, welche alles relativ "deadpan-trocken" von sich gibt – Hap bspw. geradewegs damit konfrontiert, warum er Mina denn hergefahren hätte, obwohl er nicht mehr nüchtern war, sowie ihm noch weniger "Bestärkung und Hoffnung" vermittelt als ihre Schwester. In den übrigen beiden on-Screen-Rollen sind schließlich noch Lucy Walters ("Tesla") als Nora sowie Joy Conly ("Mindcage") als Shadow Figure mit von der Partie…
Wie die Charaktere miteinander interagieren – sich (Subtext-geladen) ausdrücken, äußern und verhalten – ist reizvoll und vergnüglich beizuwohnen: Ein überwiegend verbal ausgefochtenes, mal subtil-nuanciertes, mal unverblümt-direktes, einem bisweilen Emerald Fennell´s "Promising young Woman" in Erinnerung rufendes Katz&Maus- bzw. Jäger&Beute-Spiel. Doch wird der Film wirklich so enden, wie man im Verlauf zu wähnen beginnt – also übernatürlich-blutig – oder hat LaBute das speziell bloß fürs zugehörige Metaphorische ausgewählt? An sich ist das eh eher nebensächlich bei diesem Werk, dessen Inhalt ebenso gut auf einer Theater-Bühne dargeboten funktioniert hätte: Seine smart und bissig verfassten sowie seitens der treffend gecasteten Akteure kompetent vorgetragenen Dialoge stehen im Vordergrund – mit dem "Drumherum" (Set-Design, Inszenierung etc.) sozusagen als "unterstützende Zugabe". Somit ist sich LaBute mit "House of Darkness" weiterhin treu geblieben – nur dass er dieses Mal halt "aktuelle Dynamiken" mit klassischem Bram Stoker Material verknüpft hat…