Entstehungsdaten:
GB 2018
Regie:
Bernhard Pucher
Darsteller:
Georgia Hirst
Danny Kirrane
Kamal Angelo Bolden
Manpreet Bambra
Maria Volk
Natasha Henstridge
Trailer
Party like there´s no tomorrow!
Im Vorfeld war ich durchaus skeptisch, ob mir "Ravers" (2018) gefallen würde – schließlich handelt es sich dabei um eine britische Low-Budget-Horror-Komödie, die von einem ehemaligen DJ und Musik-Produzenten (Bernhard Pucher) in Szene gesetzt wurde sowie sich über weite Strecken hinweg zum Sound der betreffenden Elektro-Klänge entfaltet. Letztere sind für mich grundsätzlich – also vollkommen losgelöst der in diesem Film zu hörenden Tracks – höchstens bloß "in kleinen Dosen" erträglich – wie z.B. bei Doug Liman´s "Go" oder im Rahmen des furiosen Anfangs von Stephen Norrington´s "Blade". In Addition dazu dann noch die in einem solchen Kontext für gewöhnlich unvermeidbar erhöhte Zahl an nervigen, häufig Drogen konsumierenden Typen sowie unschöne Erinnerungen an Veröffentlichungen wie "Return of the Living Dead 5: Rave to the Grave". Nunja, es sollte verständlich sein, was ich damit sagen möchte. Zum Glück kann ich an dieser Stelle bereits schonmal vorwegnehmend vermelden, dass mich der Streifen im Ganzen tatsächlich positiv zu überraschen vermochte…
Eröffnet wird in einer industriellen Abfüll-Anlage für "Renergize"-Energy-Drinks in Chicago. Da es dem Unternehmen finanziell schlecht geht, werden just an dem Tage gerade Kündigungs-Schreiben an die Belegschaft ausgeteilt. Aus Versehen passiert es im Zuge dessen, dass einer der Beschäftigten (Orson Chaplin) die Computer-gestützte Steuerung des Zutaten-Mischverhältnisses derart verändert, dass eine potentiell gesundheitsgefährdend kontaminierte Charge hergestellt wird – aus der einige seiner unwissenden Kollegen prompt ein paar Flaschen entnehmen, um mit ihnen "zum Abschied" anzustoßen. Alle trinken sie etwas davon – doch ist es einer aus der Gruppe (Olivier Richters), der besonders heftig darauf reagiert; extrem aggressiv in Rage gerät sowie im Folgenden brutal Amok läuft. Sein "Durchdrehen" wird später der ausgiebigen Steroiden-Nutzung des Bodybuilders mit zugeschrieben – u.a. da der eigentliche Verursacher die übrigen mehrere Dutzend Exemplare schnell noch in einem anderen Bereich des Gebäudes versteckt hatte, um sein "Missgeschick" zu verbergen…
Seitdem ist einige Zeit verstrichen. Wir lernen nun die junge Journalistin Becky (Georgia Hirst) kennen, die beruflich nicht vorankommt, da sie bei ihrer Arbeit stets in ihrer "Comfort Zone" verbleibt – zumindest der Einschätzung ihrer Chefin (Natasha Henstridge) nach. Eines Abends ringt sie sich dazu durch, gemeinsam mit ihrem Cousin Ozzy (Danny Kirrane) eine illegale Rave-Party zu besuchen – und zwar vor allem aufgrund des Wissens, dass Hannah (Manpreet Brambra) ebenfalls dort hingehen wird, welche sie ziemlich charmant und süß findet. Als sich offenbart, dass das auf Gegenseitigkeit beruht, scheint die Entscheidung für sie (so einiger nötiger Überwindung zum Trotz) entsprechend die richtige gewesen zu sein. Leider aber bricht schon bald das absolute Chaos über die Feiernden herein – denn natürlich wird die Veranstaltung in den verlassenen "Renergize"-Räumlichkeiten abgehalten und hatte der Dealer Vince (Kamal Angelo Bolden) zuvor gewisse Flaschen des nicht mehr auf dem Markt erhältlichen "Kult-Getränks" auszuhändigen begonnen, nachdem er jene zufällig beim Herumstöbern entdeckt hatte…
In "Ravers" ähneln die Auswirkungen des Konsums des kontaminierten Drinks den klassisch-bekannten in den meisten der über die Jahre hinweg erschienen Zombie- bzw. "Infizierten"-Filme (á la "28 Days later", "Land of the Dead", "the Crazies" etc.) – allerdings wird dem Publikum im Vorliegenden eine durchaus nette Variation in der Hinsicht geboten. Es ist z.B. so, dass sich die Grade und Symptome des "Befalls" bei jedem individuell unterscheiden, niemand ein "Untoter" ist und diejenigen auch "geheilt" werden können. Die überdosierte Zutat führt zu einem mächtigen Anstieg des Testosteron-Levels – was wiederum auf das jeweilige Befinden Einfluss nimmt sowie zugleich etwaige Effekte anderer "Substanzen" im Körper potenziert. Sprich: Stoner werden noch hungriger und relaxter, Ketamin schaltet das Verspüren von Schmerzen aus und betäubt einen bis hin zur Bewegungsunfähigkeit, Koks steigert die Reizbarkeit und Aggressivität – und so weiter. Damit einhergehend wächst der Sucht-Faktor; das Verlangen: Statt nach "Braaaains!" wird hier also nach "Mooore!" gegiert…
Pucher und seinem Skript-Co-Autoren Luke Foster ("Betsy & Leonard") ist es gelungen, ihr Werk mit einer Reihe erquicklicher, angenehm zu registrierender vernünftig ausgearbeiteter Einfälle aufwarten zu lassen – wozu die Ausgestaltung der Haupt-Protagonistin Becky zählt. Ihres Zeichens lesbisch, unfreiwillig frisch wieder Single sowie von ihrer ganzen Art her stark "auf Sicherheit bedacht", leidet sie in allen Lebenslagen darunter, eine Germaphobikerin zu sein: Aus Angst vor Krankheiten und Keimen ist sie ständig dabei, Dinge zu desinfizieren – was einzelne ihrer Mitmenschen stresst oder gar zu Spotten animiert. Daraus resultierend und aufbauend wird eine gute "Balance" aus Humor, Anteilnahme und für sie zu bewältigenden (der Story sowie ihrer persönlichen Entwicklung dienenden) "Hürden" getroffen. Klar ist es amüsant, wenn sie mit Handschuhen, Jacke und FFP3-Maske zum Rave erscheint – doch der Hintergrund ist ja, dass sie endlich mal "über ihren Schatten zu springen" gedenkt sowie gern Zeit mit Hannah verbringen möchte…
Becky´s Phobie bildet ein ergiebig integriertes Element der Geschichte und stellt sie im Laufe der Nacht mehrfach vor Herausforderungen – sei es angesichts der dicht aneinander tanzenden Menge, beim Interagieren mit Hannah oder später dann u.a. beim Robben über den Boden (auf Ellenbogen) oder dem Hinaufklettern einer Leiter (per Nutzen ihrer Ärmel). Auch ihre sexuelle Orientierung wird nicht unnötig thematisiert – stattdessen (richtigerweise) einfach als absolut natürlich so präsentiert. Georgia Hirst (Torvi aus TV´s "Vikings") liefert eine glaubwürdige, sympathische Performance ab – meistert Becky´s "Quirks" und Beherztheit ebenso wie ihren gesamten Character-Arc prima – während mir Manpreet Brambra (TV´s "Free Rein") als ihr "Love Interest" ähnlich ordentlich zuzusagen wusste und das gleichermaßen für Danny Kirrane ("Automata") als Ozzy gilt – obwohl es schade ist, dass sein Part hin zum Stereotypischen so mancher Nebenfigur tendiert. Gestört oder genervt hat er allerdings nie – was mit daran liegt, dass seine Einbindung erfreulicherweise über einen reinen "Comic-Relief-Sidekick" hinausreicht…
Inmitten der eskalierenden Ereignisse entpuppt sich Vince (Kamal Angelo Bolden aus "Elvis & Nixon") zu allem Überfluss relativ zügig als ein gefährlicher Antagonist von Becky und ihren Begleitern, denen sich außerdem noch die Undercover-Polizistin Jen (Maria Volk aus "Wolf Creek 2") anschließt: Ersterer "Resident Dealer" hat zwar kein "Renergize" getrunken – doch will er auf keinen Fall ins Gefängnis und befürchtet überdies, dass man ihm das alles "anhängen" könnte. In kleineren Rollen u.a. noch seitens Eve Connolly ("the Other Lamb"), Natasha Henstridge ("the Whole Nine Yards") sowie des 218cm großen Hünen Oliver 'the Dutch Giant' Richters ("Black Widow") ergänzt, geht die Besetzung an sich völlig in Ordnung. Dass man "Ravers" in den USA angesiedelt hat, um so die Vermarktbarkeit zu erhöhen, hat allerdings dazu geführt, dass viele der Akteure mit nur bedingt überzeugenden amerikanischen Akzenten sprechen. Abgesehen davon sowie trotz der gewählten "möglichst neutralen" Dreh-Locations in Cardiff, Wales wirkt der Streifen generell unweigerlich unverkennbar britisch…
In ihrem "berauschten Zustand" tanzen diverse Betroffene zu den stampfend-dröhnenden Beats unentwegt weiter und werden erst ungezügelter und rabiater, als die Musik mal aussetzt oder irrtümlich ein anderer Stil als die typischen utz-utz-utz-Klänge ertönt. Ihren Instinkten und Trieben folgend, lassen sich einzelne "Aufgebrachte" (wie bei verschiedenen Arten von Drogen-Trips) schnell wieder mit nur einem Drink oder einer Zigarette beruhigen, leben manche die Intensivierung ihres sexuellen Drangs postwendend im Form einer Orgie aus und werden einige von ihrer "angefütterten Sucht" geleitet – so als würden sie immerzu stracks wiederkehrend an Entzug leiden. Letztere sind es, die sich zunehmend unberechenbarer und gewalttätiger verhalten. Je mehr sie konsumieren, desto stärker schreiten bei ihnen auch gewisse physische Veränderungen voran – speziell im Bereich der Gesichtshaut und Augen. Besonders einer (Liam Dascombe aus "Bridgend") ist da geradezu "unersättlich" – was ihn zur größten Bedrohung macht sowie bei ihm körperlich immer groteskere Züge annimmt…
Zwar schwankt die Qualität der Make-up-Kreationen und Effekte – doch kann man für ein Werk dieser Budget-Klasse mit dem Ergebnis zufrieden sein und wurde bloß punktuell auf den Einsatz von CGIs zurückgegriffen. Bernhard Pucher ("Black Sand: A Sandman Story") und sein Team – darunter Production Designer Keith Dunne (TV´s "Dead Pixels") und Cinematographer Luke Bryant ("Eliminators") – vermochten die ihnen verfügbaren (eingeschränkten) Ressourcen ergiebig auszuschöpfen sowie die Geschehnisse in einer Weise zu arrangieren, dass die entsprechenden Limitierungen keinen ernsthaften "Störfaktor" beim Anschauen markieren. Alles in allem bietet einem "Ravers" eine inhaltlich simpel gestrickte, fern von makellose, wohl aber unterhaltsame sowie mit sympathischen Protagonisten aufwartende Kombination aus Horror und Humor: Quasi ein Gaspar-Noé´s-"Climax"-meets-"Return of the Living Dead"-eskes B-Movie, bei dem die Sorgen und Hygiene-Maßnahmen von Germaphobikerin Becky heutzutage (nach den "Covid-19-Jahren") auch nur noch halb so überzogen wie damals zu Zeiten der Entstehung des Streifens wirken…
knappe