Entstehungsdaten:
Japan 1988
Regie:
Tetsurô Amino
Sprecher:
Yasunori Matsumoto
Kazuhiko Inoue
Rei Sakuma
Es war im Jahr 1959, dass der von dem amerikanischen Schriftsteller Robert Anson Heinlein geschriebene Science-Fiction-Roman "Starship Troopers" seine Veröffentlichung erfuhr: Ein eng mit dem Geist der damaligen Zeit verknüpftes, kontrovers diskutiertes militaristisch-sozio-politisches Werk, welches sich in bestimmten Kreisen und Medien als durchaus einflussreich erwies sowie u.a. mit dem renommierten "Hugo Award" ausgezeichnet wurde. Beim Hören oder Lesen des Titels dürften viele allerdings eher an den gleichnamigen 1997er Kino-Film Paul Verhoevens denken – welcher aber eigentlich auf einer ganz anderen Vorlage basiert: "Bug Hunt at Outpost Nine". An sich ein eigenständiges Skript, wurde man irgendwann wohl (angeblich erst im Anschluss ans Verfassen) auf gewisse Ähnlichkeiten mit Heinlein´s Klassiker aufmerksam – weshalb man sich kurzerhand um einen Erwerb der entsprechenden Rechte bemühte; auch um auf diesem Wege von dem etablierten Ruf des Buches profitieren zu können…
Verhoeven selbst hat jenes Opus indes gar nie gelesen: "I stopped after two chapters because it was so boring. It is really quite a bad book. I asked Ed Neumeier to tell me the story because I just couldn't read the thing", berichtete er dem "Empire"-Magazin in 2012. Einzelne Elemente Heinleins wurden in die eigene Geschichte mit integriert bzw. innerhalb des Bestehenden konkreter herausgestellt – worauf Verhoeven auf dieser Grundlage eine subversive Faschismus-Satire hinter der "Fassade" eines oberflächlich anmutenden kriegsgeil-brutalen Action-Spektakels schuf. Ursprünglich ein unschöner kommerzieller Flop, ist der Streifen seither jedoch zu einem geschätzten Kult-Hit avanciert, der obendrein mehrere Sequels und Spinoffs hervorgebracht hat. Was die Wenigsten allerdings wissen: 1988 gab es schonmal eine Adaption des Stoffes – und zwar in Form einer sechs-episodigen, etwas über zweieinhalb-stündigen japanischen Original-Video-Animation-Miniserie aus dem Hause "Sunrise/Bandai Visual"…
Dem einige Monate vor ihrem Erscheinen verstorbenen Heinlein gewidmet, wurde "Uchû no Senshi" ("宇宙の戦士") von dem Anime-erfahrenen Regisseur Tetsurô Amino (TV´s "Macross 7") in Szene gesetzt sowie in ihrem Produktionsland auf drei Laserdiscs verteilt herausgebracht – wonach bis heute (08/2023) auch keine weiteren Releases folgten; was unweigerlich in einer ziemlich geringen internationalen Bekanntheit resultierte. Wohlmöglich ist diese Gegebenheit mit Gerüchten verknüpft, die Macher hätten sich vorab nicht um die nötigen Genehmigungen gekümmert, Heinlein´s "IP" überhaupt verwenden zu dürfen – wodurch das Projekt in der Hinsicht ein "unautorisiertes" gewesen sei. Ohne engagierte Fans – oder passender gesagt: Otakus – würde es nicht einmal (für YouTube-Uploads angefertigte) englische Untertitel geben. Als jemand, der das Buch als Twen gelesen sowie fast jeden der Filme geschaut hat, war ich jedenfalls neugierig und gespannt aufs Schließen dieser "Lücke"…
In New Buenos Aires haben Juan 'Johnny' Rico und seine Freunde gerade die High School beendet und stehen somit vor dem nächsten Abschnitt ihres Lebens. Ersterer stammt aus einer reichen Familie und soll nun in die Firma seines Vaters einsteigen – bis er sich spontan jedoch dazu entscheidet, sich für den Militär-Dienst zu verpflichten, sowohl um "seinen eigenen Pfad" zu beschreiten als auch da sein Kumpel Carl sowie ein Mädel, für das er Gefühle empfindet (Carmencita), sich ebenfalls bereits zu einer Karriere in jener Sparte der "Earth Federation" entschlossen hatten. Als kurz danach an die Öffentlichkeit gerät, dass in einem entfernten Teil des Universums ein Krieg zwischen den Menschen und einem Feind ausgebrochen ist, über den man noch nicht allzu viel weiß, ist Johnny überzeugter denn je, die richtige Wahl getroffen zu haben – unabhängig dessen, dass andere (insbesondere seine Mutter) das nicht so sehen. An dem Punkt im Verlauf klingt EP1 aus – mit Johnny´s Aufbruch zu seiner Grundausbildung…
Der "Mobile Infantry" zugewiesen, muss Johnny ein forderndes Training absolvieren, lernt ein paar seiner Kameraden besser kennen, eckt mehrfach bei seinem strengen direkten Vorgesetzten an und muss sich mitunter durchaus mühsam an dieses stark von Disziplin und Gehorsam geprägte System gewöhnen. Überdies fällt ihm der Umgang mit den "Mech"-Kampfanzügen der Truppe schwer. Als eines Tages nahe der Basis ein großes Feuer ausbricht, werden einige der Rekruten in den Lösch-Einsatz geschickt – im Zuge dessen Johnny zwar jemanden zu retten vermag; dabei aber einen Befehl missachtet und dafür entsprechend gemaßregelt wird. Es ist parallel dazu, dass Johnny´s Mutter eine Freundin, die zuvor auf einer luxuriösen "Space Cruise" unterwegs war, von ihrem örtlichen Airport abholt – allerdings hatte sich eine außerirdische Lebensform mit an Bord geschlichen, welche nach der Landung sogleich schlagartig anwächst sowie massive Zerstörung anrichtende Strahlen abzufeuern beginnt…
In der vierten Folge von "Uchû no Senshi" wird Johnny´s Einheit auf den Mond verlegt – ebenso wie Carmencita mit ihrer "Naval Elite Unit". Stracks nimmt er das als Ansporn, ihr einen freundschaftlichen Brief zu schreiben, um wieder mit ihr in Kontakt zu kommen. Just dann erreicht ihn jedoch die Nachricht, dass seine Mutter bei dem Angriff auf New Buenos Aires getötet wurde – was ihn hart trifft sowie merklich "aus der Bahn wirft". Dank der Unterstützung der anderen sowie des Konzentrierens bzw. Fokussierens aufs Ziel gelingt es ihm aber, sich wieder zu fangen – und sogar "Squad Leader" zu werden. Bei einem Manöver auf dem Mars soll er sich in der Position beweisen – allerdings befestigen sich "Alien-Sporen", die vom genutzten Satelliten-Warnsystem nicht registriert werden können, an einem Shuttle und gelangen so in genau die Station, welche Johnny und seine Männer wenig später betreten, um ihre "Combat Suits" aufzuladen sowie sich mit neuer Übungs-Munition einzudecken…
Seine erste "Feind-Berührung" überlebt Johnny nur knapp – im Gegensatz zu seinem Kumpel Greg. Nach Abschluss ihrer Ausbildung nutzen Johnny und einer seiner Kameraden die ihnen vor ihrem Ausrücken zugestandene Freizeit, um Greg´s Freundin ihr Beileid auszudrücken und ihr mitzuteilen, dass jener ein Held war, der Johnny zu Hilfe eilte, als er während des Kampfes in Not geriet. Der Trip verläuft aber keineswegs so, wie sie ihn sich ausgemalt hatten – worauf sie zurückkehren und ihren Dienst auf der "Roger Young" antreten. Carmencita hat derweil einen Posten auf der "Saratoga" erhalten. Vor ihrem Abflug schenkt sie Johnny noch ein Foto von sich – wie von ihm gewünscht – doch wird ihr Schiff auf dem Weg zum Ursprungs-Planeten der Bedrohung plötzlich attackiert und zerstört. Zwar besteht die Chance, dass sie dabei nicht umkam – allerdings darf sich Johnny von dieser Hoffnung nicht ablenken lassen, denn für die Schlacht, in die seine Truppe nun geschickt wird, benötigt er allerhöchste Aufmerksamkeit…
Trotz aller Unterschiede sowie der Tatsache, dass diese Miniserie deutlich früher erschien, ist es beileibe nicht leicht, nicht immer wieder Vergleiche zu Verhoeven´s Film zu ziehen. Beide Werke weisen bestimmte Elemente der Roman-Vorlage auf und sind mal ferner, mal näher dran am Buch – haben allerdings jeweils andere Gewichtungen gewählt sowie diverses verändert. So z.B. spielt Politisches in dieser OVA im Grunde genommen keine Rolle – weder die von Heinlein gehegten und vermittelten Ansichten noch Verhoeven´s satirische Überspitzung faschistischer Motive (Gedankengut und Nazi-Symbolismus). In dieser Zukunfts-Vision ist das vorherrschende System leider überaus vage gestaltet worden – ohne Detail-Infos im Hinblick auf die Beschaffenheit der Gesellschaft sowie den Macht-Apparat Schrägstrich die Zusammensetzung der "Earth Federation": Kein Thematisieren von erwarteter und gefolgter sozialer Verantwortung, keine Propaganda, kein "service guarantees citizenship"…
Wie bei Verhoeven, ist der Haupt-Protagonist in "Uchû no Senshi" (statt philippinischer Abstammung) ein blonder, kaukasischer Argentinier, der im Rahmen einer Sport-Veranstaltung eingeführt wird und seinem Schwarm Carmencita sowie seinem besten Freund Carl zum Militär nachzieht. Diese Entscheidung bringt seine Mutter zur Verzweiflung: Vor Unverständnis, Traurigkeit und Sorge ohrfeigt sie ihn sogar zum Abschied – wogegen sein Vater seinen Schritt akzeptiert und respektiert. Die Episoden 2-5 zeigen Phasen seines Trainings auf – im Laufe derer er sich charakterlich weiterentwickelt sowie eine Reihe von Personen kennenlernt, die damit in Verbindung stehen. Nach einigen von ihnen sind die sechs Folgen dann auch benannt worden: Ihre Titel lauten Johnny, Hendrick, Maria, Greg, Cherenkov und Carmencita. Es muss sich daran gewöhnt werden, die Ausrüstung zu beherrschen sowie Befehlen zu gehorchen – bspw. die des knallharten Sergeants Zim. Und ja: Die berühmte "Messer-Diskussion" ist vorhanden…
Johnny muss sich im Team sowie in der Armee an sich bewähren, mit dem Tod seiner Mutter ebenso wie dem eines Kameraden zurechtkommen und seine eigene Identität festigen. Dadurch, dass der Zuschauer etliche seiner Überlegungen und inneren Monologe zu hören erhält, ist der Aufbau eines "Zugangs" zu ihm ganz ordentlich gelungen – bis auf im Bereich seiner Gefühle für Carmencita, welche in dem präsentierten Umfang nie richtig nachempfindbar anmuten. Es wird eine Menge Wert auf den Zusammenhalt der Einheit gelegt – inklusive wie die Soldaten mit speziellen Erlebnissen und Realisierungen umgehen: Etwa mit dem Unverständnis, dass Greg ein Ehren-Begräbnis verweigert wird, da er zwar Johnny gerettet, dabei allerdings eine Anweisung missachtet hat, dass die Wahrscheinlichkeit des eigenen Sterbens nicht gerade gering ist sowie dass es sich auch beim Feind um lebende Wesen handelt. Bei manchen bricht die Angst hervor, als es letztlich "ernst" wird – einzelne verlieren in dem Chaos gar die Nerven…
Wie bei Heinlein damals, werden im Vorliegenden gepanzerte "Power Suits" im Kampf getragen: Klobige Metall-Anzüge, die aber potenzierten Schutz sowie mehr Kraft offerieren, höhere Geschwindigkeiten ermöglichen, u.a. über Info-Anzeigen (Zielerfassung, Energie-Stand etc.) und Düsen (für Flüge, Sprünge oder falls man sich mal rasch aufrichten muss) verfügen sowie obendrein mit "Attachments" wie Flammenwerfer oder Feuerlöscher ausgestattet werden können. Sie zu beherrschen ist nicht einfach – weshalb viel Ausbildungs-Zeit dafür veranschlagt wird. Designt wurden sie von dem japanischen Künstler Kazutaka Miyatake ("Space Battleship Yamato") – während sich die Macher für einige der zugehörigen Sounds bei "Bubblegum Crisis" und "Aliens" (beim "Exoskeleton Power Loader" dort) "bedienten". Verhoeven verzichtete darauf, diese Idee von Heinlein zu übernehmen – nicht aber spätere Veröffentlichungen; unter ihnen Teil 3 ("Marauder") sowie die "Starship Troopers Chronicles"…
Die Außerirdischen in "Uchû no Senshi" unterscheiden sich klar von denen im Buch sowie von denen in allen weiteren Adaptionen der Materie: Anstelle einer arachniden und/oder insektoiden Form sind sie hier eher klassische "Manga Monster" in verschiedenen Variationen, die sich via eine Art Sporen durchs All bewegen können sowie zu überwiegend lila-pink-rosa-farbenen Kreaturen heranwachsen, die bisweilen an Kreuzungen aus Quallen und Tintenfischen erinnern. Scheinbar ein "Hive Mind" aufweisend sowie mitunter eine "Ansammlung von Bio-Masse" bildend, haben einige von ihnen wiederum Beine, Tentakel, Schnäbel und Augen, können fliegen und geben "vogelhafte" oder "aquatische" Laute von sich. Zudem sind sie schwer zu töten sowie dazu imstande, "organische Plasma-Strahlen" zu verschießen – ein wenig ähnlich entsprechend befähigter "Bugs" im Film. Generell erfährt man nahezu nichts über sie – was so aber in Ordnung geht sowie nicht irgendwie negativ einzustufen ist. Sie sind halt nur ziemlich anders als die sonst aus der Franchise gewohnten Viecher…
Im Einklang mit dem Roman ist die Miniserie in Sachen Action recht zurückhaltend – allerdings bekommt man durchaus regelmäßig eben solche Sequenzen zu sehen. So z.B. wird mit einem Gefecht auf einem fernen Planeten eröffnet – was einen wissen lässt, dass da etwas im Gange ist, von dem die meisten Menschen auf der Erde noch keinerlei Ahnung haben. Über die Episoden hinweg werden einem dann u.a. die Angriffe auf New Buenos Aires, die Mars-Basis sowie Carmencita´s Schiff gezeigt, zwei Prügeleien, in welche Johnny gerät, Kampf-Simulationen im Zuge des Trainings sowie natürlich ein großer Showdown, bei dem eine Schlacht auf Klendathu (der Heimat der Aliens) entbrennt. In Kapseln dringen die Soldaten (wiederum in ihren Suits) in die Atmosphäre ein – wobei diverse aber noch vor ihrer Landung abgeschossen werden (und ich unweigerlich an Streifen wie "Edge of Tomorrow" denken musste). Es ist ein flottes, Ereignis-reiches, zufrieden stellendes rund 12-minütiges Finale…
Lange nicht so aufwändig, kreativ, vorzüglich und effektiv wie (sagen wir mal) jene von Katsuhiro Ôtomo´s "Akira" – welcher ja aus demselben Jahr stammt – ist die gebotene Animation (Stil, Detail-Grad, "Flow" etc.) nichtsdestotrotz von solider Qualität sowie mit vielen verwandten Produktion (dieser nicht übermäßig hohen Budget-Klasse) aus jener Ära vergleichbar. Besonders bei den auf der Erde angesiedelten Szenen ist ein typischer "Eighties-Vibe" deutlich registrierbar – was im gesamten Verlauf extrem bei der Musik-Untermalung auffällt: Neben einem ab und an prima passenden Score erklingen des Öfteren nämlich "beschwingte", häufig nicht wirklich mit dem "Drumherum" (bspw. inmitten kriegerischer Auseinandersetzungen) harmonierende Synth-Pop/Rock-Stücke sowie gar arg schmalzig-kitschige "Power Balladen" (auf Englisch gesungen von Hiro Tsunoda – mit Titeln wie Believe, We can make it und Step by Step). Allein die beiden Intros (click und click) sind unfassbar/wahnsinnig "cheesy"…
Es ist ja nicht unbedingt selten, dass asiatische Werke gewisse Eigenschaften besitzen, die beim westlichen Publikum einen seltsam-befremdlichen Eindruck heraufbeschwören: In Addition zu den bereits genannten fiel mir das bei dieser OVA erneut u.a. bei punktuellen "humoristischen Einschüben" (gelegentlich in Kombination mit Veränderungen der gezeichneten Gesichter in solchen Momenten) auf. Und warum befinden sich eigentlich zwei pinke Herzen seitlich an Johnny´s Football-Helm? Dennoch ist der "Ton" des Ganzen (von den Geschehnissen und behandelten Themen her) ein weitestgehend ernster: Evident haben sich Regisseur Amino und seine Autoren Shô Aikawa (TV´s "Fullmetal Alchemist") und Tsunehisa Itô ("Xabungle Graffiti") auf dem von ihnen gewählten unpolitischen, konventioneller gestrickten Wege darum bemüht, den eigeschränkten "kommerziellen Appeal" von Heinlein´s Vorlage zu erhöhen – das allerdings zugunsten von Belanglosigkeit gegenüber Subtext und "Edginess"…
Kurzum: So manch einer weiß überhaupt nicht, dass es vor Paul Verhoeven´s Kino-Blockbuster, den Direct-to-Video-Sequels, der animierten Fernseh-Serie sowie den CGI-Movies "Invasion" und "Traitor of Mars" schon einmal eine filmische Adaption von Robert Heinlein´s "Starship Troopers" gab. Auf jener literarischen Grundlage bietet "Uchû no Senshi" dem Zuschauer rund zweieinhalb Stunden oberflächliche, jugendfreie, sich mehr seinen Figuren als Action widmende Anime-Kost, welche für interessierte Neugierige durchaus ein Blick wert sein könnte – und das unabhängig so einiger Schwächen; unter ihnen "Unebenheiten" im Bereich des Pacings und Plots. Zu erwähnen ist außerdem, dass einzelne Story-Stränge am Ende keinen Abschluss erfahren – was mit Sicherheit im Hinblick auf eine angepeilte Fortführung geschah, die im Folgenden jedoch nie zustande kam…
knappe