Entstehungsdaten:
USA 1997
Regie:
John Irvin
Darsteller:
Harvey Keitel
Stephen Dorff
Famke Janssen
Timothy Hutton
Trailer
In Deutschland ursprünglich unter dem recht generischen Titel "City of Crime" veröffentlicht, handelt es sich bei "City of Industry" um ein amerikanisches Heist-Revenge-Movie aus dem Jahr 1997, welches seitens des gestandenen britischen Regisseurs John Irvin in Szene gesetzt wurde. In seiner Heimat hatte sich jener vorrangig mit Dokus sowie den Mini-Serien "Hard Times" und "Tinker Tailor Soldier Spy" einen Namen gemacht – bevor er zunehmend internationaler tätig wurde sowie im Zuge dessen Werke wie "Ghost Story" (nach einem Roman von Peter Straub) und "Robin Hood" (die '91er Version mit Patrick Bergin) schuf. Während er für seine beiden Kriegsfilme "Hamburger Hill" und "When Trumpets fade" ordentlich Lob erhielt – was sich gewiss mit auf Erlebnisse und Erfahrungen zurückführen lässt, die er persönlich 1969 vor Ort in Vietnam (im Dienste der "BBC") zu sammeln vermochte – kamen seine Projekte mit einer Action-orientierteren Genre-Ausrichtung dagegen nie über "Durchschnittlichkeit" hinaus – siehe dazu nur mal "the Dogs of War" (mit Christopher Walken), "Raw Deal" (mit Arnold Schwarzenegger), "Next of Kin" (mit Patrick Swayze) sowie "Freefall" (mit Eric Roberts)…
Im Vorliegenden verkörpert Harvey Keitel den Lead-Protagonisten der von Skript-Autor Ken Solarz ("Croc") verfassten Geschichte. Letzterer war bis dato primär im TV-Serien-Bereich tätig – doch passte seine Story (von ihrer ganzen Art her) gut in die damalige Zeit, weshalb man für ihre Realisierung ursprünglich sowohl dreißig Millionen Dollar als auch Superstar Kevin Costner gewinnen konnte. Als der "A-Lister" seine Mitwirkung dann allerdings absagte, wurde das Budget kurzerhand auf $6 Millionen runtergekürzt sowie stattdessen Keitel verpflichtet, welcher sich in den Neunzigern (dank "Reservoir Dogs", "Bad Lieutenant", "the Piano", "Pulp Fiction", "From Dusk till Dawn", "Cop Land" etc.) gerade in der "Zenit-Phase" seiner Karriere befand. Dementsprechend ist er jetzt in der Rolle des erfahrenen Diebes Roy zu sehen, der sich eigentlich schon "im Ruhestand" befindet – sich seinem Bruder Lee (Timothy Hutton) zuliebe nun aber doch noch zur Mitwirkung an einem weiteren Raubüberfall bereit erklärt. Die übrigen zwei Mitglieder der Crew sind Lee´s Kumpel Jorge (Wade Dominguez) sowie ihr Fluchtwagen-Driver Skip (Stephen Dorff) – ihr Ziel markiert ein nobler Juwelier in Los Angeles…
Die Aktion verläuft glatt: Edelsteine in siebenstelliger Werthöhe. Als sie sich bei einem anschließenden Treffen wohlgelaunt über die nächsten Schritte unterhalten, zieht Skip jedoch plötzlich eine Waffe, tötet Jorge und Lee, verwundet Roy – welchem es nur knapp gelingt, ihm zu entkommen – und verschwindet mit der Beute. Geleitet von Wut sowie dem Schmerz des Verlusts seines Bruders, begibt sich Roy fortan auf die Suche nach ihm, um Rache zu nehmen – was aber gar nicht mal so leicht ist. Lee´s Witwe Sunny (Tamara Clatterbuck) kann ihm dabei nicht helfen – allerdings bietet ihm Wade´s Ehefrau Rachel (Famke Janssen) einen "Deal" an, nachdem er ihr von dem Ableben ihres Mannes berichtet: Nützliche Infos gegen eine Summe von 100.000 Dollar. Angesichts der auf einmal ebenfalls in der Sache mitmischenden chinesischen Mafia – welche Skip über einen Kredithai (Elliott Gould) damit beauftragen ließ, seinen Verfolger "aus dem Weg zu räumen" – willigt Roy ein und erhält dafür ein Notizbuch mit Eintragungen über so ziemlich alle Kontakt-Personen und Business-Partner Wades überreicht: Eine "Investition", die sich für ihn rasch auszahlt sowie Skip zunehmend in Bedrängnis bringt…
"City of Industry" offeriert einem nicht viel mehr als eine Ansammlung vertrauter Plot-Versatzstücke und stereotyper Charaktere. Wade etwa ist jemand mit einer Familie – wodurch man stracks vorausahnen kann, dass ihm irgendwas zustoßen wird – während Skip als impulsiv sowie sich nicht konkret an Absprachen (á la Pünktlichkeit) haltend ins Geschehen eingeführt wird: Ein klares Anzeichen von "Ärger" mit ihm in naher Zukunft. Russische Diamanten, Auskundschaften des ins Auge gefassten Ladens sowie ein straffes Durchziehen des Plans – bis der Heist an einem Punkt schliefläuft, jemand jemanden hintergeht, ein erbitterter Betrogener nach Vergeltung sinnt sowie verschiedene Parteien das Diebesgut an sich reißen Schrägstrich in ihrem Besitz bewahren wollen. Grundsätzlich eine sehr gradlinige Story also – welche Solarz allerdings um ein paar "Facetten" erweitert hat: Um Skip aufzuspüren, muss Roy bspw. gewisse "Ermittlungs-Arbeit" leisten – wobei er neben Sunny und Rachel u.a. noch Skip´s Ex-Freundin Cathi (Lucy Liu), den Barkeeper einer seiner präferierten Kneipen sowie einen Anwalt, der ihn mal vertreten hat, ausfindig macht und (mitunter per Anwendung von Gewalt) befragt…
Parallel dazu heuert Skip eine afroamerikanische Gang als "Bodyguards" an – lässt aber auch einige asiatische Gangster Roy jagen, mit deren Anführer er Geschäfte tätigt. In einer Szene wird angedeutet, dass der Leader ersterer Truppe eventuell die Absicht hegt, da intrigierend mit eingreifen zu wollen – bloß wird das fortan nie wieder aufgegriffen. Ähnlich überflüssig kommt einem Roy´s Auftauchen bei Skip´s Strafverteidiger vor – obgleich der Moment, als jener ihm eine Telefon-Nummer auf seinem Computer aufruft und Roy einfach den kompletten Laptop mitnimmt, anstatt sie sich aufzuschreiben oder zu merken, schon ein recht badassig-amüsanter ist. Frei von Ironie oder überraschenden Eigenschaften werden einem die Figuren präsentiert – welche sich nicht weiterentwickeln sowie überwiegend eindimensional verbleiben. Glücklicherweise konnte sich Irvin auf seinen Hauptdarsteller verlassen – was damals bei Erscheinen Kritiker-Stimmen wie die folgenden hervorbrachte: "'City of Industry' is a performance in search of a movie…" oder "Another movie in the dark about people in the dark doing dark things. But one of them is Harvey Keitel – and that makes all the difference…"
Unbestritten ist Keitel der "MVP" hier: Den toughen, erfahrenen, wortkargen, rauchenden und trinkenden Kriminellen Roy portraitiert er (mimisch wie physisch) rundum überzeugend. Auf Bitten seines Bruders hin übernimmt er den betreffenden Job und bemüht sich darum, dass alles professionell über die Bühne geht. Ihn trifft keinerlei Schuld, dass Lee stirbt – doch fühlt er sich unweigerlich verantwortlich, dass er das nicht verhindern konnte, und treiben ihn die daraus resultierenden Emotionen in der Zeit danach unerbittlich vorwärts. Keitel´s "Screen Presence" ist gewichtig – mit Roy legt man sich besser nicht an. Rachel und er helfen sich gegenseitig: Sie rettet ihm das Leben, unterstützt ihn dabei, den Mörder ihres Mannes (samt der Aussicht auf Heimzahlung) zu lokalisieren, und erhält dafür genügend Geld, um sich und ihren Kindern einen "neuen Start" zu ermöglichen. Famke Janssen ("the Faculty") vermittelt die Sorgen und Empfindungen ihrer Rolle glaubwürdig – was ebenso für die Darbietungen Timothy Huttons ("All the Money in the World") und Wade Dominguez' ("Dangerous Minds") gilt. Letzterer fiel rund ein Jahr später übrigens einer AIDS-Infektion zum Opfer – und das mit nur 32…
Ein blonder Stephen Dorff gibt Skip in Gestalt einer für ihn in jener Phase seiner Karriere typischen energischen Kombination aus Coolness, Bedrohlichkeit und erhöhter Selbstbewusstheit zum Besten – siehe u.a. "S.F.W.", "Blood and Wine", "Blade" und "Cecil B. Demented". Zwar ist Skip weder ein irgendwie komplex noch originell gestrickter Baddie – doch erfüllt er seinen Zweck nichtsdestotrotz anständig und ist es unterhaltsam, Dorff dabei zuzuschauen. Neben den bereits erwähnten Mimen kann man in kleineren Parts zudem das eine oder andere weitere "bekannte Gesicht" entdecken – wie z.B. Lucy Liu ("Future World") als Skip´s strippende Ex, Dana Barron ("Death Wish 4: The Crackdown") als seine aktuelle Freundin, Elliott Gould ("the Big Hit") als krimineller Geldleiher, Tamara Clatterbuck ("Last Rampage: The Escape of Gary Tison") als Lee´s zugedröhnte Gattin sowie François Chau („Lethal Weapon 4“), Reno Wilson ("Officer Downe") und Michael Jai White ("Accident Man") als Gangster. Ihnen hat das Skript jeweils nicht viel zu tun gegeben – allerdings ist das von Irvin versammelte Ensemble ein kompetentes, welches positiv zum Gesamt-Eindruck beiträgt…
In Addition zu einem soliden Score Stephen Endelmans ("Streets of Blood") sind überdies noch diverse klangvolle Musik-Tracks von Künstlern wie Massive Attack, Tricky, Lush und Bomb the Bass zu hören, wird das Tempo nie zu ruhig und hat Irvin das Ganze schnörkellos-routiniert arrangiert – allerdings mit vereinzelten "suboptimal" auffallenden Ausnahmen; allen voran ein irritierender Tag/Nacht-Wechsel-Zeitsprung, nachdem Roy Skip nur knapp zu entkommen vermochte, sowie dass die Kamera an einer Stelle zu lange auf einen Gastank gerichtet verharrt, der "natürlich" einige Minuten drauf dann in die Luft fliegt. Und warum begehen die Männer den Heist eigentlich komplett unmaskiert? Unverkennbar wurde ein "gritty-Neo-Noir-Feeling" angestrebt – wozu das Milieu, der Bebilderungsstil Thomas Burstyns ("Crying Freeman"), sich regelmäßig ereignende Gewaltausbrüche, bestimmte "Hardboiled"-Dialoge (á la "Why don´t you go to the police?" – "I´m my own police.") sowie überwiegend "unglamouröse" Schauplätze (unspezifische Seitenstraßen, Highways, Trailer-Parks, Raffinerie-Gelände etc.) gut passen. Wer so etwas mag, dem sei "City of Industry" durchaus empfohlen…