Entstehungsdaten:
USA-Slowakei-Slowenien-Schweiz
2024
Regie:
Renny Harlin
Darsteller:
Madelaine Petsch
Froy Gutierrez
Ema Horvath
Trailer
2008 veröffentlicht, gilt "the Strangers" inzwischen als ein moderner Genre-Klassiker. Mit limitierten Mitteln und einer Menge Können war es Bryan Bertino damals gelungen, einen creepy-nihilistischen, packend-intensiven Suspense-Horror-Thriller zu erschaffen, der zudem auch zu einem ansehnlichen Kino-Hit avancierte: Mit knapp über 82 Millionen Dollar spielte der Film mehr als das Neunfache seines Budgets ein. Obgleich relativ zügig mit der Konzeption eines Sequels begonnen wurde, verzögerte sich dessen Realisierung aus verschiedenen Gründen jedoch nahezu ein volles Jahrzehnt lang – bis Anfang 2018 schließlich "the Strangers: Prey by Night" erschien: Ein brutaler, nun von Johannes Roberts in Szene gesetzter Terror-Streifen, der für fünf Millionen Dollar produziert wurde sowie sich als merklich konventioneller als sein Vorgänger geartet entpuppte – dem geneigten Betrachter aber dennoch effektiv-solide Unterhaltung zu liefern vermochte und dessen globales Boxoffice-Ergebnis am Ende rund $32.100.000,- betrug. Ein weiterer Teil wurde ins Auge gefasst – allerdings verhinderte der Niedergang von "Aviron Pictures" ein Voranschreiten dieses Vorhabens; zumindest vorerst…
Nach letzterer Sache erwarb Courtney Solomon ("Dungeons & Dragons", "Getaway", "Nightmare Cinema" etc.) die entsprechenden Rechte und beriet sich mit Bertino – welcher ihm eine "Wiedereinführung" empfahl, um darauf dann weiter aufzubauen, anstatt die bisherigen Ereignisse als konkrete inhaltliche Basis zu verwenden. Als Regisseur kam Renny Harlin mit an Bord: Ein gestandener, primär für Action-Kost wie "Die Hard 2", "Cliffhanger" und "the Long Kiss Goodnight" bekannter Journeyman-Director, der im Laufe seiner 1981 in Finnland gestarteten Karriere aber ebenfalls schon eine Reihe von Horror- und Thriller-Projekten gestemmt hatte – unter ihnen "Prison", "A Nightmare on Elm Street 4", "Deep Blue Sea", "Exorcist: The Beginning" und "the Dyatlov Pass Incident". Gemeinsam sammelten sie Ideen für eine Story und übergaben jene an das Screenwriter-Duo Alan Freedland und Alan R. Cohen ("Due Date"), deren daraus resultierendes Drehbuch einen mächtigen Umfang von 250 Seiten vorwies. Anstelle des gängigen Schrittes, sie das Ganze nun ausgiebig heruntertrimmen zu lassen, wählte man im Folgenden jedoch einen anderen Weg…
Zufrieden mit dem Vorgelegten, wurde kurzerhand die ungewöhnliche Entscheidung gefällt, das Verfasste in drei Kapitel zu gliedern sowie als Trilogie zu adaptieren – welche wiederum sogar direkt am Stück gefilmt werden sollte; und zwar komplett von Harlin, um so die Cast, Crew und Locations möglichst optimal auszuschöpfen. Ein durchaus ambitioniertes Unterfangen – wofür es im Herbst 2022 für insgesamt 52 Tage in und um Bratislava (in der Slowakei) vor die Kameras ging und wonach ein paar frühe Details über die Werk-übergreifende Story preisgegeben wurden: U.a. dass sich jene innerhalb nicht einmal einer Woche entfalten sowie mit einer zentralen Protagonistin aufwarten würde – was einem leider postwendend einen Zacken an Spannung im Hinblick auf deren Überlebenskampf raubte. Überdies äußerte man das Bestreben, zum Abschluss der Einzel-Releases einen zirka viereinhalb-stündigen "Supercut" herausbringen zu wollen – während einem der erste Trailer indes verriet, dass "the Strangers: Chapter 1" bei seinem für Mai 2024 geplanten Erscheinen im Prinzip in Gestalt eines Reimaginings bzw. soft Reboots von Bertino´s Original daherkommen würde…
Das just ihr fünfjähriges Beziehungs-Jubiläum feiernde Pärchen Maya (Madelaine Petsch) und Ryan (Froy Gutierrez) ist gerade auf einem Road Trip durchs ländliche Oregon nach Portland unterwegs – wo Maya zu einem wichtigen Job-Interview eingeladen wurde – als sie vom Highway abbiegen, um sich irgendwo in der Nähe etwas zu Essen zu suchen. Nach einigen Meilen stoßen sie in der Kleinstadt Venus auf einen Diner – allerdings will ihr Wagen nach ihrem Einkehren dort nicht wieder anspringen, so dass sie sich dazu gezwungen sehen, eine unfreiwillige Übernachtung einzulegen, da das betreffende Ersatzteil nicht vorm nächsten Morgen heranholbar wäre. Zum Glück gibt´s unweit des Örtchens ein via Airbnb zum Mieten angebotenes rustikal-nettes Häuschen im Wald, das verfügbar ist – und so machen sie das Beste draus; erfreuen sich u.a. an dem Charme der Holzbauweise sowie der generellen Ruhe fernab der City (sie inniger als er). Im Laufe des Abends klopft es dann aber plötzlich laut an der Vordertür – infolge des Öffnens ihnen ein in der Dunkelheit bloß undeutlich erkennbares Mädel mit einer speziellen Frage gegenübersteht: "Is Tamara here?"
Eingangs unterscheidet sich "the Strangers: Chapter 1" klar von der 2008er Version – z.B. anhand eines Prologs, in dem ein Herr (Ryan Bown) durchs Gestrüpp gehetzt sowie schließlich seitens des männlichen der drei vertraut maskierten Killer per Axt getötet wird. Dieser grobschlächtige, das Publikum unbedingt so "anzufüttern" erpichte 08/15-Einstieg veranschaulicht den dieses Mal eher Slasher-orientierten Ansatz – inklusive der scheinbar nun vorrangig anvisierten Zielgruppe, welcher Bertino´s Film eventuell ein Stück weit zu reduziert, ruhig und erwachsen ist. Statt zwei Protagonisten inmitten einer persönlichen Krise ist die Liebe zwischen Maya und Ryan stabil sowie von charmanten Interaktionen geprägt: Unabhängig dessen, dass er gern Fleisch konsumiert, während sie Vegetarierin ist, und sie in bestimmten Situationen weitaus positiver, aufgeschlossener und unkonfrontativer als er auftritt, muten sie prima zueinander passend an – was natürlich zuträglich ist, um später ergiebig mit ihnen mitzufiebern. Beim Fahren sollte man der Straße aber dennoch mehr Aufmerksamkeit als dem Partner schenken – ansonsten besteht ja bekanntlich die Gefahr eines Unfalls…
Nach einem genau solchen (vorhersehbaren) "Schreckens-Moment" erreichen sie Venus – wo man als Zuschauer erst einmal eine ordentliche Ladung Backwoods-Smalltown-USA-Klischees abbekommt: Mit ihrem modernen BMW stechen sie bereits auf Anhieb hervor – ebenso wie von ihrer grundsätzlichen Art sowie Maya´s Ernährung her. Unweigerlich werden sie im Diner von den Einheimischen beäugt – zu denen ein grimmiger Sheriff (Richard Brake) sowie eine wohl nicht sonderlich humorvolle Bedienung (Janis Ahern) zählen, mit der Ryan prompt nicht so richtig auf eine Wellenlänge kommt. Es hängen Missing-Zettel aus (das Opfer vom Anfang) und ein religiöses Kids-Duo verteilt Flyer – ähnlich wie die beiden am Ende bei Bertino – doch ist auch ein gut gelauntes Ehepaar im ungefähr gleichen Alter sowie eine freundliche Kellnerin namens Shelly (Ema Horvath) zugegen. Nachdem ihr Wagen nicht mehr starten will und Ryan umgehend dem an sie herantretenden Werkstatt-Besitzer vorwirft, jener wäre gewiss dafür verantwortlich, um ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen, bemüht sich Maya stracks darum, ihn zu beruhigen sowie angesichts der Lage stärker auf seine Wortwahl achten zu lassen…
Ihr ist es zu verdanken, dass man ihnen trotzdem Unterstützung offeriert – u.a. in Form eines Hinweises zu einer Bleibe für die Nacht: "One of those internet homes." Mit ihrer Schicht eh fast vorüber, nimmt Shelly sie sogar mit dorthin – raus in den Wald zu dem durchaus schicken Airbnb, wo der Handy- und Internet-Empfang (realistischerweise) nicht optimal ist, aber noch immer für Facetime mit sich gerade in Griechenland aufhaltenden Freunden ausreicht (was mir ein Lächeln entlockte, da ich mir den Film im Rahmen meines Kreta-Urlaubs im Kino angeschaut habe). Dass Ryan Asthma hat und sein Inhalator im Wagen vergessen wurde, bringt ihn dazu, schon bald mit einem alten Motorrad des Eigentümers zurückzufahren und ihnen im Zuge dessen auch Abendessen zu besorgen. Mit "Nights in white Satin" der Moody Blues und "the Best of Times" von Styx im Vorliegenden markante Needledrops markierend, hört sich Maya derweil Schallplatten an, beginnt sich zunehmend beobachtet zu fühlen ("Hello? Is anyone there?" etc.) und greift zur Beruhigung zu einem Joint – bevor mit einem Mal der Strom ausfällt und sie eine maskierte Gestalt nur wenige Meter vor sich zu erblicken wähnt…
Bis das Licht erlischt, schleichen die Killer um sie herum – spielen dabei mit ihr, ohne sich zu offenbaren – bspw. indem sie ihr Telefon an einen anderen Platz im Zimmer legen, als sie jenes mal verlässt – und belauern sie schweigsam: Etwa beim Duschen oder am Piano sitzend. Letztere Szene macht effektiven Gebrauch eines Spiegels und wurde im Prinzip genauso fein arrangiert wie so manche Einstellung bei Bertino seinerzeit. Allzu lange hält "the Strangers: Chapter 1" Maya und Ryan allerdings nicht voneinander getrennt – und nach seiner Rückkehr wird rasch die nächste "Eskalationsstufe" eingeläutet: Verkleckertes Ketchup vermischt sich mit tropfendem Blut, der Schrecken und die Bedrohung wird für sie konkret, eine Axt durchschlägt Türen, sie flüchten hinauf ins Obergeschoss und verschanzen sich in einem der Räume. Auch diese Sequenz überzeugt. Es ist dann, dass die Intruder bzw. Angreifer erneut aus ihrer direkten Nähe verschwinden und diese "Vollgas-Phase" innerhalb der bis dato überwiegend "unhektischeren" Ausrichtung (vorerst) vorüber ist. Erschüttert von dem über sie hereingebrochenen Terror, müssen sie den Schock nun zügig verarbeiten und ihre folgenden Schritte abwägen…
Während man die Vorgehensweise, Körpersprache, Dialogarmut und ikonischen Masken der drei Strangers unverändert beließ, wird der Man in the Mask im Abspann nun plötzlich als Scarecrow aufgeführt und gefiel mir ihre Kleidung in den Vorgänger-Werken ebenso besser wie verschiedene Facetten der Art, wie die betreffenden Aktricen die Pin-up-Girl- und Dollface-Parts 2008 und '18 dargeboten hatten. Mir ist bewusst, dass "die breite Masse" diese (beileibe ja auch nicht von hoher Bedeutung seienden) Vergleiche überhaupt nicht ziehen wird – doch sind es einige solcher Details, die in diesem Streifen einfach zweitklassiger wirken – unter ihnen die "Is Tamara here?"-Begegnung, der Tod eines "Dazukommenden" sowie die gewählte Variation der eisig-niederschmetternden Antwort auf die gewichtig-berühmte "Why are you doing this to us?"-Frage. Was mich dagegen kein Stück gestört hat, war dass Maya und Ryan – konträr zu Kristen (Liv Tyler) und James (Scott Speedman) bei Bertino – ein glückliches Paar sind. Ja, er ist punktuell leicht herablassend und bevormundend – allerdings hat sie ihn gut im Griff und steht er ihr in Sachen Job- und Wohnort-Wechsel unterstützend zur Seite…
In den Hauptrollen rufen Madelaine Petsch (TV´s "Riverdale") und Froy Gutierrez ("Initiation") keinen ernsthaften Grund zur Klage hervor. Sie sind einem sympathisch und verhalten sich nicht zu unbeholfen oder abwegig – einzelner (geradezu obligatorischer) zum Augenrollen animierender Entscheidungen und Gegebenheiten zum Trotz. Dafür rang es mir ein zufriedenes Nicken ab, als Maya an einer Stelle geistesgegenwärtig noch fix daran denkt, ein Gewehr mitzunehmen. Abgesehen davon, dass es natürlich schön gewesen wäre, wenn ihnen das Skript reichhaltigeres Material geliefert hätte, entwickelt sich Maya stetig hin zu einem kompetenten Final Girl und vermittelt Petsch die zugehörigen Eigenschaften (á la Freundlichkeit, Angst und Wehrhaftigkeit) glaubwürdig. Die übrigen Charaktere – wie z.B. Ema Horvath´s ("the Mortuary Collection") Shelly oder Richard Brake´s ("Mandy") Sheriff – verfügen indes bloß über limitierte Screen-Time und werden mit Sicherheit in den Sequels prominenter mit von der Partie sein. Ob einer von ihnen einer der Killer ist, kann man noch nicht klar sagen – u.a. da für jenes Trio Doubles (Matúš Lajčák, Letizia Fabbri und Olivia Kreutzova) genutzt wurden…
Ergänzt um einzelne Elemente – wie eine erweiterte Etablierung des Settings; also des ländlich-isolierten Städtchens Venus (samt Bevölkerung) – erzählt "the Strangers: Chapter 1" an sich zwar eine nahezu identische Geschichte wie damals – weist dabei aber einen anderen Vibe auf. Von dem beschriebenen Prolog über eine Passage, in der sich das Geschehen hinaus in den nächtlichen Wald verlagert, bis hin zu einem klischeehaft-öden Mid-Credits-Tease kommt das Werk oft eher wie ein klassischer Slasher als ein beklemmender Thriller geartet daher – komplett mit allerlei Jump-Scares, in deren Reihen leider nicht wenige durchaus uninspiriert beschaffen sind (etwa in Verbindung mit einem lauten Geräusch). Ihren Zweck erfüllen so einige von ihnen dennoch – egal ob nun auf plumpem oder mustergültigem Wege. Es mangelt an der intensiven Suspense sowie dem bedrückenden Unbehagen des Originals: In der Hinsicht ist das Präsentierte wesentlich näher an Roberts' Nachfolger dran. Jener vermochte einem allerdings zumindest ein wahrhaft herausragendes Setpiece zu bieten – nämlich das am Swimming-Pool – wogegen die Highlights hier ausschließlich Variationen von Ideen und Momenten aus Bertino´s Film sind…
Harlin war nicht die beste Wahl für dieses Projekt. Er ist ein erfahrener, fähiger Mann fürs Grobe – doch hätte man im Vorliegenden einen Regisseur benötigt, der mehr Subtilität und Gespür fürs Genre mitbringt. Ein individueller Stil ist nicht erkennbar. Allerdings ist das Gebotene nie langweilig und kann es zudem mit wertigem Editing, einem ordentlichen Tempo, einigen solide spannenden Situationen (bspw. in einem Kriechkeller) sowie einer anständigen Kamera-Arbeit José David Monteros ("What happened to Monday?") aufwarten. Ich muss durchaus gestehen, weiterhin neugierig auf die "ungebundenen Pfade" der kommenden Teile zu sein. Obgleich der eigentliche Reiz dieser Franchise bislang ja in keinem geringen Maße in der nihilistischen Zufälligkeit und Motivlosigkeit der Gewalt sowie der Mysteriösität der Täter lag – und genau das nun jeweils in Gefahr sein könnte – muss das jedoch nicht zwangsläufig ein schlechtes Resultat ergeben. Wir werden es sehen. Unterdessen ist "the Strangers: Chapter 1" strikt für sich allein betrachtet ein akzeptabler Horror-Thriller geworden – primär für die Zuschauersparte im Teen- und Twen-Alter, welche ihn auch überraschend zu einem Kino-Hit avancieren ließ…
höchst gnädige knappe