Die Figur Wonder Woman – ihres Zeichens eine Superheldin des amerikanischen DC-Comic-Verlags – gibt es bereits seit 1941. Eingangs noch stark von Feminismus, Patriotismus und US-Kriegs-Propaganda geprägt, wurde sie über die Jahre hinweg (je nach Autor, Illustrator und Entstehungs-Ära) immer mal wieder ein Stück weit verändert – u.a. im Bereich gewisser Charakter-Eigenschaften, ihrer Kleidung und Origin-Story sowie auch vom "inhaltlichen Ton" ihrer Abenteuer her. Weit über das ursprüngliche Medium hinaus wurde sie zu einer weiblichen Ikone, welche bspw. die 1972er Erstausgabe des renommierten "Ms." Magazins zierte, und erreichte schon bald ein ebenso herausragendes Level an Beliebtheit wie ihre männlichen "Kollegen" Batman, Spider-Man und Superman…
Im Gegensatz zu letzteren, denen jeweils mehrere TV- und Kino-Produktionen zugestanden wurden, beschränkte sich das in Wonder Woman's Fall lange rein auf die mit Lynda Carter in der Titel-Rolle aufwartende Kult-Fernsehserie aus den '70ern. 2006 verfasste Joss Whedon ein Skript für eine stattliche Big-Budget-Veröffentlichung – doch erhielt jene nie "grünes Licht"; was gewiss mit daran lag, dass das von ihm Verfasste sexistisch und qualitativ mau war. Anlässlich des nahenden 70. Jubiläums gab der Sender NBC 2010 eine Pilot-Episode unter der Führung des versierten Showrunners David E. Kelley mit Adrianne Palicki als Lead in Auftrag – allerdings wurde auch dem Projekt (nach dem Sichten einer zu Test-Zwecken zusammengestellten Fassung) vorzeitig der sprichwörtliche "Stecker" gezogen…
Inzwischen (2024) ist die Lage natürlich eine ganz andere – seit sich Zack Snyder, David S. Goyer und Chris Terrio der Sache angenommen hatten und sie Diana Prince bzw. Princess Diana of Themyscira (aka Wonder Woman) zu einem markanten Teil ihres 2016er Blockbusters "Batman v Superman: Dawn of Justice" machten. In Gestalt von Gal Gadot wurde eine feine Besetzung des Parts gefunden – welche sich in jener Rolle rund 14 Monate später gar noch eindrucksvoller in einem sich komplett um sie rankenden Standalone-Movie bewies, das unter der Führung Patty Jenkins' entstand sowie weltweit über $800 Millionen einspielte. Bis heute folgten daraufhin noch ein Sequel ("Wonder Woman 1984") sowie verschiedene Auftritte in Snyder's DCEU – u.a. in "Justice League" und "the Flash"…
Im Vorliegenden soll es nun aber um ein knapp zweiminütiges Werk gehen, welches Jesse V. Johnson Anfang 2013 auf seinem Vimeo-Kanal postete: Sozusagen sein persönliches "Bewerbungs-Video" um die Chance, Wonder Woman adaptieren zu dürfen. Damals bereits auf eine mehrjährige Karriere innerhalb der Branche zurückblicken könnend – vorrangig als Stuntman (etwa bei "Terminator 3" und "Thor") sowie Regisseur einiger B-Filme (darunter "Pit Fighter" und "the Package") – hatte ihn seine Managerin und Produktions-Partnerin Kailey Marsh dazu animiert, doch mal das Kreieren eines Viral-Shorts zu versuchen, um auf jenem Wege breitere Aufmerksam auf sich zu lenken – so wie es zuvor ja bspw. bei Kevin Tancharoen's "Mortal Kombat: Rebirth" und Dan Trachtenberg's "Portal: No Escape" prachtvoll geklappt hatte…
Johnson’s Wunsch war es, eine Geschichte mit einer selbst-erdachten Protagonisten (eine junge Gamerin in einer dystopischen Zukunft) im Mittelpunkt zu erzählen – doch trotz eines fertig verfassten Skripts riet ihm Marsh vehement davon ab: Sie war der Meinung, dass er das Zeug zu einem Studio-Director hätte, dass Flicks wie seine bis dato gedrehten Hollywood-Bosse nicht beeindrucken würden sowie er sich von daher eine bekannte IP vorknöpfen müsse. Es ist ja schön, dass da jemand an ihn geglaubt hat – bloß ist erstere Einschätzung nun nicht gerade eine sonderlich realitätsnahe. Unabhängig dessen wurde sich schließlich für das Format eines schnell präsentier- und konsumierbaren Fake-Trailers sowie für Wonder Woman entschieden, um nach Möglichkeit ordentlich Internet-Hype zu erzeugen und so die Suits im Hause Warner Bros. zu erreichen…
Im zweiten Weltkrieg angesiedelt, hatte Diana (Nina Bergman) Themyscira verlassen, um das sich über die Welt ausbreitende Böse des Dritten Reichs aufzuhalten – wobei sie irgendwann jedoch einer Truppe Nazis (unter ihnen Matthias Hues) in die Hände geriet und man sie stracks in eine Einrichtung verfrachtete, in der sie nun (zum Teil nicht ohne Gewalt-Einwirkung) seitens eines Offiziers (Timothy V. Murphy) und eines "Spezialisten" (Peter Stormare) verhört wird. Natürlich sind Hitler's finsteren Dienern Diana's Fähigkeiten nicht gewahr bzw. unterschätzen sie eben jene – weshalb es ihr recht zügig gelingt, sich zu befreien und den Kampf gegen die vor Ort stationierten (schwer bewaffneten sowie ihr zahlenmäßig überlegenen) Männer aufzunehmen, welche an einem Punkt obendrein sogar auf Luftunterstützung zurückgreifen…
Offiziell betrug das Budget spärliche 3500 Dollar – was in Anbetracht des Ergebnisses spontan durchaus eindrucksvoll klingt – doch hatte Johnson zusätzlich dazu diverse Gefallen eingefordert und seine Connections genutzt, um von der Ausstattung über die Technik und Effekte bis hin zur Cast&Crew nicht deutlich mehr Geld ausgeben zu müssen. Das ikonische Wonder-Woman-Kostüm sieht ordentlich aus – und vom Physischen her gibt die norwegische Sängerin und Schauspielerin Nina Bergman ("Chief of Station") in der Rolle eine prima Figur ab. Kein Grund zur Klage in der Hinsicht also – genauso wenig wie dass die Nazi-Parts mit klassischen Baddie-Mimen wie Peter Stormare ("Hansel and Gretel: Witch Hunters"), Timothy V. Murphy ("Road to Paloma") und Matthias Hues ("the Last Kumite") besetzt wurden…
Die Action ist derweil kaum der Rede wert: Obgleich man wegen des Editings und der Zack-Snyder-esken Slo-Mo-Shots nichts über die Qualität der von Luke LaFontaine (u.a. "Savage Dog" und "Darkness of Man") arrangierten Choreographien zu sagen vermag, sind einzelne Moves dennoch nett anzusehen und hat Cinematographer Hc van Urfalian ("the Beautiful Ones") für eine solide Optik gesorgt – wohingegen die bei einem Flieger und einer Explosion gebotenen CGIs von nicht unbedingt prickelnder Güte sind; was den dafür nur zur Verfügung gestandenen limitierten Ressourcen geschuldet war und einen beipflichtend verstehen lässt, warum Johnson sein ursprüngliches Vorhaben aufgegeben hatte, eigentlich gern noch Diana's Lasso mit in die sich entfaltenden Auseinandersetzungen einbinden zu wollen…
Auch die Musik-Untermalung Sean Murrays ("Boudica: Queen of War") passt – während der cheesy Gesang im letzten Abschnitt zwar mit dem Vibe des Präsentierten harmoniert, ich aber nichtsdestotrotz auf ihn hätte verzichten können. Selbiges gilt für die weißen SS-Tanktops. Und bloß nicht über solche Sachen nachdenken, wie warum Diana bei ihrer Gefangennahme weder ihr Stirnreif noch ihre Armschienen abgenommen wurden oder warum ein Soldat ernsthaft sein Maschinengewehr auf der Schulter eines vor ihm stehenden Kameraden aufgelegt abzufeuern gedenkt (ja, Johnson frönt hier erneut seinem "MG-Fetisch"). Zumindest wird eine irritierend mittendrin zu erblickende moderne Überwachungskamera-Aufnahme am Ende noch ein Stück weit mit einem Zeit- und Location-Sprung ins L.A. der Gegenwart erklärt…
Kurzum: Alles in allem bietet Jesse V. Johnson's "Wonder Woman"-Fake-Trailer-Proof-of-Concept-Fan-Short dem geneigten Low-Budget-B-Movie-Freund brauchbaren Online-Content für die Dauer von rund zwei Minuten – ohne aber darüber hinaus prägnant im Gedächtnis zu verbleiben. Dass einige Personen tatsächlich daran geglaubt hatten, dass irgendein Studio-Executive ihm auf dieser Basis eine größere Millionensumme zugestehen würde – obendrein auch noch für ein solch lang ersehntes High-Profile-Projekt – ist nicht unamüsant, denn schließlich schaut diese Film-Preview keineswegs nach mehr als eine für einen typischen Direct-to-Video-"Grabbelkisten"-Streifen aus – ungefähr so wie eine Kreuzung aus Albert Pyun's "Captain America" und Johnson's "Hell hath no Fury"...
- keine Wertung -