
Entstehungsdaten:
GB-USA 2025
Regie:
Scott Derrickson
Darsteller:
Miles Teller
Anya Taylor-Joy
Sigourney Weaver
Trailer
She collapsed the Night
Basierend auf einem Drehbuch Zach Deans, welches es 2020 auf Hollywood's berühmte „Black List“ geschafft hatte, könnte man Scott Derrickson's 2025er Science-Fiction-Action-Horror-Romanze „the Gorge“ im Grunde genommen als ein Big-Budget-B-Movie beschreiben – was im Vorliegenden fernab von negativ gemeint ist: Ein beileibe weder perfekter noch sonderlich origineller, nichtsdestotrotz erfreulich unterhaltsamer Genre-Mix, der einen zufriedener stellt als viele der vergleichbaren (bspw. ähnlich üppig an visuellen Effekten daherkommenden) Veröffentlichungen, die regelmäßig in die Lichtspielhäuser gebracht werden oder bei irgendwelchen Streaming-Diensten erscheinen. Tatsächlich hätte ich mir den Streifen gern auf einer großen Kino-Leinwand (in einem Saal mit entsprechend kraftvoller Sound-Anlage) angeschaut – allerdings verzichteten die Verantwortlichen unglücklicherweise just darauf zugunsten eines exklusiven Starts auf Apple TV+, der jenem Dienst kurzerhand sowohl die erfolgreichste Film-Premiere seiner Geschichte als auch einen mächtigen achtzig-prozentigen Anstieg der Zahl an Neu-Abonnenten an dem betreffenden Februar-Wochenende bescherte…
Im Zentrum der Geschehnisse stehen zwei Personen und ein Ort. Fangen wir bei ersteren an – ihres Zeichens jeweils vorzügliche Sniper: Während die Litauerin Drasa (Anya Taylor-Joy) im Rahmen eines Auftrags an einem Flughafen eingeführt wird – wonach sie sich mit ihrem schwer kranken Vater (William Houston) trifft, der für sie die Hülsen ihrer tödlich abgefeuerten Projektile sammelt, um ihr so symbolisch einen Anteil der damit verbundenen seelischen Last abzunehmen – ringt der im Laufe seines Werdegangs als Scharfschütze fürs Militär ebenso wie für private Contractor tätige Amerikaner Levi (Miles Teller) – dem bereits rund 200 Kills zugeordnet werden; mit der eigentlichen Summe gar noch höher – derzeit kräftig mit PTSD – Alkohol-Konsum und Albträume inklusive. Eines Tages wird er zu einem Meeting mit einer geheimnisvollen Dame (Sigourney Weaver) auf einem Marine-Stützpunkt eingeladen, welche ihm einen streng geheimen zwölf-monatigen Dienst offeriert: Eine neue, wichtige Aufgabe, auf die er sich konzentrieren kann, statt ohne klarem Fokus und Ziel weiterhin im „Abwärtssog“ seiner Gedanken Schrägstrich der psychischen Belastungs-Störung zu verbleiben. Selbstredend willigt er ein…
Wenig später springt er aus einer Transport-Maschine über einem ihm nicht genannten Land per Fallschirm ab – wobei er aufgrund des Klimas sowie der zu sehenden Berge, Seen und Wälder aber zumindest grob einzuordnen in der Lage ist, wo ungefähr auf dem Globus er sich befindet (die zugehörigen Establishing Shots und außerhalb-von-Studiosets-Passagen wurden in Norwegen gedreht). Nach einem ausgiebigen Marsch erreicht er schließlich die Location seiner nun beginnenden Stationierung: Eine massive, tiefe Schlucht, deren Boden man wegen ständiger Nebel-Verhangenheit nie zu Gesicht bekommt. Entlang der Kanten wurden einige automatisierte Waffensysteme installiert sowie an den senkrecht abfallenden Hängen Zaunsperren und Minen angebracht. Auf jeder Seite gibt es zudem einen Bunker-artigen Wachturm: Levi bezieht den westlichen – Drasa (wie schon bald preisgegeben wird) den östlichen. Nicht einmal von dem britischen Soldaten (Sope Dirisu), den er ablöst, erfährt er Konkreteres: Der Job lautet, nichts und niemanden herauskommen zu lassen – was auch immer das heißen mag. Die bei jeder Übergabe geäußerte „Theorie“ besagt indes, dort unten befände sich ein Tor zur Hölle…
Wirksam regt „the Gorge“ die Neugier des Publikums an – etwa durch zu hörende unheimliche Kreisch-Laute in Reaktion auf eine hinab geworfene Granate. Direkte „Vorfälle“ in der Hinsicht ereignen sich allerdings keine – und so kümmert sich Levi fortan (bis auf einen stets fest terminierten Funk-Check völlig von der Außenwelt abgeschnitten) um Tätigkeiten wie Patrouillen-Gänge und Equipment-Wartung. Schlimme Träume suchen ihn zwar weiterhin heim – wogegen selbst-gebrannter Schnaps aber ein Stück weit hilft. Wochen vergehen, in denen er und Drasa sich bloß ab und an (durchaus voyeuristisch) via Fernglas beobachten – die Einsamkeit allmählich doch an ihnen nagend – bis sie an ihrem Geburtstag überraschend das ihnen ausdrücklich auferlegte Kommunikations-Verbot bricht – u.a. durchs Aufschreiben einer Frage an ihn auf einem A3er-Block, das laute Aufdrehen des Ramones-Bangers „Blitzkrieg Bop“ (da sie im Besitz eines Plattenspielers samt Sammlung ist) sowie einer Demonstration ihrer Schieß-Künste. Im Folgenden entwickelt sich daraus eine Freundschaft, welcher der Film genügend Raum zugesteht – ganz ohne gesprochene Worte; sich dabei primär auf seine hervorragenden Leads stützend…
Sich in Form von Nachrichten auf hochgehaltenen Tafeln und Zetteln austauschend, wechseln die Jahreszeiten und wächst ihre Connection zueinander. Das ist fast so sympathisch wie bei Taylor Swift in ihrem „You belong to Me“-Video und erinnert einen natürlich auch unweigerlich ans „Dawn of the Dead“-Remake – worüber hinaus Levi innerhalb einer Montage-Sequenz gar auf einigen Töpfen trommelt und beide eine Reihe von Schach-Partien ausfechten (siehe erneut Zack Snyder's 2004er Opus sowie Teller in „Whiplash“ und Taylor-Joy in Netflix's „the Queen's Gambit“). Doch plötzlich wird diese flirty-lockere „Fernbeziehung“ jäh seitens eines nächtlichen Angriffs empor kletternder Kreaturen unterbrochen: Sprengfallen werden ausgelöst, Drasa und Levi eröffnen mit ihren Pistolen, Langwaffen und Turret-MGs das Feuer, auf Bewegungen in bestimmten Bereichen der Schlucht reagierende großkalibrige Gatling-Guns donnern los, Leuchtspur-Munition und Explosionen erhellen die Dunkelheit und der Zuschauer erfreut sich an einem druckvoll-starken Action-Setpiece, welches einem zugleich einen ersten Blick auf die humanoiden Wesen gewährt, die (einem T.S. Eliot Gedicht nach) Hollow Men genannt werden…
Mit zunehmender Sehnsucht nach persönlichem Kontakt, kommt Levi irgendwann auf die Idee, ein stabiles Seil mit einer RPG zu verbinden und jenes so hinüber zu Drasa zu befördern, um es daraufhin stramm zu spannen sowie als den Abgrund überbrückende Zipline zu verwenden. In Anbetracht wie als Drasa einen kleinen im Zuge dessen entzündeten Brand bekämpft – wie sie z.B. den Löscher vor ihrem eigenen Erklimmen auf ein Dach rauf wirft – fiel mir zum wiederholten Male auf, wie gefallend selbst so manch „Nebensächliches“ in Szene gesetzt wurde. Nunja, charmant mit ein paar gepflückten Blümchen dabei – jedoch verschwitzt, da der Schwung nicht für die komplette Strecke ausreichte – sind sie sich nun endlich nahe: U.a. wird geduscht, Kaninchen-Pie gegessen sowie getanzt und Sex gehabt – musikalisch untermalt vom tollen Yeah Yeah Yeahs Song „Spitting off the Edge of the World“. Als Levi nach diesem wohligen Beisammensein allerdings wieder (temporär) zu seinem Posten zurückzukehren gedenkt, geschieht etwas, das ihn hinab in die Tiefe stürzen lässt. Damit konfrontiert, schnappt sich Drasa unverzüglich ihren Fallschirm, einige Waffen sowie einen Ascender – und springt hinterher…
An diesem Punkt – mit dem Eintauchen ins Unbekannte des Nebels, in welchem allerlei garstige Gefahren lauern – switcht „the Gorge“ seinen Genre-Stil hin zu einer Kombination aus Paul W.S. Anderson's „Resident Evil“ und Alex Garland's „Annihilation“. Weitere einem in den Sinn kommende Einflüsse und Werke sind James Cameron's „Aliens“, the Duffer Brother's „Stranger Things“, gewisse H.P. Lovecraft Geschichten sowie John Carpenter's „the Fog“ – plus einzelne aus verschiedenen Computer-Games vertraute Elemente sowie eine Sam-Raimi- oder Stephen-Sommers'-eske wild-flotte Energie (speziell bei einem Fight rund um einen Jeep an einem Steilhang). Auf was genau Levi und Drasa dort unten stoßen und wie das alles so entstanden ist, verbleibt von mir im Detail hier unverraten – zumal ja auch der Trailer dahingehend löblich „unfreigiebig“ ist. Mit dem Militär ebenso involviert wie eine private Corporation namens „Dark Lake“, sind der Auslöser und die Auswirkungen der in jenem Tal seit angrenzend 80 Jahren vor sich gehenden, die Schutz-Maßnahmen notwendig machenden Begebenheiten weder uninteressant noch muten sie in einem unvorteilhaften Maße „abgegriffen“ an…
Die mitunter auf untoten Pferden reitenden Hollow Men sind Verschmelzungen von Menschen, Tieren und Pflanzen – bspw. mit grotesk zwischen Knochen heraus wachsenden Ästen – wobei die abgestimmte Nutzung von CGIs und hochklassigen Make-up-Kreationen ähnlich prächtig zuzusagen weiß wie etwa verwandte in HBO's „the Last of Us“ oder bei Davy Jones und seiner Crew in „Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest“. Hinzu kommen u.a. Fleisch-fressende Bäume (mit fiesen Zähnen) und mutierte „Krabbel-Viecher“: Alles recht ungemütlich und finster – so wie die in den Warner Bros. Studios in Leavesden errichteten Sets (von der Vegetation, den Landschaften, Räumlichkeiten und diversen Gebeinen her), welche überdies meist atmosphärisch in dichte Schwaden gehüllt sowie in wechselnden kräftigen Farben (á la Richard Stanley's „Color Out of Space“) ausgeleuchtet wurden. Nicht nur Erkundungen in dunklen Gängen hinter dicken Stahltüren boten Derrickson unterdessen den Rahmen, brauchbar Suspense zu erzeugen sowie ab und an auch ordentliche Jump Scares zu platzieren. Ohne das einschränkende PG-13-Rating wäre da allerdings noch deutlich mehr möglich gewesen…
Die größten Trümpfe des Streifens sind seine zwei Stars und ihr bestens funktionierendes Zusammenspiel: Miles Teller („Top Gun: Maverick“) und Anya Taylor-Joy („the Menu“) weisen eine spürbare Chemie miteinander auf und werden einem in ihren Rollen rasch sympathisch (vielleicht ein wenig zu geschwind für eine Assassine und einen ernüchterten Kriegs-Veteranen mit PTSD – doch hey, egal). An sich sind sie jeweils unterkühlt-rationale Profis – bis Drasa mit der Zeit als erstes „dahinter existierende“ Charakteristika offenbart (indem (und wie) sie die eigentlich strikte kein-Kontakt-Regel bricht) sowie Levi im Laufe ihrer daraus resultierenden Interaktionen ebenfalls wieder lange nicht mehr Gefühltes empfinden sowie durchaus launige Gemüts-Ausprägungen (so wie bei Teller-Parts üblich) hervorzukehren vermag. Ergiebig hilft ihre einnehmende Bindung (inklusive gezeigter Verletzbarkeiten) außerdem über einige clunky Dialogzeilen sowie registrierbare „Intensitäts-Schwankungen“ bei ihrem Akzent hinweg. In drei stereotypen Nebenrollen (mit limitierter Screen-Time) steuern William Houston („Tides“), Sope Dirisu („Brimstone“) und Sigourney Weaver („Chappie“) derweil kompetenten Support bei…
Zwar wurde „the Gorge“ von Zach Dean (u.a. „the Tomorrow War“ und „Fast X“) verfasst – allerdings muss man beim Ansehen glücklicherweise niemanden wie Chris Pratt erdulden oder sich Sorgen um potentielle geistige Schädigungen machen. Dennoch sind auch im Vorliegenden konventionelle Story-Versatzstücke, Logik-Schwächen und „Plot-Contrivances“ (á la ein nicht Passwort-geschützter wichtiger PC oder altes Film-Material (zu Exposition-Zwecken) in einem arg unheilvoll-auffällig beschrifteten Behältnis) vorhanden – bloß nimmt das Ganze nie klägliche Ausmaße an, trägt im zugehörigen Kontext mit zu einem tendenziellen pulpy B-Movie-Vibe bei und wird durch den grundsätzlichen Entertainment-Grad locker nivelliert. Gern hätten sich die Geschehnisse in der Schlucht noch „ausgeweiteter“ entfalten dürfen – ruhig so um rund zehn zusätzliche Minuten – hätte ich mir einen ambivalenteren Ausklang als den dargereichten gewünscht und ist es obendrein unglaubwürdig, dass sich eine bestimmte Person gegen Ende derart unnötig selbst in Gefahr begibt – während einer netten Mini-Variation des klassischen Vertuschung durch eine befohlene mächtige Explosion Finales indes wiederum Lob gebührt…
Derrickson's Regie ist souverän und vereint seine Erfahrungen sowohl auf dem Gebiet atmosphärisch-unheimlicher Werke (darunter „the Exorcism of Emily Rose“, „Sinister“ und „the Black Phone“) wie auch beim Realisieren der kostspieligen Blockbuster „the Day the Earth stood still“ und „Doctor Strange“ zu einem Ergebnis, bei dem man förmlich jeden Cent seines Budgets von „nur“ 70 Millionen Dollar direkt beäugen kann – vergleichbar mit Gareth Edwards' „the Creator“ zuletzt, der ebenso teurer ausschaut als er war. Die Effekte und straffen Action-Setpieces (bei denen Taylor-Joy nach „Furiosa“ erneut ihre Heroine-Qualitäten in diesem Genre präsentiert) überzeugen, die Bebilderung Dan Laustsens („John Wick: Chapter 4“) ist schick und frei von Makel, punktuelle Needle Drops (neben den erwähnten bspw. noch Twisted Sister's „Oh come all ye Faithful“) sind cool – und on Top auf all of that haben das „Oscar“-prämierte Duo Trent Reznor und Atticus Ross („the Social Network“) einen exzellenten, düster-passend wummernden Score abgeliefert, der einen (gemeinsam mit dem generell echt feinen Sound-Design) unweigerlich dazu animiert, die heimische Anlage möglichst laut aufzudrehen...
Fazit: „the Gorge“ erfindet das sprichwörtliche „Rad“ nicht neu und ist keineswegs perfekt – wohl aber eine prima zufrieden stellende Sci-Fi-Action-Horror-Lovestory, die obendrein auch mal keiner bereits existierenden literarischen oder cineastischen Franchise/IP angehört…
gute
