
Entstehungsdaten:
Südafrika-USA 2024
Regie:
Kelsey Egan
Darsteller:
Grace Van Dien
Daniel Sharman
Keenan Arrison
Trailer
Bei dem südafrikanisch-amerikanischen Science-Fiction-Thriller „the Fix“ (2024) haben wir es mit dem zweiten sich in einer nahen Zukunft vor dem Background gefährlicher über die Luft übertragener Toxine entfaltenden Spielfilm von Regisseurin und Drehbuch-Autorin Kelsey Egan zu tun. In „Glasshouse“ (2021) riefen eben jene bei Einatmung eine Art Demenz auslösende Krankheit hervor: Je mehr man davon aufnahm, desto stärker und schneller erodierte das Gedächtnis und verlor man seine kognitiven Fähigkeiten sowie komplette Persönlichkeit – worauf am Ende quasi bloß nur noch eine leere Hülle übrig blieb, der es unmöglich war, allein für sich zu sorgen. Auf diesem Wege brach die Zivilisation zusammen und verstarb ein Großteil der Bevölkerung. In diesem neuen Werk haben Veränderungen in der Erdatmosphäre indes dazu geführt, dass ein Leben ohne entsprechende Schutzmasken kaum noch möglich ist. Zwar sind Filter-Systeme dazu in der Lage, Innenräume zu dekontaminieren – dennoch sind bereits über 130 Millionen Tote zu beklagen; Anzahl steigend…
In Gestalt eines gefeierten Durchbruchs war es dem Pharma-Konzern Aethera jedoch gelungen, ein Medikament zu entwickeln, welches bewirkt, dass sich die Konsumenten der Pillen für eine bestimmte Zeit sicher frei draußen aufhalten können: Airem. U.a. weil spezielle für die Produktion notwendige Rohstoffe ungemein selten sind und ihr Vorkommen generell allmählich zur Neige geht, ist der Preis allerdings sehr hoch – weshalb im Prinzip ausschließlich Reiche davon profitieren. Ersteres ist der Öffentlichkeit so noch nicht bekannt – wobei aber auch unabhängig dessen Aethera und andere Wissenschafter und Mitbewerber emsig nach einer Alternative forschen. Das „Werbe-Gesicht“ der Firma ist Ella (Grace Van Dien) – ein junges Model, deren berühmte, in derselben Branche tätig gewesene Mutter vor einem Jahr Selbstmord beging. Seither mangelt es ihr an Stabilität und Sinn. Ihr Vater ist ihr in der Hinsicht keine rechte Hilfe – primär, weil sie es nicht zulässt – einzig ihre Freundin Gina (Robyn Rossouw) und ihr aktueller Boyfriend Tully (Tafara Nyatsanza) bedeuten ihr etwas…
Was Ella nicht weiß: Hinter ihrem Rücken haben sich Gina und Tully ineinander verliebt. Sie wollen sie damit nicht verletzen – gerade jetzt zum Todestag ihrer Mutter nicht – doch ist es ihnen angesichts Ella's hohem „Männer-Verschleiß“ in den vorausgegangenen Monaten ohnehin nicht klar, ob sie wirklich echte Gefühle für ihn empfindet oder nicht. Auf einer Party, bei der sie eigentlich nicht aufkreuzen wollte, sieht Ella sie dann zusammen: Es kommt zu einem Streit, bei dem Tully ein Röhrchen mit einer blauen Flüssigkeit darin verliert, das er am Nachmittag im Hause einiger Dealer gestohlen hatte. Tropfenweise konsumiert, erzeugt die Substanz einen berauschenden Effekt – allerdings handelt es sich in Wahrheit dabei um ein experimentelles Serum, an dem der Ex-Aethera-Angestellte Solomon (Kennan Arrison) in dem Backroom-Labor jener Typen gearbeitet hatte. Mit Emotionen wie Wut, Enttäuschung und Schmerz heftig über sie hereinbrechend, schnappt sich Ella das kleine Behältnis und trinkt sogleich alles auf einmal aus – augenfällig eine Überdosis bewusst in Kauf nehmend…
Via unaufdringlichem World-Building gelingt es „the Fix“ zügig, dem Publikum einen soliden Eindruck der Umstände und Bedingungen des Daseins innerhalb dieser (häufiger sonnigen als düsteren) Dystopie zu vermitteln, in der weder Hungersnöte noch Kriege die größten Feinde der Menschheit sind – sondern ausgerechnet die zum Atmen nötige Luft. Und wie es im Grunde schon immer so war, spielt Geld weiterhin eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, wer die betreffende Situation wesentlich besser zu bewältigen vermag – wer leiden oder gar sterben muss. Eine harte ökonomisch-soziale Hierarchie hat sich gebildet: Wer sich vernünftige Masken und Filter oder das (für die meisten unerschwingliche) Präparat nicht leisten kann, ist dem Tode geweiht. Für Aethera ist das ein überaus lukratives Geschäft – allerdings kann Airem in dieser Form nicht in einer höheren (geschweige denn unlimitierten) Quantität hergestellt werden: Daher die emsige Suche nach einem Nachfolge-Produkt – zum eigenen Vorteil; nicht etwa (wie andere) für die Allgemeinheit…
Dank ihrer Schönheit und der früheren Prominenz ihrer Mutter ist Ella ein gefragtes, gut bezahltes Model – doch die durch deren Suizid ausgelöste Trauer belastet sie schwer. Sie fühlt sich einsam und isoliert – grenzt sich ab und lässt niemanden (außer Gina und allmählich auch Tully) übers Oberflächliche hinaus näher an sich heran. Trotz dessen, was ihre Freunde ihr mit ihrem heimlich gehaltenen Liebes-Verhältnis antun, ist der Sympathie-Zuspruch ihr gegenüber eingangs bloß ziemlich eingeschränkt. Das Austrinken der Flüssigkeit ruft bei ihr postwendend gesteigerte körperliche Kräfte hervor, die ihr erstmals bewusst werden, als Solomon und seine Begleiterin Spider (Tina Redman) bei der Party auftauchen – aggressiv Tully auf der Spur sowie das zurückhaben wollend, was er ihnen gestohlen hat. Im Zuge dieses Bestrebens dauert es nicht lange, bis die beiden das von Ella Getane erkennen und fortan hinter ihr her sind – ebenso wie einige nicht minder verbissen agierende Leute, die von Aethera-CEO Eric O'Connor (Daniel Sharman) entsandt wurden…
Bald kann Ella nicht nur Wände erklimmen und weit springen – obendrein beginnt sich u.a. ihre Haut zu verändern (verfärbt sich bläulich und nimmt eine Schuppen-förmige Textur an), wächst ihr eine scharfe Kralle seitlich aus dem Arm und ist es ihr obendrein möglich, ohne Schutz die kontaminierte Luft zu atmen. Mit verschiedenen Parteien, die sie jagen – neben den bereits genannten überdies noch die Polizei, welche nach ihr im Zusammenhang mit dem Tode Tullys fahndet – weiß sie nicht, was mit ihr geschieht – und mit ihrem Aussehen bis dato ihr Stolz und Kapital markierend, erachtet sie sich rasch als „Monster“ und hofft darauf, dass das irgendwie noch umzukehren ist. Wie es sich herausstellt, hat das Serum eine Verschmelzung ihrer DNS mit der einer raren, besonders resistenten Libellenart bewirkt: Genau so, wie Solomon das in der Theorie angedacht hatte – allerdings natürlich nicht in dieser Weise; in diesem Ausmaß. Sein Ziel ist das Erschaffen eines für alle frei verfügbaren Heilmittels – wohingegen O'Connor vorrangig von betriebswirtschaftlichen Motiven geleitet wird…
Nicht unerheblich erinnert einen „the Fix“ an klassische Superhero-Origin-Storys: Ella ringt mit persönlichen Problemen, erhält eines Tages spezielle (sowohl als Fluch als auch als Segen zu wertende) Fähigkeiten, muss lernen, damit zurechtzukommen, sowie sich gegen Baddies zur Wehr setzen, welche sie einfangen und (aus Profitgier zum Eigennutzen) zu einem Test-Subjekt machen wollen. Über ihre physische Mensch-Tier-Hybrid-Wandlung hinaus durchläuft sie simultan ebenfalls eine weitere – nämlich von einem gern und viel auf Partys gehenden passiven Model im Dienste Aetheras hin zu einer aktiven „Widerstands-Kämpferin“ sowie einem Wesen, das der Erdbevölkerung einen neuen Weg (u.a. um beständig überleben zu können) aufzuzeigen bzw. zu bieten in der Lage ist. Interessant, der mit letzterem verbundene Gedanke: Fortbestehen durch Adaption via einer Mutations-Evolution – so grotesk und wenig erstrebsam diese spontan durchaus anmuten mag – wenn Arzneien und sonstige technische Errungenschaften auf Dauer einfach nicht mehr helfen…
Als Lead hat Grace Van Dien („Of Monsters and Muses“) eine ordentliche Performance abgeliefert: Generell ja eine Schönheit und somit glaubwürdig in dem Berufsfeld Ellas – wobei zwei sexy Outfits nicht unabsichtlich welchen in „the Fifth Element“ ähneln – bringt sie die (von bedrückt und verletzbar über verunsichert und aufgebracht bis hin zu entschlossen und empowered reichenden) Eigenheiten und Emotionen ihres Parts solide rüber – obgleich dennoch eine gewisse Distanz zwischen ihrer Figur und dem Zuschauer verbleibt. Wie sich das Verhältnis zwischen ihr und Gina (Robyn Rossouw aus „Tickets“) entwickelt, wusste mir zuzusagen – allerdings fanden Gina und Tully (Tafara Nyatsanza aus „Beast“) aufgrund einiger ihrer Taten bei mir nie vernünftigen Anklang und sind überdies diverse oberflächliche Charakter-Ausgestaltungen, mäßig verfasste Dialoge sowie belanglos-blass agierende Nebendarsteller zu verzeichnen; darunter Kennan Arrison („Tomb Raider“, 2018), Chris Fisher („Blue Crush 2“) und Tina Redman (TV's „Ludik“)…
Daniel Sharman („Immortals“) portraitiert Eric O'Connor – den Haupt-Antagonisten in „the Fix“ – im Rahmen seiner Funktion als CEO von Aethera synchron unbeirrt rücksichtslos wie auch angenehm rational (nicht etwa cartoonish böse). Er genießt seinen gehobenen Lebensstil und seine Macht – was er beides (selbstredend) nicht aufzugeben bereit ist. Ella gedenkt er zu harvesten – und an einer Stelle konfrontiert er sie direkt mit der Frage, was für sie (unter Berücksichtigung des umfassenden Kontexts) denn wichtiger sei: Ihre individuelle Zukunft – oder die der gesamten Menschheit? Des Weiteren sind noch zwei Cameo-Auftritte zu erwähnen: Zum einen Clancy Brown („John Wick: Chapter 4“) als Aethera-Vorstandsvorsitzender – wie immer eine willkommene Bereicherung – zum anderen Ryan Kruger (Regisseur u.a. des „Street Trash“-Remakes) als Widerling, dem sich Ella erwehren muss. Leider sind die meisten Rollen so generisch geartet wie die Mehrzahl der Inhalte und Setpieces – was schade ist und den Film im Ganzen merklich „zurückhält“…
Das Konzept wartet mit ein paar Ansätzen und Ideen auf, die man sich einträglicher miteinander verwoben gewünscht hätte. Die vorliegende Zukunft krankt unter den Auswirkungen ökologischer und sozio-ökonomischer Prozesse, die in der heutigen Gegenwart zum Teil schon länger zu registrieren sind – á la Schadstoffe in der Umwelt, das Vernachlässigen ethischer Nachhaltigkeit, Kapitalismus vs. Altruismus (etc.). Egan vermittelt das vergleichsweise subtil – bspw. anhand von Interaktionen zwischen Ella und weniger gut situierten Bewohnern der City, in der sie beheimatet ist, anstatt auf dystopische Computer-generierte Panoramen oder dorthin tendierende Archiv-Aufnahmen zurückzugreifen. Einzelne bemühen sich darum, die Dominanz der großen Pharma-Konzerne zugunsten der Allgemein-Bevölkerung zu zerschlagen – und in genau das wird Ella unfreiwillig verwickelt. Ihre (sie im Prinzip noch stärker ausgrenzende) Metamorphose wird zu einer Gefahr für das System und offeriert ihr dabei (quasi auf dem „Mikro-Level“ dessen) einen Antrieb und Sinn…
Ella's Verwandlung hat man primär mit Hilfe von Prosthetics und Make-up arrangiert – wobei sich das Ergebnis sehen lassen kann. Vom Look her schwanken die Veränderungen der Haut, Gesichtszüge und Extremitäten zwischen Body-Horror-esk ungemütlich und durchaus cool anzuschauen und sind die meisten Effekte ansprechend practical – während die Qualität der wohldosiert verwendeten CGIs zwar überwiegend absolut in Ordnung geht, einem allerdings gerade bei einer bestimmten Einstellung (welche Ella's finale Form präsentiert) in Erinnerung ruft, dass dieser Produktion nicht allzu viel Geld zur Verfügung stand. Die Bebilderung Shaun Harley Lees („Silverton Siege“) ist stets übersichtlich sowie rundum kompetenter Beschaffenheit und die südafrikanischen Locations (in und um Kapstadt herum) wussten mir ebenso zu gefallen wie die stylishe Ausstattung – insbesondere im Bereich der Kleidung (samt herausstechend intensiver Farben) sowie der unterschiedlichen Masken-Designs (mein Favorit: eine an jene Immortan Joes aus der „Mad Max Saga“ angelehnte)…
Egan hatte das Skript bereits 2013 verfasst – bevor es letztendlich im September 2021 vor die Kameras ging. Nicht so ruhig und sich auf die Figuren konzentrierend wie „Glasshouse“, wird einem hier dafür deutlich mehr Action und Tempo geboten – was sich allerdings wiederum ungünstig auf eine tiefere Auslotung der Geschichte sowie den Aufbau einer innigeren „emotionalen Connection“ zu den Protagonisten ausgewirkt hat. Verfolgungsjagden und Auseinandersetzungen sorgen für Kurzweil – echte Spannung kommt jedoch keine auf. Was ich gar als störend empfand, waren einige cheesy Needle-Drops, auf die man gern (zugunsten des sonst erklingenden Scores) hätte verzichten können. Alles in allem ist „the Fix“ ein anständig realisierter, passabel unterhaltsamer Indie – welchen man in gewisser Weise aber auch für einen brauchbaren Serien-Pilot halten könnte; etwa angesichts der Origin-Story-typischen Struktur sowie der sich unverblümt (inklusive einer „überraschenden Preisgabe“) für eine Fortführung in Position bringenden Schlussminuten…
