
Entstehungsdaten:
USA 2025
Regie:
Kevin McManus
Matthew McManus
Darsteller:
Michaela McManus
Stella Marcus
Jeremy Holm
Jim Cummings
Grace Van Dien
Trailer
Bei „Redux Redux“ handelt es sich um einen gritty Low-Budget-Multiversum-Thriller aus dem Jahr 2025, für dessen erzählte Geschichte eine Variante der betreffenden spekulativen, bereits in der antiken Philosophie thematisierten sowie inzwischen regelmäßig in der kommerzialisiert-modernen Popkultur auftauchenden (häufig „verspielt“ mit eingebundenen) Parallel- Schrägstrich Mehrwelten-Theorie genutzt wurde – und das ansprechend geschickt sowie obendrein erfreulich frisch anmutend. Wer beim Hören des Begriffs also spontan an „Marvel“ denken muss und daher sofort unweigerlich augenrollend aufstöhnt, der ist im Vorliegenden im Glück und sollte sich nicht gleich abwenden – denn dieser von den Brüdern Matthew und Kevin McManus (u.a. „Funeral Kings“ und „the Block Island Sound“) verfasste und in Szene gesetzte (sowie mit ihrer Schwester Michaela in der Hauptrolle aufwartende) Film ist beileibe kein gestreamlintes Produkt für Mainstream-Konsumenten, sondern ein facettenreicher, dem geneigten Publikum nicht alles aufdröselnder Indie; sozusagen in der groben Tradition von Werken wie „Coherence“, „Infinitum“ oder „Things will be Different“…
Eröffnet wird mit dem Anblick einer Frau, welche in nächtlicher Dunkelheit an irgendeinem Ort draußen vor emporlodernden Flammen steht sowie mit regungsloser Miene aufs Feuer hinabschaut. Langsam fährt nun die Kamera zurück und gibt auf diesem Wege preis, dass es ein sich vor Schmerzen windender, an einen umgekippten Stuhl gefesselter Mann ist, der da ein paar Meter vor ihren Füßen liegt sowie von ihr, deren Name Irene ist, aus einem ganz bestimmten Grund angezündet worden war. Dieser Einstieg wurde hervorragend so gewählt – denn er etabliert den „Ton“ des Folgenden innerhalb nur weniger Sekunden. In den nächsten sehen wir Irene daraufhin stracks mit demselben Herrn (Jeremy Holm) in einer komplett anderen Umgebung kämpfen. Obwohl sie ihm kräftemäßig nicht gewachsen ist, gelingt es ihr in einem entscheidenden Moment dennoch, die Oberhand zu gewinnen sowie ihn ohne zu zögern zu töten – auch dieses Mal auf eiskalte wie brutale Weise. Etwas später erfahren wir, dass er Neville heißt und ein Serientäter ist – mit Teenagerinnen seine Opfer markierend – sowie dass eine der Verschleppten und Ermordeten Irene's Tochter Anna (Grace Van Dien) war…
Neville arbeitet in einem Diner – als Koch oder Kellner. Als Irene ihn eines Tages dort (vor allerlei Zeugen) erschießt, betritt just dann zufällig ein Polizist das Restaurant: Zwar kann sie in ihrem Pickup fliehen – doch beginnen sie rasch mehrere Streifenwagen zu jagen. Nur mit Mühe und bloß knapp schafft sie es, eine Verhaftung zu verhindern und ihr Motel-Zimmer zu erreichen – in welchem sie hastig in eine metallische Maschine (ungefähr der Größe eines massiven Sargs) hineinklettert, diese aktiviert sowie prompt in Form einer Art „Verpuffung“ verschwindet. Als sie der Kapsel erneut entsteigt, ist sie noch immer im selben Raum – allerdings hat sich die Situation verändert. Aus dem Kontext heraus wird einem bewusst, dass Irene mit diesem Gerät zwischen Dimensionen (der eingangs genannten Sorte) zu wechseln in der Lage ist. Das mag so ähnlich wie die Rekursions-Schleifen in Filmen wie „Groundhog Day“ oder „Retroactive“ klingen – jedoch mit dem zentralen Unterschied, dass hier nicht ständig die exakt selbe Zeit durchlebt wird. Gedanklich sollte man sich dahingehend eher z.B. an „Sliding Doors“ oder „Everything everywhere all at once“ orientieren…
Im ersten Viertel von „Redux Redux“ erhält man (teils via Flashbacks) Auszüge einiger solcher Variationen aufgezeigt – welche allesamt nahezu identisch sind; mit nur geringfügigen Abweichungen voneinander. Mitunter sind Details wie die Schichten Nevilles verschieden – mal lauert Irene ihm daheim auf, mal auf einem Gelände fernab der City, das er besitzt, mal direkt im Lokal. Hundertfach hat sie ihn bereits erstochen, erschossen, erstickt etc. – sowie sich drum herum eine Reihe es ihr erleichternder Hilfsmittel zusammengestellt (á la eine gesammelte Auswahl an Schlüsseln seiner Hintertür oder eines Miet-Transporters). Stets streckt sie ihn nach der Auszahlung seines Gehalts nieder, um so an Cash zu kommen – und sucht regelmäßig die Gesellschaft des charmanten Singles Jonathan (Jim Cummings), bei dem sie (basierend auf zig Wiederholungen) nun schon genau weiß, was sie sagen muss, um geschmeidig mit ihm ins Gespräch zu kommen und „angenehme Ablenkung“ zu erlangen. Ihr eigentliches Ziel ist es nicht, sich so oft wie möglich an Neville für das Getane zu rächen: Nein – maßgeblich erhofft sie sich, auf ein Universum zu stoßen, in dem ihr Kind noch am Leben ist…
Es ist schön zu registrieren, dass dem Zuschauer nicht unnötig viel „vorgekaut“ wird. Ohne konkrete Erläuterungen bewegt sich das Geschehen voran – wobei sich einem u.a. erschließt, dass Irene nicht etwa durch äußere Einflüsse in diesem Zyklus „feststeckt“ und welch hohe psychische Bedrückung das für sie bedeuten muss: Nicht aufgrund der unzähligen brutalen Selbstjustiz-Gewalttaten an Neville – sondern weil keine jener ihr Seelenfrieden beschert und sie ihre Tochter trotz allem nie wiedersieht (speziell das Finden einer Haarsträhne von ihr in seiner „Trophäen-Box“ ist für sie jedes Mal unvermindert peinigend). Auf einmal kommt es jedoch zu einer Abweichung von dem sonst Üblichen: Als sie sich aktuell Zugang zu seinem Haus verschafft, entdeckt sie, dass er bereits sein nächstes Opfer im Bad gefangen hält – die Jugendliche Mia (Stella Marcus). Überrascht davon, glückt es ihr zwar nicht, Neville zu erschießen – wohl aber das Mädel zu befreien. Ihres Zeichens eine Ausreißerin, die keinerlei Interesse daran hat, in ihre nicht gerade liebevolle Pflege-Familie zurückzukehren, will Mia Neville nun ebenfalls für das büßen lassen, was er ihr angetan hat…
Natürlich möchte Irene nicht, dass Mia diesen „Pfad“ beschreitet – allerdings ist die Teenagerin da starrköpfig. Als Irene Mia's Vorhaben missbilligend jedwede Unterstützung verweigert, stiehlt jene ihr stracks ihre Pistole und zieht allein los. Sie ist aufmüpfig und undankbar – verärgert einen auf diesem Wege durchaus ein Stück weit – doch man erkennt, dass ihre raue Vergangenheit sie so „geformt“ hat. Daher bleibt die Chance auf Sympathie-Zuspruch bestehen – was sich in der zweiten Verlaufshälfte entsprechend auszahlt. Als beide in eine brenzlige Situation geraten, nimmt Irene sie in der Hektik des Ganzen kurzerhand mit in ihre Maschine – worauf der Sprung in eine Parallelwelt bewirkt, dass sie Mia das erklären muss; sowie das Publikum im Zuge dessen dann auch ein paar diesbezügliche Infos dargelegt bekommt. Sie streiten sich und agieren eine Zeit lang getrennt voneinander – und das in Sachen Entscheidungen und Risiken ab und an unvernünftig. Mia unterbricht Irene's „Routine“ – bewirkt eine introspektive Reflexion sowie ein Abwägen, wie nun am besten zu verfahren ist; z.B. dieses Hier&Jetzt eventuell einfach so (in dieser Konstellation) „abzuhaken“…
„Redux Redux“ konzentriert sich primär auf seine Charaktere und deren Entwicklungen – während die Science-Fiction-Elemente im Prinzip bloß eine Rand-Position einnehmen: Eine einträgliche Herangehensweise, wenn man nur wenig Geld zur Verfügung hat – dafür aber fähige Autoren. Wie genau das Gerät funktioniert wird ebenso wenig thematisiert wie Details zu dem von den Menschen in Irene's „Heimat“ faktisch-real entdeckten und bereisbar gemachten Multiversum an sich preisgegeben werden. Dennoch begreift man das Gebotene, erweckt es nicht den Eindruck eines „reinen Gimmicks“ und schuf man sich somit simultan sozusagen den Freiraum, gezielten Logik-Hinterfragungen von Anfang an „ausweichen“ zu können. Nur spezielle Teil-Aspekte werden punktuell mal angerissen: Darunter die Wichtigkeit einer Brennstoffzelle des Geräts, als diese plötzlich aufgebraucht ist – woraus wiederum resultiert, dass Irene Kontakt zu einem geheimen „Mehrwelten-Schmuggler-Netzwerk“ aufnimmt. Obgleich diese Passage nicht frei von Reiz ist, ragt sie aber nicht herausstellenswert positiv hervor – anders als so manches Ereignis im Start- und Schluss-Drittel des Films…
Als Lead überzeugt Michaela McManus („Into the Grizzly Maze“) in Gestalt einer starken, vielschichtigen Performance. Im Umgang mit Neville ist Irene gnadenlos – doch die Tragik ihres Handelns wird einem deutlich gewahr. Ihn nicht zu töten, scheint für sie geradezu unmöglich zu sein: Vom inneren Antrieb her ist sie daher quasi in diesem Loop gefangen – selbst wenn sie eigentlich jederzeit damit aufhören könnte. Das alles ist physisch und gefühlsmäßig zehrend – nicht nur die Trauer und der Hass. Straft sie sich wohlmöglich selbst damit – weil sie ihre Tochter nicht retten konnte? Ist das wirklich Gerechtigkeit – oder nicht eher bereits unmoralische Rache? Und sollte sie Anna tatsächlich irgendwo noch unversehrt vorfinden – was dann? Charismatisch und expressiv, vermittelt McManus Irene's Höhen und Tiefen prächtig – ihre Unerbittlich- und Beharrlichkeit ebenso wie ihren Kummer und ihre unverlorene Menschlichkeit. Um etwas gegen ihre Einsamkeit zu tun, sucht sie regelmäßig einen netten Herrn (Jim Cummings aus „Halloween Kills“) auf, den sie immerzu „aufreißt“ – was sie nach all den Malen so beinahe schon als eine monogame Beziehung ansieht…
Derweil hat Newcomerin Stella Marcus („the Return to Why“) eine Menge aus ihrem Part herausgeholt: Mia's Gebaren mag nicht unbedingt einnehmend sympathisch sein – doch das passt zu ihrer Figur und überlagert auch nicht die sich weiter festigende Connection zwischen ihr und Irene. Sie muss lernen, Vertrauen zu ihr zu fassen, sich nicht von Wut leiten zu lassen sowie schlimmes Widerfahrenes (á la Missbrauch oder das Konfrontiert-werden mit dem Tod eines anderen Ichs) zu verarbeiten. Jeremy Holm („Brooklyn 45“) verkörpert den von Irene des Öfteren komplett überraschten, nichtsdestotrotz wehrhaften Triebtäter und Serienkiller Neville optimal bedrohlich und fies – und in der Rolle Annas hat Grace Van Dien („the Fix“) einen bedeutsamen Cameo-Auftritt abgeleistet, der sie erneut mit ihrer „Of Monsters and Muses“- und TV's „the Village“-Screen-Partnerin McManus vereinte. Es sind Irene, Mia und Anna (samt der ihnen zugehörigen, ergiebig transportierten Bindungen), welche dafür sorgen, dass bei allen schroffen Brutalitäten und sonstigen „Genre-Elementen“ insbesondere der finale Verlaufs-Abschnitt seitens des emotionalen Payoffs rundum zufrieden stellt…
„Redux Redux“ setzt nicht auf CGIs oder flashy Schauwerte. Irene's Pod ist bspw. kaum mehr als ein „klobiger Gebrauchs-Gegenstand“, die Locations sind eher unspektakulär und den Look bzw. die Bebilderung Alan Gwizdowskis („Wendigo“) würde ich keineswegs als glattpoliert beschreiben. Das alles macht aber überhaupt nichts – denn die McManus-Brüder haben ein anständiges Gespür für Atmosphäre bewiesen, das Pacing ruft keine Notwendigkeit zur Klage hervor und die gut dosierten Action-Sequenzen wurden jeweils kompetent arrangiert. Untermalt von einem ordentlichen Score Paul Kochs („A Day to die“), wechseln sich ruhigere Momente mit dramatischen und spannenden, hastigen Verfolgungen und düster-gewalttätigen Inhalten ab, die Story hält einen u.a. dank verschiedener Schlenker und Wendungen bei Laune und Aufmerksamkeit und nicht bloß der Showdown entfaltet sich ansprechend packend. Ambitioniert und unterhaltsam, abgründig und clever sowie gleichermaßen prima gespielt wie in Szene gesetzt, hebt sich dieser kreativ-inspirierte Indie-Genremix wohlig von „der Masse“ ab und hat auf jeden Fall (mindestens) das Zeug zu einem echten Geheimtipp…
