
Entstehungsdaten:
USA 1989
Regie:
Meiert Avis
Darsteller:
Drew Barrymore
Matt Frewer
Andras Jones
Anthony Rapp
Richard Masur
Karen Austin
Jennifer Tilly
Trailer
Bei „Far from Home“ handelt es sich um einen mit Coming-of-Age-Storyanteilen aufwartenden Thriller aus dem Jahr 1989, der hierzulande unter den beiden unpassend-miesen Titeln „Wilder Sand“ und „Lolita Kill“ veröffentlicht wurde, einem eine talentiert-interessante Cast&Crew zu bieten vermag sowie in gewisser Hinsicht (auf die ich später noch näher eingehen werde) ein Stück weit sleazy/pervy anmutend daherkommt. Auf der Basis einer Plot-Idee Theodore Gershunys („Silent Night, Bloody Night“) von Horror-Profi Tommy Lee Wallace (u.a. „Halloween III: Season of the Witch“, „Fright Night: Part 2“ und Stephen King's „It“) verfasst, markierte dieses B-Movie aus dem Hause „Vestron Pictures“ seinerzeit das Feature-Film-Debüt des irischen Musikvideo- und Werbeclip-Regisseurs Meiert Avis („Undiscovered“) und erzählt die Geschichte der unmittelbar vor ihrem 14. Geburtstag stehenden Teenagerin Joleen (Drew Barrymore), welche in ihren Sommer-Schulferien gerade gemeinsam mit ihrem Vater Charlie (Matt Frewer) auf einem mehrwöchigen Roadtrip durch Amerika unterwegs ist, der sich nun aber seinem Ende entgegen neigt – mit nur noch wenigen hundert Kilometern zwischen ihnen und Los Angeles liegend, wo Jo' seit der Scheidung ihrer Eltern bei ihrer Mutter beheimatet ist…
Als sich die angepeilte Tankstelle auf einem Highway-Abschnitt in der Wüste plötzlich als geschlossen entpuppt – mit ihrem Benzin fast aufgebraucht – entschließt sich Charlie dazu, abzubiegen und es in einem kleinen Örtchen einige Meilen entfernt zu versuchen. Bloß knapp schaffen sie es in jenes nichtmal-150-Seelen-Kaff – doch leider sind auch dort die Zapfsäulen „trocken“ und ist nicht ganz sicher, in wie vielen Tagen die nächste Spritt-Lieferung eintreffen wird. Ein Hotel gibt es in Banco nicht – wohl aber einen von Agnes (Susan Tyrrell) geleiteten Trailer-Park, bei der Charlie ihnen notgedrungen einen Wohnwagen als Unterkunft anmietet. Jolene war schon vom bisherigen Herumreisen an sich nicht sonderlich begeistert – doch das jetzt ist für sie nun quasi „die Krönung“; zumal die Chancen somit stark gestiegen sind, dass sie ihren Birthday nicht in ihrer trauten Umgebung feiern können wird. Zumindest gibt's 'nen Pool – sowie Agnes' Sohn Jimmy (Andras Jones), der durchaus attraktiv ist und das pubertierende Mädel mit seinem „Bad-Boy-Charme“ stracks „in Wallung versetzt“. Derweil lernt Charlie die nette Louise (Karen Austin) und ihre Freundin Amy (Jennifer Tilly) kennen – ihres Zeichens ebenfalls zwei „Gestrandete“, welche dieselbe Bredouille/Hoffnung hergeführt hatte…
Und wer lebt noch so in dieser abgeschiedenen Siedlung? Da wäre z.B. der Werkstatt-Besitzer und Vietnamkriegs-Veteran Duckett (Richard Masur) – trotz M16-Gewehr ständig am Mann ein hilfsbereiter, anders als Agnes keinen Wert auf eine Bezahlung seiner Unterstützung legender Zeitgenosse – der schroffe Sheriff (Dick Miller) – alleiniger Gesetzeshüter in der Gegend – sowie der introvertierte, leicht eigenwillige Jugendliche Pinky (Anthony Rapp), welcher früher mal ein guter Kumpel Jimmys war, bevor sich irgendwann jedoch eine ziemliche Antipathie zwischen ihnen entwickelte, zu der sich nun außerdem eine wachsende Rivalität um Jolene's Aufmerksamkeit gesellt. Parallel zu Charlie's und Jo's Ankunft geschieht auf einmal ein Mord: Der Betreiber eines Ladens wird erschossen aufgefunden. Noch am selben Abend stirbt Agnes daran, dass jemand einen Strom-betriebenen Ventilator zu ihr in die Wanne wirft, als sie gerade ein Bad nimmt. Ihre Leiche bleibt allerdings vorerst unentdeckt – und so brechen Charlie und Louise ahnungslos davon am nächsten Tag mit Duckett zu einer Bekannten von ihm (Connie Sawyer) auf, die eventuell einige Liter Benzin übrig haben könnte, während Amy Jolene beaufsichtigen soll, welche aber lieber etwas „Zweisamkeit“ mit Jimmy verbringen möchte…
„Far from Home“ wurde in Gerlach, Nevada gedreht – wo bis heute die Zahl der Ansässigen nicht gestiegen ist sowie gleich in der Nähe stets das „Burning Man“-Festival stattfindet. Zügig und geschickt veranschaulicht einem ein feiner Kamerakran-Schwenk die Karg- und Begrenztheit der Siedlung – es ist staubig-sandig und evident registrierbar heiß. Man muss schon „von einem speziellen Schlag“ sein, wenn man sich dauerhaft an einem solchen Ort aufhält. Im Umland gibt's u.a. noch einen Funkturm, ein ehemaliges Militär-Gelände (beim Durchqueren dessen Duckett immerzu ein Geigerzähler dabei hat, da früher dort Atom-Tests durchgeführt wurden), ein altes Holzhaus mit diversen vor sich hin rostenden Autos davor, eine große Beton-Bauruine, in der sich Pinky einen „Rückzugs-Raum“ eingerichtet bzw. geschaffen hat, sowie verschiedenartige schöne Wüsten-Panoramen. Aus den Locations und der Materie haben Avis und sein Cinematographer Paul Elliott („Blind Side“) einen ergiebigen Atmosphäre-Grad generiert – und dass der Streifen optisch zu überzeugen weiß, sollte eigentlich niemanden verwundern, denn schließlich hat uns Avis im Laufe seiner Karriere zig coole Videos für Bands und Künstler á la U2, Bruce Springsteen, Avril Lavigne, Paramore, Bush und The Pretty Reckless beschert…
Joleen ist eine hübsche, simultan sowohl unschuldige als auch verführerisch wirkende, ihre Sexualität entdeckende Adoleszente – mit Barrymore damals in exakt demselben Alter wie ihre dreizehn- Schrägstrich vierzehnjährige Film-Figur; nur dass sie – welcher ihr Part in Steven Spielberg's „E.T.“ ihr 1982 (mit sieben) ja Weltruhm beschert hatte – sich just dann inmitten heftiger „persönlicher Probleme“ (darunter Drogen- und Alkohol-Exzesse) befand, über die sie offen in ihrer 1990 (neben anderem infolge eines Suizid-Versuchs, Psychiatrie-Aufenthalts sowie einiger Therapien) veröffentlichten Biographie „Little Girl Lost“ berichtete. In Addition zu ihrem damit verbundenen „Seelenzustand“ am Set rief die Gestaltung ihrer Rolle bei einigen seither ebenfalls Veranlassung zur Kritik hervor: Im Rahmen ihrer ersten Begegnung beginnt Jimmy postwendend damit, schweigend einen Eiswürfel an Jo's Arm entlang zu reiben – bevor sie kurz danach in einem Bikini (in Slow-Motion) schwimmt, sich ohne 'was überzuziehen ein paar Meter herumläuft, neugierig-erregt eine Nachbarin (Teri Weigel) beim Geschlechts-Verkehr beobachtet sowie später (bei einem Date mit Jimmy) nur knapp einer Vergewaltigung entgeht; in dieser Phase ein vom Wasser eines Sees transparent-nasses weißes T-Shirt tragend…
Sicherlich mag man das tendenziell als sleazy, exploitative und/oder pervy erachten – zumal Jones 1968 und Barrymore '75 geboren wurde – doch ist das Gebotene im Kontext der Handlung (von den Situationen und Verhaltensweisen her) grundsätzlich nicht unrealistisch. Sagen wir es mal so: In den Achtzigern war man in solchen inhaltlichen und Besetzungs-technischen Dingen noch „lockerer“ – genauso wie es eine Weile in Mode war, sich mehrere „Swatch“-Uhren auf einmal umzubinden. Der Tagebuch-schreibende Teenie hat Interesse an Boys – während das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Vater derzeit (nicht nur wegen der Scheidung ihrer Eltern) „eher holprig“ ist: Typisch für jemanden in der Pubertät – rebellisches Gebaren inklusive. Zwar hätte sich das Skript gern noch ein wenig kräftiger darauf konzentrieren können – u.a. da Charlie und Joleen längere Abschnitte getrennt voneinander agieren – doch sind Barrymore und Matt Frewer („Rampage“) glaubwürdig als Vater und Tochter und haben sie überzeugende Performances abgeliefert. Prima gefiel mir überdies Richard Masur („Shoot to Kill“) als Mechaniker und Anti-Establishment-Kriegsveteran Duckett, der wesentlich umgänglicher ist, als es seine Erscheinung (Kleidung und Waffe) für Fremde spontan gewiss suggeriert…
Dass der Killer in „Far from Home“ entweder Jimmy oder Pinky ist, dürfte keine Überraschung sein – bspw. weil es schlichtweg zu keinem Erwachsenen passen würde, den Tank eines Wagens Leck zu schlagen sowie anschließend einen ferngesteuerten Buggy mit einigen daran befestigten brennenden Kerzen unter das Fahrzeug zu lenken, um so das Benzin zu entzünden. Selbst wer von den beiden sich wohl konkret als der für diese Taten Verantwortliche herausstellt, kommt nicht allzu schwer vorauszusehen daher – sofern man kein völliger Krimi-/Thriller-Newbie ist. Bekannt aus „Dazed and Confused“ und „Adventures in Babysitting“ sowie derjenige, der Kevin Spacey 2017 vorwarf, ihn 1986 missbraucht zu haben, geht Anthony Rapp als freundlicher, sich um seine Mutter kümmernder, von Jimmy schikanierter Pinky in Ordnung, Andras Jones („the Demolitionist“) portraitiert den aufbrausenden, aber attraktiven „Trouble-Maker“ zweckdienlich, und als seine Cartoons und Fischstäbchen liebende jüngere Schwester ist Stephanie Walski (TV's „Pee-wee's Playhouse“) mit von der Partie. Den Kids mangelt(e) es definitiv an Kumpanen und Vätern. Insbesondere bei Agnes' Kindern hat deren furchtbarer Erziehungsstil sowie die generelle Lage daheim unverkennbare „Spuren“ hervorgerufen…
Dass Städter bzw. Durchreisende auf mehr oder minder skurriles „Landvolk“ treffen und sich dabei irgendeine Art von Gefahr für sie entwickelt, ist beileibe kein originelles Konzept – wohl aber ein bewährtes, hier ordentlich funktionierendes; obgleich Agnes von Susan Tyrrell („Cry-Baby“) dermaßen „lauthals-kettenrauchend-unsympathisch-Trailer-Trash-karikaturesk-over-the-Top“ gemimt wird, dass es im Vorliegenden nicht wirklich mit dem Drumherum harmoniert. Derweil verkörpert „B-Movie-Veteran“ Dick Miller („Demon Knight“) den lokalen Sheriff und vermittelt Karen Austin („Jagged Edge“) als sich mit Charlie zusammentuende Louise einen angenehmen, alles in allem jedoch „leicht blassen“ Eindruck. Wen ich noch mochte, war Jennifer Tilly („Cult of Chucky“) als quirlige, nur bedingt zuverlässige Amy – und ja, ihre Stimme war auch schon damals „ziemlich markant“. Für das freizügige Paar, dem Joleen und Jimmy in der einen geschilderten Szene voyeuristisch zuschauen, wurden übrigens Porno-Aktrice und „Playboy Playmate“ Teri Weigel („the Banker“) samt Ehemann Murrill Maglio („Tropical Tales“) verpflichtet – für welchen das sein Debüt vor der Kamera war, bevor er im Folgenden ebenfalls in die „Adult Film“-Branche einstieg; stets in Projekten mit seiner Frau…
Handwerklich hat Avis kompetente Arbeit abgeliefert, bei der sein „Videoclip-Background“ bloß in ein bis zwei Momenten deutlich hervorschimmert – z.B. angesichts dessen, dass in Pinky's Raum in der Bauruine diverse eingeschaltete TV-Geräte herumstehen, die vom wütenden Jimmy schließlich Funken-sprühend zerstört werden. Trotz einiger Tode und etwas Blut hält sich das Ausmaß explizit gezeigter Gewalt ähnlich stark in Grenzen wie der „Whodunit?-Faktor“, die ohnehin nicht wie bei einem Slasher im Fokus stehenden Kills wurden relativ „einfach“ gehalten und der Showdown entfaltet sich auf dem erwähnten Funkturm, auf den Joleen (klischeehaft) hinaufflüchtet, nachdem ein Sandsturm die Atmosphäre wirkungsvoll intensiviert hat. Schade, dass das Drehbuch nicht ausgefeilter verfasst wurde, man nicht auf Jo's Voiceover verzichtete und das „manische“ Gebaren des Täters im finalen Akt derart stereotyp geraten ist. Zudem hätte ich mir in Anbetracht des Stalkings, der Morde sowie der sexuellen Komponente in Verbindung mit einer Minderjährigen ein höheres Level an bedrohlicher Spannung erhofft. Gelangweilt hat mich „Far from Home“ jedoch nie – weshalb dieser kleine, weitestgehend „vergessene“ Streifen für den einen oder anderen durchaus einen Blick wert sein könnte…
starke
