Entstehungsdaten:
USA 1998
Regie:
Andrew Chapman
Darsteller:
Robert Sean Leonard
Dennis Haysbert
Keith Carradine
Natasha Henstridge
Paul Ben-Victor
Trailer
Wir erinnern uns: Im Jahr 1993 veranlassten Hinweise über den angeblichen Besitz illegaler Waffen die US-Behörde BATF (Bureau of Alcohol, Tabacco and Firearms), das nahe der Stadt Waco gelegene Gelände der "Branch Davidians"-Sekte durchsuchen zu wollen. Die Mitglieder der von dem charismatischen David Koresh vorgestandenen Religions-Gemeinschaft eröffneten jedoch sogleich das Feuer auf die anrückenden Beamten – töteten dabei vier von ihnen und zwangen sie so zum Rückzug. Als das FBI am 19. April schließlich (nach 51-tägiger Belagerung) die Erstürmung der ähnlich einer Festung ausgebauten Ranch einleitete – u.a. per Verwendung von CS-Gas und schwerem Gerät – entschieden sich die verbliebenen Angehörigen der Gruppe offenbar für den Freitod und setzten den Gebäudekomplex in Brand: Über 70 starben – nur wenige überlebten. Dass nicht jeder von ihnen Selbstmord begehen wollte, ist unbestritten – bspw. hat Koresh wohl eigenhändig mehrere seiner Anhänger erschossen; darunter fünf Kinder – wohingegen Gerüchte und Verschwörungs-Theorien, die Behörden hätten das Inferno versehentlich (etwa durch die pyrotechnische Komponente der gezündeten Gas-Granaten) oder gar absichtlich ausgelöst, nie mit Beweisen untermauert werden konnten…
Der dramatische, Kammerspiel-artige 1998er Thriller "Standoff" behandelt zwar nicht genau diesen tragischen Fall – doch sind die von Drehbuchautor und Regie-Debütant Andrew Chapman kreierten Ähnlichkeiten unverkennbar. Eröffnet wird mit den FBI-Agenten Jamie Doolin (Robert Sean Leonard) und Ty 'Bama' Jones (Dennis Haysbert), wie diese eines Nachts aus sicherer Entfernung das Anwesen des Kult-Leaders Thomas B. Freemont beobachten, welcher sich irgendwo im ländlichen Texas mit seinen Jüngern einen "Zufluchtsort" geschaffen hat. Aufgrund vermuteter krimineller Aktivitäten soll am nächsten Morgen eine Razzia durchgeführt werden, auf die sich die Männer mental vorbereiten: Bama auf eine ruhige, bedachte Weise – der noch recht unerfahrene Jamie indes sichtbar von Anspannung beeinflusst. Als die Sonne aufgeht, erhält das Publikum (parallel zu den Anfangs-Credits) einige flüchtige Einblicke ins Innere des Anwesens präsentiert – wo gebetet sowie ein umfangreiches Waffen-Arsenal gereinigt und einsatzbereit gemacht wird…
Die Aktion läuft an. Plötzlich ein jäher Zeitsprung: Inmitten eines auf sie niedergehenden "Kugelhagels" können sich Bama und Jamie zusammen mit einem verwundeten Ranger (Paul Scherrer) gerade mal so in ein leicht abseits auf dem weitläufigen Gelände gelegenes verlassenes Farmhaus flüchten – rund eine halbe Meile freier Fläche von der Position ihrer Kollegen entfernt. Anscheinend hatten die Fanatiker im Vorfeld einen Tipp erhalten. Als überdies noch der FBI-Teamleiter Hank McGill (Paul Ben-Victor) sowie der örtliche Polizist Zeke Clayton (Keith Carradine) zu ihnen stoßen, bewirkt auch das aber keineswegs eine Beruhigung oder Verbesserung der Situation – denn Hank droht angesichts des Chaos die Nerven zu verlieren und Zeke hat generell "gewisse Probleme" mit Farbigen (Bama ist Afroamerikaner). Zudem ist er mit dem angeschossenen Cop befreundet und werden nach einem gescheiterten Versuch, übers Feld in Sicherheit zu robben, beim weiteren Erkunden des Hauses zwei Frauen (Tricia Vessey und Natasha Henstridge) im Keller entdeckt…
Freebie und Mary gehören der Gemeinschaft an – hätten aber, wie sie sagen, diese Eskalation der Geschehnisse genutzt, um aus den "Fängen" jener zu entfliehen. Kann man ihnen trauen? Nach dem Versterben eines der Beamten sowie eines zu ihnen entsandten Sanitäters (Andre G. Ellingson) gedenkt Zeke, seine aufgestaute Wut und Frustration kurzerhand an den "Gefangenen" auslassen – doch stellt sich Jamie schützend vor sie und ermahnt zur "Wahrung der Menschlichkeit", da er davon überzeugt ist, sie seien ebenso Opfer von Freemont und dessen Einfluss. Als Zeke wenig später dennoch übergriffig wird sowie gar eine von ihnen exekutiert – und das im Beisein Bamas, der die unrechtfertigbare Tötung nicht verhindern konnte – verändert das die Lage schlagartig – schließlich ist keiner der beiden bereit, dafür (wenn das dort alles überstanden ist) seine Karriere und Zukunft (Ruf, Freiheit, wohlmöglich Familie) aufzugeben. Entsprechend wird der Plan gefasst, auch Mary "aus dem Weg zu schaffen" – was Jamie so aber nicht zuzulassen bereit ist; und ihn somit umgehend selbst in akute Lebensgefahr bringt…
Zuschauer, die sich angesichts der Prämisse/Materie Action-reiche "Spezialkräfte-vs.-Kultisten"-Genre-Kost erhoffen, werden zügig (zu ihrer Überraschung sowie ggf. Enttäuschung) feststellen müssen, dass sich Chapman bei "Standoff" rein auf den in der Inhaltsangabe geschilderten "Nebenkriegsschauplatz" der sich an dem Tag entfaltenden Gesamt-Ereignisse konzentriert hat. So z.B. wird weder der zu dieser örtlich isolierten Figuren-Konstellation führende Einsatz (samt der Ursachen der jeweiligen emotionalen und körperlichen Verfassungen) noch ein erneutes (geballtes) finales Vorrücken der Behörden wider die Verschanzten gezeigt. An letzterem Punkt im Verlauf geht das Werk einfach in den Abspann über – in welchem "verborgen" man aber noch anhand eingespielter Funksprüche erfährt, in welche Richtung sich das schon bald entwickelt (siehe den realen Fall, der den Film inspiriert hat). Über Freebie und Mary hinaus erhält man aus den Reihen der Sekten-Mitglieder bloß noch den stets aus der Bibel zitierenden Freemont zu sehen – und selbst das nur in Form von Aufnahmen seines Mundes oder seiner Hände…
Elemente von "Reservoir Dogs" (wie gegenseitiger Argwohn oder der Mary zu retten bestrebte Jamie), "Assault on Precinct 13" (das zwangsweise Zusammenarbeiten gegen eine "anonyme", belagernde Macht, welche die Gruppierung durch ihre überlegene Bewaffnung an einer Flucht hindert) sowie "Night of the living Dead" (die Art und Funktion des Hauses, das Entdecken von Personen im Keller, Feindseligkeiten untereinander) sind nicht zu übersehen – und auch im Vorliegenden wird aus diesem "minimalistischen Szenario" ein ordentliches Maß an Spannung generiert. Wie Individuen mit bestimmten charakterlichen Stärken und Schwächen in einer Extrem-Situation reagieren, damit befassen sich immer mal wieder einzelne (zum Teil sehr unterschiedliche) Veröffentlichungen: Sich auf die Psyche auswirkende Belastungen (Umstände und Erlebnisse) können u.a. in Wesens-Veränderungen, Unberechenbarkeiten und Gefahren resultieren – was wiederum dienlich zur angestrebten "beklemmenden Atmosphäre" des Ganzen beizutragen vermag…
Jamie stammt aus einer irischen Polizisten-Familie und wollte seinem "stereotypen Dasein" in Boston unbedingt entfliehen, indem er zum FBI ging. Er ist ehrlich, glaubt an Freund- und Kameradschaft sowie ans "Positive im Menschen" – eventuell, weil er den Job noch nicht allzu lange ausübt. Bama – sein erfahrener, abgeklärter Vorgesetzte – ist mit den "Mechanismen des Berufs" derweil inzwischen bestens vertraut und sieht darin keine wirklich noblen Beweggründe mehr. Unterdessen war Hank direkt von Washington aus eingeflogen und ist sonst eigentlich nicht im Außendienst tätig: Nervlich ist er dem "Kontroll-Verlust" schlichtweg nicht gewachsen. Um das zu kaschieren, versucht er sich hinter Richtlinien und seinem Rang zu verbergen und spielt sich gegenüber der naiven Freebie auf – welche sich (die klassische "ängstliches-Mädel-in-Not-Nummer" abziehend) darauf einlässt, um dadurch nicht kräftiger ins Visier von Zeke zu geraten: Seines Zeichens ein "typischer Texaner", der obendrein Schwarze nicht sonderlich leiden kann sowie Niederlagen nicht gerade gut verträgt…
Auch Zeke ist überfordert seitens der derart aus dem Ruder gelaufenen Aktion – was sich in Wut äußert, die er an den zwei "mit zu denen gehörenden" Frauen auszulassen droht, um von seiner eigenen Machtlosigkeit abzulenken und seinen "Vergeltungs-Drang" zu befriedigen. Sich so vor ihm bewahren wollend, hält sich Mary – deren Boyfriend sie damals in die Sekte eingeführt hatte – gezielt an den einen klaren "moralischen Kompass" besitzenden Jamie – wobei die Grenzen zwischen Zurückhaltung, Sympathie, Cleverness und subtiler Manipulation da zunehmend verschwimmen. Die gecasteten Akteure überzeugen zwar nicht mit herausragenden, wohl aber mit kompetent-soliden Performances: Robert Sean Leonard ("Driven"), Dennis Haysbert ("Navy Seals") und Paul Ben-Victor ("On the Doll") verkörpern ihre Parts treffend – was so ebenfalls für die hier ungewohnt dunkelhaarige Schönheit Natasha Henstridge ("Species") sowie Keith Carradine ("Wild Bill") gilt, dessen Rolle jedoch recht "klischeehaft-überspitzt" gestaltet wurde – während Paul Scherer ("Widow´s Kiss") als verwundeter Ranger die meiste Zeit bewusstlos verbringt und Tricia Vessey ("Kiss the Girls") als Freebie in Ordnung geht…
"Standoff" merkt man an, dass der Produktion bloß ein geringes Budget zur Verfügung stand – welches Regisseur Chapman und sein Team jedoch ergiebig auszuschöpfen vermochten: U.a. ist der Schauplatz (das alte, von den Räumlichkeiten her sogar etwas Abwechslung offerierende Farmhaus; inklusive Grundstück) recht stimmungsvoll und wurden in regelmäßigen Abständen bündige Action-Momente sowie in Blautönen dargereichte Rückblenden in das allumfassend dramatische Geschehen mit eingebunden. Leider erfährt man über die Sekte (selbst im Zuge Mary´s Erzählungen) nur wenig, hätte man einzelne Szenen minimal "straffen" sowie auf einen auffallend unnötigen Flashback (mit unpassender "gratuitous Nudity") getrost verzichten können, ist nicht jede Verhaltensweise komplett glaubwürdig und erweckt die handwerkliche Umsetzung – einschließlich der Kamera-Arbeit Nancy Schreibers ("Piggy Banks") sowie des Scores Dan Wools ("Mad God") – nicht mehr als nur einen "routiniert-zweckdienlichen" Eindruck. Dass der Film auf "Reißerisches" verzichtet sowie an sich keine wirklichen "Schauwerte" (á la aufwändig arrangierte Setpieces) zu bieten hat, schadet ihm indes keineswegs – auch wenn manch einer das durchaus anders sehen mag…