Entstehungsdaten:
USA 2020
Regie:
Jesse V. Johnson
Darsteller:
Aaron Eckhart
Olga Kurylenko
Nick Moran
Alex Pettyfer
Trailer
Nachdem der Brite Jesse V. Johnson in den Neunzigern seine Karriere in der Film-Branche als Stuntman und Stunt-Koordinator begann, wandte er sich schon bald auch eigenen, von ihm in Szene gesetzten sowie mitunter obendrein selbst verfassten und produzierten Projekten zu, welche er seit Anfang dieses Millenniums nun regelmäßig auf den Markt bringt: B-Movie-Genre-Kost wie "the Fifth Commandment", "the Butcher", "the Package" und "White Elephant". Als herausragend ergiebig hat sich dabei seine regelmäßige (sich bis 2005 zurück erstreckende) Kollaboration mit Scott Adkins erwiesen – denn mit ihm glückten ihm seine bis heute besten Ergebnisse: "Accident Man", "Triple Threat" und "Avengement". Gewisser inhaltlicher und handwerklicher Schwächen zum Trotz, offerieren eben jene dem geneigten Publikum ordentliche Unterhaltung. Johnson ist ein Lieferant von Videotheken-Ware, wie man es früher formuliert hätte, bei der sich die Zuschauerschaft nicht unbedingt um Eigenschaften wie Filigranität, Suspense, Originalität sowie die qualitative Güte der gebotenen Dialoge und Handlung schert…
Es war 2022, dass er sich mal an einem Historien-Streifen versuchte – also nicht bloß an einem solchen, der im zweiten Weltkrieg ("Hell hath no Fury") oder in Indochina der 1950er ("Savage Dog") angesiedelt daherkommt, sondern an einem sich round about 60 nach Christus in Britannien entfaltenden: "Boudica". Auf wahren Begebenheiten und einem von ihm geschriebenen Skript basierend, entpuppte sich das Ganze jedoch selbst bei einer angepasst-abgesenkten Erwartungshaltung als eine Enttäuschung, die sich keineswegs nur auf die augenfällig unausreichende Budgethöhe zurückführen lässt. Daraufhin entschied er sich als nächstes für den Action-Thriller "Chief of Station" (2024), der hier fortan im Zentrum der Betrachtung steht sowie eine ziemlich "althergebracht" geartete Spionage-Geschichte erzählt, die stärkeren Wert auf Verstrickungen als auf Krawall legt und entsprechend ebenfalls nicht innerhalb seiner typischen "Comfort Zone" zu verorten ist. Auf Anhieb positiv: Das Drehbuch stammt nicht von ihm. Leider aber ist Newcomer George Mahaffey kein Tom Clancy – ja nicht einmal ein Paul Lindsay…
In Geheimdienst-Kreisen genießt CIA-Agent Ben Malloy (Aaron Eckhart) einen angesehenen Ruf – genauso wie seine Ehefrau Farrah (Laëtitia Eïdo). Anders als er, der in Zukunft etwas kürzer treten will, bewegt sich ihre Karriere in den Rängen der Agency gerade kontinuierlich weiter voran. Glücklich als Paar, kehren sie eines Abends (ein Jubiläum feiernd) in ein schickes Restaurant in Budapest ein – wobei es plötzlich zu einer Explosion kommt, welche Farrah nicht überlebt. Sechs Monate später kann sich Ben noch immer nicht damit abfinden, dass laut des offiziellen Untersuchungsberichts eine defekte Gasleitung die Ursache dafür gewesen sein soll – worüber hinaus sein erwachsener, mit seiner neuen Freundin (Isobel Wood) durch Europa tingelnder Sohn Nick (Chris Petrovski) ihm in gewisser Weise die Schuld für ihren Tod gibt und aus jenem Grunde nur sporadisch auf seine Kontakt-Bemühungen reagiert. Was Ben jedoch so richtig wütend macht, ist dass die CIA aktiv dahingehend ermittelt, ob Farrah nicht vielleicht eine Doppelagentin war – weswegen er prompt auf eigene Faust zurück nach Ungarn reist…
Um an Informationen über die letzten Aufträge Farrahs sowie die Umstände ihrer Ermordung zu gelangen – denn natürlich war das Geschehene kein "tragischer Unfall" – greift Ben vor Ort auf seine noch bestehenden Connections zurück – unter ihnen sein ehemaliger Protegé und jetziger Nachfolger John (Alex Pettyfer) sowie Farrah´s Vorgesetzte Hitchens (Nina Bergman). Zusätzliche Unterstützung erhält er seitens des CIA-Computer-Profis Jackson (Jonathan Ajayi) – worauf sich schrittweise zwei Hauptverdächtige herauskristallisieren: Zum einen der lokale FSB-Chef Evgeny (Nick Moran), mit dem Ben in der Vergangenheit bereits des Öfteren zu tun hatte – zum anderen der russische Folterknecht und Killer Kharon Taramov (Daniel Bernhardt). Während Ben zunehmend "Staub aufwirbelt" – was rasch in erste tätliche Konfrontationen resultiert – scheint sich überdies eine mysteriöse Dame (Olga Kurylenko) an seine Versen geheftet zu haben. Nach und nach kommt er der Wahrheit auf die Spur – im Zuge dessen irgendwann auch Nick (zwecks Druckmittel) ins Visier der Baddies gerät…
"Chief of Station" ist ein formelhaftes Werk. Offenkundig hat Mahaffey seine "Hausaufgaben" gemacht und sich beim Verfassen an diversen Veröffentlichungen des betreffenden (auf eine stattliche Tradition zurückblickenden) Genres orientiert – allerdings war er nicht dazu in der Lage, aus den "klassischen Versatzstücken" (á la interne und multinationale Spannungen, Komplotte, falsche Anschuldigungen, Hintergehungen etc.) eine frisch oder sonstwie reizvoll anmutende Story zu kreieren. Standesgemäß ist sie ein wenig vertrackt – dabei jedoch weder komplexer, komplizierter noch verwirrender Beschaffenheit. In der Beziehung ist sie also eher mit Lindsay´s "the Bricklayer" oder Jack Ryan´s TV-Einsätzen als mit Brian De Palma´s "Mission: Impossible" zu vergleichen. Apropos: Renny Harlin´s Film-Adaption von Lindsay´s Roman kam ein knappes halbes Jahr vor diesem Streifen heraus – wobei die Ähnlichkeiten zwischen beiden weit über den gemeinsamen Hauptdarsteller hinausreichen und daher geradezu unweigerlich eine Gegenüberstellung heraufbeschwören, bei welcher der Vorliegende eindeutig unterlegen ist…
Johnson ist schlichtweg nicht versiert genug, um das vom Skript Vorgegebene wenn nötig je nachdem zu elevaten oder zu kaschieren – was speziell in einzelnen Schlüssel-Momenten auffällig ist. Da wäre z.B. das Unvermögen, zu verbergen, dass ein bestimmter Jemand mit Sicherheit Dreck am Stecken hat – um so nicht maximal 30 Minuten nach Beginn schon zu wissen, was einem im finalen Drittel schließlich als "überraschender Twist" serviert wird. Im Rahmen eines Flashbacks wird unsubtil aufgezeigt, wie Farrah Ben eine Kette mit einem Anhänger dran schenkt. Als im Verlauf klar wird, dass alle Parteien etwas suchen, das sie besaß, und man Ben darauf anspricht, hat der allerdings keine Ahnung, was das sein könnte – bzw. kommt er selbst dann nicht auf die Idee, sich das Objekt von ihr, das er immer bei sich tragen soll, mal genauer anzusehen. Zudem wird ihr Tod so präsentiert, als sei eine Bombe dafür verantwortlich gewesen – bevor man später fast beiläufig erfährt, dass eigentlich allerorts (bei Behörden und Medien) von einem Gasleck die Rede ist. Problemlos-simpel hätte man das optimieren können…
Eröffnet wird in Gestalt einer Aktion, die einen altmodisch-stereotypischen (sowie nur bedingt realistischen) Eindruck erweckt: Die observierte Übergabe eines Briefumschlags im Innenhof der Fischerbastei, welcher von einer Person zur nächsten gereicht wird – also von dem Überbringer zu einer Joggerin, zu einem Spaziergänger und einem Motorrad-Fahrer – während ein Team des FSB, von denen einer der Männer dabei ausrutscht und stürzt, da nicht hinterherkommt und sich am Ende geschlagen geben muss. Dass Ben und sein Pendant Evgeny danach einige nicht unfreundliche Worte wechseln, empfand ich indes als nett. In derselben Branche kennt man sich über die Zeit hinweg halt. Unterdessen haben er und Farrah die Vereinbarung, sich nie über ihre jeweiligen Fälle auszutauschen – und dass Nick in Kürze als IT-ler bei der CIA einsteigt, wird tendenziell als eine Art "Running Gag" behandelt. Nach Farrah´s Ableben macht jener seinem Vater indirekt kommunizierte Vorwürfe aufgrund des ihr Zugestoßenen: Die Entwicklung ihres Verhältnisses ist so leicht vorauszuahnen wie die der meisten übrigen Plot-Stränge…
Mit seiner inzwischen gewohnten Kombination aus Charisma und Toughness überzeugt Aaron Eckhart ("Rumble through the Dark") in "Chief of Station" einmal mehr mit einer kompetenten Performance in einer Rolle, die ihm prima steht und welche er erneut auch mit dem notwendigen "physischen Einsatz" angegangen ist. Mit Ben ständig inmitten der Ereignisse, merkt man bei ihm zumindest nicht ganz so deutlich, wie unvorteilhaft oberflächlich alle Charaktere doch gestrickt sind. Jene zu portraitieren war für die Gecasteten gewiss nicht sonderlich fordernd. Immerhin hatte Nick Moran ("One Ranger") scheinbar Spaß daran, den russischen FSB-Offizier Evgeny zu verkörpern – Klischee-Akzent inklusive – und kann man sich wie eh und je auf Daniel Bernhardt ("Red Notice") als einen generisch-finster-grimmigen Henchman verlassen. Derweil agieren Laëtitia Eïdo (TV´s "Fauda") und Alex Pettyfer ("Black Noise") solide, tauchen u.a. Nina Bergman ("Doom: Annihilation") und Jonathan Ajayi ("5lbs of Pressure") in kleinen Nebenparts auf und verbleibt Chris Petrovski ("All Cheerleaders die") als Nick belanglos blass…
Kommen wir nun zu Olga Kurylenko ("Sentinelle"), mit der Eckhart bereits in "Erased" (2012) gepaart war: Nach 59 Minuten platzt sie urplötzlich in die Story bzw. den Film herein, rettet Ben aus einer Bredouille, hilft ihm bei des Rätsels Lösung und unterstützt ihn dann tatkräftig beim Showdown. Obgleich Kurylenko mal wieder zufrieden stellend kampfstark-badass auftritt, hätte ihre Figur weitaus höheres Potential gehabt als vorrangig bloß als Exposition- sowie Plot-Progression-Device zu dienen. Das komplette Setpiece rund um ihr erstes Eingreifen ins Geschehen weist eine Menge Licht&Schatten auf: Auf einem Donau-Riverboat angesiedelt, wird Ben unter Deck von Taramov gefoltert – was effektiv unangenehm beizuwohnen ist. Dabei fragt Ben ihn nach seinem Namen – denn: "I like to know the names of the people I´m gonna kill." Die Sache ist nur, dass man ihm jenen im Verlauf zuvor schon zweimal explizit genannt hatte – samt Fotos des Mannes: Ein klarer Patzer zugunsten eines Oneliners. Obendrein musste ich wenig später unweigerlich lachen, als Taramov mal eben eine Deckenplatte auf den Kopf fällt…
Hat sonst jemand auf dem Boot die Detonation und Schüsse gehört? Nope. Nunja, einen daran anknüpfenden harten Brawl zwischen Ben und Taramov werte ich gnädigerweise quasi mal als "Entschädigung" dafür – schließlich kann man sich im Prinzip über alles glücklich schätzen, das minimal aus der vorwiegend gebotenen, an sich ohnehin nur recht spärlich vertretenen Standard-Action herausragt. Mitunter hätte ich da bessere Arbeit von Johnson und seinem Team erwartet – z.B. als eine Gruppe Baddies in einer Lagerhalle das Feuer auf Ben eröffnet und niemand ihn zu treffen in der Lage ist. Von den Moves her ähnelt ein Fight an einem Blackjack-Tisch sehr einem nahe eines Pools in "the Bricklayer" – was Eckhart eventuell entgegengekommen ist – und punktuell sind minimale Speedups erkennbar. Neben erfreulich CGI-freien Explosionen sind die Shootouts, Keilereien und Fahrzeug-Verfolgungen zwar durchaus unterhaltsam geraten – allerdings lösen sie auch keinerlei "Begeisterung" aus und ist nichts so spannend, druckvoll oder aufregend, wie man es sich bei einem Werk dieses Genres eigentlich gewünscht hätte…
Dem Drehbuch Mahaffeys mangelt es an Originalität und spezifischeren Details im Hinblick auf die erzählte Geschichte und die sie bevölkernden Personen. Die Intrigen und Entfaltungen sind – wenn man die vorletzte Szene einfach mal ausklammert – nicht zu unglaubwürdig beschaffen – wohl aber relativ konventionell und daher vorhersehbar. Zudem ist es in der heutigen Zeit etwas befremdlich, dass der russische Geheimdienst in ein gar nicht mal so negatives Licht gerückt wurde – und muss man in dem Moment, als ein Schütze endlich freies Schussfeld auf Ben hat, nur um just dann keine Munition mehr zu haben, reflexartig aufstöhnen und/oder mit den Augen rollen. Lazy Screenwriting. Die ungarischen Locations haben ergiebig zur kreierten (zur Materie passenden) Atmosphäre des von Jonathan Hall ("Charlie Valentine") routiniert bebilderten Streifens beigetragen, Johnson´s Regie geht in Ordnung und langweilig wird´s nie – nur fehlt es nunmal u.a. an Überraschungen, Komplexität und Pep. Kurzum: Alles in allem wirkt "Chief of Station" wie ein zweitklassisches DtV-Ostblock-Sequel von "the Bricklayer"…
knappe